Via Podiensis / Jakobsweg 2011 Read more
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  • Day 1

    Via Podiensis 2011 - Anreise

    May 4, 2011 in France ⋅ ⛅ 12 °C

    Heute hat wirklich alles prima geklappt. Zwar war ich auf der Arbeit schon etwas hibbelig, die Aufregung verflog aber schnell, als mich mein Vater pünktlich um 12.00 Uhr von der Arbeit abholt, um mich direkt nach Le Puy-en-Velay zu fahren.

    Den Rucksack hatte ich schon am Vortag zu Ihm gebracht. Also gings in Arbeitsklamotten los. Umziehen? Am ersten Rastplatz!
    Keine Zeit zu verlieren, denn ich muss 18.30 in meiner Herberge in Le Puy-en-Velay sein, sonst muss ich mir noch ein Hotel organisieren. Der Knackpunkt bei der Fahrt wird Lyon sein.

    Die Anfahrt verläuft zum Glück reibungslos. Wir sind prima durch den Verkehr gekommen. Durch den zeitigen Aufbruch kamen wir irgendwie gerade noch vor dem einsetzenden Berufsverkehr um Lyon herum. Saint-Etienne war schnell durchfahren.
    Nun sitzte ich in meiner kleinen Kammer in Le Puy-en-Velay und kann den Start am morgigen Tag kaum erwarten.

    Ich bin vorhin noch etwas durch die Stadt gebummelt. Auch oben auf der bronzenen Marienstatue war ich. Die Statue ist gegossen aus Kanonen, die Frankreich im Krimkrieg erbeutet hat. Man kann diese Statue im inneren hinaufsteigen und oben aus einigen Fensterchen und ganz oben aus der Krone gucken. So ähnlich wie bei der Freiheitsstatue von New York.
    Hier ist die Statue der höchste Aussichtspunkt der Stadt.

    Da es sehr windig ist, dröhnt es ganz schön im Inneren. Die Aussicht ist aber total herrlich.
    Morgen gehts also los. Um 7.00 Uhr werde ich meine Reise auf der Via Podiensis, dem uralten Weg von Puy an die Pyrenäen, antreten.
    In der Kathedrale von Puy – genau dort, wo ich 2010 meine Reise unterbrochen habe.
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  • Day 2

    Le Puy-en-Velay - Monistrol d'Allier

    May 5, 2011 in France ⋅ ⛅ 14 °C

    Um 5.45 Uhr geht der Wecker meiner Uhr runter. Mir ist es eigentlich ganz recht. Irgendwie konnte ich sowieso kaum schlafen, trotz super Herberge. Zum Frühstück gibt es die selbe leckere Orangenmarmelade wie im letzen Jahr. In der Kathedrale bin ich überrascht über die Anzahl der Leute. Als ich im letzten Jahr hier als Abschluss noch die Kathedrale besuchte, waren hier gerademal 40 Leute. Heute werden ca. 140 Pilger auf den Weg geschickt. Die meisten natürlich Franzosen, aber auch viele Franko-Kanadier. Der Rest setzt sich zusammen aus vielen anderen Ländern: Schweiz, Deutschland, Italien….

    Pünktlich um 8.00 Uhr bin ich am Place du Plot, dort, wo der eigentliche Startpunkt der Via Podiensis (Der Weg von Puy) ist. Hier haben die Leute im Mittelalter am Brunnen wohl das letzte mal ihre Kalebassen gefüllt und sind losmarschiert. Ich tue es Ihnen gleich, das Wasser aus dem Brunnen ist heute allerdings als „non potable“ markiert. Also ziehe ich es vor, meinen Wasservorat noch mal eben in einer Epicerie aufzustocken.

    Aus Le Puy heraus steigt der Weg erstmal richtig an. Ist man dann aber aus der Stadt heraus und erstmal auf 1000 Metern Meereshöhe führt der Weg nicht mehr so steil, aber stetig ansteigend, zwischen Weiden und Feldern dahin.
    Das Wetter ist einfach traumhaft. Ein bisschen windig vielleicht, aber sonnig und nicht zu warm.

    In Montbonnet ist die Wasserflasche trotzdem zum ersten Mal ausgetrunken und ich bitte den Besitzer der örtlichen Bar, mir die Flasche wieder zu füllen.
    Das Wasser ist eiskalt. Ich muss es erstmal ein wenig im Mund behalten, um es überhaupt schlucken zu können.

