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  • Day 2

    Das war anders geplant

    September 1, 2022 in Spain ⋅ ⛅ 20 °C

    Start morgens in Bayonne nach einer sehr lauten Nacht und einem kleinen Frühstück. Auf dem Bahnhof viele Pilger. Dann kam der kleine Zug mit dem Ziel Saint-Jean Pied de Port. Alle schauen sich an, ob das der Zug ist. Jepp. Also rein. Nach einer Stunde Fahrt dann endlich Ankunft in SJPDP. Alle raus und ab ins Pilgerbüro. Dort habe ich meinen ersten Stempel erhalten. Schönes kleines Städtchen. Dann mache ich mich auf "meinen" Weg. Als ich das Pilgerbüro verlasse, kribbelt es in meinem Bauch. Die Straße runter, durch "das" Tor und dann über die Napoleon-Route nach Orrison. Das war der Plan. Der erste Anstieg verlangt mir schon viel ab und dann geht es aber leicht bergauf und vorbei an so wunderschönen Häusern. Die Sonne kommt raus. Alles ist perfekt. Manchmal ist der Anstieg etwas anstrengend, aber meine Stöcker und ich haben uns eingespielt. Alles passt. Die anderen Pilger sind vorgelaufen. Ich nehme mir die Zeit und mache viele Bilder und rufe sogar Jenny kurz an. Dann geht es plötzlich nur noch bergauf. Steil und unaufhaltsam. Meine Beine und Arme tun weh. Ich halte alle paar Meter an, um wieder Luft zu bekommen und vielleicht wieder zu Kräften. Vorbei an der Herberge in Huntto ... also langsam ... sehr langsam ... Ich glaube die Herberge hat sich schneller bewegt als ich. Dann ein Abzweig nach links und nichts geht mehr. Der Powerriegel will raus ... mir ist richtig, richtig schlecht. Zwangspause 2km vor Orrison. Das Sitzen tut auch nicht gut. Dann der Gedanke an morgen, denn die nächste Etappe ist auch so hart und geht noch weiter in die Pyrenäen rein. Wie soll ich das bloß schaffen? Dann der Gedanke an die ganzen Menschen um mich rum in der Herberge. NEIN! Das geht auf keinen Fall. Was mache ich hier? Ich quäle mich für was? Es soll Spaß machen und ich muss ja noch durchhalten. Ich breche die Etappe ab und entscheide mich die Pyrenäen zu überspringen. Ich habe mich und die Pyrenäen unterschätzt. Zurück zur Herberge Huntto. Sie ist geschlossen bis 15 Uhr. Siesta. Ich setze mich hin und wähle eine Nummer, die an einen Automaten gepinnt war. Personentransport ... man soll sich nicht schämen dort anzurufen. Nun ja. Ich erreiche niemanden. Ein Mann sagt was auf Französich, was ich nicht verstehe und dann soll man aufs Band sprechen. Ich lege auf und ziehe in Erwägung, zurück nach SJPDP zu gehen. Dann kommt eine ältere Frau in einem rosa Shirt und will in die Herberge gehen. Ich habe sie gesehen, als ich an der Herberge vorbeigekrochen bin. Sie saß vor dem Haus gegenüber. Sie merkt, dass die Herberge geschlossen ist und will wieder gehen. Ich spreche sie an. Sie spricht nur Französich. Mit Händen und Füßen und meiner Übersetzungsapp frage ich sie, ob sie eine Nummer hat, wo ich ein Taxi rufen kann. Sie geht in ihr Haus und kommt mit Unterlagen zurück. Sie telefoniert eine Nummer nach der anderen ab und organisiert mir eines. Sie fragt nach meinem Namen und ich nach ihrem. Christin. Sie erzählt mit Händen und Füßen, dass sie einen Sohn oder Neffen in München hat. Sie ist Rentnerin. Ich frage, wie ich mich bei ihr bedanken kann. Sie möchte nur ein Lächeln von mir. Wenn die Menschen sich mehr helfen würden, dann gebe es weniger Kriege. Damit hat sie recht! Ich zahle ihren Kaffee und dann kommt das "Taxi". Es ist eine Firma, die das Gepäck der Pilger günstig von A nach B fährt. Sie fährt mich durch steile Straßen nach Roncesvalles. Wir passieren