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  • Day 32

    Zugreise zum Adam's Peak

    May 1, 2019 in Sri Lanka ⋅ ☁️ 24 °C

    Nachdem wir im letzten Monat (ja, wir sind jetzt schon mehr als einen Monat unterwegs!) das indische Eisenbahnwesen tüchtig ausgekundschaftet hatten, stand heute unsere Premiere in einem srilankischen Zug an. Da wir über die letzten Wochen doch ein bisschen dazugelernt haben, hatten wir in Ella strategisch geschickt ein Hotel gebucht, das nur gut 200 Meter vom Bahnhof entfernt war. Da allerdings die 200 Meter fast gänzlich aus steilem Aufstieg bestanden, gestaltete sich der Spaziergang zum Bahnhof (inkl. Ines' tonnenschwerem Rollkoffer) doch weniger als entspannt als erwartet...

    Entspannter als erwartet war hingegen die Bahnhofsatmosphäre: Während in Indien die Bahnhöfe riesige Gewimmel von Reisenden, Trägern, Verkäufern und manchmal auch Affen sind, erinnerte der kleine, schnucklige Bahnhof in Ella eher an eine Kinderattraktion im Ravensburger Spieleland. Anders als in Indien werden Billette hier auch grösstenteils unmittelbar vor der Fahrt verkauft - doch anders als befürchtet bedeutete auch dies weder Rummel noch langes Schlangestehen.

    Der vielversprechende Start in das indische Eisenbahnerlebnis setzte sich fort: Da wir uns den Luxus eines nummerierten Sitzplatzes gegönnt hatten (zum dreifachen Preis, also horrenden 2 Euro!), durften wir die vier Stunden Fahrt in einem eigenen Abteil verbringen. All diese Annehmlichkeiten verblassen allerdings neben dem Highlight der Zugreise, nämlich der Strecke.

    Die Strecke von Ella nach Hatton, die wir fuhren, gilt als Filetstück Sri Lankas - und unserer Meinung nach zurecht! Vor dem Zugfenster sah man abwechslungsweise Wände aus dschungelartiger Vegetation, die höher waren als der Zug, Lichtungen im Wald mit leuchtend grünen Teeplantagen, majestätische Panoramen über kilometerbreite Täler und die Hochebenen des Horton-Plains-Nationalpark, auf 1800 Metern über Meer gelegen. Ich nehme alle spöttischen Bemerkungen bezüglich Ravensburger Spieleland zurück - Züge in Sri Lanka sind der Glacier Express des indischen Ozeans!

    So malerisch und meditativ die Zugfahrt nach Hatton gewesen war, so abenteuerlich wurde die anschliessende Busfahrt zu unserem eigentlichen Ziel, dem Dorf Nallathanniya am Fusse des Adam's Peak. In einem Bus, dessen Alter man anhand seines ohrenbetäubenden Geklappers hören konnte, kurvten wir eine Stunde lang enge Bergstrassen hinauf, stets einen knappen Meter vom Abgrund entfernt. Wohl um das ganze Erlebnis nicht zu öde werden zu lassen, begann es zusätzlich strömend zu regnen. Das Alter des Busses wurde dabei noch einmal durch die Wasserdurchlässigkeit der Karosserie bestätigt. Sind die Züge in Sri Lanka wie der Glacier Express, entsprechen die Busse wohl der Deutschen Bahn!

    Schliesslich kamen wir durchnässt - unklar ob von Regenwasser oder Angstschweiss - in Nallathanniya an. Von hier aus besteigen wir morgen den Adam's Peak, der für alle in Sri Lanka vertretenen Religionen einen bedeutenden Pilgerort darstellt. Glücklicherweise ist die Pilgersaison derzeit aber vorbei, sodass wir morgen nicht Schlange stehen müssen, wenn wir mitten in der Nacht loswandern, um bei Sonnenaufgang beim Gipfel zu sein.
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