Satellite
  • Notdienst an Bord

    November 10, 2019 in Canada ⋅ 🌙 -4 °C

    Während ich das schreibe kann ich eigentlich noch nicht wirklich fassen dass das gerade passiert.
    Am Fährterminal gucken mich alle verdutzt an. - „Mit dem Fahrrad übersetzten? Mein System hat im November keine Warteschlange dafür. Ich weiß gar nicht wie ich das buchen soll! Du bist mutig!“ ...
    Es findet sich dann doch ein weg und die Fähre legt verspätet ab aber sie fährt immerhin trotz mittlerem Wellengang. An Deck frage ich höflich ob ich einen Zettel auslegen darf damit ich womöglich einen Trucker finde der mich noch 400 km in die richtige Richtung mitnimmt. Entschieden Nein. Ein bisschen neugierig ist der Deck-Officer dann aber doch und nach einem Gespräch finde ich mich erstmal bei Gratis Suppe und Kaffee im Bistro wieder. Noch dazu bekomme ich einen kostenpflichtigen reservierten Sitzplatz mit Füße hochlegen geschenkt. Ich irre noch ein wenig durch die Gänge. Wegen dem Kaffee und dem Wellengang kann ich ohnehin nicht gut dösen. Das können denn einige nicht.
    Gegen 2 Uhr in der Nacht plötzlich ein Aufschrei aus den Kabinen. Eine Durchsage ruft aus ob ein Arzt oder Pfleger an Deck sei. Und durch Zufall stolpere ich in das Geschehen ohne es zu wollen. Aber der Apotheker ist nicht weit weg vom Arzt und neugierig sind wir ja alle.
    Die Treppe runter kommt mir eine verwirrte graue Dame entgegen. Mehr apathisch als ansprechbar. Ich bleibe erstmal bei ihr und merke bald das sie der Grund für den Ausruf war und ich als erstes bei ihr. Später stellt sich heraus das ihr Sohn beim Wellengang aus dem Bett gefallen ist und wegen seiner Medikamente ein Delirium erlitt. Unter Schock wollte er gerade die Kabine auseinander nehmen um klar zu werden.
    Als die Lage wieder unter Kontrolle scheint ziehe ich mich von der Frau zurück denn der Deck-officer kümmert sich jetzt auch mal um sie. Solange stand die Frau weitestgehend unter schock und hat sich an mich geklammert. Verängstigt, da sie ihren Sohn so brutal gar nicht wieder erkannte. Es ist schlimm das sich um die „Opfer“ eigentlich wieder niemand kümmern wollte.
    Kaum hingelegt weckt mich die Küchenchefin -„Eh, pack deine Sachen und lass die Decke hier...“ flüstert sie. Ich komme mit ihr mit und finde mich an der Rezeption wieder. Dort soll ich ein Protokoll über den Vorfall ausfüllen und erhalte im Gegenzug gratis eine Privatkabine mit Dusche und Frühstück gestellt.
    Es klingt makaber, aber ich liebe Notfälle! Zumal sie auch zu Hause immer spannend sind und nie gleich ablaufen. =)
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