    Der Weg steigt durch einen Wald weiter an zum Lac de Oeuf. Mehr ein Hochmoor als ein See. Dort mache ich um 12.00 Uhr Pause.
    Beim Abstieg öffnet sich der Wald und es geht hinunter nach Le Chier. Links und rechts vom Weg sind die Weiden getaucht in gelb. Überall blüht der Löwenzahn.
    Der Ort St.-Privat d´Allier, wo viele Wanderer, die in Le Puy gestartet sind, absteigen bzw. übernachten, schmiegt sich an die Hänge.

    Von dort erwarte ich eigentlich den Abstieg nach Monistrol. Stattdessen führt der Weg nochmal etwas nach oben, nach Rochgude: Eine verfallene Burg und eine winzige Kapelle auf einer Felsennadel. 360° Rundumpanorama.
    Von Rochgude gehts dann aber steil bergab. Sehr steil. Alle meine Knochen schmerzen etwas – schon am ersten Tag. Aber der Abstieg ist auch wirklich nicht leicht. Es wird wohl auch empfohlen, bei Regenwetter diesen Weg unbedingt zu meiden und die Strasse hinunter nach Monistrol zu laufen. Und das sollte man bei schlechtem Wetter auch beachten.

    Als ich in Monistrol ankomme gehts über die Allier, einem Nebenfluss der Loire, der nach ca. 400 KM in diese mündet. Den Flußlauf überquert man auf einer Stahlbrücke, konstruiert von Gustave Eiffel (Eiffelturm). Es kostet mich etwas Überwindung darüberzugehen, führt der Fussweg doch eigentlich neben der Brücke ca. 50 Meter über dünne Blechplatten.
    In Monistrol geniesse ich dann ein kühles Bier und strecke im örtlichen Bistro meine Knochen aus.
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  • Day 3

    Monistrol d'Allier - Domaine du Sauvage

    May 6, 2011 in France ⋅ ☀️ 12 °C

    Heute Morgen bin ich wieder rechtzeitig aufgestanden. So habe ich Zeit für ein ausgiebiges Frühstück in unserer sehr netten Herberge.
    Um 07.30 habe ich dann alle Sachen gepackt und es geht los. Schon beim Abstieg gestern, herunter nach Monistrol, konnte man erahnen, wo mich der Weg heute weiterführt. Der verläuft nämlich auf der anderen Seite des Flüsschens in Serpentinen wieder hinauf auf die Hochebene, die Margeride.
    Der Himmel ist heute etwas bewölkt, es verspricht aber wieder ein sonniger Tag zu werden. Oben angekommen zeigt sich schnell, was die heutige Etappe für mich ausmachen wird: Wind. Es windet, ja stürmt. Es bläst so stark, dass man sich richtig dagegenstemmen kann. Ich bin froh, dass es im Grunde warmes Wetter ist. 10-20 Grad kälter und dieser Wind….
    Irgendwo hatte ich im letzten Jahr ein Buch gelesen, in dem berichtet wurde, dass hier im Mai auch Schnee liegen kann.

    Durch den blühenden Ginster geht es hinunter nach Saugues. Der Abstieg ist steiler, als es das ausgewiesene Profil meines Führers vermuten lässt.

    Pünktlich um 12.00 Uhr finde ich ein hübsches Plätzchen für eine Mittagspause. Es gibt was sich im letzten Jahr bewährt hat: Salami und Baguette. Dazu ein kleines bisschen Käse und ein Eckchen Schokolade. Zudem leere ich meine Wasserflasche heute schon zum zweiten mal und fülle Sie im Weiler Le Falzet auch gleich wieder auf. Dort sitzen auch schon einige andere Wanderer, die ich von Le Puy her vom sehen kenne.
    Der Weg führt mich immer weiter herauf in einem Tal. Vorbei an blühenden Weiden, kleinen Weilern und einzelnen Gehöften. Kurz vor dem Ziel steigt der Weg nochmals merklich an. In den höheren Lagen lösen Kiefern die Buchenwäldchen ab. Als sich der Wald dann öffnet kann ich in der Ferne meine heutige Herberge erkennen: Domain du Sauvage – Ein Hof in der Wildnis. Ein Aussiedlerhof wie eine Burg, mit meterdicken Mauern. Gebaut von den Templern im 13. Jahrhundert. Ein beeindruckender Bau, hier mittem im Nirgendwo.
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  • Day 4

