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  • Das steinerne Meer hoch zur See

    June 18, 2021 in Germany ⋅ ☀️ 25 °C

    Der Nachmittag wurde erdrückend heiß. Kein Luftzug über der gesamten Ostsee. Vom Mittagsschlaf war ich bald noch erdrückter als zuvor. Die einzige Abkühlung ist zu dieser Zeit der Sprung ins Wasser oder auch schon der Fahrtwind auf dem Weg dorthin. Diesmal geht es von Binz nach Norden. Der Ort Prora ist weitaus bekannter als sein namengebendes Hinterland. In den Jahren 1936-39 baute man hier eine über 2,5km lang durchgehende Wohnanlage mit sechs Etagen aus. Ein Koloss, der die Landschaft gleichzeitig verschandelte wie auch bereichert hat. Nach dem Krieg wurde der Komplex von der NVA genutzt. Später verfiel er. Heute enthält er unbezahlbare Luxus-Appartements ebenso wie eine Jugendherberge und ein Kulturzentrum. Wirklich fertig wurde der Bau dabei nie. Damit dauert er heute schon länger an als der Bau einer jeden Pyramide. Apropos. Gleiche Zeit, anderer Ort. Vor 3500-4000 Jahren wurden nämlich während einer Serie von Sturmfluten hier auf Rügen große Mengen des Kreidekliffs der Halbinsel Jasmund abgetragen. Der herausgewitterte Feuerstein wurde durch Wind und Wellen hier nördlich von Prora verfrachtet. Er bildet heute ein riesiges steinernes Meer auf dem außer Wacholder nicht viel wächst. In dieser Fülle bildet Feuerstein einen wahren Schatz. Und mit etwas Glück findet jeder der sucht auch ein paar Fossilien aus der Kreidezeit. So kann ich den heißen Nachmittag gut verbringen. Natürlich geht es auch noch einmal ans Meer. Fürs Segeln dürften so langsam alle Mitglieder eingetroffen sein und damit geht es nicht nur an sondern in den nächsten Tagen hoffentlich auch auf das Wasser und jetzt erstmal zurück zum Abendbrot.
    In Saßnitz an der Mole hat der Verein für experimentelle Archäologie für den Sommer einen Liegeplatz für das Trainingsschilfboot Dilmun S. Immer wenn ich das Boot sehe erinnere ich mich genau wie wir vor 8 Jahren dieses Boot in Thüringen gebaut und zu Wasser gelassen haben. Für Viele von uns war das kein Neuland. Damals wusste ich schon von den Vorgängermodellen dieser "voll funktionstüchtigen Schilfboote en miniature' dass sie bereits vor meiner Zeit zur Kieler Woche und zur Hanse Sail gesegelt sind. Erst später kam ich zu dem Verein und noch nie ging es seither auf die Ostsee. Ein hochseetüchtiges Expeditionsschiff wie die Bootsreihe ABORA 1-4 hat natürlich seinen Reiz und dafür trainieren wir hier. Doch damit verbinde ich eine ganz andere Geschichte und somit bleibt es für mich ein Besonders hier dabei zu sein. Über zwölf Wochen läuft parallel eine Ausstellung 'Kam Kolumbus 15.000 Jahre zu spät?' und ich habe mich doch tatsächlich auf den Bildern wieder gefunden. =)
    Die Ausstellungseröffnung wird an diesem Tag dank der geladenen Gäste und aller mitwirkenden von Stadt und Verein ein voller Erfolg. Jetzt fehlt uns nur wie bereits am Vortag der Wind zum Segeln. Es bleibt ausreichend Zeit noch einmal die Theorie des Segelns durch zu gehen. Außerdem werde ich unverhofft zu einer Speedboottour eingeladen. Unser Gastgeber Constantin fährt gerne mal schnell. Mit seinen 600PS pflügt er schon mal mit 90km/h durchs Wasser. Aus Anlass der Eröffnung dürfen jene die gerade nicht segeln heute mit ihm eine Runde drehen. Das ist die perfekte Verbindung zwischen High-Tech der Vergangenheit und der Gegenwart! Und natürlich ein grandioser Blick den man vom Schiff selbst nie haben würde, es sei denn man geht über Bord. Soweit ich weiß hat das trotz waghalsiger Manöver noch keiner geschafft. Fest steht ich komme in diesem Sommer garantiert hier her zurück. Das Segeln verlangt nach einer Fortsetzung.
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