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  • Day 4

    Ab Brohl(er) ging’s mir wohler

    May 29, 2022 in Germany ⋅ ⛅ 13 °C

    Von der Römertherme Bad Breisig geht es auf die 2. Etappe. Begleitet vom Quellenweg, einer 25 km Runde, auf der ich vor einigen Jahren zusammen mit BonnGiorno die Region kennen gelernt habe, führt der Weg an Tennisplätzen vorbei in den Wald. Auf schönen Pfaden gewinne ich schnell an Höhe und es dauert nicht lange bis zur ersten Aussicht. Dann geht es unmittelbar wieder hinab und ich streife nochmal den Ortsrand von Bad Breisig, ehe ich auf die gepflasterte Fahrstraße, hoch Richtung Burg Rheineck geführt werde. Kurz vor der Burg biegt der Weg nach rechts ab. Einen Abstecher zum mittelalterlichen Gemäuer erspare ich mir. Die Anlage ist in Privatbesitz und daher nicht zu besichtigen.

    Über den schönen Singletrail ist bald das erste Highlight erreicht. Auf der Reutersley war ich in den letzten Jahren recht häufig. Kleine Tipp: Wenn man über den Rheinburgenweg dorthin kommt unbedingt eine Etage höher gehen. Der noch spektakulärere Aussichtspunkt befindet sich 50 Meter oberhalb des Weges und bietet atemberaubende Blicke, Rheinabwärts bis ins Siebengebirge und auf die Burg Rheineck, Rheinaufwärts bis nach Andernach ins Neuwieder Becken.

    Der Abschnitt zwischen Bad Breisig und Brohl wartet auf dem RBW erstmals mit den Qualitäten auf, die wir vom großen Bruder Rheinsteig als „Achterbahn“ kennen. Von der Reuterley geht es nun hinab nach Brohl, nur um anschließend wieder auf- und abzusteigen und erneut – Große Überraschung 😂 - in Brohl zu landen. Dort wird man vom schmucken Schloss Burgbrohl (Augustaburg) in Empfang genommen.

    Doch vorher ereilt mich erstmal ein blitzartiger Schreck. Hektisches Gewusel durch alle Hosen- und Jackentaschen. So ein Mist, kein Mundschutz an Bord. Die Tour war darauf ausgelegt, mit der Bahn wieder zurück nach Bad Breisig zu fahren, wo ich das Auto stehen habe. Da ich nicht ganz sicher bin, ob die Maskenpflicht, die ich Tage zuvor im Zug wahrgenommen habe, auch wirklich noch Plicht oder Freiwilligkeit ist, ein kurzer Blick in die Bahn App. Scheint so zu sein. Noch ein kurzer Anruf bei einem bahnfahrenden Arbeitskollegen…ist so!

    Was also tun, nach bereits 5 zurückgelegten Kilometern? Zurück, ohne Maske Bahn fahren, irgendwo klingeln? Ich versuche es mit einem weiteren Anruf. In Brohl wohnt ein alter Bekannter, den ich schon tags zuvor anrufen wollte, um ein Treffen am Trail zu vereinbaren. Da mir das ziemlich kurzfristig erschien und ich ihn auch auf Reisen wähnte, hatte ich davon abgesehen. Nun also versuche ich es doch und habe Glück!

    10 Minuten später treffe ich Rainer am Springbrunnen vor dem Brohler Rathaus. Er ist erst gestern wieder nach Hause gekommen. Rainer ist mit einer Peruanerin verheiratet und hat vor 15 Jahren schon einmal den Trailangel für mich und meine mitreisenden Freunde gegeben. Seinerzeit nicht im Rahmen einer Wanderung, sondern auf einer Südamerikareise. Mit seiner Gattin besitzt er in ihrem kleinen Heimatdorf, in der Nähe vom Titicacasee, ein kleines Häuschen. Weit abseits jeglicher Touristenströme. Zufällig waren die beiden zum Zeitpunkt unserer Reise damals vor Ort und haben uns für 2 Nächte beherbergt. Wir quatschen fast eine Stunde miteinander, dann muss ich auch langsam mal weiter. Rainer überreicht mir den Mundschutz. Ein vermeintlich kleines Stück Trailmagic das mich an diesem Tag nicht viel weniger glücklich macht, als es die unvergessene Zeit in Peru getan hat.

