Einmal um die ganze Welt

February - March 2024
Von Deutschland nach Los Angeles, weiter in die Südsee an die Datumsgrenze. Von dort nach Australien und auf der anderen Halbkugel wieder heim. Read more
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  • Day 1

    Fliegen mit Hindernissen

    February 2 in Germany ⋅ ☁️ 5 °C

    Unser Flieger startet in München. Doch er bringt uns nicht, wie geplant, zum Zwischenstopp nach Helsinki. Sondern nach London. Wegen eines Generalstreiks in Finnland, bei dem der Flughafen der finnischen Hauptstadt lahmgelegt wurde, hat uns Finnair kurzerhand umgebucht. Wir fliegen mit Lufthansa und British Airways.
    Doch in London wird es knapp. Wir haben zwei Stunden zum Umsteigen in den A 380 nach Los Angeles. Das klingt viel, ist aber in dem riesigen Moloch Heathrow sehr, sehr wenig. Zwischen den Terminals verkehren Busse. Zum Gate müssen wir mit dem Zug. Da geht es so schnell bzw. so langsam, wie es eben geht. Zum Glück erreichen wir den übergroßen Flieger rechtzeitig. Der A 380 ist auch nur halb belegt. Das macht den mehr als 10-stündigen Flug nach Los Angeles halbwegs erträglich. Wir kommen wohlbehalten an, was auch für unser Gepäck gilt. Als unsere Koffer endlich auf dem Rollband erscheinen, atmen wir auf. Man weiß ja nie.
    Jetzt müssen wir nur noch irgendwie hinaus nach Hollywood finden. Wir investieren 90 Dollar für ein Taxi. In nicht mal einer Stunde haben wir es geschafft. Ein langer Tag geht zu Ende .
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  • Day 1–5

    Hollywood, wie es leibt und lebt

    February 2 in the United States ⋅ 🌙 11 °C

    Der Griffith Park gehört zu den schönsten Orten in dem sonst zersiedelten Los Angeles, in dessen Großraum mehr als 20 Millionen Menschen leben. Wir besuchen das Obserservatorium, in dem wir einen 83 kg schweren Meteoriten bestaunen können - das größte in Kalifornien je gefundene Zeugnis aus fernen Welten.
    Der gute Nebeneffekt: Das Griffith-Observatorium gehört zu den schönsten Aussichtspunkten in Los Angeles. Die 14 Meter hohen Buchstaben des Hollywood Signs strahlen würdevoll zu uns herüber. Downtown mit seinen Wolkenkratzern erhebt sich in gebotener Ferne vor unseren Augen.
    Wir haben uns entschieden, zu Fuß bergab zu steigen - direkt auf den Hollywood Boulevard. Doch bevor wir die Platten mit den eingelassenen Sternen betreten, begegnet uns eine etwas heruntergekommene Gegend, die so gar nicht zur ansonsten zur Schau gestellten Glitzerwelt Hollywoods passen will. Entlang des Boulevards kampieren Obdachlose in Zelten und hinterlassen rundherum eine ziemliche Dreckwüste. Kein Zweifel: Hollywood hat schon bessere Zeiten erlebt.
    Die Gegend rund um das Dolby Theater, in dem jährlich die Oscars überreicht werden, ist dagegen bunt, laut und geschäftig wie eh und je. Wir mustern nicht nur die unzähligen Sterne auf dem Bürgersteig, sondern auch die Unterschriften sowie die in die Betonplatten eingelassenen Fuß- und Handabdrücke von Michael Jackson, Arnold Schwarzenegger, Jane und Peter Fonda, Eddy Murphy und vielen anderen. Ein kleiner Rundgang durch die Welt des Films und Showgeschäfts.
    Auch die Strecke zu unserem Hotel nehmen wir anschließend zu Fuß. Völlig geplättet kommen wir nach einer Stunde an. Wir fallen erschöpft ins Bett. Das war ein schöner, aber auch anstrengender Tag. Zum Abendessen schaffen wir es nicht mehr. Bevor wir uns aufraffen können, sind wir fest eingeschlafen.
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  • Day 3–7

