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  • Day 3

    Teotihuacán

    October 26, 2022 in Mexico ⋅ ⛅ 23 °C

    Am ersten Tag in Mexiko-Stadt hatten wir trotz ausreichend Schlaf während des Fluges beide mit Jetlag zu kämpfen. Ab drei Uhr nachmittags konnten wir unseren Gehirnen trotz strahlendem Sonnenschein erzählen was wir wollten - sie haben fleißig Melatonin ausgeschüttet und uns in einen Zustand versetzt wie man ihn sonst nur nach diversen alkoholischen Getränken um vier Uhr morgens kennt. Um acht Uhr abends sind wir in einen totenähnlichen Tiefschlaf versunken und um sieben Uhr am nächsten Morgen saßen wir wieder quietschfidel am Frühstückstisch zwischen lauter frühstückenden Hotelmitarbeitern, die so früh nicht mit Gästen gerechnet hatten.

    Eine Stunde später standen wir für unseren ersten großen Ausflug gewappnet am vereinbarten Abholpunkt - heute ging es nach Teotihuacán, wo eine Sonnenpyramide, eine Mondpyramide und die Pyramide einer Gottheit, deren Namen wir weder schreiben noch aussprechen können, auf uns warteten. Zwanzig Minuten vor dem vereinbarten Abholzeitpunkt erhielt Joe dann die Nachricht, dass der Wagen soeben ohne uns abgefahren wäre. Wie das denn sein könne, erwiderte er, wo wir doch beide zwanzig Minuten zu früh am vereinbarten Treffpunkt stünden. Ja, sie hätten uns heute Nacht geschrieben, dass sie die Uhrzeit geändert hätten. Okay, danke.

    Per Uber haben wir den letzten Abholpunkt angefahren und sind prompt in die mexikanische Rush-Hour geraten. Im Schneckentempo ging es so langsam voran, dass ich dem Fahrer irgendwann gefragt habe, ob er uns eben am Straßenrand raus lassen kann, damit wir den Bus noch zu Fuß erwischen. Der Plan ist aufgegangen und wir konnten uns zurücklehnen und erstmal entspannen.

    Der erste Stopp war ein archäologischer Park, wo verschiedene Grundmauern bewundert werden konnten. Über allem thronte eine katholische Kirche, in der ein Mönch in einem gläsernen Sarg lag.
    "Oh bitte, sag mir, dass der nicht echt ist!", fuhr es mir beim Anblick über die Lippen.
    Joe ist dann kurz gucken gegangen und konnte seinen Qualitätscheck mit "Nee, ist 'ne Statue", abschließen.

    Bevor wir zu unserem eigentlichen Ziel, Teotihuacán, kamen, gab es noch eine kurze Shopping-Tour in einem Laden, wo uns Kunstwerke aus Obsidian vorgestellt wurden. Obsidian ist eigentlich schwarz, aber je nachdem aus welcher Tiefe man es holt kann es bei Nässe rot, silbern, golden oder sogar in Regenbogenfarben schimmern. Besonders interessant fanden wir, dass man mit geschliffenen Obsidian Steinen in die Sonne gucken und Sonnenfinsternisse beobachten kann. Es gab auch reichlich Tequila zu trinken und wir haben viele neue Trinksprüche gelernt, aber niemand war aufdringlich, dass wir etwas zu kaufen hätten. Tatsächlich hätte ich gerne etwas goldenen Obsidian mitgenommen, aber es gab keine einzelnen Steine zu kaufen und die Vorstellung, eine mittelgroße Figur noch acht Wochen mit mir herum tragen zu müssen, hat mich etwas abgeschreckt.

    Dann endlich ging es nach Teotihuacán. Diese Stätte wurde ca. 100 vor Christus gegründet und knappe 700 Jahre später wieder verlassen. Heute kann man noch die Ruinen bewundern, wozu besonders die drei Pyramiden zählen. Davon ist die Sonnenpyramide wohl am beeindruckendsten. Wir hätten nie gedacht, dass sie so hoch ist. Inmitten all der verfallenen Grundrisse wirkt sie total surreal. Leider kann man die Sonnen- und die Mond-Pyramide nicht mehr besteigen. Offiziell ist "Corona" der Grund, aber inoffiziell hat die Regierung einfach Angst, dass die Leute sich auf den schmalen Stufen das Genick brechen, vertraute unser Guide Antonio uns an. Und das können wir durchaus nachvollziehen: die Stufen sind schmal und uneben und die Sonne brennt in der Mittagszeit so unbarmherzig vom Himmel, dass einem schnell mal schwindelig werden kann.

    In unserer Reisegruppe hatten wir drei Experten, die es völlig in Ordnung fanden, zu jedem verabredeten Treffpunkt zu spät zu erscheinen. Das müssen diese berühmten Kinder sein, deren Mütter ihnen früher die Klodeckel warmgeföhnt haben, ehe sie sich zum Geschäft hingesetzt haben. Scheinbar denken sie heute, dass die Welt ihnen gehört und alles und jeder Rücksicht auf sie nimmt. Wegen der vielen Zeitverzögerungen haben wir erst mit reichlich Verspätung am dritten Punkt, der Basilika Guadalupe, an. Mittlerweile machte sich auch der Jetlag, bei mir zumindest, wieder bemerkbar. Kaum dass wir ankamen, wurde auch schon eine der Hauptattraktionen, der Park mit den Springbrunnen, geschlossen. Also saßen wir nach einem kurzen Rundgang Dreiviertelstunde herum und warteten darauf, dass die Tour zu Ende ging.

    Abends kamen wir dann in den Feierabendverkehr, sodass wir erst gegen Acht wieder zuhause waren. Es ging kurz ins Hotel zum Händewaschen und dann direkt in einen der vielen Tacoläden. Beim Essen hat ein Sänger über die Gäste des Ladens gerappt. Wir haben leider nicht viel verstanden und freundlich gelächelt, als es um uns ging, während wir vermutlich beleidigt wurden. Direkt danach sind wir beide wieder ins Bett gefallen.

    Heute lassen wir den Tag ruhig in einem Buchladen mit Dachterrassen-Café angehen. Später schauen wir uns Mexiko-Stadt an und sind gespannt, was uns erwartet.
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