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  • Day 60–64

    La Paz

    February 25, 2023 in Bolivia ⋅ ☁️ 9 °C

    Die Busfahrt von Uyuni nach La Paz dauert etwa 9, 5 Stunden. Wir haben zwar den Touribus gebucht, aber trotzdem hält er ständig und zum Schlafen kommt man kaum. Um halb 7 sind wir dann da. La Paz ist eine ungeplant gewachsene Stadt, die in einem Talkessel liegt. Die Straßen laufen kreuz und quer und schon um diese Uhrzeit ist der Verkehr extrem. Direkt vor unserer Hoteltür ist Markt. Glücklicherweise haben wir die Kräuterabteilung erwischt, die sehr angenehm duftet. Wir schieben uns mit unseren Rucksäcken zwischen den Marktfrauen hindurch zu unserem Hotel und haben mal wieder Glück, dass wir direkt ins Hotelzimmer können. Übernächtigt und gereizt, beschließen wir nach einer Dusche erstmal zu frühstücken. Auf dem Markt gibt es Api (warmes Maisgetränk) mit Bunuelos (frittierter Hefeteig mit Anis) und Llauchas (mit flüssigem Käse gefüllter Hefeteig). Das hebt die Laune schon beträchtlich. Nach dem Kaffee im schwedischen Hipstercafé ist die Laune wieder vollständig hergestellt. Immer noch zu müde für Sightseeing, beschließen wir uns La Paz von oben anzuschauen. Seit ein paar Jahren hat die Stadt ein sehr innovatives Nahverkehrsnetz namens Mi Teleferico. Mehrere Seilbahnen, die untereinander verbunden sind verbinden zum einen El Alto, die etwa 500 m höher gelegene Satellitenstadt, mit La Paz, aber auch die Stadtteile untereinander. Die Gondeln fahren also nicht nur von oben nach unten, sondern, schweben auch einfach über den Straßen. Sehr praktisch bei Verkehrschaos und ständigen Demos. Die Fahrt kostet nur 3 Bolivianos, das sind ca. 30 ct. Umsteigen kostet 2 Bolivianos. Vor allem für die Bewohner:innen von El Alto, immerhin knapp 1 Mio., die häufig in La Paz arbeiten hat sich die Reisezeit dadurch auf ein Drittel reduziert. Wir schweben erst nach El Alto hoch und besteigen einen kleinen Aussichtsturm. Dann fahren wir über El Alto hinweg, auf der anderen Seite wieder ins Zentrum und dort noch ein bisschen über die großen Avenidas hinweg. Die bestimmt drei Stunden Gondelfahren kosten uns nur 2,50 Euro. Das ist selbst für Bolivien sehr wenig. das lieht daran, dass die Fahrpreise vom Staat subventioniert wurden.
    Im Februar und März wird in La Paz das Fest der Alasitas gefeiert. Alasitas sind kleine Hausaltäre für den Aymaragott des Wohlstandes Ekeko. Man kauft ihm alles was man möchte in Miniaturform, das können Häuser und Autos sein, aber auch Nahrungsmittel oder Uniabschlüsse. Es gibt sogar kleine Zeitungen mit oft satirischen Schlagzeilen zu kaufen. Diese Dinge kann man auf der Feria de las Alasitas kaufen. Dort verbringen wir den Nachmittag. Es ist ein riesiges Volksfest mit Essensständen, Schießbuden, Tischfußball, Entenangeln und anderen Spielen und eben jeder Menge Stände an denen man wirklich alles in Miniatur kaufen kann. Gleich neben den Ständen sitzen die Chifleros (Schamanen) bei denen man seine Geschenke für Ekeko segnen lassen kann.
    Am nächsten Tag fahren wir nach Tiwanacu. Die ehemalige Hauptstadt der gleichnamigen Kultur war von etwa 1500 v. Chr bis 1200 n. Chr. das administrative und religiöse Zentrum des Tiwanacustaates. Die Stadt wurde aus ungeklärten Gründen um 1200 aufgegeben und war bereits verlassen, als die Inka und später die Spanier in die Gegend kamen. Seit 2000 ist sie UNESCO Weltkulturerbe und berühmt für die großen Monolithen und das sogenannte Sonnentor. Wir buchen der Einfachheit halber eine Tour, da die Stätte etwa 1,5 h von La Paz entfernt liegt.