    Domaine du Sauvage - Aumont-Aubrac

    May 7, 2011 in France ⋅ 14 °C

    Um 7.40 Uhr breche ich auf, um die „Wildnis“ zu verlassen. Zum Frühstück gibts lediglich eine dünne Tasse Kaffee. Selbst Schuld. Ich hätte vielleicht vorher ein bisschen mehr einkaufen sollen. Ich war auch gestern Abend froh, dass hier in der Herberge wenigsten ein paar grundlegende Dinge zu erstehen waren. Aber bis St- Alban ist es nicht weit. Dort werde ich dann in einer Boulangerie frühstücken.

    Der Wind ist immer noch so heftig wie gestern. Nach kurzer Zeit erreiche ich den Col de l´Hospitalet. Das als „Gipfel der Gastlichkeit“ zu übersetzen ist wahrscheinlich falsch, immerhin gibts hier oben eine kleine Notunterkunft neben einer kleinen Kapelle. Wieder führt mich der Weg durch Wälder und lichtere Abschnitte mit schönen Aussichten. Die karge Landschaft links und rechts des Weges ist geprägt vom gelb-blühenden Ginster und gedungenen Wachholderbäumen. Die Natur blüht hier im Frühjahr wohl bevorzugt in gelb.

    Kurz vor St-Alban kriege ich dann auch richtigen Hunger. Der Weg scheint erst am Ort vorbei zu führen, kriegt aber dann doch die Kurve und führt steil bergab. Die erste Boulangerie am Weg ist schnell gefunden. Als ich neben dem Kirchlein meine Backwaren verdrücke spricht mich ein anderer deutscher Pilger an. Michael heißt der Deutsche. Er ist seit dem Burgund so etwa den selben Weg gelaufen wie ich im letzen Jahr. Michael ist im Frühjahr in Deutschland gestartet und läuft bis Santiago durch. Natürlich gibt es viele Erfahrungen auszutauschen. Anders als ich hatte er wohl mehr Glück mit dem Wetter auf dem Weg von Deutschland nach Le Puy. Ich hatte ja gefühlt fast 5 Wochen Dauerregen. Er hatte seit Deutschland kaum mit Regen zu kämpfen.

    Der Himmel hat sich im Laufe des Tages etwas zugezogen. Stürmisch ist es geblieben. In Les Estrets, kurz vorm Ziel, lege ich nochmal Rast ein. Wenig später erreiche ich Aumont-Aubrac. Duschen und Wäsche waschen ist nun angesagt. Nach drei sehr staubgepeitschten Wandertagen sieht man mir und der Wäsche die Notwendigkeit an.

    Im Ort steht ein großer Brunnen, der eine Schreckgestalt der Gegend darstellt: Die Bestie von Gévaudan. Dem Raubtier sollen hunderte Kinder und Frauen zum Opfer gefallen sein.
    Die Geschichte wurde im Film " Pakt der Wölfe" verfilmt.
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  • Day 5

    Aumont-Aubrac - Nasbinals

    May 8, 2011 in France ⋅ 14 °C

    Das Essen gestern Abend war wirklich lecker. Verköstigt wurden wir mit einem Gericht, welches die Pilger hier schon vor Jahrhunderten sättigte: Aligot. Aligot ist ein Gericht aus Käse, Knoblauch und Kartoffel(brei) (früher auch Brot). Mit einem Stück Braten schmeckte es einfach herrlich. Ausserdem war ich hinterher pappsatt. Der Wirt hat die Käsefäden immer wieder aus dem Topf gezogen, fast wie eine Jonglage. Ich glaube ich werde das Zuhause mal mit heimischem Käse nachkochen.

    Gestern Abend sah es verdammt nach Regen aus. Heute Morgen strahlt mich jedoch wieder die Sonne an. So geniesse ich ein ausgiebiges Frühstück mit hausgemachter Erdbeermarmelade und mache mich um 7.30 Uhr auf den Weg.

    Landschaftlich ist diese Etappe für mich bisher die Schönste. Ich kann nur in Superlativen berichten. Mit urigen Steinmäuerchen gesäumte Weiden wechseln mit Wildblumenteppichen aus Narzissen. Ab und an grasen zottlige Aubrac-Rinder mit ihren Kälbern auf den Weiden. Es ist immer noch ziemlich windig, aber es ist nicht mehr der kalte, schneidene Wind der letzen Tage. Die Landschaft hier erscheint endlos weit.

