• Adıyaman

    6. Juni in Türkei ⋅ ☀️ 32 °C

    Auch heute werden wir nicht weiterreisen, sondern in Adıyaman bleiben. Wir wollen zumindest abwarten, wie Claudia das Antibiotikum verträgt, bevor wir wieder vom chilligen Hotelmodus auf Radeln und Zelten wechseln. Nach dem Frühstück entscheiden wir uns dafür, die Innenstadt von Adıyaman zu besuchen. Sehenswürdigkeiten im klassischen Sinne hat die Stadt nicht zu bieten, bei entsprechender Recherche trifft man zuallererst auf den Uhrenturm, der seine Bekanntheit durch das Erdbeben 2023 erlangt hat. Dieses Thema begleitet uns dann auch auf dem folgenden Spaziergang:
    Adıyaman liegt in der Nähe der Ostanatolischen Verwerfungslinie, die seit Jahrhunderten die Erde in der Region beben lässt, und ist auch eine der fünf türkischen Großstädte in der Osttürkei, die massiv von den verheerenden Erdbeben am 6. und 7. Februar 2023 getroffen wurden.
    In der Stadt, die vor dem Beben etwa 300.000 Einwohner zählte, starben rund 8400 Menschen – ein Fünftel der Gesamtopferzahl von 51.000 im türkischen Erdbebengebiet. Mehr als 17.000 Menschen wurden in Adıyaman verletzt, fast 1500 Gebäude stürzten ein, 4100 Häuser wurden so schwer beschädigt, dass sie unbewohnbar sind.
    Die Auswirkungen der Katastrophe sind nach wie vor deutlich erkennbar. Bereits auf unserer Reise im letzten Jahr durch das Erdbebengebiet Hatay haben wir viele erschütternde Eindrücke mitgenommen. Hier und heute wird uns nochmal vor Augen geführt, dass das Ausmaß dieses furchtbaren Erdbebens unsere Vorstellungskraft bei weitem übersteigt. Es ist erschreckend zu sehen, wir viele Lücken in den Straßen zu sehen sind, Flächen, auf denen vorher mal Häuser standen und nun nur noch Schutt und Asche liegt.
    Wir halten inne vor dem Uhrenturm von Adıyaman, der auf einer kleinen Verkehrsinsel mitten auf dem großen Atatürk-Boulevard steht und seit dem Erdbeben als Wahrzeichen der Stadt gilt. Der große Zeiger steht auf der 17, der kleine zeigt auf die vier. Um 4:17 Uhr traf am 6. Februar 2023 das verheerende Erdbeben die Region im Südosten der Türkei und brachte für so viele Tod und Zerstörung. Und es brachte die große Uhr zum Stillstand. Die Zeiger des Uhrenturms sollen jeden Tag mahnend an den Zeitpunkt der Katastrophe erinnern. Wir lassen uns weiter durch die Straßen treiben, die angesichts des Opferfestes nicht sehr belebt sind. Die meisten Geschäfte haben geschlossen, es ist sehr ruhig in der Stadt.
    Sehr viele der verbliebenen Gebäude, an denen wir vorbeikommen, weisen große Risse und andere Schäden auf. Nicht selten werden sie aber dennoch weiterhin genutzt. Wir sehen Geschäfte, die bis heute in kleinen Hütten oder Containern betrieben werden, so befindet sich auch die Praxis eines Psychologen in einem Container unmittelbar vor einem zerstörten Haus. Vom Burghügel der Stadt aus haben wir einen Rundumblick aus der Vogelperspektive. Neben den Bildern der Zerstörung sind auch die vielen neuen Gebäude auszumachen, die bereits stehen. In der Ferne auf einem großen Felsenhügel ist scheinbar eine riesige neue Stadt aus dem Boden gestampft worden. Wir stellen uns die Frage, wie erdbebensicher diese ganzen neuen Bauten wohl sein mögen..., und zweifeln. Durch kleine Straßen und Gassen schlängeln wir uns zurück in Richtung Hotel, wo wir Eindrücke erstmal sacken lassen. Die nächsten Stunden verbringen wir in unserem Zimmer, erst am Abend werden wir nochmal aktiv. Mit den Fahrrädern besuchen wir die fünf Kilometer entfernte antike Stadt Perre. Die Stadt verband in byzantinischer Zeit den alten Westen mit Persien und trug zu dieser Zeit den Namen Hierapolis , was so viel wie die heilige Stadt bedeutet. Leider können wir das weitläufige Gelände der Ruinensiedlung nicht lange besichtigen, da wir kurz vor der dem Ende der Öffnungszeit eintreffen. Einen kurzen Überblick dürfen wir uns aber glücklicherweise verschaffen. Wir radeln zurück und kaufen unterwegs noch ein nahrhaftes gesundes Abendessen: Eine Tüte Chips für jeden! Wir haben einfach keine Lust, ein drittes Mal Hackspieße zu essen, reichlich Obst hatten wir heute schon und so gibt's einfach frittierte Kartoffeln, was soll's. Den Rest des Abends verschwinden wir beide hinter unseren Kindles, bevor schließlich irgendwann das Licht ausgeht.
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