Satellite
Show on map
  • Day 7

    Wie uns ein Tag abhanden kam

    February 8 in Fiji ⋅ 🌧 29 °C

    Um 22.45 Uhr am 6. Februar startet unser Flieger in Los Angeles. Mit seiner Hilfe arbeiten wir uns von ziemlich weit oben bis ganz schön weit unten längsseits fast durch den gesamten Pazifik. Und landen in Fidschi frühmorgens. Am 8. Februar.

    Eineinhalb Tage nonstop. Geht denn das?

    Natürlich nicht. Vielleicht aber irgendwie doch. Als nämlich der Morgen graute, hatten wir die Datumsgrenze überschritten. Wer das westwärts tut, dem kommt bei diesem Manöver ein voller Tag abhanden. Der Zeiger schnappte um Mitternacht in unserem Flieger vom 6. auf den 8. Februar. Der 7. Februar hatte sich von einer auf die andere Sekunde in Luft aufgelöst. Verschollen zwischen Raum und Zeit - auf Nimmerwiedersehen. Vielleicht wüsste Albert Einstein, wo er geblieben ist. Wir spüren: Im Leben ist alles relativ.
    Fidschi ist ein Staat, ehemalige britische Kronkolonie, der 320 Inseln umfasst, davon 120 bewohnt, die sich auf 1,3 Millionen Quadratkilomtern im Südpazifik verteilen. Die meisten Menschen hier sind tatsächlich evangelisch, ein gutes Viertel jedoch ist hinduistisch. Indische Einwanderer, die nach Fidschi zum Arbeiten kamen, und deren Nachkommen stellen diese Bevölkerungsgruppe.
    1984 errichteten sie in Nadi, wo auch unser Flugzeug gelandet ist, eine Tempelanlage. Die größte in der südlichen Hemisphäre. Wir haben einen Tag Aufenthalt. Was liegt also näher, uns die religiöse Stätte einmal aus der Nähe anzusehen.
    Jemand hat uns gesagt, dass uns der öffentliche Bus dort hinführe. Eine halbe Stunde später finden wir uns in einem Gefährt wieder, das mit offenen Türen und Fenstern durch die Gegend brettert. Der Fahrer gibt Gas, wo er nur kann, um wenig später ebenso heftig zu bremsen. Den Tempel aber erreichen wir nicht. Dafür einen alten Busbahnhof, auf dessen Dächern sich Staub und Dreck von Jahrzehnten festgefressen haben. Wir bewegen uns schnurstracks zum nächsten Taxifahrer. 5 Minuten später stehen wir vor dem Siva-Tempel.
    Man darf nur hinein, wenn man am Tag zuvor weder Fleisch gegessen noch Alkohol getrunken hat. Beides können wir nicht bestätigen, aber kontrollieren kann es ja auch keiner. Doch unser unschuldiges Gesicht reicht diesmal nicht. Wir müssen, wie alle anderen auch, die Schuhe ausziehen und ein Rock-artiges Gewand umlegen. Barfüßig betreten wir die Anlage. Aufwendige Schnitzereien stellen die hinduistische Götterwelt dar. Eine Glocke ruft zum Gebet. Farbenfrohe Fresken zeigen an Wänden und Decken religiöse Motive. Ruhe und Stille herrschen im sonst so geschäftigen Nadi. Bis uns der Taxifahrer nach zwei Stunden wieder abholt.
    Wir unternehmen noch einen Rundgang durch den Markt und das Stadtzentrum von Nadi. "Bula!", schallt es uns immer wieder entgegen, was soviel wie Hallo heißt. Wer es besonders lieb meint, sagt "Bula, Bula!". Allerdings ist das bereits die Vorstufe zum Verkaufsgespräch. Die Freundlichkeit der Fidschi-Einwohner geht fließend in Geschäftigkeit, gepaart mit einem Schuss Aufdringlichkeit über. Mit wildfremden Menschen wird auf der Straße ein Gespräch angefangen. Deshalb ist jeder, den man länger als zwei Sekunden mustert, ein Bula-Verdächtiger.
    Die Sonne tritt aus den Wolken hervor und hat die Temperatur im Nu auf über 30 Grad getrieben. Das hält man nicht sehr lange aus, wenn man aus dem Winter kommt und eine Nacht nicht geschlafen hat. Erst recht nicht, wenn einem ein ganzer Tag abhanden gekommen ist. Der nächste Bus bringt uns zurück zum Flughafen.
    Read more