    Paramount oder: Die große Illusion

    February 4 in the United States ⋅ 🌧 12 °C

    Zufälle gibt es: Nur einen Steinwurf von unserem Hotel in der Melrose Avenue befindet sich das älteste Filmstudio Hollywoods. Auf einer Fläche von 68 Hektar erstrecken sich die , Produktions- und Verwaltungsgebäude von Paramount Pictures. Was lag also näher, als sich das legendäre Studio mit dem Logo eines von 24 Sternen umrahmten stattlichen Berges einmal genauer anzuschauen?
    Wir sind in einer Kleingruppe mit nur 7 Leuten und einer persönlichen Tourführerin unterwegs und halten als erstes - kaum zu glauben - einen originalen Oscar in der Hand. Davon haben Filme von Paramount in seiner 90jährigen Firmengeschichte unzählige eingeheimst. Doch die 30 Zentimeter messende und knapp 4 kg schwere Figur nun tatsächlich mal in der Hand zu halten, ist etwas Besonderes.
    Paramount hat Filmgeschichte geschrieben. Der legendäre Mafia-Streifen "Der Pate" geht genauso auf das Konto des Studios wie etwa die Mission-Impossible-Reihe mit Tom Cruise, die neueren Terminator-Filme oder das unvergessene Chinatown, als ein Messer unsanft die Nase von Jack Nickolson eröffnete.
    In den rund 30 Studios und Großbühnen werden 300.000 Quadratmeter Produktionsfläche vorgehalten, weshalb wir uns mit einem Elektromobil über das Gelände kämpfen müssen. Ob die lichterfüllte Kammer, von der aus bei Star Treck die Leute hin- und hergebeamt wurden, stählerne Kolosse, die im Film miteinander kämpfen, oder die originale Bank, auf der Forrest Gump saß - alles ist hier zu sehen.
    Ein Filmstudio ist die Bühne zur Vermittlung einer großen Illusion. Wo wäre das deutlicher zu erkennen als an einem vielleicht 100 mal 100 Meter messenden, nicht zu tiefen blauen Becken. Hier passen, wie unser Tourguide stolz verkündet, 1 Million Gallonen Wasser rein, rund 3,8 Millionen Liter. Und tatsächlich werden diese paar Liter im Film zu einem ganzen Ozean, wenn Menschen hier gegen Seeungeheuer kämpfen oder von Bord fallen, um hernach aufwändig gerettet zu werden. Nicht auszudecken, die Filmcrew müsste Derartiges tatsächlich draußen auf dem nahe gelegenen Pazifik drehen. Das Schöne: Im Film ist der Unterschied nicht sichtbar.
    Zwei Stunden sind wie im Flug vergangen. Es hat zu regnen begonnen. Wir bedanken uns für die inhaltsreiche, interessante und amüsante Führung. Die 130 Dollar waren gut angelegt.
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  • Day 4

    It rains in Southern California

    February 5 in the United States ⋅ 🌧 13 °C

    "It never rains in Southern California", sang Albert Hammond einstmals. Wie er sich doch getäuscht hat. Seit zwei Tagen haben wir nämlich mit Regen zu kämpfen, der einfach nicht aufhört. Was macht man an solchen Tagen?
    Wir haben uns kurzerhand ein Uber-Taxi geordert, das uns zum "The Grove" bringt, ein Einkaufspark, bestehend aus vielen Kaufhäusern, Geschäften und Restaurants, wo man die Zeit auch ganz nett verbringen kann. Tatsächlich können wir ein paar Klamottenkäufen nicht widerstehen. Aber immer wenn wir den Fuß wieder vor die Tür setzen, wird's nass. Und das nicht nur von oben, sondern vor allem auch von unten. Überall haben sich große Pfützen gebildet, die sich langsam, aber sicher zu einer Seenlandschaft ausweiten. Die Gullys verweigern längst ihren Dienst. Wir merken: Los Angeles ist eine einzige große versiegelte Fläche, in der alles planiert, betoniert und asphaltiert ist. Eindringen in den Erdboden kann das Wasser hier nicht. Also springen wir von einer weniger nassen Stelle zu anderen. Mit nur wenig Erfolg. Der Klimawandel mit seinen Extremwetterlagen lässt auch hier grüßen.
    Was also tun? Das Beste: Ein Bier trinken und auf bessere Zeiten warten. An einer Bar wartet schon der Keeper und hat, wie man es hier kennt, Dutzende verschiedene gezapfte Biere zur Auswahl. Eines davon ist ein Weißbier und es heißt: "Schoner Tag". Ich übersetze es für meinen Nachbar. Er meint, das solle ich bestellen, vielleicht höre es dann auf zu regnen. Aber das wird nix werden. Sie haben die Striche über dem "O" vergessen.
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  • Day 5

