• Bad Neustadt an der Saale

    8–9 Apr, Jerman ⋅ ☀️ 9 °C

    3.207 TAGE AUF UNSERER
    LEBENSREISE IM BLAUEN BUS (Fahrtstrecke 75 km/ Gesamt 389.321 km / Ø121,39 km)

    Wohnmobilstellplatz
    Neustadt an der Saale
    Deutschland

    Erst als wir durch den Kurpark spazieren und auf das silberne Urtier stoßen, wird mir bewusst, dass ich schon mal hier gewesen bin. Vielleicht eine der ersten Fahrten mit dem blauen Bus vor knapp zwanzig Jahren mit meinem Hund Blacky und wahrscheinlich der Katze Francyne. Ohne Kinder, die damals auf Klassenfahrt waren. Einmal die Saale von der Quelle bis zur Mündung.

    Manchmal lähmen mich solche alten Erinnerungen, weil sie viele zusätzliche Ereignisse in mir wecken aus einer Zeit, die sicherlich hätte besser verlaufen können. Getrennt, alleinerziehend, die Tochter bei der Mutter, vollzeitig als Sozialarbeiter tätig. Ich dachte immer, dass man so eine schwere Arbeit nur machen kann, wenn der Background stimmig ist. Tatsächlich wurde ich eines anderen belehrt, und musste erst in meinem eigenen Wohnzimmer aufräumen. Am Ende war das Leben als Alleinerziehender die beste Entscheidung.

    Das sei lange her, denkt man manchmal, aber zu einem guten Leben gehört eben auch ein gutes Erinnerungsvermögen. Und möglichst auch die Bereitschaft, ständig zu lernen und sich weiter zu entwickeln. Aus Fehlern wird man klug, sagt man hinlänglich. Ich habe da schon des Öfteren tief in die Taschen des Lebens schauen müssen, bis ich etwas begriffen habe.

    Als wir am späten Mittag endlich losfahren, hat die Sonne sich schon weit entwickelt. Wir gehen in einem Tal spazieren, wo der Bus am Straßenrand parkt. Später wasche ich meine Haare, bevor wir langsam durch die hügelige Landschaft der Rhön nach Fladungen fahren. Die Bäume sind noch ziemlich kahl, nur die Weiden grünen schon und die Forsythien bilden gelbe Augenblicke.

    Fladungen gefällt mir, auch hier verbindet sich eine noch ältere Erinnerung während der Zeit des ehelichen Miteinanders und dem alten Hund Tossi. Eine Urlaubswoche mit Sauna, Kind und Kegel sozusagen. Allerdings gibt es keine Straße, keinen Platz, der ein Stein des Anstoßes werden könnte. Selbst die imposante Turmweidenwache am Eingang zur Altstadt löst nicht irgendwas aus.

    Also queren wir hinüber zur Saale, genießen den ruhigen Nachmittag und Abend, ich lese lange beim Kerzenschein, und träume nachts von Pferdekutschen, während sich Eisblumen an der Windschutzscheibe bilden. Immer mal wieder rattert ein Bähnle oben auf dem Damm entlang. Eine Walkinggruppe aus der nahen psychosomatischen Klinik klappert fröhlich grüßend vorbei.

    Am Fluß steht ein himmlischer Gesandter unter einem Baldachin, auch er war vor zwanzig Jahren schon hier, während ich das emsige Geschehen hinterm Bahnhof nicht mehr erinnern kann. Der Stellplatz ist halb gefüllt, von der Lage und dem Preis von zehn Euro inklusive Strom her auch akzeptabel. Allerdings gewohnt schattenfrei, hohe alte Bäume mit ausladenden Kronen sind eher ungewünscht ob der Einschränkung von Sat und Sehen. Wir stehen an der Wiese mit Blick auf die Türme im Städtchen, die Sonne scheint, aber die Luft ist auch spät am Vormittag noch nachtkalt mit einem leichten Wind, der mir durch die offene Tür ins Haar weht.
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