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  • Day 24

    Die Whipple-OP 🩻🩸🩹

    September 26, 2023 in Nepal ⋅ ⛅ 24 °C

    Der Tag heute startete gut und die etwas milderen Temperaturen (25 °C) der letzten zwei Tage sind wieder passé, denn heute hatte es wieder 30°C. ☀️ In der Morgensonne gab es eine Sportsession und auch vor/bei der Visite war es heute wirklich cool, weil sich ein Arzt, Suraj, sehr viel Zeit genommen hat um einige Themen in Ruhe durchzusprechen. ☺️
    Danach ging es auf einen kurzen Frühstücksstopp und dann stand heute die Whipple-OP auf dem Plan, die eigentlich schon vor 1,5 Wochen geplant war, aber wegen des Streiks verschoben wurde. Anders als in Deutschland ist hier in der Früh keine Eile geboten in den OP zu kommen, dieser startet eh nicht vor 9/9:30 Uhr. 🧘‍♀️ Aufgrund der Dauer und des Komplikationspotenzials dieser OP dauerten die Vorbereitungen durch die Anästhesie länger als gewöhnlich, denn es wurde ein ZVK, eine Arterie, venöse Zugänge usw. angelegt. So kamen wir dann gemütlich nach unserer Frühstückspause (in der ich aufgrund meines Porridges inzwischen nur noch einen Tee oder Lemon Water trinke😁) gegen 10:30 Uhr im OP an und gegen 10:50 Uhr startete der Eingriff dann von chirurgischer Seite. Der Patient, 80 J., leidet unter einem Cholangiokarzinom (Gallengangskrebs) und die sog. Whipple-OP ist die einzig kurative Therapieoption. Diese ist auch nur dann sinnvoll wenn alles entfernt werden kann und es noch keine Metastasen gibt. Denn die OP ist sehr kompliziert, dauert sehr lange (dazu noch mehr) und zieht eine sehr kräftezehrende postoperative Phase nach sich. Gibt es also keine Aussicht auf vollständige Heilung stehen die Risiken über dem Nutzen. Bei der OP werden ein Teil des Magens, ein Teil des Pankreas, die Gallenblase, der Gallengang, das Duodenum (Zwölffingerdarm) und ein Teil des Dünndarms entfernt. Danach muss alles Verbliebene wieder miteinander verbunden werden. 🪢 Der Patient hatte in der letzten Zeit auch schon einen stark ausgeprägten Ikterus (Gelbfärbung). 🟨 Das sieht man hier bei der Hautfarbe der Menschen natürlich deutlich schlechter als bei heller Haut. Aber hier war es schon so ausgeprägt, dass man es trotzdem gesehen hat, außerdem kann man immer bei den Augen schauen. Was für mich ein kleiner Aha-Effekt war, obwohl es ja eigentlich total logisch ist, dass bei Eröffnen des Bauchraums auch alles total gelb war, also das Bauchfell und die Darmwände und so. 💡Das hat echt verrückt ausgeschaut.
    Diese OP ist quasi die größte OP in der Allgemeinchirurgie und der eine Kollege meinte sehr passend zu mir: „If you can perfom Whipple´s procedure, you can do everything.“ 🦹
    Es operieren 4 Chirurgen und alle anderen versuchen über die Schultern o.ä. einen Blick auf das Operationsfeld zu ergattern um die einzelnen, zahlreichen, Schritte mitverfolgen zu können. Hier kommt es sehr gelegen, dass das mit dem steril sein deutlich lockerer gesehen wird, denn so steht man quasi mit am Tisch ohne eingewaschen zu sein. Das wäre in Deutschland undenkbar. 