    Ab in den Süden

    February 6 in the United States ⋅ 🌧 13 °C

    Los Angeles liegt auf dem 34. Breitengrad und damit etwa auf der Höhe Nordafrikas. Wenn man sich von dortaus noch weiter nach unten bewegt, muss es schon sehr weit südlich gehen. Vielleicht ans Ende der Welt.
    Das ist gar nicht so weit hergeholt. Denn bis vor ein paar Jahren war unser Endziel Samoa genau das. Es war das Land, in dem es auf der Erde immer am spätesten war. Zuletzt Silvester gefeiert, zuletzt das neue Jahrtausend begrüßt. Hier war tatsächlich die Welt zu Ende.
    Das änderte sich am 29. Dezember 2011, als Samoa auf die andere Seite der Datumsgrenze wechselte. Man trug damit dem Umstand Rechnung, dass die meisten politischen, ökonomischen und persönlichen Verbindungen Samoas und seiner Menschen sich auf Neuseeland und Australien konzentrieren. Seither sind sie die ersten, die Silvester feiern. Also der Anfang der Welt.
    Wir haben uns von unserem Hotel in Hollywood ein Uber-Taxi gechartert. Das bringt uns, im Gegensatz zu den "normalen" Taxis, die 90 Dollar kosten, für 50 Dollar zum Flughafen. Es sind nur 25 Kilometer, aber das ist in Los Angeles mit öffentlichen Verkehrsmitteln eine nahezu unüberwindbare Strecke. Der Weg zur nächsten U-Bahn-Haltestelle ist weit, und die Fahrt wäre mit etlichen Umstiegen verbunden. Vor unserem Hotel hält ein Bus, der allein eine ganze Stunde nach Downtown braucht. Das alles will man mit schwerem Gepäck nicht haben. Also beteiligen wir uns gegen unseren Willen an dem Gesellschaftsspiel, die Straßen in Los Angeles zu verstopfen. Und wie soll sich das ändern, wenn viele Menschen, die hier zu Hause sind, nicht einmal wissen, dass es eine U-Bahn gibt?
    Wir sagen tschüss in unserem "Hollywood Historic Hotel". Das Haus wurde 1929 gebaut und gilt für amerikanische Verhältnisse in der Tat als historisch. Humphry Bogart grüßt lässig von einem Bild herunter und sagt: "Play it again, Sam!"
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  • Day 7

    Wie uns ein Tag abhanden kam

    February 8 in Fiji ⋅ 🌧 29 °C

    Um 22.45 Uhr am 6. Februar startet unser Flieger in Los Angeles. Mit seiner Hilfe arbeiten wir uns von ziemlich weit oben bis ganz schön weit unten längsseits fast durch den gesamten Pazifik. Und landen in Fidschi frühmorgens. Am 8. Februar.

    Eineinhalb Tage nonstop. Geht denn das?

