Satellite
Show on map
  • Day 1

    "Mekka" der Voralpen(Eine Gratwanderung)

    September 2, 2022 in Germany ⋅ ⛅ 22 °C

    Endlich Urlaub und Reif für die Insel. Nach langem Zaudern entscheide ich mich dann doch gegen den Flieger. Zuviel Erfahrungsberichte von Kollegen bzgl. Flughafenchaos inklusive verschollener Koffer und verspäteter oder ausgefallener Flüge geben letztendlich den Ausschlag. Also bleibe ich mal wieder schön im Land. Jetzt heißt es nur noch Meer oder Berge. Die Wettervorhersage nimmt mir schließlich die Entscheidung ab und führt mich an den Alpenrand. Hat gleichzeitig den Charme, auf dem Weg dorthin einen Abstecher in die Pfalz zu machen und den WWW für 2 weitere Tage auf dem NST zu begleiten. Zwei sehr schöne Touren auf dem Pfälzer Weinsteig, von dem ich nun auch schon fast die Hälfte kenne. Danke auch hier nochmal an Dieter und Kai. Der Riesling Hiker war ja an Tag 1 auch noch mit von der Partie.

    Am Donnerstag führte mich dann der Weg weiter bis kurz vor die ersten Ü1500er. In Benediktbeuern hatte ich eine schicke Unterkunft gebucht. Benediktbeuern, da war doch was mit BonnGiorno und dem Nikolaus? Richtig! Nachdem die beiden im letzten Jahr die Gegend unsicher gemacht haben und mir das gesehene so gut gefiel, landeten einige ihrer Touren natürlich prompt auf meiner Liste. Das es nun schon dieses Jahr so weit ist sie abzuarbeiten, war eigentlich gar nicht geplant! 😅

    Als erste Tour habe ich mir lt. Beschreibung einen echten Klassiker der Bayrischen Voralpen vorgenommen. Es geht über den Heimgarten und einen sensationellen Grat bis auf den Herzogstand. Im Gegensatz zu BonnGiorno und Nikolaus starte ich nicht von Ohlstadt. Eine halbstündige Autofahrt führt mich zur Talstation der Herzogstandbergbahn an den Walchensee. Für schlappe 8 Euronen darf ich hier mein Fahrzeug abstellen! 😬

    Nachdem die Wanderstiefel geschnürt sind geht es los. Zunächst auf Asphalt entlang eines Bachs. Der Asphalt wird zum Forstweg und schließlich zum Steig, der mich nun gut 2 Stunden lang bis auf den Gipfel des Heimgarten führt. Die steilen Höhenmeter, im Laufe der Tour sollten es über 1.100 werden, stecke ich erstaunlich gut weg. Das „Trainingslager“ in der Pfalz zeigt offensichtlich Wirkung. Auf dem Parkplatz war der Aufstieg mit 2:45 h ausgeschildert. Als ich oben ankomme nutze ich die verbliebenen 30 Minuten für eine Erfrischung in der Heimgartenhütte. Diese ist sehr gut besucht und ich muss mit einem Platz in zweiter Reihe vorliebnehmen. Nachdem die Dame aus einer lustigen Dreiergruppe das Beweisfoto von mir gemacht hat, geht es weiter zum Gipfelkreuz. Hier entsteht das Panoramavideo.

    Das Wetter meint es sehr gut. Die Aussicht ist großartig, auch wenn es in der Ferne etwas diesig ist. Entsprechend voll ist es auf dem Berg. Momente der Stille sind eher selten und dann nur von kurzer Dauer. Vor mir liegt nun der Pfad über den Grat. Der führt erste mal wieder ein ganzes Stück nach unten. Nach einiger Zeit erreichen seltsame Laute mein Ohr. Singt da jemand? Einige Kurven weiter die Auflösung. Ein Anhänger des Islamischen Glaubens Singbetet im Gehen lautstark vor sich hin. Der ältere Herr war mir schon an der Heimgartenhütte aufgefallen. Erst als ich 5 Meter hinter ihm bin bemerkt er mich, macht höfflich Platz und singt einen Moment später weiter hinter mir her. Ich schaue das ich Land gewinne auf meinem Weg Richtung Mekka, ääähm Gipfel des Herzogstand.

    Diese Gratwanderung ist einfach unbeschreiblich. Den Gipfelpavillion des Herzogstand fest im Blick, schweifen die Blicke aber auch immer wieder zur Seite. Rechts der wunderbar türkisblaue Walchensee, links der kleinere Kochelsee. In der flachen Ebene der Voralpen auch gut erkennbar, der Staffelsee, daneben der Riegsee und in weiterer Entfernung das südliche Ufer des Starnberger Sees, davor die Osterseen. Ab der Hälfte wird der Weg etwas schwieriger, aber nie gefährlich. Einige Stahlseilversicherte Stellen, dienen mehr der Aufstiegshilfe.

    Am Gipfelpavillon des Herzogstand herrscht reges Treiben. Zu der Vielzahl an Wanderern die über den Grat gekommen sind, gesellen sich gefühlt doppelt so viele Bergbahnfahrer, immer gut erkennbar am „professionellen“ Schuhwerk! Ich glaube das ändert sich nie. Trotz des Trubels verweile ich noch sehr lange hier oben und genieße die Aussicht. Unzählige Gipfel bis in die Hochalpen erzeugen eine Traumkulisse. Drei Schautafeln im Pavillion erklären was man dort alles sehen oder vermuten kann. Die bekanntesten Namen sind natürlich die ca. 30 km entfernte Zugspitze, aber auch der Großvenediger (3.657 m) und der Großglockner (3.798 m).

    Irgendwann heißt es dann doch Abschied nehmen, auch wenn es schwer fällt diesen Ort zu verlassen. Der Weg hinunter zum Berggasthof Herzogstand wird zunehmend breiter und einfacher zu gehen. Kurz überlege ich noch auf ein Radler einzukehren. Das rege Treiben auf der hoffnungslos überfüllten Aussichtsterrasse lässt mich aber den geordneten Rückzug antreten. Der führt 1,5 Stunden, teils steil herab über wurzelfelsige Pfade, ähnlich denen wie ich sie beim Aufstieg zum Heimgarten vorgefunden habe. Nach fast 7 Stunden, davon 4,5 in Bewegung ist der Parkplatz an der Talstation Herzogstand erreicht. Was für ein großartiger Wandertag!!! 😃

    Das war nun meine dritte Gratwanderung in den Deutschen Alpen. Die Nagelfluhkette war schon fantastisch, ebenso die leichtere Überquerung vom Söllereck über das Fellhorn zur Kanzelwand zwischen Oberstdorf und dem Kleinwalsertal. Mein neuer Favorit steht jedoch seit heute fest! Und während ich das hohe Lied auf Heimgarten und Herzogstand anstimme, sitze ich auf dem Balkon meiner Unterkunft und schaue schon auf das nächste Objekt meiner Begierde...die Benediktenwand! 😊
    Read more