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  • Day 20–21

    Reisetag | Bari

    February 17 in Italy ⋅ 🌙 12 °C

    Es gibt eine IC Verbindung im Süden Italiens um die ganze Stiefelspitze an der Küste entlang. Musste bisschen rumtricksen, um die Verbindung angezeigt zu bekommen, Trenitalia möchte einen auf dem Weg von Reggio nach Bari lieber mit dem Frecciarossa über Napoli schicken, aber ich stelle mir die Fahrt an der Küste toll vor und genauso war es auch!!

    Nachteil ist, dass es nur zwei Verbindungen am Tag gibt und ich entscheide mich für die, mit der ich um 4 Uhr statt 8 Uhr abends in Bari ankommen soll. Das heißt um 8 Uhr morgens in Reggio los. Ich breche zeitig auf, verlaufe mich dann aber und latsche insgesamt 3 km zum Bahnhof. War aber nett an der Marina mit den ganzen Joggern. Will im Bahnhof noch was zu essen holen - typisch deutsch, in den italienischen Bahnhöfen gibt’s gar nichts zu essen… die Bar ist aber nicht weit und ich hole mir Cappuccino und Croissant zum Frühstück. Mitnehmen möchte ich aber lieber was Herzhaftes, nebenan ist noch eine Paninoteka. Der Verkäufer ist gerade hinten, als ich rein schaue und die Auslage inspiziere. Es wird mir dann doch zu heikel, der Zug fährt schon in 5 min und als ich gerade wieder raus gehe, kommt er vor gelaufen: „Scusa Signora!“ aber ich winke ihm nur entschuldigend zu und gehe zum Bahnhof - und werde in den nächsten Stunden noch oft an ihn denken, denn mein Zug hat am Ende über 90 min Verspätung, hat kein Bordbistro o. ä. und ich habe Hunger.

    Zunächst aber genieße ich die Aussicht. Man muss im IC immer reservieren und ich habe genau den Sitzplatz bekommen, den ich erhofft hatte: in Fahrtrichtung rechts am Fenster. Ehrlich gesagt hätte man sich aber auch hinsetzen können, wo man will, der Zug ist ziemlich leer. Ich genieße die Aussicht, immer wieder Meer und Strand (Steine), Zitronen und Orangen, viele große Olivenfelder (um die Bäume die schönsten kleinen Blüten), Äcker mit Begrenzungen aus Kakteen„hecken“, einsame landwirtschaftliche Höfe und ab und zu eine prunkvolle Residenz an der Küste. Viele kleine Ortschaften. Auf der anderen Seite Berge und da die bis an die Küste reichen, fährt man auch immer wieder durch Tunnel. Und über recht lange Brücken über breite ausgetrocknete Flussbetten.

    Und irgendwas ist mit der Strecke: ich bekomme viel Gelegenheit, die italienischen Zahlen zu üben, es werden immer höhere Werte, die sie für die Anzahl der Minuten durchsagen. Ein Mitreisender rastet jedes Mal aus, wenn der Zug wieder mitten auf freier Strecke bremst. Er quatscht mich an (obwohl er weiß, dass ich ihn nicht verstehe), schimpft einfach so vor sich hin (Madonna mia!), oder meckert mit der Schaffnerin (wobei am Ende beide grinsen, ich finde den Tonfall immer noch bedrohlicher als es scheinbar gemeint ist). Auf einmal kommt jemand vorbei und legt eine Tüte auf jeden Tisch: eine Flasche Wasser und ein Muffin. Bin begeistert. Auch über den Umstieg in Taranto werde ich persönlich auf Englisch informiert (der Zug nach Bari fährt stündlich, es ist gar kein Problem).

    In Tarent habe ich 30 min Umstiegszeit und versuche etwas zu Essen außerhalb des Bahnhofs zu bekommen. Laufe ein bisschen in Richtung Zentrum und bin mal wieder fasziniert von den zwei Gesichtern dieser Stadt, einerseits ganz schon runtergerockt und anderseits ganz schön rausgeputzt - teilweise innerhalb eines Gebäudes. Habe ich schon häufiger in Italien gesehen aber finde es immer noch faszinierend. Zu Essen finde ich aber nichts und ziehe ein Tramezzino aus dem Automaten, kann man auch essen.

    Der Regionalzug nach Bari füllt sich an jeder Station immer mehr mit jungen Leuten. Es ist Samstag Abend und Bari ist wohl *die* Partystadt! Ich habe halt mal wieder überhaupt keine Recherche betrieben und bin irgendwie davon ausgegangen, das würde so ein verschlafenes Nest sein wie Pozzallo. Aber Bari ist eine Universitätsstadt mit über 300.000 Einwohnern und einem ziemlich großen und bedeutendem Hafen. Das erklärt auch, warum das Hostel, welches ich mir ausgesucht habe, trotz des recht hohen Preises recht sparsam eingerichtet ist: die Nachfrage scheint recht hoch zu sein. Obwohl ich die Einrichtung ungemütlich finde, ist das Mädel an der Rezeption sehr nett und ich fühle mich wohl im Olive Tree. Reserviere trotzdem erstmal eine Nacht und sage ihr, dass ich noch nicht genau weiß, ob ich morgen zur Fähre will oder doch Bari anschauen. Sie sagt, dass die Stadt sehr hübsch und interessant ist und ich es mir unbedingt ansehen sollte. Und für heute Abend empfiehlt sie mir eine lokale Pizzeria.