    Natürlich nicht. Vielleicht aber irgendwie doch. Als nämlich der Morgen graute, hatten wir die Datumsgrenze überschritten. Wer das westwärts tut, dem kommt bei diesem Manöver ein voller Tag abhanden. Der Zeiger schnappte um Mitternacht in unserem Flieger vom 6. auf den 8. Februar. Der 7. Februar hatte sich von einer auf die andere Sekunde in Luft aufgelöst. Verschollen zwischen Raum und Zeit - auf Nimmerwiedersehen. Vielleicht wüsste Albert Einstein, wo er geblieben ist. Wir spüren: Im Leben ist alles relativ.
    Fidschi ist ein Staat, ehemalige britische Kronkolonie, der 320 Inseln umfasst, davon 120 bewohnt, die sich auf 1,3 Millionen Quadratkilomtern im Südpazifik verteilen. Die meisten Menschen hier sind tatsächlich evangelisch, ein gutes Viertel jedoch ist hinduistisch. Indische Einwanderer, die nach Fidschi zum Arbeiten kamen, und deren Nachkommen stellen diese Bevölkerungsgruppe.
    1984 errichteten sie in Nadi, wo auch unser Flugzeug gelandet ist, eine Tempelanlage. Die größte in der südlichen Hemisphäre. Wir haben einen Tag Aufenthalt. Was liegt also näher, uns die religiöse Stätte einmal aus der Nähe anzusehen.
    Jemand hat uns gesagt, dass uns der öffentliche Bus dort hinführe. Eine halbe Stunde später finden wir uns in einem Gefährt wieder, das mit offenen Türen und Fenstern durch die Gegend brettert. Der Fahrer gibt Gas, wo er nur kann, um wenig später ebenso heftig zu bremsen. Den Tempel aber erreichen wir nicht. Dafür einen alten Busbahnhof, auf dessen Dächern sich Staub und Dreck von Jahrzehnten festgefressen haben. Wir bewegen uns schnurstracks zum nächsten Taxifahrer. 5 Minuten später stehen wir vor dem Siva-Tempel.
    Man darf nur hinein, wenn man am Tag zuvor weder Fleisch gegessen noch Alkohol getrunken hat. Beides können wir nicht bestätigen, aber kontrollieren kann es ja auch keiner. Doch unser unschuldiges Gesicht reicht diesmal nicht. Wir müssen, wie alle anderen auch, die Schuhe ausziehen und ein Rock-artiges Gewand umlegen. Barfüßig betreten wir die Anlage. Aufwendige Schnitzereien stellen die hinduistische Götterwelt dar. Eine Glocke ruft zum Gebet. Farbenfrohe Fresken zeigen an Wänden und Decken religiöse Motive. Ruhe und Stille herrschen im sonst so geschäftigen Nadi. Bis uns der Taxifahrer nach zwei Stunden wieder abholt.
    Wir unternehmen noch einen Rundgang durch den Markt und das Stadtzentrum von Nadi. "Bula!", schallt es uns immer wieder entgegen, was soviel wie Hallo heißt. Wer es besonders lieb meint, sagt "Bula, Bula!". Allerdings ist das bereits die Vorstufe zum Verkaufsgespräch. Die Freundlichkeit der Fidschi-Einwohner geht fließend in Geschäftigkeit, gepaart mit einem Schuss Aufdringlichkeit über. Mit wildfremden Menschen wird auf der Straße ein Gespräch angefangen. Deshalb ist jeder, den man länger als zwei Sekunden mustert, ein Bula-Verdächtiger.
    Die Sonne tritt aus den Wolken hervor und hat die Temperatur im Nu auf über 30 Grad getrieben. Das hält man nicht sehr lange aus, wenn man aus dem Winter kommt und eine Nacht nicht geschlafen hat. Erst recht nicht, wenn einem ein ganzer Tag abhanden gekommen ist. Der nächste Bus bringt uns zurück zum Flughafen.
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  • Day 8

    Willkommen in der Märchenwelt

    February 10 in Samoa ⋅ ☁️ 29 °C

    Wir sind nur eine gute Stunde von Fidschi nach Samoa geflogen, haben aber noch einmal 2 Stunden Zeitverschiebung dazubekommen. Jetzt beträgt der Unterschied nach zu Hause volle 12 Stunden. Man könnte auch sagen: Wir sind am anderen Ende der Welt auf dem 180. Längengrad wohlbehalten angekommen.

    Samoa empfängt uns mit offenen Armen. Otto, unser Fahrer, der tatsächlich Otto heißt, hat uns in der Nacht im Hotel abgeliefert. Völlig übermüdet sind wir ins Bett und einen Schlaf gefallen, der einer tiefen Narkose ähnelt. Als wir um 8 Uhr die Augen aufschlagen, regnet es noch stark; es handelt sich um einen so called "warm landrain", wie der Deutsche zu sagen pflegt, wenn auch nicht auf Englisch. Dennoch herrschen schon am Morgen tropische Temperaturen von fast 30 Grad, die sich, wie unsere Wetterapp behauptet, wegen der Luftfeuchtigkeit anfühlen wie 40 Grad.