    In Rieutort d´Aubrac lege ich nochmal eine Pause ein. Auch eine französische Wandergruppe macht Rast. So tauscht man einige Worte (und Kekse). Der Weg nach Nasbinals ist nicht mehr all zu weit und zeigt nochmal alle Apsekte dieser wilden Landschaft. In Nasbinals angekommen ist meine Unterkunft schnell gefunden. Meine beiden Begleiter Michael und Emilio ziehen noch weiter nach Aubrac. Wenn ich nicht hier reserviert hätte, hätte ich es vermutlich genau so gemacht, denn es ist erst 14.30 Uhr. So hätte ich mir die lange Etappe morgen etwas verkürzt.
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  • Day 6

    Nasbinals - St.-Côme d'Olt

    May 9, 2011 in France ⋅ ☀️ 23 °C

    Als ich die Herberge verlasse ist die Sonne noch knapp unter dem Horizont. Der Wecker meiner Bettnachbarn ist schon um 5.30 Uhr runter. Mir wars eigentlich ganz recht. Bin also gleich mit aufgestanden.
    Heute liegt eine schwierige Etappe vor mir: Erst geht es bis Aubrac nochmals hoch auf über 1350 Meter dann eigentlich nur noch runter bis St.-Come d´Olt. Insgesamt sind etwa 1000 Meter Höhenunterschied zu überwinden. Apropos Wind: Im Gegensatz zu den letzten Tagen weht an diesem Morgen kein Lüftchen. Vielleicht kann ich jetzt endlich mal die kurzen Sachen rausholen.

    Gestern habe ich gelesen, dass der Abschnitt auf dem ich heute laufe noch authentisch der Pfad ist, auf dem Pilger schon vor hunderten Jahren gewandert sind. Das ist bei Weitem nicht immer so, verlaufen doch auf den alten Wegen heute oft Straßen. Der Abschnitt (weitere werden folgen) ist von der Unesco zum Weltkulturerbe erklärt worden.
    Der Weg hinauf nach Aubrac führt über karge, endlos weite Bergweiden. Die Infrastruktur in Aubrac ist besser, als diese in meinem Wanderführer ausgewiesen wird: Es gibt Einkaufsmöglichkeiten etc.
    Kurz nach dem Ort geniesse ich die herrliche Aussicht von der Hochebene hinunter in die umliegenden Täler.

    Der steile Weg abwärts verlagt volle Konzentration. Es ist sehr steinig. Schnell rutscht man weg oder knickt um. Der Weg ist links und rechts oft von Steinmäuerchen gesäumt oder fällt auf einer Seite steil ab. Plötzlich steht in aller Seelenruhe, mitten auf dem Weg, ein Kaltblutpferd. Mir sein bestes Teil zugewandt. Mutterseelealleine. Es macht auch keinerlei Anstalten sich von der Stelle zu bewegen. Ohne Weiteres komme ich da nicht vorbei, denn der Weg ist gerade mal breit genug für den Gaul. Samt Rucksack versuche ich mich irgendwie, halb über die Mauer, an dem Pferd vorbeidrücken und hoffe währenddessen, dass es mir keinen Tritt verpasst.
    Nach dem auch dieses Hindernis überwunden ist mache ich in St.-Chély-d´Aubrac erstmal Pause.

    Nach dem Ort führt mich der Weg über eine Brücke und nochmal etwas nach oben. Erneut eröffnen sich tolle Aussichtsmöglichkeiten.
    Meine Schuhe und Hosen sehen heute wirklich schlimm aus. Der Tau des Morgens und der staubtrockene Boden….

    Um 14.15 nach einem weiteren schwierigen Abstieg erreiche ich St.-Côme d´Olt.
    Die Stadt hat einen tollen Altstadtkern und eine Kirche mit einem Turm, der mir etwas sonderbar erscheint. Das Turmdach ist gedreht. Aus bestimmten Perspektiven sieht er aus wie abgeknickt, bzw. wie eine Zipfelmütze. Die Namen einiger Strassen sind hier in zwei Sprachen ausgewiesen: Französisch und Okzitanisch, einer Sprache mit lateinischen Wurzeln. So ist auch „Olt“ der okzitanische Name des Flüsschens an dem St.-Come liegt: Der Lot.
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  • Day 7

    St.-Côme-d'Olt - Golinhac

    May 10, 2011 in France ⋅ ☀️ 20 °C

    Heute Morgen ist es herrlich warm. In der örtlichen Boulangerie bekomme ich neben einem Baguette auch noch einen Stempel für meinen Pass. Der Weg führt mich heute mehr oder minder entlag des Ufers des Lot. Dessen okzitanischer Name „Olt“ ist in vielen Ortsnamen zu finden.