    Aus Brohl hinaus führt der Weg nun über einen Pfad, die sog. Eselstreppe wieder steil bergauf. Bis zum ersten Aussichtspunkt werde ich noch von meinem Trailangel begleitet. Hier verabschieden wir uns. Ich kraxele weiter aufwärts und lege, bevor der Weg in den Wald führt, an der vorerst letzten Aussicht eine Pause ein. Einmal über den Fluss der Rheinbrohler Ley zuwinken, einen kleinen Snack einwerfen und noch das kleine Filmchen aufnehmen.

    Nun geht es weiter Richtung Hohe Buche. Der in Folge eines Vulkanausbruchs entstandene Berg diente schon den Römern als Steinbruch. U.a. wurde hier abgebauter Basalt für den Bau der Römerbrücke Trier verwendet. Da ich schon öfter auf dem Katharinaweg hier durchgekommen bin, schenke ich mir das Studium der ausführlich beschilderten Geschichte zu diesem tollen Ort. Kurz vor dem Karlhof verlasse ich den Wald, verabschiede anschließend den Katharinaweg und betrete Neuland.

    Über Asphalt und unspektakuläre Forstwege geht es hinab nach Namedy. Da der Wald keinerlei Blicke auf die andere Rheinseite gewährt überlege ich, was da jetzt zu sehen wäre. Müsste ungefähr auf Höhe von Burg Hammerstein sein und tatsächlich kann ich einige Momente später durch die Bäume ein paar Blicke auf die Ruine erhaschen. Im Tal angekommen spiegelt der Rheinburgenweg sich dann quasi selber. Kaum am Ortsrand von Namedy angekommen, geht es über die gefühlt gleichen Wege wieder hoch. Am Siebengebirgsblick lege ich eine zweite Pause ein. Es beginnt zu tröpfeln, also rein in die Regenjacke. Ich setze mich gerade wieder in Bewegung…Sonne. Und raus aus der Regenjacke!

    Wenig später ist es soweit. Ich erreiche den Waldrand an einem Aussichtpunkt. Vor mir liegen die ewigen Weiten des Neuwieder Beckens. Da muss ich jetzt durch. Berühmt berüchtigt, aber heute zumindest bei annehmbaren Temperaturen, bewege ich mich zunächst noch sehr beschwingt ob der schönen Weitsichten Richtung Tal. Die Glücksmomente halten nicht lange an und der Weg wird zu dem, wie ihn schon viele Wanderer vor mir beschrieben haben.

    Der grobe Schotter nimmt zu und malträtiert die Füße. Da ich um 16:30 die Bahn in Miesenheim bekommen möchte, lege ich einen Zahn zu, natürlich auch um die Sache hier schnell hinter mich zu bringen. Mein Schrittmaß dringt in Dimensionen ein, in denen meine Beine nie zuvor gewesen sind. Der Soundtrack im Kopf kommt passenderweise aus Düsseldorf! Kraftwerk…und wir fahrn fahrn fahrn auf der Autobahn! Monotonie in Reinkultur! 😨 Hier wünsche ich mich tatsächlich auf die gegenüberliegende Rheinsteigetappe Richtung Rengsdorf.

    50 Minuten später liegen die vergangenen 5,5 km hinter mir. Miesenheim habe ich keine Minute zu früh erreicht, springe gerade noch über den Bahnübergang bevor die Schranken schliessen auf den Bahnsteig und sitze 3 Minuten später in der pünktlichen Bahn.
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