    Unser Hotel ist eine Art modernes Märchenschloss. Weil die hiesige Regenzeit stets direkt in den Sommer mit seinen tropischen Temperaturen fällt, muss es hier geradezu aus allen Poren des Erdbodens sprießen wie Hexe. Die von Lou und Gavin Brightwell, einem neuseeländischen Ehepaar, vorbildlich geführte Hotelanlage, verwöhnt uns mit Kokospalmen, Gummibäumen und einem Blumenmeer von Hibiskus bis Orchidee. Die hochgewachsenen Palmen tragen gerade Kokosnüsse, was dann gefährlich werden kann, wenn einem so ein Teil aus 15 Metern Höhe auf den Kopf fällt. Schilder warnen uns daher eindringlich: "Beware of falling coconuts!"
    Wir unternehmen einen Rundgang, kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus, reiben uns die Augen und kneifen uns gegenseitig, um uns zu versichern, dass das wirklich alles wahr ist.
    Das ist es. Und trotzdem kommt es uns vor wie im Märchen: unfassbar schön, unberührt, abseits des Massentourismus. Der einzige Fehler im System besteht darin, dass man dafür bis ans Ende der Welt fliegen muss.
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  • Day 9

    Bratwurstalarm auf Samoa

    February 11 in Samoa ⋅ 🌧 29 °C

    Als sich ein heißer Tag seinem Ende neigt, nehmen wir Witterung auf. Ein vertrauter Duft durchzieht unsere Nasen. Wir wissen schon, was das nur sein kann. Und weil das so ist, haben wir bereits am Morgen einen Tisch reserviert.
    Es ist BBQ-Time im Saletoga Sands Resort auf Samoa. Auch die Speisekarte haben wir bereits vorab intensiv studiert. Es gibt Minutensteaks, gegrillte Rippchen, die im Gegensatz zu den USA, wo sie riesig sind und vom Rind stammen, hier vom Schwein kommen, gegrillte Chicken Wings - und Bratwürste. Dazu schmackhafte Salate, karamelisierte Zwiebeln, Pellkartoffeln und vieles mehr. Mit anderen Worten: Da ist alles, was das Herz des Thüringers begehrt, der in diesen Dingen natürlich als ein mit allen Wassern dieser Welt gewaschener Fachmann gilt.
    Wir befinden uns auf offener Terrasse ganz dicht am Meer. Eine Brise Wind weht uns um die Nase, was uns nach der drückenden Hitze mehr als gut tut. Hinter dem Pazifik geht die Sonne unter. Unsere Gastgeber haben Life-Musik organisiert. Ein Trio bringt zur Gitarre in flüssigem dreistimmigen Vokalsatz bekannte Songs zu Gehör.

    Da ist es wieder: das Gefühl, im modernen Märchen gelandet zu sein.

    Die Steaks sind butterweich und schmecken phantastisch. Auch die Chicken Wings und die Spare Rips zerfallen wie von selbst am Gaumen. Die Salate bringen unbekanntes, südländisches Flair in unser Abendessen.
    Aber was ist mit den Bratwürsten? Auf der Karte waren sie als "pork sausages" angekündigt worden. Soweit richtig. Doch bei näherem Hinsehen fällt unserem Adlerauge sofort auf, dass wir sie vom Frühstück kennen. Wir haben es mit einer Art Bockwurst zu tun, mit dem einzigen Unterschied, dass sie jetzt eben gebraten wurden. Wir nehmen vornehm Abstand von dem Versuch, sie zu kosten. Denn wir wollen in diesen rundum gelungenen Abend nicht den Hauch eines Missklangs bringen.
    Die Sonne verschwindet rot am Horizont. Die Palmen wiegen sich im Wind. Ankommende Wellen plätschern verspielt an der Strandbegrenzung aus Lavastein. Wir lenken unsere Schritte zu unserem Bungalow.
    Keine Frage: Es gibt schlechtere Tage als diesen.
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  • Day 11

    Fachkräfte gesucht (... und gefunden)

