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  • Day 15

    Ein Tag voller Rumtreibaer-Leben

    October 27, 2023 in Spain ⋅ ⛅ 9 °C

    Der heutige Tag begann mit Verspätung. Ok, vermutlich war ich trotzdem der erste Bewohner des Campingplatzes der wach war. Also, raus aus dem warmen und kuscheligen Bettchen und rein ins Waschhaus. Als sich die Schiebetür meines Busses öffnet kommt mir recht frische Luft entgegen und beim Hinaustreten empfangen mich zwischen all den Lichtern des Campingplatzes – hier gibt es tatsächlich eine Beleuchtung! – die Sterne des Morgenhimmels.
    Das Waschhaus ist ein Zweckbau, der an eine Kaserne erinnert, dafür aber sehr sauber und ordentlich ist. Die einfachen Metalltüren wirken zwar nicht sehr einladend, drinnen gibt aber immerhin eine grüne Fliesenborde dem Ganzen einen freundlichen Charakter. Man hätte sich auch ein Schloss am Kabinett vorstellen können, aber es funktioniert ja auch so. Beim Anblick der „Duscharmatur“ ahne ich, dass eine Dusche in der Wüste aus dem nicht beheizten Wasserstank meines Busses, vermutlich nicht viel kälter gewesen wäre als das, was mich hier erwartet und während der ersten Temperaturprobe ging denn auch noch das Licht aus. Ich beschloss die Duschkabine zu wechseln und entschied mich diesmal für die immerhin vorhandene Behindertendusche. Hier war Platz genug für mehrere Menschen und so konnte ich unter der kalten Dusche tanzen, was den Bewegungsmelder motivierte, das Licht nicht wieder auszuschalten. Ein richtiger Freudentanz wurde es allerdings nicht, denn das Bus-Wasser wäre garantiert deutlich wärmer gewesen und so wurde aus dem vermeintlichen morgendlichen Wellnesserlebnis ein kurzes und ressourcensparendes Waschritual. Für die Klamotten, das Handtuch und was man sonst während des Reinigungsritus aufhängen will, hing an einem Wasserrohr eine Art kleiner Fleischerhaken – funktional und pragmatisch wie alles hier, auch wenn meine Phantasie in dieser großen Duschkabine beim Anblick des Hakens andere Bilder in meinen Kopf zauberte, die ich schnell verdrängte …
    Bei der Abreise begrüßte mich die Sonne über dem See nebenan. Hell strahlte mir das Licht entgegen und ich konnte gar nicht anders, als mich auf den vor mir liegenden Tag zu freuen. Ich hatte mir vorgenommen, über Huesca nach Aínsa zu fahren. Über Aisna habe ich gelesen, dass es ein schönes Städtchen mit viel Tourismus sein soll, Huesca, die zweitgrößte Stadt in Aragonien, dagegen soll ein Ort sein, der von vielen eher übersehen wird. Ich beschloss in Huesca einen Stadtspaziergang zu machen um den Ort kennenzulernen. Zeitmanagement ist alles, und so habe ich all meine Telefonate auf die „Fahrphasen“ gelegt, mir für Huesca zwei Stunden eingeplant und als Tagesziel den Tourismusort Aínsa-Sobrarbe wie er richtig heißt, als Tagesziel gewählt. Meinen Job-Jour-fix um 13 Uhr absolvierte ich brav im Bus, musste das Meeting allerdings kurz verlassen, als eine nette Politesse begann, mein Kennzeichen in ihr Smartphone zu tippen. Wir diskutierten kurz in einem Mix aus spanisch, französisch und englisch darüber, ob ich wohl das richtige Parkticket gezogen hatte. Ich war mir am Ende sicher einen Fehler gemacht zu haben, sie hat sich freudig verabschiedet und mir bedeutet, dass alles in bester Ordnung sei. Ich liebe die Verständigung ohne gemeinsamer Sprachbasis. Am Ende einigen sich zwei Menschen auf einen Nenner, den sie nie gefunden hätten, wenn sie sich wirklich sprachlich verstanden hätten. Ich finde es ist wie so oft: Kommunikation funktioniert dann, wenn man sich auf sein Gegenüber einlässt. Und was bleibt einem anderes als sich auf den Menschen einzulassen, wenn man seine Sprache nicht versteht?
    Nach dem Videocall und der Unterhaltung mit der sympathischen Politesse verließ ich die Stadt Richtung Norden. Die quirlige und sehenswerte Provinzhauptstadt Huesca lag hinter mir und die Autobahn stieg schnell an. Die Straße wurde immer steiler, die Straßenschlider zeigten erst 6, dann 8, dann mehr % Steigung an und wiesen auf der linken der beiden Spuren auf eine Mindestgeschwindigkeit von 70 km/h hin. Andere machten klar, dass man einen Sicherheitsabstand von 100 Metern zum vorausfahrenden Fahrzeug einhalten solle. Dass dies von Bedeutung sein könnte wurde mir klar, als die Straße mit gleichem Gefälle wie die Steigungen über viele Kilometer bergab führte, garniert von Notbremsspuren für die Lkws. Ich war beeindruckt, vom Autobahn- und Tunnelbau hier in den südlichen Ausläufern der Pyrenäen.
    Je weiter ich mich Aínsa-Sobrarbe näherte, umso mehr beeindruckte mich die Landschaft und ich dachte daran, die Gegend zu einer anderen Gelegenheit zu erwandern. Schließlich fühle ich im Moment eher als Scout, denn als Urlauber. Die Hauptattraktion von Aínsa, der große langgestreckte Hauptplatz Plaza Mayor versank kurz nach meiner Ankunft im Regen, was ein wohliges Geimeinschaftsgefühl bei denen aufkommen ließ, die unter den umliegenden Arkaden Schutz suchten. Das Telefon klingelte und meine Tochter erzählte mir von ihrem Urlaub in Panama, während ich durch das abendliche Aínsa schlenderte und eine Lokalität für das Abendessen suchte. Zurück auf dem Wohnmobilstellplatz frage ich mich, weshalb die "Weißware" ausgerechnet neben meinem Bus parkt, obwohl ein paar Meter weiter Platz genug wäre ... scheint eine Art Kuschelbedürfnis unter Campern zu sein.
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