    Am Montag machen wir uns nochmal auf nach El Alto, die am schnellsten wachsende Stadt Boliviens. Sie gilt als die Aymarahauptstadt der Welt und ist ein Anziehungspunkt für die arme Landbevölkerung. Durch den wirtschaftlichen Aufschwung des Landes in den letzten Jahren sind einige der Familien im eigentlich traditionell armen El Alto zu Geld gekommen. Da die drei Grundsätze der Aymarakultur lauten "stiehl nicht, lüge nicht und sei nicht faul" ruht man sich auf seinem Reichtum aber keinesfalls aus, sondern investiert sein Geld in immer neue Projekte. Materieller Reichtum wird gerne zur Schau gestellt. Viele der Aymara lassen sich beispielsweise die Zähne vergolden und tragen aufwendigen Schmuck. Außerdem wird gerne gefeiert, vor allem Hochzeiten sind wichtige gesellschaftliche Ereignisse, mit denen man seinen gesellschaftlichen Status festigt und zeigt. Der Aymaraarchitekt Freddy Mamani hat aus diesen Vorlieben seines Volkes einen neuen Gebäudetypus entwickelt, das sogenannte Cholet. Das Wort setzt sich aus Cholo/a (Bezeichnung für in der Stadt lebende Indigene) und Chalet zusammen. Die Cholets, die teilweise mehrere Millionen Dollar kosten, entstehen seitdem überall in El Alto und haben es auch in landesweite Architekturmagazine geschafft. Ein Cholet besteht aus einer Ladenzeile, einem Festsaal, der vermietet wird, mehreren Mietswohnungen und auf dem Dach steht das luxuriöse Wohnhaus des Eigentümers, das Chalet. Die Fassaden sind extrem bunt gestaltet und zeigen oft andine Motive, wie das Chakana, das andine Kreuz. Auf der Tiwanacutour lernen wir zwei Architektinnen aus La Paz kennen und gemeinsam beschließen wir am nächsten Tag eine Cholet Tour zu machen. Unser Guide von der Agentur RedCaps ist selbst Aymara und erzählt uns viel über die kulturellen und religiösen Hintergründe. Zu Fuß, per Bus, Seilbahn und Taxi erkunden wir mit ihm 3 Stunden lang El Alto. Die Stadt ist noch verrückter als La Paz. Überall wird gehandelt, gekauft und verkauft. Dazwischen sind immer wieder kleine Buden an denen Chifleros ihre Schamenendienste anbieten. Und dann die Cholets. Der Phantasie der Besitzer sind keine Grenzen gesetzt. Es gibt Cholets mit Transfomerfassaden, mit Ironmanfassaden oder auch mit der Unabhängigkeitsstatue. In einen der Festsäle können wir sogar hinein. Auch innen sind die Gebäude quietschbunt und ziemlich psychedelisch. Auch wenn die Gebäude topmodern wirken: vor dem Bau jedes Gebäudes wurde in einer speziellen Zeremonie ein Lama geopfert. Je größer das Gebäude, desto größer muss das Opfer an die Pachamama sein. An die Eingänge sind spezielle Kräuter gebunden, die Kunden anziehen sollen.
    Wieder in La Paz gehen wir in der Cocina Popular essen, einem hippen Mittagslokal, dass monatlich ein Dreigängemenü aus lokalen Gerichten anbietet. Da es so hip ist müssen wir eine Stunde auf unseren Tisch warten, aber es lohnt sich. Nachmittags streifen wir noch ein bisschen durch die Altstadt. Am Dienstag wollen wir eigentlich weiterfahren, aber da ich krank werde, bleiben wir noch einen Tag in La Paz, den ich größtenteils im Bett verbringe. Erst nachmittags schaffen wir es zumindest noch ins Kathedralmuseum.
    Nach einem weiteren unproduktiven Telefonat mit der Airline beschließen wir am 9.3. einen Flug von Santa Cruz nach Lima zu buchen um von dort unseren Rückflug nach Deutschland anzutreten. So können wir am Ende noch nach Samaipata einbauen, das wir aus Angst vor Straßenblockaden übersprungen hatten.
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