    February 13 in Samoa ⋅ 🌧 29 °C

    Als die Töne von "Blue by you" verklungen sind, schleiche ich unauffällig zu unserem Gesangstrio hinüber und stecke ihnen fünf Dollar zu. Eigentlich ist das nicht erwünscht; die Gäste werden von den Inhabern gebeten, wenn sie Trinkgelder geben wollen, die eigens dafür bereitgestellte Box an der Rezeption damit zu füttern. So wird am Schluss gerecht geteilt, und jeder bekommt etwas ab. Hier aber machen wir eine Ausnahme. Vater, Mutter und Tochter singen einfach einmalig schön. Und das jedem Abend zum Abendessen. Das ist us einen Extrabonus wert.
    Kurz zuvor hatten wir die Happy Hour für einen Drink genutzt. Unversehens gesellte sich Gavin Brightwell zu uns. Der Inhaber unserer Hotelanlage, das hatten wir vorher schon beobachtet, mischt sich gern mal unter die Gäste. So erhält er ein Feedback aus erster Hand. Wir haben in unserem ganzen Leben noch nie einen Hoteldirektor getroffen, der so etwas tut.
    Gavin hat die Anlage zusammen mit seiner Ehefrau Lou vor zwölf Jahren errichtet. Wo sich einst eine Palmenplantage mit 80-jährigen Tropengewächsen befand, haben sie mit viel Blick fürs Detail ein Terrain erschaffen, das den Gegenentwurf zu einem großen, hässlichen Hotelkomplex darstellt. Die Gäste wohnen zumeist in Bungalows, die entweder direkt am Pazifik stehen oder von einer immergrünen Pflanzenwelt aus Palmen und einem Meer von Blumen umsäumt sind. "Meine Frau ist fürs Reisen zuständig", erzählt Gavin, da hole sie sich aus aller Herren Länder ihre Anregungen. Er müsse das Haus hüten, fügt er mit einem verschmitzten Lächeln hinzu.

    Auf Samoa ein Hotel zu führen, kommt einer Herausforderung gleich - in mehrfacher Hinsicht. Das Land ist arm, die Ressourcen knapp. Dringend benötige er Mitarbeiter, erzählt Gavin. Das sollte auf Samoa eigentlich nicht so schwer sein. Das Durchschnittsalter der knapp 200.000 Samoaner beträgt - man glaubt es kaum - 20,7 Jahre (Deutschland über 50!). Viele Menschen sind ins Ausland zum Arbeiten gegangen, die meisten in Gavins Heimat nach Neuseeland. Die Kehrseite: Zu Hause findet der Hotelbetreiber kaum noch jemanden, den er einstellen könnte. Von Fachleuten ganz zu schweigen.

    Gavin und Lou haben sich dennoch dafür entschieden, vor allem den Einheimischen als Mitarbeitern eine Chance zu geben, sei es in der Verwaltung, der Pflege der Anlagen oder im Restaurant. "Wir holen sie zu uns und bilden sie erst einmal aus", erzählt Gavin. Das ist zunächst aufwendig. Aber Mitarbeiter revanchieren sich großzügig. "Die Allermeisten arbeiten sehr, sehr gern hier. Das schafft eine positive Atmosphäre." Gavins Worte können wir vollauf bestätigen. Samoaner tragen meistens ein Lächeln im Gesicht. Hier im Saletoga Sands Resort erst recht.
    "Unsere Hauptsaison beginnt zu Ostern", erzählt Gavin. Seit letztes Jahr Ostern habe er 40 neue Mitarbeiter eingestellt, alle aus Dörfern, die rund um das Resort liegen. "Meine Fachkräfte, die bilde ich mir hier selber aus."
    Ach, denken wir, würde doch mancher Politiker in Deutschland Gavins Worte hören. Nicht jammern, sondern anpacken. So machen sie das hier in Samoa.
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  • Day 12

    Die Samoa OmaS und ihre Geschichte

    February 14 in Samoa ⋅ 🌧 29 °C

    Wir umkreisen den Markt in Apia, der Hauptstadt von Samoa. Und wir spüren instinktiv: Das wird unsere letzte Chance sein, auf Samoa Omas zu treffen. Was wäre ein buntes Markttreiben ohne Großmütter, die hier ihre Ware feilbieten? Doch es gestaltet sich schwierig. Das Durchschnittsalter in Samoa liegt bei unter 21 Jahren. Das heißt im Umkehrschluss: nur wenige Omas.

