• Dhofar-Gebirge und Weihrauchbäume

    April 17, 2023 in Oman

    Am 17. April verlassen wir unseren traumhaften Strand Fazayah Beach und fahren nach Westen in Richtung jemenitische Grenze.
    Viktor hatte gelesen, dass die Landschaft des Dhofar Gebirges spektakulär wie kaum eine andere sein soll. Also, auf! Das wollen wir nicht verpassen!
    Die Gegend um Dhofar ist die einzige auf der arabischen Halbinsel, die vom Monsun beeinflusst wird.
    Von Juli bis September bringt der Tropenwind feuchte Luft hierher und sorgt zuverlässig für ein ebenso willkommenes wie außergewöhnliches Wetterereignis: Die Wolken regnen sich an dem Berggürtel des Dhofars ab, verwandeln dessen Südseite in eine grüne Oase und sorgen für angenehme Temperaturen. Dichte Nebel und Nieselregen tauchen den Küstenstreifen von Juli bis September in eine milchige Waschküche.
    Die Vegetation in den Bergen scheint zu dieser Zeit explodieren zu wollen – und ein grünes Paradies entsteht inmitten eines Glutofens.
    Diese Segen spendenden Monate werden Khareef genannt und sind als absolute High-Season anzusehen. Viele Bewohner der Golfstaaten fliehen vor der unerbittlichen Sommerhitze in ihrer Heimat in den vergleichsweise kühlen Süden des Oman und verbringen Khareef an den weißen Sandstränden und den wunderschönen, teilweise rauen Küsten der Region.

    Und hier erblicken wir sie zum ersten Mal in unserem Leben:
    Weihrauchbäume, die extrem
    anspruchsvollen Pflanzen, die ein ganz spezielles Klima benötigen und deshalb nur in wenigen Gebieten der Erde gut gedeihen. So gibt es sie hauptsächlich im Oman, im Jemen sowie in Somalia, im Sudan und in Indien.
    Meistens wachsen sie in unwegsamem, steinigem und trockenem Gelände. Das begehrte Harz spenden die Pflanzen erst nach Jahren.
    Die Rinde der Boswellia blättert, wenn man sie berührt, wie dünnes Papier von ihrem Stamm ab.
    Wird sie verletzt oder angeritzt, tritt aus sogenannten Harzdrüsen eine zähe Flüssigkeit aus, die anschließend vorsichtig abgeschabt wird.
    An der Luft ausgehärtet lässt sich das Harz schließlich zum Räuchern verwenden.
    Weihrauch ist also das Harz des Boswellia Baumes.
    Es gilt als eines der ältesten Handelsprodukte, welches auf der berühmten Weihrauchstrasse von Dhofar und dem angrenzenden Jemen aus mit Kamelkarawanen durch die Wüste Rub al-Khali (Saudi-Arabien) an die Mittelmeerküste gebracht wurde. Von dort verschiffte man das kostbare Gut nach Istanbul oder Genua.

    In der Antike gründete sich der Reichtum des Oman sowie seine Vormachtsstellung in Handel und Seefahrt auf dem Export dieser exotischen Ware, denn
    Weihrauch war für den Tempeldienst äußerst begehrt.
    Schon vor zwei Jahrtausenden machten sich die Römer auf den Weg, das sagenumwobene Wunderland im fernen Orient zu entdecken, in dem es Bäume gab, aus deren gespenstisch aussehender Rinde Gold tropfen sollte. Gold in Form eines kostbaren Harzes. Arabia felix nannten sie es — glückliches Arabien, jedoch erreicht haben sie den Ort ihrer Sehnsucht nie.

    Unser Weg führt uns
    durch eine der grandiosesten Bergstrecken des Oman.
    Das Dhofar-Gebirge, das sich an der Küste parallel zum Meer entlang zieht, ist ein Ausläufer der südlichen Arabischen Tafel. Die Gipfel der Berge sind nicht markant, sondern eher wie Hochebenen, die von tiefen Wadis durchzogen werden.
    Immer wieder bieten sich uns spektakuläre Ausblicke auf die Steilküste und das blaue Meer.

    Ganz oben auf dem Plateau entlang der Schwellenkante gibt es nur noch vereinzelt Bäume, doch auf den spärlichen Grasflächen entdecken wir Rinder, Kamele und Ziegen.
    Das Dhofar-Gebirge ist die Heimat der hier lebenden Bergnomaden (Jabalis, von Jabal = Berg), den ursprünglichen Bewohnern, die auch heute noch hauptsächlich von der Viehzucht und vom Fischfang leben.

    Von weitem betrachtet erscheint es schier unvorstellbar, dass in diesem unzugänglichen Terrain ein Weg existiert.
    Erst 1985 wurde die Straße gebaut, die als absolutes Meisterstück der Straßenbaukunst gilt, denn für den Bau mussten tausende Tonnen Fels gesprengt werden.
    4 Jahre waren 1500 Arbeitern an ihrer Fertigstellung beteiligt .... und das in gleißender Hitze.
    Das Land ist stolz auf diese »Zickzack - Road« , denn ihre Fertigstellung beendete eine jahrhundertelange Isolation der Bewohner in den Bergdörfern des Jebel al Qamar.
    Vor dieser Zeit konnten die Menschen nur mühsam per pedes oder mit dem Boot von einem Ort zum anderen gelangen.
    Die Region war völlig abgeschieden und abgeschnitten vom Rest der Welt.

    Auf fast 1000 Metern fahren wir auf dem Plateau durch eine vegetationsarme und einsame Gegend. Umso überraschender ist eine Militärkontrolle, die plötzlich im Nirgendwo auftaucht. Die Militärjeeps sind mit einem Geschützstand ausgestattet. Im Schatten sitzen schwer bewaffnete Soldaten
    und halten Ausschau nach was auch immer.
    Der Jemen ist nahe, das spürt man hier deutlich.
    In einer Baracke werden unsere Pässe und Fahrzeugpapiere kontrolliert, bevor wir den Schlagbaum passieren und weiterfahren dürfen.
    Kurz vor der jemenitischen Grenze - wir finden keinen geeigneten Übernachtungsplatz - entscheiden wir uns umzudrehen und eine weitere Nacht am Fazayah Beach zu campen.
    Ein guter Beschluss, denn es sollte für ein paar Tage der letzte schöne Strand für uns sein.
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