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  • Day 6

    Tag 6 Montresor

    May 8, 2023 in France ⋅ 🌙 13 °C

    Heute Nacht haben wir mal die Schlafordnung verändert. Das heißt, dass ich den Alkoven verlassen und im unteren Bett geschlafen habe. Oben war es mir einfach zu eng geworden. Anscheinend habe ich eine magnetische Anziehungskraft auf meine Mitreisenden.
    Zu dumm, mich klagt seit Beginn unserer Reise wieder mein chronischer Husten in der Nacht. Ich versuche herauszufinden woran es liegen könnte. Vielleicht ist es das Baguette, das ich nicht vertrage? Gestern Abend habe ich schon auf das obligatorische Glas Rotwein verzichtet, weil ich es als Ursache verdächtigt hatte. Also weiter mit Versuch und Irrtum.
    Wir haben lange geschlafen bis 10 Uhr. Zum Frühstück gibt's Baguette aus dem Dorf und nachdem wir klar Schiff gemacht haben, steuern wir unser nächstes Ziel Montrésor an.
    Eigentlich wollte ich gar nicht dorthin, aber Rupert hatte es sich in den Kopf gesetzt. Und was soll ich sagen, etwas besseres hätten wir für heute nicht finden können.
    Als wir aus dem Auto aussteigen, ahnen wir noch nicht, was wir hier alles finden werden. Wir verlassen den Parkplatz unterhalb der Burg und stehen nach 50 m vor einem mittelalterlichen Ständerhaus, dessen Obergeschoss auf gewaltigen Holzsäulen ruht. Rechts und links führen geschwungene holztreppen ins Obergeschoss hinauf. Die Treppen führen in einen großen dunklen Raum, der in einen Korridor mit rechts und links abgehenden Kammern unterteilt ist. In jeder der kann man befinden sich leuchtende Glasbilder, deren Motive an große Meister, wie z.b George Braque und Pablo Picasso, erinnern. Bei näherem betrachten erkennen wir, dass die Bilder aus mehreren Schichten bunter Glasstücke zusammengesetzt sind. So etwas haben wir bis jetzt noch nie gesehen! Am Abend finde ich auf Google die Beschreibung dieser besonderen Kunstform, Gemaille genannt. So eine Überraschung! Wir lassen uns eine ganze Weile von den Bildern verzaubern, bevor wir wieder hinunter steigen. Wir laufen ein Stück weiter und ich entdecke an einem gartenzaun ein handgemaltes Schild, dass hausgemachten Honig anbietet. Vor dem Haus steht ein alter Mann und wir gehen auf das Grundstück und machen uns bemerkbar. Als als der mich auf Französisch anspricht, sage ich meinen standardsatz "je ne comprends pas français très bien, un petit peu seulement", was ihn dazu ermutigt, ausschweifend weiter zu reden. Viel verstehe ich nicht, nur so viel, dass es um den Honig geht. Da immer wieder das Wort jaune fällt, vermute ich, dass es sich um Rapshonig handelt. Wir kaufen einen Topf Honig für 6 €, Rupert fotografiert mich mit dem netten Herrn und wir laufen weiter. Eine Nebenstraße führt uns über eine Brücke zu einem Wanderweg am Fluss entlang. Wir schlendern gemächlich den Weg entlang und betrachten das Dorf mit der riesigen Burg und einer ebenfalls großen Kirche auf der anderen Seite des Flusses. Die Hunde können hier freilaufen und sich so richtig austoben. Der Weg führt uns nach einer Weile durch malerische Gassen zum verfallenen teil der Burg, hinter dessen Tor sich der Schlossgarten erblicken lässt. Wir wären schon gerne hineingegangen, doch 20 € waren uns doch zu viel. Dafür reicht unser Budget einfach nicht.
    Bis auf eine kleine Pizzeria sind die wenigen Lokale im Dorf noch geschlossen. Wir haben Kaffeedurst und zwängen uns auf zwei Barhocker der kleinen gut besuchten Terrasse. Hier gibt es nur Espresso und der ist gut und günstig. Was wollen wir mehr. Ein Buch vielleicht! Nicht weit von der Pizzeria entfernt steht einer dieser öffentlichen Bücherschränke, die es bei uns mittlerweile überall gibt. Rupert und ich schauen die Bücher einmal durch, und ich entdecke eins, das ich als Geschenk für Claudia mitnehme.
    Wir sind ganz erfüllt von allem, was dieser kleine Ort uns zu bieten hatte, und machen uns beglückt auf die Weiterreise.
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