- Show trip
- Add to bucket listRemove from bucket list
- Share
- Saturday, July 12, 2025 at 5:05 PM
- ☀️ 35 °C
- Altitude: 993 m
TurkeyTuzluca40°2’57” N 43°44’9” E
Über Umwege ins Wäldchen
July 12 in Turkey ⋅ ☀️ 35 °C
Es ist halb sechs, als wir die Zeltreißverschlüsse öffnen und mit dem Blick auf den Ararat-Schneegipfel in den Tag starten. In Ruhe frühstücken wir, im Anschluss lässt Drohnenpilot Heiko seinen kleinen Flieger ein paar Runden über die Landschaft kreisen. Es ist etwa neun Uhr, als wir auf den beladenen Fahrrädern sitzen, so wirklich in die Pedale treten müssen wir aber zunächst nicht. Ganz entspannt beginnt die heutige Etappe nämlich mit einer Abfahrt. Auf unter 900m Höhe geht es am Ende hinab, eine so geringe Höhe haben unsere Messgeräte lange nicht gezeigt. Als wir die Stadt Iğdır erreichen, nutzen wir die Infrastruktur dafür, Wasser und Proviant aufzufüllen. Wir verlassen kurz hinter dem Ortsausgang die Hauptstraße und unsere Sinne nehmen deutlich die Veränderungen durch den Höhenverlust wahr: Wärmer ist es und viel grüner, Bäume gehören wieder zum Landschaftsbild und es herrscht viel landwirtschaftlicher Betrieb. Die von uns gewählte Nebenstraße geht im Verlauf in eine sandige Schotterpiste über. Teilweise ist der Sand recht tief und der Schotter sehr grob, zusätzlich gibt es auf dem kilometerlangen Weg keinen Schatten. Claudia verzweifelt an dem Untergrund und kapituliert. Bei der nächstmöglichen Gelegenheit beenden wir das Gerumpel und tauschen Schotter gegen Asphalt unter Inkaufnahme eines Umweges. Am Rande eines kleinen Dorfes legen wir unter einem Maulbeerbaum eine Pause ein. Das komplette Picknickmobiliar wird aufgebaut, wir machen es uns gemütlich und gönnen uns Chips, Kuchen, Tee und Kaffee. Man kann also sagen, dass wir mehr als satt sind, als zwei Männer auf einem Moped neben uns bremsen. Einer der Männer überreicht uns eine Styroporbox mit einer vollständigen warmen Mahlzeit bestehend aus Reis und Curryhähnchen. Aber das ist nicht alles, zur Lieferung gehört tatsächlich das Komplettpaket. Man reicht uns noch Brot, kalten Ayran, Plastiklöffel, Servietten, ein kleines Tütchen Salz uns sogar zwei einzeln verpackte Feuchttücher, um unsere Hände nach dem Essen säubern zu können. Als wir alles dankend in Empfang genommen haben, knattern die beiden winkend auf ihrem Moped davon. Tja, da sitzen wir nun, gefühlt satt für die nächsten drei Tage und dennoch mit einer Mahlzeit vor der Nase. Den kühlen Ayran trinken wir schließlich direkt, das Essen packen wir uns dann doch lieber ein, um es zu einem späteren Zeitpunkt zu essen. Bei 37 Grad radeln wir weiter und erreichen bald die Hauptstraße, rare Schatteplätze werden stets für eine kurze Erholung genutzt. Einmal dient dazu ein kleiner Baum am Straßenrand, ein anderes Mal hocken wir uns in den schmalen Schatten vom Eingang eines Ladens, der zu einem kostenpflichtigen Picknickgelände gehört. Hier können wir auch kalte Getränke kaufen, was besonders Claudia sehr freut, da sie eine "innere Abkühlung" immer als extreme Wohltat empfindet. Einen letzten Anstieg bewältigen wir noch, bevor es mal wieder Zeit wird für die Schlafplatzsuche. Heiko erspäht einen Feldweg, der zu einem großen, potentiell geeigneten Terrain führt. Am Wegesrand machen wir es uns zunächst auf unseren Campingstühlen bequem und essen Tomatensuppe, die mit der Mahlzeit, die wir geschenkt bekommen und eingepackt haben, verfeinert wird. Später inspiziert Heiko die Umgebung hinsichtlich der Frage, ob und wo ein Zelt platziert werden könnte. Neben einigen hohen Bäumen, oder eher Bäumchen, die in dieser Gegend fast schon als Wald, oder eher Wäldchen, gelten können, richten wir uns schließlich häuslich ein. Als aber alles aufgebaut und verstaut ist, halten einige schwarz gekleidete Männer mit ihren Motorrädern an der nahegelegen Straße. Erst sind es zwei, dann vier und nach einiger Zeit hält noch ein fünfter Motorradfahrer an dieser Stelle. Wir finden das irgendwie merkwürdig und es beschleicht uns ein mulmiges Gefühl. Wahrscheinlich ist unsere Sorge völlig unnötig und irrational, sie veranlasst uns aber tatsächlich dazu, das Zelt trotz bereits hereinbrechender Dunkelheit wieder abzubauen und die Räder zu beladen. Wir wollen lieber ein Stück weiterfahren und einen anderen Platz für die Nacht finden. Als wir vom Wäldchen zur Straße schieben und die Männer erreichen, klärt sich die Situation auf: Einer der sehr jungen Fahrer hatte wohl eine Panne, die anderen sind bei ihm geblieben und ein anwesender älterer Herr war scheinbar angerufen worden und dann dazugekommen, um zu helfen. Wir sind gerade ein paar Meter an der Gruppe vorbeigefahren, da scheint deren Problem gelöst und die Motorräder fahren in unterschiedliche Richtungen davon. Wir halten an, überlegen kurz und machen schließlich kehrt, um unser Zelt ein zweites Mal neben dem Wäldchen aufzubauen. Der Rest des Abends und der Nacht bleibt ruhig, nur noch das Zirpen von Zikaden und das Knarzen der Bäumchen im Wind ist zu hören.Read more










