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  • Day 11

    Ein Tag wie gemalt (Fitz Roy)

    January 5, 2018 in Argentina ⋅ ☁️ 6 °C

    Oh Patagonien, warum nicht immer so?! Aber was klage ich, genau in der Wechselhaftigkeit liegt doch der Reiz: definierten die Klimagötter gestern noch 'Usselswetter' neu (Nebelgletscher), so spendierten sie heute optimale Bedingungen für den Königstrek von El Chaltén - dem Aufstieg zum Fitz Roy und den 'Lagunas de los tres'.

    Wir befinden uns hier übrigens im zweitbekanntesten Nationalpark Patagoniens, dem 'Parque Nacional Los Glaciares'. Dieser erstreckt sich über rund 4500 qkm in Argentinien und grenzt im Süden an den berühmtesten Nationalpark auf chilenischer Seite, welchen wir in Bälde noch ausführlicher erkunden werden (man darf gespannt sein).

    Los ging's gegen halb neun, erst einen Kilometer durch die Stadt zum eigentlichen Startpunkt des Weges, dann nochmal Einen stetig, aber noch erträglich bergan - gut um auf Betriebstemperatur zu kommen. Der erste Mirador mit Blick ins Tal (1) vertrieb dann auch die letzte Müdigkeit (Schlafbedingungen in Hostels sind wie geschildert nicht wirklich grandios).

    Nach dreitausend weiteren Schritten lichtete sich der Wald und der Hauptprotagonist des heutigen Tages - Fitz Roy mit umliegenden Spitzen - präsentierte sich zum ersten Male in voller Pracht (2). Von nun an liefen wir immer im Angesicht dieses gewaltigen Felsmassivs über die Moräne eines längst geschmolzenen Gletschers, die von Schmelzwasserflüssen durchzogen sich teils in Sumpf- (3), teils in Geröll- und auch in Waldgebiet unterteilt. Dieser Szeneriereichtum begeisterte durchgehend über fünf recht flache, da von den Eismassen vormals plattgewalzte Kilometer lang.

    Doch ganz so einfach gibt der Fitz Roy seine Lagunenausblicke nicht frei: vor dem letzten Kilometer warnte ein Schild, diesen nur bei absoluter physischer Gesundheit zu beschreiten, da auf 1000 m Länge, 400 m Höhe zu bewältigen sind! Hinzu kamen Geröll und nasser Untergund. Aber wir sind ja nun einigermaßen trainiert, warfen also die Lachgaseinspritzung an (Zufuhr von Bananen-Keksmischung) und ließen viele Greenhorns hinter uns.

    Oben angekommen, offenbarte sich der bisher prächtigste Blick auf Patagonien: direkt vorgelagerte Lagunen zu Füßen des gewaltigen Fitz Roys - schlicht überwältigend! Die allermeisten Wandersleut sanken entkräftet vom Aufstieg direkt auf dem ersten Geröllhaufen gleich nach Pfadende hernieder. Wir setzten uns von der Masse ab, schlitterten runter zur ersten Lagune und spachtelten Mitgebrachtes. Um gänzlich freies Feld zu erlangen, bezwangen wir noch einen weiteren Schuttberg. Nicht ganz ungefährlich, jedoch mehr als lohnend, da nur so die kleine hintergelagerte Lagune sichtbar wurde. Ich verfiel in einen kleinen Fotorausch und erbrachte den Wettergöttern meinen Dank (4).

    Beim Abstieg vom Privatberg trafen wir unsere niederländischen Freunde vom Vortag wieder, die eine neue Sportart ins Leben riefen: auf dem Hintern die schmelzenden Schneefelder herunterrutschen. Brachte ihnen außer unserem Applaus allerdings nur einen nassen Rücken in eisigem Wind ein. Aber Kälteempfinden ist in solchem Panorama eh nebensächlich, wie uns auch zwei weitere Unerschrockene vor Augen führten, indem sie tatsächlich in die Lagune sprangen (Lungenentzündung inklusive)!

    Im Anschluss erkundeten wir auch die Ausblicke links der Hauptlagune, wo sich auch der dritte Bergsee vorfand (5). Nach guten zwei Stunden machten wir uns auf den Heimweg. Besonders auf dem steilen Stück forderte der Trek nochmal alles. Wir sahen mehrere Leute fallen, kamen selbst aber unbeschadet herunter. Zurück nahmen wir in einem Schwenk noch 'Laguna Capri' mit, die uns jedoch aufgrund der Großartigkeit vorher gesehener Gewässer nicht vom Hocker riss. In der Abendsonne klappte der Kameraspiegel ein letztes Mal nach oben (6). Bob Ross hätt's auch nicht besser malen können!
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