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  • Day 8

    Tag 8. Komfortzone ?

    August 21, 2023 in Spain ⋅ 🌙 26 °C

    Tag 8 meiner schwindelerregenden Pilgerreise, oder wie ich es nenne, das "Von-Vigo-nach-Pontevedra-Abenteuer".

    Die vergangene Nacht verbrachten wir in einem Hotel, das eindeutig den Titel "günstigstes und wahrscheinlich letztes verfügbares Doppelzimmer in Vigo" verdient. Und wie viel mussten wir für dieses einzigartige Erlebnis berappen? Sage und schreibe 80 Euro für ein Doppelzimmer ! Ein echtes Schnäppchen, oder? Doch das war noch nicht alles. Wir hatten einen raffinierten Plan, um sicherzustellen, dass die Rezeption nicht besetzt war, wenn wir eincheckten. So konnten alle vier von uns, die sich selbst als die "Pilgergruppe Asphalt Schnecken" bezeichneten, das Zimmer in Beschlag nehmen, als wären wir Hausbesetzer. Es mag nicht das luxuriöseste Zimmer gewesen sein, aber für uns war es der Tempel der Erschöpfung und Erleichterung, nach einem langen Tag auf den Beinen.
    Und vorallem pro Kopf bezahlbar.

    Der Tag begann, als der Wecker um 5:30 Uhr schrillte – eine unmenschliche Uhrzeit, um aus den Federn zu kommen, aber schließlich sind wir ja Pilger, und der frühe Vogel fängt den Wurm, oder in diesem Fall den ersten Kaffee. Um 6:15 Uhr begann unser Marsch. Unser Hauptziel war es, aus dem Großstadtgetümmel von Vigo herauszukommen und endlich auf einsameren Wegen zu wandern.

    Um 7:30 Uhr fanden wir endlich einen Ort, der so kostbar wie El Dorado schien – den Hafen von Vigo mit einem Tankstellen-Kaffee. Doch nach diesem kurzen Moment des Triumphs begann das Chaos. Wir kämpften uns durch die Straßen der Großstadt, nur um schließlich auf die Autobahn von Vigo zu stoßen.
    Wer hätte gedacht, dass ich eines Tages sehnsüchtig die Pfade der Natur vermissen würde, während ich über den harten Asphalt und die Pflastersteine stapfte?
    Die Batur, unser treuer Begleiter auf dieser Reise, bekam eine neue Wertschätzung – ein wahrer Held in der Welt der Schuhsohlen.

    Endlich konnten wir die Autobahn überqueren, doch das war nur der Anfang unserer Abenteuer. Ein steiler Anstieg von etwa 140 Höhenmetern erwartete uns, bevor wir endlich wieder festen Waldboden unter den Füßen spürten. Welch eine Wohltat nach all dem Asphalt!

    Unser Ziel war Redondela, der Ort, an dem der Küstenweg auf den Zentralweg trifft. Die Stadt war jedoch nicht nur mit Pilgern gefüllt wie ein Popkonzert einer Schlafsack-Meute, sondern auch die Herbergen waren bis auf den letzten Quadratzentimeter belegt. Kein Schlafsack-freier Fleck mehr. Zum Glück trafen wir auf eine "alte" Pilgerfreundin in einer kleinen Bar, die uns vorübergehend Zuflucht bot. Es war inzwischen bereits 14:30 Uhr, und wir stillten unseren Hunger und unsere Erschöpfung mit einem späten Mittagessen.

    Für mich war das eigentliche Abenteuer noch lange nicht vorbei. Während meine Pilgerfreundin sich in die nur 7 km entfernte Ortschaft Arcade aufmachte,.Kurz vor Arcade wie sollte es auch anders sein erfuhr ich das ALLE Herbergen belegt waren.
    Nächste freie Unterkunft in Pontevedra.
    Super Idee "Pontevedra", dachte ich, "nur noch 11 km laut Google Maps". Ach, wie naiv! Denn auf dem Jakobsweg scheinen die Kilometer eine ganz andere Bedeutung zu haben – vielleicht sprechen sie Spanisch und nicht Deutsch.
    Körperlicher und geistiger Verfall setzten ein Sodas ich erstmals auch meine Airpods zur Motivation um Hilfe fragte.
    Mit einer flotten elektronischen Marschmusik im Ohr nahm ich die Situation einfach an.
    Die Wahrheit war, dass ich schließlich 16 km marschierte, um die verlockenden Tore von Pontevedra zu erreichen.

    Die Herausforderung, über 41 km mit meinem Rucksack zu bewältigen, war definitiv kein Sonntagsspaziergang. Aber inmitten all der Anstrengung, des Schwitzens und der gelegentlichen Flüche fand ich einen Funken der Dankbarkeit. Ich hatte meine Komfortzone verlassen, meine Gewohnheiten abgestreift und dadurch eine Welt von Möglichkeiten entdeckt, von denen ich nie gedacht hätte, dass sie existieren. Ja, ich bin dankbar für jede zufällige Begegnung, jeden steilen Anstieg und jede schmerzende Erfahrung auf meinem Camino-Weg.

    Und bevor ich es vergesse: Ein besonderer Dank geht an Amy, die ihren heiligen Gral der Schmerzlinderung – Voltraren Dispers – mit mir teilte. Mein Schienbein hat sich in der Tat wie durch Zauberhand erholt.

    Die kommenden Tage versprechen weniger Kilometer und eine allmähliche Annäherung an Santiago. Aber wer weiß, vielleicht zieht es mich doch noch zum Cap Finisterre – immerhin hat dieser Pilgerweg noch einige Überraschungen in petto.

    Das Leben beginnt am Ende unserer Sche**s Komfortzone.
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