😅 So konnte ich die gesamte OP wirklich sehr gut sehen und mitverfolgen und zwischendurch nahm sich auch hier wieder ein Arzt, Vijay, Zeit sich mit mir die CT Bilder durchzuschauen und einige der Operationschritte zu besprechen. Normalerweise kommt irgendwann immer der Punkt wo es ein bisschen langweilig wird, wenn man nur zuschaut und selber nichts zu tun hat. Aber ich muss sagen heute war das irgendwie anders und das obwohl die OP von 10:45 Uhr bis 18:45 Uhr gedauert hat! Ja richtig gelesen.. Die Operateure wechseln sich dann untereinander ab, damit jeder zumindest mal kurz was Essen kann aber das wars dann auch. Ich wollte mir auch das vollständige Prozedere anschauen und bin deshalb bis zum Schluss geblieben. Kurz bevor ich gegangen bin gab es dann noch einen kleinen Abendsnack bereitgestellt und dann bin ich um kurz vor 7 nach Hause gegangen. 🥱
    Noch ein paar Sachen zum OP, es ist hier ganz normal, dass sehr viele Ärzte aber auch Pflege ihre eigenen Kassaks anhaben, die dann auch häufig mit ihrem Namen und manchmal noch der Abteilung (Surgery, Anaesthesia,..)bestickt sind. Allerdings gibt es aber ja auch die ganz normalen Kassaks, die vom Krankenhaus gestellt werden. Der OP-Saal, in dem wir meistens sind ist ja der einzig „neue“. Allerdings wird hier für meine Verständnisse immer ein wenig übertrieben mit der Klimaanlage, es ist meistens so kalt eingestellt, dass ich richtig friere. 🙈 Super paradox, nachdem man sich draußen einen abschwitzt und dort friert es einen dann. Heute war es so kalt, dass ich mir dann irgendwann einen der sterilen Kittel zum wärmen drübergezogen habe. 😅 Es ging den anderen Kollegen aber auch so. Allerdings haben sie mich dann gefragt wie ich das denn machen würde wenn es bei uns im Winter schneit.. naja ich meinte nur, dass das immer harte Monate sind für mich.😂🥶
    Was ich auch mal wieder sehr kreativ fand, waren die Bänder, die im OP verwendet werden um wichtige Strukturen zu markieren. Dafür gibt es in Deutschland natürlich auch spezielle, hübsch bunte Gummifäden/bänder, die als medizinisches Produkt sicherlich sehr teuer sind. Hier werden einfach sterile Handschuhe genommen und der verdickte Abschluss abgeschnitten und dann für diesen Zweck eingesetzt.👌
    Diese OP kostet den Patienten übrigens ca. 20 000NPR, also ca. 150€. Klingt eigentlich gar nicht so viel finde ich wenn man überlegt wie viele Leute da gleichzeitig 8h rumdoktern. Für die Menschen hier aber natürlich wahnsinnig viel Geld. Außerdem kommen ja noch die Kosten für die ganzen Materialien für den OP dazu, das ist nochmal mind. genauso viel oder sogar mehr. Und die nächsten Tage muss der Pat. planmäßig erstmal auf die Intensivstation. Da ist jeder Tag auch sehr teuer..
    Am Nachmittag hat der Chefarzt ganz großzügig den Schlüssel zu seinem Vorratsschrank im OP bereitgestellt und wenn man abgelöst wurde oder ich halt so mal zwischendurch, durfte man sich dann dann dort einen Teebeutel oder ein kleines Tütchen Instant Kaffee nehmen, um mit dem Heißgetränk bei Laune und Konzentration zu bleiben. ☕️ Fand ich irgendwie total nett aber auch wieder verrückt wie man sich in Deutschland wahrscheinlich darüber lustig machen würde, wenn einem jemand sowas als Dank/großzügige Geste anbietet und hier freuen sich einfach alle. 🙈☺️
    Ansonsten wurde heute Vormittag dann auf einmal bekannt gegeben, dass wieder Streik ist, aber nachdem unsere OP schon begonnen hatte führten wir diese natürlich dann auch aus. Was aber sonst alles zur Ruhe gelegt wird und warum der Streik überhaupt stattfindet berichte ich dann ein ander mal, denn es ist sowieso schon wieder so lang geworden heute. 🙃
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