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  • Dag 212

    Pepper, Sea and Crash

    22 april, Kambodja ⋅ 🌙 28 °C

    Verliert man etwas oder geschieht ein Unfall, frage ich mich gerne, ab wann lief es schief oder in diese unglückliche Richtung oder was wäre passiert, wenn ich dies oder jenes nicht gemacht hätte. Alles beide führt zu nichts, so wie beiElia, der sein Handy weder durch den Besuch bei der Polizei noch in der Touristinfo zurückbekommen hat. Die Gesichter des Kommandanten, in voller Montur, also unzähligen Abzeichen auf beiger Uniform, und seines Adjutanten, normal gekleidet mit ganz weichen Zügen, sprachen Bände zu unserem Anliegen und schwankten zwischen völligem Desinteresse und blankem Unverständnis darüber, wie man mit so einer Bagatelle zu ihnen kommen konnte. Wir mussten auf einem wahllos herbeigeholten Papier meine Telefonnummer schreiben, die aber niemanden interessierte, genauso wenig wie das Fabrikat des verloren gegangenen Handys. Es war ein Zettel, den der Adjutant sofort auf den betonierten Hof werfen würde, damit der Wind ihn verwehte.

    Elia wollte versuchen den Tag über seine verlorenen Daten zu sammeln. Lorin und ich machten uns mit einem scooter ins Landesinnere auf. Aus der Stadt heraus fuhren mal er und ich, wir kamen gut voran, es war heiß, die Straße staubig, mal aufgerissen, mal sandig, gesäumt immer wieder von den Verkaufsständen. Auf dem Land nahm der Abstand der Häuser zu, Felder lagen zwischen ihnen, Palmen, grüne Wiesen, irgendwie ansehnlicher als in anderen Gegenden. Der Weg wurde holpriger und wir passierten einen See mir Niedrigwasserstand. Zwei weiße Kühe auf grünem Ufergrund weideten träge. Aus dem Wasser wuchsen mehrere bewachsene Buckel empor, auf einem von ihnen befand sich sogar eine Hütte. Wieder formte das Zusammenspiel von Land und Wasser faszinierende Formationen und in sich ruhende Aussichten. Nicht weit entfernt gab es die anvisierte Pfefferfarm BoTree. Eine Französin, die für drei Wochen hier Volunteersarbeit betrieb, führte uns in weissem Hemd über schwarzer kurzer Hose und Shirt zu den ersten Pfefferpflanzen, die sich an Zieglsteinpfählen emporrankten. In Zukunft würden es Holzpfähle sein, erklärte sie, während sie uns die Pfefferkörner daran zeigte, grüne und rote. Der Pfeffer wurde in einem Topf gekocht und die Länge des Kochens machte, wenn ich es richtig verstand, den Geschmack aus. Eine kambodschanische Familie mit kleinem Kind ruhte sich gerade neben der Feuerstelle von der Arbeit aus. Die roten und grünen Pfefferkörner landeten dann auf einem dünnen Lochblech zum Trocknen und waren so ab einer gewissen Menge reif für den Abtransport. Verkaufsfördernd durften wir dann die verschiedenen Pfefferaetenkosten, wobei nur manchmal unsere etwas ungeübte Geschmacksnerven Unterschiede erkannten. Doch wir beschlossen beide etwas Pfeffer einzukaufen und mit nach Hause zu bringen.

    Die Fahrt setzten wir in Richtung Kep fort. Bald sahen wir das Meer, grünlich leicht bewegt, beschlossen das Motorrad abzustellen und zu baden sofort wurden eir aufgefordert, 5 Euro für einen Schattenplatz zu zahlen, schüttelten den Kopf und legten unsere Sachen einfach in den Schatten des Sonnenschirms. Das kostete nichts. Später glaubte ich aber, daß hier irgendwo meine schlechte Laune begann. Denn das Wasser war einfach nur lauwarm. Und die Wellen waren lauwarm. Und es gab keine Abkühlung. Ich merkte plötzlich, wie ich die Spritzigkeit und Kühle eines Sees oder des Meeres im Frühjahr oder Spätherbst bei uns in Europa liebte. Auch die Strandbars, zunächst interessant in ihrem doppeltbettgroßen Lager mit drei darüber im leichten Wind schwankenden Hängematten, brachten mit dem pappsüßen Winter Melon Tea aus einer Dose keine Linderung meiner plötzlichen Sehnsucht nach einer Mittelmeerpromenade mit Espresso, vielleicht einem Cocktail oder einfach einen Smoothie. Die Luft machte weiter müde. Über uns am Berg stand eine verlassene Villa. Der Garten gepflegt, das Innere leer, das Haus fast im Stile Le Corbusiers, mit großen, gegen die Sonne farbigen Fenstern, geschwungenen Terrassen, übereinanderliegenden Pavillons mit Blick zum Meer. Warum war so etwas Schönes aufgegeben worden? Eine Familie lag im Schatten, hatte eine Hängematte aufgespannt, ein Hund bellt, ein Kind schrieb. Wärter? Gärtner? Einfach eine Familie, die einen Ausflug machte?

    Die Sonne senkte sich und wir beschlossen zurückzufahren. Wie gestern sammelte sich bald Staub neben meiner Kontaktlinse, dass ich anhalten und Lorin weiterfahren lassen musste. Es tat weh, es war heiß und meine Laune war nicht gut. Vielleicht sollte ich mehr auf solche Stimmen hören. Denn dann kamen daheim die Montagsmails dazu, die Gedanken darüber und ein gewisser Missmut. Essen sollte die Lösung bringen. Wir fuhren nach dem Sonnenuntergang los, passierten die Bahnlinie , die völlig chaotische Kreuzung, ich jonglierte zwischen Scootern und einer einfach den ganzen Verkehr unterbrechenden alten Händlerim zum Restaurant des vergangenen Abends. Lorin stellte seinen scooter ab, ich sah keinen Platz mehr für meinen, nur ganz am Rande der Schräge. Und als hätte sich die seltsame Unzufriedenheit um meine Hand gelegt, gab ich zuviel Gas, um an die freie Stelle zu kommen, vergaß zu bremsen und knallte gegen eine Schilfwand, die an ein Hauseck grenzwertig und widerstandsfähig genug war, um die Scheinwerferabdeckung zu zerstören. Wie konnte mir das nur passieren?! Elia eilte sofort zu Hilfe und wir beruhigten zwar den immer noch laufenden Motor des Scooters, aber nicht meine allgemeinen Selbstzweifel, die sofort einsetzten. Zu alt, zu unfähig, zu blöd, und so weiter. Die vegetarische Pizza half dagegen wenig, auch das Kartenspiel nicht, das ich verlor, ein wenig vielleicht dann der Nachtisch, den die Jungs natürlich noch orderten.

    Was kann ich ändern? Nichts. Morgen muss ich den Schaden zahlen, aber ich bin unversehrt geblieben außer ein paar kleinen Schrammen.
    Die Grillen zirpen neben dem Guesthouse, ich denke an die Affen neben der verlassenen Villa und an die leuchtenden gelben Blüten an den Sträuchern dort, deren Namen ich nicht weiß.
    Es ist die Gelbe Trompetenblume, flora inkognita sei dank
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