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  • Day 48–49

    San Ignacio de Velasco

    February 13, 2023 in Bolivia ⋅ ⛅ 30 °C

    Geduscht und gestärkt werden wir um kurz vor 10 Uhr von Carlos, unserem Taxifahrer abgeholt. Das hatte das Hotel für uns organisiert. Für umgerechnet 50 Euro fährt er uns zu den etwas schlechter erreichbaren Missionen San Miguel, San Rafael und Santa Ana. Das bedeutet, dass wir zum Teil die Straße von letzter Nacht wieder zurückfahren müssen, aber mit den öffentlichen Bussen wäre das an einem Tag nicht möglich. Im Hellen wirkt es geradezu zu irre, dass große Busse auf dieser Straße fahren. Sie ist eigentlich eine einzige Baustelle, teilweise muss man durch extrem tiefen Sand fahren. Wenn es anfängt zu regnen, sitzen wir fest meint Carlos. Unser erster Stopp ist San Miguel. An der Plaza steht die beeindruckende Kirche der ehemaligen Mission. Die Kirchen wurden in den 1970er Jahren von einem deutschen Architekten restauriert und im Inneren stark rekonstruiert. In San Rafael hat die Kirche leider geschlossen. Sie macht erst wieder auf, wenn der Pfarrer seine Siesta beendet hat so zwischen 14.00 und 15.00 Uhr, sagt man uns. Es ist um 12.00 Uhr. Carlos nimmt uns mit in sein Stammlokal, dass als solches von Außen nicht zu erkennen ist. Es wirkt eher wie ein Privathaus. Zu Essen gibt es was eh grad für den Rest der Familie gekocht wurde. Für 2, 30 Euro pro Person bekommen wir Entenfrikassee, frittierte Kochbananen, Spiegeleier, Tomaten-Avocadosalat, Maniok und Getränke. Wir ziehen das Mittagessen tatsächlich 2 Stunden in die Länge, leider ist der Pfarrer immer noch nicht erwacht. Um 14.30 Uhr "dringen" wir einfach in den Pfarrgarten ein und quietschen ein bisschen mit dem Tor, aber vergeblich, zumindest können wir durch die Fenster schauen. Unser letztes Dorf ist Santa Ana und wie sich herausstellt, das Highlight der Tour. Santa Ana ist winzig und nur über eine schmale unasphaltierte Straße zu erreichen. Nicht mal die Plaza ist befestigt. Die Kirche ist deutlich rustikaler als die anderen, aber im Inneren unglaublich schön. Wir haben Glück, ein kleines Andachtsbild wird gerade in einer Prozession zurück in die Kirche begleitet, deshalb ist sie offen. In den Putz der Wände sind Glimmerstücke eingestreut, dadurch schimmern die Wände silbrig, wenn man durch die Kirche läuft. Die Skulpturen und die Deckenbalken sind statt mit Blattsilber mit Glimmerplättchen belegt. Die Kirche wurde erst in den 1990er Jahren restauriert, deshalb ist die Restaurierung etwas zurückhaltender ausgefallen und es gibt mehr originale Malereien an den Deckenbalken und den Wänden. In jedem der kleinen Dörfer gibt es ein Orchester. Die Orchester führen die Tradition der Jesuitenmissionen fort, in denen es ebenfalls Chöre und Orchester gab, die eigens komponierte Stücke während der Gottesdienste spielten. Gerade wird ein Film über das Orchester von Santa Ana gedreht. Fast alle Kinder des Ortes haben eine Geige oder sogar Cellos oder Kontrabasse dabei. Wir schauen ein bisschen bei den Dreharbeiten zu. Das ist tatsächlich sehr skurril. Die Filmcrew wirkt in dem Dorf, in dem es kaum Autos gibt, völlig surreal. Zufrieden und müde kommen wir abends wieder in unserer Unterkunft Parador Santa Ana an. Eigentlich wollten wir am nächsten Tag tagsüber nach Santa Cruz fahren, aber da fahren nur Truffis oder Busse von dem Typ mit denen wir aus San José gekommen sind. Noch etwas traumatisiert entscheiden wir uns für den Luxusnachtbus. In Bolivien ist das Reisen viel "entschleunigter" fast nichts findet man im Internet, man muss eigentlich immer am Busterminal fragen. Kartenzahlung ist selten möglich, online Buchungen von Bussen auch nicht. Kaum Hotels in den Nichttouristenregionen sind auf Buchungsplattformen. Man bucht über WhatsApp oder ruft an. Die Unterkünfte finden wir über Google Maps oder Facebook. Instagram scheint auch ein guter Tipp zu sein. das heißt leider für uns, dass wir morgens nochmal zum Busbahnhof fahren müssen um Tickets zu kaufen. Laut unserer Wirtin sind die Tickets für die guten Busfirmen schnell ausverkauft. Der Busbahnhof liegt ziemlich außerhalb. Zum Laufen bei der Hitze zu weit. Normale Taxen finden wir leider keine und so kommt es zu unserer ersten Mototaxifahrt. Während meine Schwester, das eigentlich halb so schlimm findet sterbe ich tausend Tode und es ist definitiv meine letzte Fahrt mit dem Mototaxi gewesen.
    Der Nachtbus beschert uns einen Tag in San Ignacio, das tatsächlich netter ist als gedacht. Das erste Mal gibt es so etwas wie Großstadtfeeling mit netten Cafés. Meine Schwester kann erstmals wieder zu ihrer vegetarischen Ernährung zurückkehren. Sehr Digitalnomad-like verbringen wir den Tag mit unseren Laptops an der Plaza von San José. Der Nachtbus ist wieder voller Mennoniten. Zum ersten Mal spricht uns sogar einer an. Er erzählt uns, dass er vor 45 Jahren aus Kanada gekommen ist. Er ist etwas enttäuscht, dass wir kein Plattdeutsch können, aber er spricht perfekt Englisch. Er ist auf dem Weg nach Santa Cruz um einzukaufen. Als wir ihn im Bus wieder treffen ignoriert er uns aber plötzlich.
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