Satellite
Show on map
  • Eine Pechsträhne...

    December 23, 2019 in China ⋅ 🌙 -2 °C

    Tja das mit dem "Kurzaufenthalt" in Chengdu wurde dann leider nichts und der Grund dafür ist auch gleichzeitig die Erklärung für unsere längere Schreibpause hier - wir haben uns nämlich in Chengdu eine nette Lebensmittelvergiftung eingefangen. Am 19.12. sind wir, wieder mit dem Highsspeedtrain, von Xi'an nach Chengdu gefahren und wollten eigentlich nur eine Nacht dort bleiben, um am nächsten Morgen gleich in den Bus zum Jiuzhaigou Nationalpark zu steigen. Am Abend waren wir noch in einem Hot Pot Lokal essen. Hot Pot wollten wir hier nämlich auch schon die ganze Zeit mal ausprobieren. Im Prinzip ist das ein Suppenfondue, man bekommt einen Topf mit Brühe auf einer Heizplatte, in der man dann Dinge an Spießen gart und am Ende hat man dann noch die sehr leckere Suppe, die dann all diese Geschmäcker angenommen hat. Geschmeckt hat es auch auf jeden Fall, nur ging es Judith am frühen Morgen dann gar nicht mehr gut. Jonas hatte noch Zeit, den Bus zu stornieren und unser Hostelzimmer zu verlängern, denn so hätten wir auf keinen Fall 10h Bus fahren können. Zurück im Zimmer ging es ihm dann aber auch plötzlich schlecht und spätestens da war uns dann auch klar, dass es wohl das Essen gewesen sein muss. Wer gerne wissen möchte, wie sich eine Lebensmittelvergiftung äußert: Es fühlt sich so an, als hätte man den schlimmsten Kater aller Zeiten, alles tut weh, Kopf, Arme Beine, Rücken, Bauch... und man fühlt sich einfach schwach und miserabel. Außerdem nutzt der Körper alle ihm zu Verfügung stehende Mittel, um die Giftstoffe so schnell wie möglich wieder loszuwerden - ich denke mal, ihr könnt es euch vorstellen 😝. Jonas hatte dazu auch noch leichtes Fieber und uns war permanent kalt. Dazu kommt dann nach einigen Stunden noch die zunehmende Dehydrierung, die auch echt gefährlich werden kann. Zum Glück waren wir aber Medikamententechnisch auf alles gut vorbereitet. Gegen Abend ging es Judith schon etwas besser, Jonas war aber noch nicht so richtig wieder auf dem Damm und zur Sicherheit wollten wir trotzdem noch einen weiteren Tag in Chengdu bleiben, um uns nochmal richtig auszuschlafen.
    So ging es dann also erst am 22.12. mit zwei Tagen Verspätung los zum Nationalpark. Für die knapp 300 km dorthin braucht der Bus 10h. Einerseits macht der Fahrer nämlich alle 2h eine Klopause und Mittags auch eine längere, damit man in einem der Lokale, die sich auf die ankommenden Busreisenden spezialisiert haben, essen kann - und anderseits schlängelt der Bus sich den größten Teil der Strecke im Schneckentempo einspurige Serpentinenstraßen entlang.
    Am Ende der Fahrt kommt man dann in einem kleinen Dorf an, das direkt am Eingang zum Nationalpark liegt. Dieser kleine Ort hat wenig Charme und besteht praktisch nur aus Hotels und Hostels, einigen Restaurants und kleinen Supermärkten, die vom Sortiment her eher größeren Spätis ähneln. Um diese Jahreszeit ist das Dorf allerdings einer Geisterstadt. Während im Sommer hier Massen von Tourist*innen unterkommen, haben im Winter die meisten Lokale geschlossen, auf der Straße kann man die Menschen, denen man begegnet, an einer Hand abzählen und natürlich wurden wir wie immer überall angestarrt, weil wir die einzigen Westler waren, die sich um diese Zeit in diese Region verirrt hatten. Man muss noch erwähnen, dass der Nationalpark und der Ort 2017 von einem schweren Erdbeben betroffen waren. Der Nationalpark hat daher auch erst vor Kurzem seine Tore wieder für Besucher*innen geöffnet und vielleicht auch deshalb war der Ort so leblos und viele Gebäude eine Baustelle.
    Die Dame in unserem Hostel war zum Glück sehr freundlich und konnte überraschend gutes Englisch, was sehr hilfreich war. Auch hatte sie vorher am Telefon schon anstandslos unsere Umbuchung akzeptiert, da wir ja zwei Tage später kamen, als geplant. Wir waren ihre einzigen Gäste.
    Am nächsten Tag ging es also früh in den Nationalpark. Da dieser sehr groß ist, muss man einen überteuerten Shuttlebus nutzen, um überhaupt erstmal in die Nähe der interessanten Aussichtspunkte zu kommen. Wir hatten gehofft, ab der Mittelstation aber möglichst viel erwandern zu können. Dem war leider nicht so, denn die meisten Wege waren gesperrt, aus uns nicht ersichtlichen Gründen, denn die Holzstege, auf denen die Wege verlaufen, waren alle intakt. Auch war eins der beiden Täler, die es im Park gibt, zum größten Teil gesperrt, wir vermuten, noch aufgrund der Erdbebens. Wie immer gab es keinerlei Informationen auf Englisch. So kam es, dass wir zu jeder einzelnen Station mit dem Shuttlebus fahren mussten, dann dort immer mit einer riesigen Gruppe chinesischer Tourist*innen ausgespuckt wurden, dann 15 min lang versuchten, nicht jemandem in sein oder ihr perfekt gestelltes Foto reinzurennen und dann wieder in den Bus stiegen, um das Ganze an der nächsten Station zu wiederholen. Oft wirkte es so, als wenn die meisten anderen Menschen dort nur für die Fotos hingekommen waren und sich niemand wirklich für die tatsächlich wunderschöne Natur interessierte. Denn obwohl wir beide ziemlich schlechte Laune hatten, weil aus unser erhofften Wandertour eine Tourimassenabfertigung geworden war, hat der Park wirklich einzigartig schöne Naturschauspiele zu bieten. Es gibt glasklare Bergseen, die so türkis sind, dass es schon fast unecht aussieht und wunderschöne Wasserfälle, die jetzt im Winter zum Teil eingefroren sind.
    Nachdem wir uns ein bisschen damit abgefunden hatten, dass es nicht ganz das war, was wir erhofft hatten, wurde es dann noch ganz okay. Am Ende des Tages standen wir aber vor einer nicht so schönen Erkenntnis: Dadurch, dass wir alle Wege mit dem Bus gefahren waren, waren wir natürlich viel schneller, als ursprünglich gedacht und hatten an einem Tag schon alles gesehen. Es hätte sich also nicht gelohnt, noch für einen zweiten Tag in den Park zu fahren und nochmal das Eintrittsgeld zu zahlen. Wir hatten aber schon das Hostel für drei Nächte bezahlt und den Bus zurück für den 25. gebucht. Wir würden also am 24.12. in einem kleinen Dorf festsitzen, in dem es absolut garnichts zu tun gäbe.
    Read more