    Aber warum suchen wir sie eigentlich, die Samoa OmaS? Das wiederum ist eine Geschichte, für die wir etwas ausholen müssen. Und deren Anfang ziemlich weit zurückliegt.

    Als Studenten stießen wir in den 1980-er Jahren auf ein Buch des bis heute unvergessenen Satirikers, Humoristen und Autors Hansgeorg Stengel. Es hieß "ANNASUSANNA". In Versalien geschrieben, beschrieb der Titel zugleich Inhalt und Zielrichtung des Büchleins. Es ging um links- wie rechts- oder, um genauer zu sein, um vor- wie rückläufige Wörter, Wortgruppen und Sätze. AnnasusannA ergab, genau so wie etwa der Name OttO oder die Wörter RentneR und LagerregaL, immer das Gleiche, unabhängig davon, ob man sie von vorn nach hinten oder von hinten nach vorn las. So etwas nennt man in der Linguistik ein Palindrom.

    Stengel wusste das. Mehr noch. Zum einen hatte er als ausgesprochener Ästhet der deutschen Sprache existierende Palindrome gesammelt. Keine Ahnung, wo er die fand in Zeiten, in denen es kein Internet  gab. Zum anderen übte er sich selbst in der Kunst des Drechselns von Palindromen. In das denkwürdigste integrierte der gebürtige Thüringer Stengel den Ort Siebleben, damals eigenständig, heute nach Gotha eingemeindet. !NEBEL BEI SIEBLEBEN! lautete es. Unglaublich, aber wahr: Rückwärts gelesen, ergibt es genau dasselbe. Uns dämmerte, dass es sich bei der Herstellung von Palindromen um eine anspruchsvolle sprachliche Kunst handelte, die einiges an Kreativität und Abstraktionsvermögen erforderte.

    Ob man es glaubt oder nicht, aber Samoa ist mit dem Palindrom als solchem eng verwoben. Dass dieses Wort schon deshalb ungewöhnlich war, weil es mehr Vokale als Konsonanten beinhaltete, war Stengel nicht verborgen geblieben. Und schon ging sein Kopfkino an. Es gebe da eine Insel in der fernen Südsee, schrieb er, wobei es uns damals schwerfiel herauszufinden, wo das eigentlich genau war, denn die Insel ist so klein, dass sie im Schulatlas gar nicht verzeichnet war.
    Der eigentliche Gag: Die dort lebenden Großmütter, so Stengel, seien auch ein Palindrom, nämlich die Samoa OmaS. Das fanden wir derartig beeindruckend, dass es uns nicht mehr aus dem Kopf ging. Vor allem keimte aus unerfindlichen Gründen in uns der Wunsch, selbst auf der kleinen Insel einmal nach dem Rechten zu sehen und dabei vielleicht sogar auf ein paar Samoa Omas zu treffen.
    Es dauerte 40 lange Jahre, bis unser Wunsch in Erfüllung gehen sollte.

    Ironie der Geschichte: Heute haben wir unsere liebe Not, wenigstens einiger Omas gewahr zu werden. Bis es dann doch klappt. An einigen Gemüseständen sitzen Großmütter neben ihren meist jüngeren Familienangehörigen.
    "Können wir ein Foto von Ihnen machen?", fragen wir rundheraus - und werden nicht enttäuscht. So gelingt es uns doch noch, wenigstens ein paar Samoa OmaS auf das nicht vorhandene Zelluloid zu bannen. Ein Traum wird wahr, auf dessen Erfüllung wir so lange gewartet haben.

    Kaum ist das passiert, geht die Phantasie mit uns durch. Wir überlegen, ob wir nicht der südamerikanischen Stadt Lima, Hauptstadt von Peru, auch noch irgendwann einen Besuch abstatten müssen. Denn dort soll es Familien geben, die ihr Haus niemals wärmen. Oder, um es mit Hansgeorg Stengel zu sagen: EINE TREUE FAMILIE BEI LIMA FEUERTE NIE.
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