    Zu Beginn der Etappe habe ich zwei Möglichkeiten: Entweder ich steige hinauf zu einer Statue, die eine tolle Aussicht Richtung Espalion verspricht, oder ich bleibe näher am Ufer. Der Aufstieg schreckt mich nicht und so geht es flott nach oben. Die Aussicht ist wirklich toll. Der Abstieg ist allerdings wieder etwas haarig: steil und steinig. Konzentriert setze ich Schritt um Schritt. Ich bin ganz froh als ich in Espalion ankomme.
    Um mich etwas zu erholen nehme ich mir etwas Zeit, um die Eglise de Perse aus dem 11. Jahrhundert zu besichtigen und Wasser aufzufüllen. Die historische Brücke in Espalion ist leider gerade eingerüstet. Hoch über der Stadt thront eine Burg. Aber da geht der Weg nicht rauf. Statt dessen geht es weiter entlang des Flusses in Richtung Estaing.

    Es ist wirklich sehr sehr warm heute. Ich freue mich, dass der Weg immer wieder durch Bäume beschattet wird. In Estaing mache ich dann 30 Minuten Rast und fülle meine Wasserflasche zum dritten Mal. Bis ins Ziel in Golinhac werde ich noch einmal eineinhalb Literflaschen leeren. Estaing wird dominiert durch ein großes Schloss im Stadtkern.
    Von meinem Rastplatz nahe der Brücke über den Lot geniesse ich es, das geschäftige Treiben der Leute zu beobachten.

    Nach Estaing geht es weiter entlang des Ufers, immer an einer wenig befahrenen Strasse entlang. Bei Montegut knickt der Weg dann ab, der Aufstieg hinauf nach Golinhac beginnt. Der Aufstieg ist recht anstrengend. Immer wieder muss man Abschnitte in der glühenden Mittagshitze auf ansteigenden Teersträsschen bewältigen. Die Luft flirrt über dem heissen Asphalt. Wiedermal sind Tiere ausgebüchst: Eine Herde Kühe hat den Elektrozaun überwunden und genießt den Löwenzahn im Schatten einiger Bäume. Auch ich geniesse diese kurzen Abschnitte im Wald. Der Aufstieg ist fast bewältigt, da klappt ca. 150 Meter vor mir eine Frau zusammen. Kreislaufkollaps. Ihr Begleiter und ein Wanderer der ca. 50 Meter vor mir läuft helfen der Dame und setzten Sie erstmal an den Wegesrand. Ich biete der Gruppe mein verbleibendes Wasser an (sind leider auch kaum mehr 5 Schluck), dann ziehe ich weiter. Der Frau geht es mittlerweile wieder etwas. Ich bin richtig froh, dass oben auf dem „Gipfel“ ein Brunnen ist. Die wohl bestplatzierte Trinkwasserstelle der kompletten Via Podiensis.

    Bis Golinhac ist es dann nicht mehr weit. Der Weg füht herrlich durch Wälder dahin. Um 15.40 Uhr erreicht ich schliesslich mein Ziel.
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  • Day 8

    Golinhac - Conques

    May 11, 2011 in France ⋅ ☀️ 23 °C

    Heute Nacht habe ich wirklich schlecht geschlafen. Um so glücklicher bin ich dann, als die Zeit zum Frühstück gekommen. Feigenmarmelade, diese probiere ich hier zum ersten mal – sehr lecker. Ebenso schmeckt eine Marmelade aus grünen Tomaten.

