• Tropflöcher na Serra do Cipó

    17 Mayıs 2022, Brezilya ⋅ ☁️ 21 °C

    Ein bisschen schaukelnd und unsicher auf den Füßen, Gleichgewicht ned ganz intakt obwohl auf festem Boden. Fast Anzeichen von Seekrankheit.
    Die Busreisen hier in Brasilien werden immer länger - das zweite Mal über 24 Stunden im Bus und wir Landratten schaukeln beim Aussteigen gehörig hin und her.
    Fast schon Vorgeschmack auf die ersten Klettermeter hier in Serra do Cipó [Seha do Sipoo] - die uns auch mehr schlecht als recht raufwackeln lassen werden.

    Wir sind also endlich im verheißungsvollen schönsten Ort Brasiliens - und somit worldwide angekommen. Eingecheckt im wunderschön ausgebauten Bus von Diego haben wir unser eigenes Apartment im Vorgarten mit allen Annehmlichkeiten was sonst so ein Haus nebenbei auch hergibt und noch viel mehr:
    Hat hier jemand Livemusik gesagt?
    Hat hier jemand selbst gebrautes Bier gesagt?
    Hat hier jemand Haushund gesagt?

    Der brasilianische Winter meints gut mit uns - wir fühlen uns bei 20-30 Grad untertags ziemlich wohl und in der Nacht hatten wir nur anfangs die Klimaanlage des Busses in Betrieb. Standheizungen sind hier eindeutig Geldverschwendung - 'Standklimaanlagen' dafür aber mehr als ein 'nice to have'.
    Regnen wirds die nächsten 3-4 Monate so gut wie nichts - zum Kraxeln also perfekt!

    Das erste Mal Kalk in Südamerika lässt unsere Füße die ersten Tage ziemlich schmerzen - liegt aber wahrscheinlich eher an 3-4 wöchiger Kletterabstinenz, wenig erforderlicher und geleisteter Fußtechnik im argentinischen Vulkangestein und Diego's Routenauswahl.
    Von extrem technischen Platten und Wandklettereien mit vielen flachen Zangen und durchwegs falsch gerichteten Seitgriffen die ebenso gute Körperpositionierung erfordern, bis brachiale Überhänge an kleinen Leisten und 55 Meter Ausdauerhammer im durchgängig leicht überhängenden orangen Fels. - Es gibt hier fast alles (außer natürlich unsere 'geliebten' Granitrisse) und vor allem extrem kompakt - die ärgsten filigranen millimeterdünnen Schuppen brechen wahrscheinlich in 1000 Jahren noch nicht weg.. (die kleinste Zeiteinheit in denen Geologen rechnen 😉)
    Somit wars für uns die ersten beiden Klettertage kein leichtes sich auf die andere Art der Kletterei einzustellen und Finger und Zehen an die Tropflöcher im Kalk zu gewöhnen. Diese finden sich fast in jeder Route zumindest wenn es nach dem Überhang noch ein delikates plattiges Ende gibt - was schon manchen vermeintlich erfolgreichen Onsight-Durchstieg zu einem plötzlich nochmal spannendem Unterfangen macht. Die Tropflöcher (cipó) sind daher auch namensgebend für das gesamte Gebiet.

    Die Routenauswahl ist enorm: es gibt ca. 800 Routen. Die Hälfte wurde in einem Führer (2015) erfasst - der Gesamtbestand wird gerade in einem neuen Führer erfasst. Klettern sollte man aber eigentlich mindestens 6c um länger Spaß zu haben - einfachere Touren sind aufgrund der Felsstruktur auch im geneigten Gelände selten zu finden.

    Zustieg in der charakteristischen rötlichen Lehmerde mitten in dichter Vegetation - man merkt oft erst 10 Meter vorm Fels, dass man am Klettersektor angelangt ist. Schöne Übersichtsfotos der beeindruckenden Wände sind also schwer möglich beziehungsweise zeigen oft nur die obere meist grau plattige Hälfte. Im grünen Dickicht verbirgt sich oftmals wunderschön orange-gelber Fels.
    Lianen am Fels wurden von uns anfangs mit Fixseilen verwechselt - die teilweise baumstammdicken Luftwurzeln von ganz oben bis zum Boden dann schon nicht mehr. Beeindruckend wie massiv und vor allem lang diese werden können - bei einem vergleichsweise kleinen dazugehörigen Bäumchen am oberen Ende des Fels. Das Wurzelwerk 20mal so massiv wie der Baum selbst!!
    In den Sektoren gibt es auch einige Höhlen und Durchgänge - nicht nur wegen des frühen Sonnenuntergangs zahlt sich also eine 'Hirnbirn' im Rucksack aus.

    Insgesamt sehr abwechslungsreiche und coole Kletterei an sehr ästhetischen Linien!

    Was uns von Anfang an von unserer Reise immer wieder aufgefallen ist und eigentlich auch bei uns was wäre:
    ▪️Die Kletterlinien sind viel klarer als in Ö - der Fels nicht derart zugebohrt so dass man sich nicht mehr auskennt.
    ▪️Auf Fels und Natur (Bäume, Sträucher etc.) wird mehr Rücksicht genommen: Routennamen werden nicht eingraviert bzw. hingemalt und störende Bäume am Wandfuß werden wenn möglich belassen bzw. weg vom Fels gebunden.
    ▪️Geschlechterverhältnis am Fels ist im Gegensatz zu Ö oder EU ziemlich ausgeglichen. Gibt nur selten ein "Anhängsel" zu einem motivierten Partner.
    ▪️Die Kletterinnen hier sind voi motiviert und meist a sehr stark!
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