    Ich lege nur kurz meine Tasche ab und gehe zu „El rustico“. Die Empfehlung kurz vor 7 da zu sein (um 7 machen sie auf), was genau richtig, ich bekomme gerade so einen Platz. Es ist eigentlich ein 4er Tisch und neben mir ein älteres italienisches Paar. Wir haben uns nicht unterhalten, aber ich fand die Gesellschaft sehr nett und außerdem konnte ich bei denen immer abkucken, was als nächstes zu tun ist. Zuerst werden Papiertischdecken verteilt, die wir selbst auf dem Tisch ausbreiten. Dann sagt man, welches Getränk man möchte. Ich will auch sagen, welche Pizza - nein noch nicht! Ich bekomme mein Bier und genieße die Stimmung. Draußen bilden sich lange Schlangen. Eine alte Frau kommt rein und zeigt ohne Worte mit dem Zeigefinger: 1. Es wird ihr ein Klappstuhl raus getragen. Wir suchen aus, ob es das Menü mit kleinen Vorspeisen (8 €) oder großen Vorspeisen (12 €) sein soll. Ich nehme die großen Variante. Nein, Pizza immer noch nicht aussuchen. Dann kommen nach und nach die ganzen Teller an den Tisch. Bruschetta. Ein Korb mit gerösteten Broten. Eingelegte rote Beete. Ein Teller mit Reissalat, dicken Bohnen, Aubergine in Tomatensoße, eingelegten Zucchini. Ich sitze direkt neben dem Tresen, wo die ganze Zeit Pizzen fertig gemacht werden. Aber die sind zum Abholen, wir sind immer noch bei den Vorspeisen. Zwei kleine Streifen Calzone Margherita. Ein Teller mit Mozzarella, Scarmoza, Mortadella, Räucherschinken, Oliven. Ein Teller mit Kochschinken in Essig Öl Soße. Ich bin satt. Jetzt darf die Pizza bestellt werden. Ich schaffe immerhin noch die halbe Pizza. Tutto bene? Ich hisse die weiße Flagge und zeige auf den Pizzakarton zum mitnehmen. Es ist noch nicht vorbei, zuerst kommt ein kleiner Becher Zitronensorbet und ein etwas größerer Becher Limoncello. Ich bin am Ende nicht nur satt, sondern auch beschwipst. Das waren sehr schöne 1,5 Stunden! Ich habe bei dem rappelvollen Laden und der langen Schlange draußen zuerst ein bisschen ein komisches Gefühl gehabt, einen Zweiertisch alleine zu besetzen, aber die Kellner haben immer mir immer das Gefühl gegeben, willkommen zu sein. Auch meine Tischnachbarn verabschieden sich sehr fröhlich und der Mann winkt mir zum Abschied auf die italienische Art, mit dem langen Arm. Ich freue mich sehr.

    Danach versuche ich noch bisschen in die Innenstadt von Bari zu spazieren. Aber es ist einfach nichts für mich. Die Straßen sind voll mit herausgeputzten Leuten, es ist ein einziges Stimmengewirr über den Lärm des Straßenverkehrs. Auch sehr viele junge Leute (schätzungsweise U16). Ich komme zwar bis an den Rand der Altstadt, sieht schon interessant aus, aber jetzt einfach zu voll für mich. Soll ich mir das morgen nochmal bei Tageslicht anschauen? Oder soll ich morgen nach Griechenland fahren? Soll ich überhaupt nach Griechenland fahren? Ist Athen überhaupt eine gute Idee, wenn mir Bari schon zu viel ist?? Ich habe Diskussionen mit mir selbst, die an Tom Böttchers “Kaffee trinken” erinnern:
    - Sorry, was willst du denn jetzt??
    - Was willst du denn, dass ich will?
    - Also ich will, dass du willst, was du willst.
    … Ich will was wollen. Ich will unbedingt was wollen!!
    Es führt zu nichts und ich gehe ins Hostel und verschiebe die Entscheidung auf später. Im Schlafsaal stinkt es wie in einer Aalräucherkammer, ich glaube jemand hat vorher paar Nächte am Lagerfeuer übernachtet. Beim Versuch, das Fenster aufzumachen, reiße ich die Vorhänge mitsamt Stange runter, aber bekomme es mit der Netten von der Rezeption wieder gerade gebogen. Paar andere aus dem Schlafsaal freuen sich, dass endlich mal jemand ausgesprochen hat, dass es hier stinkt.

    Ich schlafe überraschend gut in dem 10 Bett Zimmer, aber habe mich entschieden, die Fähre für heute zu buchen. Ich habe im Hostel noch ein sehr nettes Frühstück mit einem Argentinier, der gerade die italienische Staatsbürgerschaft bekommen hat, einem Neuseeländer, der in UK wohnt, und einem Deutschen, der in Schweden aufgewachsen ist und jetzt in Rom studiert. - Me? Oh, I am German. - Yes I could tell. That was pretty obvious.

    Es ist nicht ganz klar, wo der Check in für Fußgänger ist, und ich bin a die andere Seite des großen Hafens gelaufen. Da sind nur die Eingänge für Autos und vor allem LKW. In einem Häuschen der Guardia di Finanza sind Menschen. Einer schläft mit dem Kopf auf dem Tisch. Scusa... Der andere ist sehr hilfsbereit und erklärt mir auf englisch, italienisch und Gestern: Ich muss da durchs Gebüsch und dort auf dem Parkplatz gibt es einen Shuttle Bus. Ich sitze mit den ganzen Hafenarbeitern im Bus, staune über den Hafen und komme nach ca. 2 km am Terminal an.
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