    Um 7.40 Uhr verlasse ich dann die Herberge. Wieder ist das Wetter einfach herrlich.
    Der Weg führt mich heute abwechselnd durch Wälder, dann wieder hinaus auf die Hochebene und Felder. Ab und an winken mir geschäftige Bauern zu. Kurz vor Conques habe ich den Eindruck, dass sich die Zahl der Wanderer stark vermehrt hat. Bisweilen überhole ich ganze Gruppen. In St. Marcel treffe ich auf einen bayrischen Pilger (ebenfalls mit Fahne am Rucksack), der von Zuhause aus über die Schweiz bis hierher gelaufen ist und noch bis Santiago durchläuft. In ein Gespräch verwickelt ist der Abstieg nach Conques, vor dem mein Führer warnt, schnell geschafft. Im Gegensatz zu dem von Rochegude herab fand ich den nach Conques wirklich nicht schlimm.

    Conques und seine Abtei mit der Kathedrale Ste-Foy ist wirklich beeindruckend. Ein kleines mittelalterliches Städtchen, wie aus dem Bilderbuch und dementsprechend natürlich touristisch herausgeputzt. Aber die Hauptattraktion von Conques ist das große Tymphanon des Eingangsportales von Ste-Foy aus der Zeit vor 1130. Dargestellt wird das Jüngste Gericht.

    Ich nehme mir viel Zeit, um die vielen kleinen Gässchen zu durchstreifen und schiesse unzählige Fotos.
    Um 17.00 Uhr besuche ich dann eine Führung mit einer Erklärung des Tymphanon (in französisch). Ich verstehe zwar nicht alles, finde es aber trotzdem nett zu lauschen. Danach ziehe ich mich in die Herberge zurück, um vor dem Essen noch etwas zu ruhen.

    In der Herberge hinter der Kathedrale ist alles super organisiert: Man kommt rein, meldet sich an, bekommt seinen Stempel. Dann muss man die Wanderschuhe ausziehen und den Rucksack in einen Plastiksack packen. Dies dient zum Schutz vor der Ausbreitung von Bettwanzen.
    Der Eingangsbereich sieht aus wie ein Schuhladen. Danach werde ich von sehr freundlichen Betreuern in mein Zimmer geführt. Mit 14 Betten im Zimmer wird auch diese Nacht wohl keine Ruhige werden.
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  • Day 9

    Conques - Livinhac-le-Haut

    May 12, 2011 in France ⋅ 🌧 19 °C

    Als ich heute Morgen das Fenster der Herberge öffnete, begann es zu gewittern. Während des Frühstücks setzte dann leichter Regen ein, so das alle Wanderer, die Conques an diesem Morgen verlassen in Regenkleidung aufbrechen. Die Rucksäcke sind regendicht verpackt. Einige scheinen unter ihren Ponchos zu verschwinden.
    Es ist der erste Regen seit ich aufgebrochen bin. Sicherlich für einige hier der erste Regentag überhaupt.

    Aus dem Ort heraus führt der Weg über eine alte Brücke. Kaum ist diese passiert hörte der Regen auch schon auf. Auf dem folgenden Anstieg kann ich also die Regensachen gleich wieder wegpacken. Diejenige, die das nicht tun, schwitzen sich bis oben die Klamotten von innen nass.
    Noch einmal blicke ich zurück auf das schöne Städtchen Conques, das nur noch schwer zwischen den im Tal liegenden Regenwolken auszumachen ist.

    Der Weg bietet heute mehrere Alternativen: Einige Wanderer ziehen es vor, auf der markierten Strasse weiterzugehen. Ich bleibe auf den ebenfalls markierten Wanderwegen. Es geht wieder ganzschön hoch und runter. Das konnte ich am Profil der Etappe vorher garnicht so erkennen. Gerade den Abstieg nach Decazeville finde ich anstrengend, da auf Teer. Zwischendrin lege ich mal ne Pause ein, fasse Wasser und geniesse ein paar Kekse, die ich schon seit Tagen mit mir rumschleppe. In Decazeville wollte ich ich eigentlich nochmal nach einem Laguiole-Taschenmesser umsehen.

    Als ich aber in der Stadt eintreffe hat gerade die Mittagszeit angefangen. Da der Weg eigentlich auch mehr an der Stadt vorbei als durch die Stadt führt, entschliesse ich mich weiterzuziehen. Ich muss einige stark frequentierten und schlecht einzusehende Straßen überqueren, dann steigt der Weg steil an. In diesem Wohngebiet fährt 100% niemand mit dem Rad zur Arbeit. Zumindest nicht ohne E-Bike. Eine Hand voll gemopster Kirschen versüsst mir den Aufstieg. Gegen Mittag ist es richtig sonnig und warm.