Spanien. Sie hält an der berühmten Herberge in Roncesvalles. Ich erkläre ihr, dass dort alles belegt ist und ich eine Unterkunft in Espinal gebucht habe. Sie fährt mich widerwillig weiter. Ich bitte sie dann in Espinal am Ortseingang anzuhalten. Ich steige aus und frage, was es kostet. Die Frau sagt 80 Euro. Ich frage noch mal nach. Es sind knapp 35 km, die sie mich gefahren hat. 80 Euro! Ich zahle und fühle mich abgezockt. Da gab es eine Frau, die mir umsonst geholfen hat und dann ist da eine, die sofort den "Gesamteindruck" wieder kaputt macht. Ich ziehe die Hauptstraße entlang zu meiner Pension. Ich habe die Herberge in Orrison schon bezahlt, werde aber kein Geld zurück erhalten. Das wußte ich beim Buchen. Jetzt zusätzlich die Kosten für die neue Übernachtungsmöglichkeit und das super teure Abzocktaxi ... Übrigens ohne Taxameter. Ich stehe vor meiner Unterkunft und alles ist zu. Hinten ist die Terrassentür offen und ich gehe hinein. Eine schöne Unterkunft, wo man sich drinnen und draußen zusammensetzen kann. Aber weit und breit kein Mensch. Nur nebenan. Also rufe ich an und die nette Frau lost mich zum Nebengebäude. Da kann ich meine Schlüssel für mein Zimmer in Empfang nehmen. Ich schlafe direkt neben der Kirche. Ich habe Hunger und gehe nach dem Duschen und Klamotten waschen ins Örtchen und suche einen Supermarkt. Auf der Straße steht eine alte Frau. Ich frage sie auf Englisch nach einem Laden. Sie spricht kein Englisch und redet direkt auf Spanisch auf mich ein. Ich versuche ihr zu folgen, verstehe aber nur jedes 20. Wort. Ich erkläre mit Händen und Füßen, dass ich Wasser kaufen möchte. Sie will direkt losrennen und mir Wasser von sich geben. Nein, nein, das muss nicht sein. Sie versteht nicht, warum ich es nicht annehme. Sie schickt mich weiter zu einem kleinen Lädchen. Dort angekommen, ist noch Siesta bis 17 Uhr. Ich gehe zurück und komme an einem Getränke- und Kaffeeautomaten vorbei. Kaffee nur 1 Euro. Au ja! Ich ziehe mir einen und trinke ihn vor Ort. Es kommt ein Pilger mit Hund vorbei. Der Hund hat 2 unterschiedliche Augenfarben. Der Mann schaut sich den Automaten an und geht dann wieder. Dann dreht er sich um und fragt mich nach Geld. Er pilgert mit Hund und ist arm. Ich gebe ihm 5 Euro. Irgendwas läuft doch schief hier! Ich habe den Eindruck, man sieht, dass ich für meine Ausrüstung viel Geld bezahlt habe. In SJPDP hat mich ein Mann auf meinen Rucksack angesprochen, weil er sehr schön und meine Klamotten dazu stimmig sind. Dann ist es 17 Uhr und ich gehe noch mal ins Lädchen. Wieder keiner da, aber ich drücke auf die Klingel, die dann in einem ohrenbetäubenden Ton eine ältere Frau herbeiruft. Sie öffnet die Tür zum Lädchen und ich bin erstaunt und entzückt. Sie hat alles. Essen, Trinken, Waschmittel ... Alles. Ich nehme ein großes Baguette, eine kleine Butter, Salami und eine große Flasche Wasser. 4,40 Euro. Das ist günstig und muss fürs Abendessen und Frühstück reichen. Ich bitte sie, mir Geld zu wechseln. Einen Zehner in Kleingeld. Sie spricht nur Spanisch, aber irgendwie verständigen wir uns. Sie erklärt mir, dass Kleingeld oder Münzen monedas sind. Wir lachen beide. Danach gehe ich zurück in meine Unterkunft und lasse mir mein Essen schmecken. Ich glaube, ich bin noch nicht richtig angekommen. Habe ich heute zu schnell aufgegeben? Wie wird es morgen werden? Ich kann mir doch nicht immer ein Taxi rufen, wenn es nicht mehr geht? In Zubiri kann man keine Unterkünfte buchen. Ich werde morgen somit früh losgehen. Was genau mache ich eigentlich hier?Read more