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  • Day 17

    Moissac - Miradoux

    May 20, 2011 in France ⋅ ☀️ 21 °C

    Gestern bin ich geerdet worden. Ich war ja ziemlich euphorisch wegen der gelungenen Etappe von 43 km gestern. In der Herberge habe ich später ein Ehepaar kennengelernt. Sie: Gehbehindert und nicht gerade dürr. Er geht mir gerade zu den Schultern und ist eher schmächtig. Beide so Ende 50 würde ich schätzen. Der Mann hat ein Fahrrad und einen Rollstuhl zu einer Art Rikscha umgebaut. Während Sie vorne sitzen kann, radelt er. Damit ist er mit seiner Frau samt Gepäck über die Pyrenäen nach Santiago de Compostella geradelt und befindet sich nun auf der Heimreise. Eine UNGLAUBLICHE Leistung. Wer sich jemals auf einem Rad einen Berg hochgequält hat kann erahnen, was der Typ geleistet hat. Mir wird bewusst: Was sind schon 43 Kilometer, schliesslich bin ich gesund.

    Der Weg heute beginnt entlang des Garonne-Kanals. Mit einer deutschen Pilgerin in ein Streitgespräch vertieft sind die ersten 15 Kilometer ein Klacks. Es geht auch erstmal nur eben am Kanal entlang. Der Weg ist schön schattig. Im Wasser des Kanals entdecke ich eine Schildkröte. Ob das wohl ne Wilde ist?

    Nach einiger Zeit biegt der Weg ab in Richtung Auvillar. Dort hinauf ist der erste Anstieg des Tages zu absolvieren. Die Aussicht von Auvillar zurück in die Ebene der Garonne ist sehr sehr schön. Auch der Martkplatz von Auvillar mit seiner kreisrunden Markthalle gefällt mir ausserordentlich. Ich hole mir im Office de Tourisme einen Stempel für meinen Pass ab. Der hat ja schliesslich noch genug Plätze und nächstes Jahr brauch ich sowieso wieder einen Neuen. Im Ort kaufe ich noch etwas Obst und Brot für den Rest des Tages.

    Nach Auvillar wird die Landschaft dann wieder hügeliger. Ich bewältige viele kleine Auf- und Abstiege. Das kann ich locker wegstecken. Was meinem rechten Bein aber nicht schmeckt: Der Weg heute verläuft eigentlich ausschliesslich auf Teersträsschen. Gerade nach Auvillar sind schattige Abschnitte obendrein rar.
    Die Felder links und rechts des Weges schreien geradezu nach Regen. Dort, wo hier nicht bewässert wird, wächst im Grunde garnix. Der Boden ist so vertrocknet, dass es an vielen Stellen so aussieht, als wäre die Erde durch ein Erdbeben aufgerissen. Zentimeterdicke Risse ziehen sich über die Wege. In manchen Riss könnte ich meinen Arm bis zum Ellenbogen hineinstecken, so tief ist der Boden aufgeplatzt.

    Immer wieder geht es auf und ab. Auf den Gipfeln der Hügel hat mal tolle Fernsicht auf die umliegenden Felder. Mensch ist das heiss.
    In Flamarens lege ich nochmals eine kurze Pause ein und trinke einen Espresso. Dabei treffe ich auf einen Radler aus Holland, der bis Santiago durchradelt. Er macht am Tag so 80-90 km und möchte so ca. in 2 1/2 Wochen in Santiago sein. Er rastet etwas länger und überholt mich etwa später in rasender Abfahrt.

    Der letzte Aufstieg nach Miradoux ist dann schnell absolviert.
    Gerade erreiche ich die Herberge, kommt ein anderer holländischer Radler daher. Auch auf dem Weg nach Santiago. Die beiden haben voneinander keine Ahnung. Da fahren die zwei tausende Kilometer auf dem selben Weg und trotzdem ist die Wahrscheinlichkeit, dass die sich jemals treffen, relativ gering. Schade eigentlich. Aber das ist der Vorteil wenn man zu Fuß unterwegs ist. Denn da trifft man sich häufiger und kommt kaum ungesehen aneinander vorbei.
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