    Heute Abend ist kochen angesagt. Meine Herberge liegt etwas ausserhalb von Livinhac. Ich muss aber noch einkaufen. Es ist gerade mal 13.00 Uhr als ich den Lot überquere und Livinhac erreiche. Also warte ich in dem verschlafenen Örtchen darauf, dass die Läden um 16.30 wieder öffnen. Der Wegabschnitt hier gehört wieder zum Weltkulturerbe „Via Podiensis“, die öffentlichen Toiletten des Ortes definitiv nicht. Die Sonne heizt mir immer noch kräftig ein, aber am Himmel sind schon wieder dunkle Gewitterwolken auszumachen.

    Im örtlichen Gasthaus sitzen schon andere Wanderer, die heute hier absteigen. Wir trinken zusammen ein Bier und ich esse einen leckeren Fleischsalat. Auf dem Dorfplatz entdecke ich in einem Baum ein Meisennest. Immer weiter zieht sich der Himmel zu. Als ich dann später einkaufe und die Epicerie verlasse fallen gerade die ersten Tropfen. Bis zur Herberge sind es noch ca. 4,5 KM. Also hole ich heute zum zweiten Mal mein Regenzeug aus dem Rucksack. Schnell bin ich vor Nässe geschützt. Was mir allerdings nicht gefällt: Mitten im Gewitter steigt mein Weg immer weiter an. Bald habe ich den Eindruck so ziemlich der höchste Punkt der Umgebung zu sein. Ich gebe Gas und erreiche nach ein paar Minuten meine Herberge.
    Das Abendessen ist toll: Insgesamt 6 Wanderer schmeissen zusammen was sie haben. Ein Festmahl mit Nudeln, Käse, Sardinen, Brot und drei Sorten Wein.
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  • Day 10

    Livinhac-le-Haut - Figeac

    May 13, 2011 in France ⋅ ⛅ 22 °C

    Als das Frühstück beendet ist, packe ich wie jeden Morgen meinen Sachen. Dabei vermisse ich den Regenschutz meines Rucksacks. Den hatte ich gestern, als einziges meiner Sachen, zum Trocknen an den Ständer gehängt. Jetzt finde ich ihn nicht. So bitte ich alle Anwesenden, nochmals in ihrem Rucksack nachzusehen. Alle kramen mehr oder minder genervt ihren Rucksack durch, denn jeder will ja los. Am Ende findet sich das Ding. Ganz unten….in meinem Rucksack. Ist mir natürlich super peinlich.

    Beim Einpacken meiner Sandalen bemerke ich zudem, dass ich im Garten der Herberge wohl in die Hinterlassenschaften eines der beiden hier wohnhaften Hunde getreten bin. So kann ich die Sandalen natürlich nicht zurück in den Rucksack packen. Also schrubbe ich die Dinger solange, bis absolut jede Spur von Hundescheisse verschwunden ist. Um 8.30 Uhr kann ich dann endlich wieder zurück auf die Strecke.

    Es liegt noch etwas Nebel über den Landschaft, der sich aber schnell verzieht. Zur Strecke ist heute an sich garnicht viel zu sagen. Ausser, dass ich den Eindruck habe, irgendwie im Zickzack zu laufen. Der Absteig nach Figeac ist auch nicht ohne, wieder sehr steil und wieder auf Teer.

    Überregional bekannt ist Figeac vor allem als Geburtsort des Ägyptologen Jean-François Champollion, der durch die Übersetzung des Steins von Rosette die Hieroglyphen entzifferte.

    Meine „Herberge“ für diese Nacht ist schnell gefunden. Heute übernachte ich quasi im Schaufenster, denn die Herberge ist ein zum Wanderlager umgebauter alter Laden. Zumindest gibts nette Gesellschaft: Eine junge Schweizerin ist auch hier einquartiert. Sie macht hier einen Tag Pause, hat seit Le Puy arge Probleme mit Schwielen an den Füssen. Irgendjemand hat Ihr in Le Puy bocksteife Bergstiefel aus Leder verkauft. Die sind für die Wege hier denkbar ungeeignet.

    Die Stadt Figeac ansich ist sehr schön. Nette enge Gässchen. In einer alten Markthalle ist nun in Biergarten. Ich geniesse ein Eis und Kirschen. Auch nutze ich die Gelegenheit, um einige gesammelte Souveniers nach Hause zu schicken.
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