Amazonas 2022

July 2022
A 21-day adventure by Andre Read more
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  • Day 1

    Der Dschungel beginnt am Flughafen FRA

    July 3, 2022 in Germany ⋅ ☀️ 29 °C

    Meistens passieren Dinge unerwartet - und manchmal kann man das nahende Unheil fast riechen.

    Ich sitze bereits im Zug in Richtung Frankfurter Flughafen, als auf meinem Handy die Nachricht eintrifft: mein Flug nach Sao Paulo wurde gerade von 22.00 Uhr auf den nächsten Tag 08.35 Uhr verlegt … *paff*

    Einmal tief durchatmen - und erstmal in Ruhe schauen, wie es weitergehen soll. Kurzer Anruf bei meinem ehem. Arbeitskollegen Michael (Jetseter & Flugexperte) - „melde Dich am Serviceschalter der Lufthansa, es besteht Anspruch auf Hotelübernachtung und … übrigens viel Spaß, bei dem was jetzt kommt.“

    Die Ankunftshalle am Frankfurter Flughafen erwartet mich mit Schlangen von wartenden Menschen. Die halbe Welt möchte gerade mit Lufthansa sprechen und ich muss mich erstmal orientieren, wo dann das Ende der wartenden Masse sein soll.

    Hinter mir ein Pärchen aus Amsterdam auf dem Weg nach Cancun/ Mexiko. Das Gepäck der beiden ist irgendwo spurlos. Vor mir Wartende mit Ziel San Franciso, aber auch „lokale Fälle“ Budapest nach Dresden hängen am Umsteigeflughafen Frankfurt fest.

    Nach drei Stunden geduldigen Wartens haben wir uns an den Schalter der Lufthansa vorgearbeitet.

    Meine Anschlussflüge Sao Paulo-Manaus und Manaus-Tabatinga sind futsch.
    Bis Manaus bin ich über Lufthansa gebucht und es wurde bereits ein neuer Flug reserviert. Die neue Ankunft Manaus ist am Folgetag um 2.00 nachts, d.h. eine weitere Nacht am Flughafen wartet auf mich.

    Der dritte verpasste Flug fällt nicht unter die Zuständigkeit von Lufthansa. Ich muss mich selbst um Ersatz kümmern und werde höchstwahrscheinlich auf den Kosten sitzen bleiben. Habe bereits die Flüge nach Tabatinga geprüft … die nächsten Tage sind komplett ausgebucht und dann Flüge zum 3fachen Preis erhältlich. Da kommt in einem das Gefühl hoch, ganz laut schreien zu müssen - aber bringt ja nichts.

    Für heute Nacht bekomme ich tatsächlich eine Hotelübernachtung. Da sämtliche Hotels in Frankfurt aufgrund der derzeitigen Flugstörungen ausgebucht sind, wird mir ein Hotelzimmer in Heppenheim zugewiesen. Das liegt schlappe 50km vom Flughafen entfernt. Ich bekomme Voucher für Taxi und Hotel und in 7 Stunden muss ich auch schon wieder am Flughafen sein.

    Gemäß dem Taxifahrer gibt’s das Durcheinander am Flughafen bereits seit mehreren Wochen. Die Hotels und Taxis in der Umgebung profitieren von der Situation und ich möchte überhaupt nicht wissen, wieviel Geld der Lufthansa jeder einzelne Chaostag hier kostet.

    Fazit: ein rundum gelungener erster Urlaubstag neigt sich dem Ende zu. Meine gesamten Reisepläne sind bereits am ersten Tag hinüber.
    Aber morgen kommt ein neuer Tag und dann kann’s eigentlich nur besser werden :)

    ________________________

    Update 04.07.2022 Sao Paulo
    Mein Gepäck mit der kompletten Ausrüstung ist nicht angekommen und war anscheinend überhaupt nicht im Flugzeug.
    Danke Lufthansa, danke Fraport für NICHTS!
    Ich suche mir jetzt einen Caipirinha-Stand und betrinke mich 🍹🙄
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  • Day 2

    Manaus/ Amazonien

    July 4, 2022 in Brazil ⋅ 🌙 15 °C

    Nach der Landung um 02.00 Uhr in der Nacht empfängt mich die drückende, feuchte Hitze Amazoniens.

    Ich habe mich in das naheliegende Flughafenhotel einquartiert und brauche dringend ein paar Stunden Schlaf.

    Die Entscheidung war richtig. Ausgeruht und nach einem guten Frühstück lassen sich die Sachen hier mit kühlem Kopf organisieren.

    Manaus ist mit über zwei Millionen Einwohnern die Hauptstadt und das Zentrum Amazoniens.

    Ich erwarte nicht, dass ich mein Hauptgepäck in Brasilien jemals wiedersehen werde. In Frankfurt stapeln sich die Gepäckstücke seit Wochen. Ich gehe jede Wette ein, dass Lufthansa es nicht schafft, mir das Gepäck innerhalb der nächsten paar Tage nach Manaus zu liefern.

    Also volle Kraft nach vorne und alleine versuchen den Urlaub zu retten.
    Ich habe mich mit dem Taxi in das größte Einkaufszentrum der Stadt bringen lassen. Jetzt brauche ich einen zentralen Ort, wo ich meine verloren Ausrüstung halbwegs ersetzen kann.

    Ich trage nur die Kleidung aus dem Flieger am Leibe und im Handgepäck befinden sich die Regenjacke, Malariamedikamente, Handy und Powerbank. Alles andere war im verlorenen Rucksack. Also ist heute Großeinkauf angesagt :) Kleidung, Zahnbürste, Ausrüstung für die nächsten Wochen müssen komplett ersetzt werden. Heute glüht nicht nur die Sonne vom Himmel, sondern auch meine Kreditkarte ;-)

    Glücklicherweise gibt es im Shoppingkomplex einen Carrefour. In dem Laden gibt es von Grills, Kleidung und Lebensmitteln fast alles zu niedrigen Preisen. Wenn nicht hier kaufen, wann dann?!

    Da ich mit den bequemen Sandalen geflogen bin, befinden sich selbst meine Schuhe im Verlustgepäck. Und das bringt mich zu meiner ersten These: „Brasilianer haben kleine Füße.“

    Ich habe mich schon gewundert, warum es in den Läden nur Socken bis Größe 43 zu kaufen gibt. Zwei Schuhfachgeschäfte mussten mich wegschicken, weil es Schuhe in Größe 45-46 hier einfach nicht gibt. Der dritte Laden hatte in seinem Inventar endlich Laufschuhe aus USA/Europa in meiner Größe … scheiß auf Aussehen oder Funktion - gekauft! Ohne festes Schuhwerk nehmen die mich nicht in den Dschungel, wegen der Gefahr von Schlangenbissen.

    Ich habe mich bereits jetzt in die brasilianische Kultur verliebt. Obwohl die meisten Brasilianer kein Englisch sprechen ist jeder Einzelne hier wirklich bemüht einem zu helfen.
    Die Menschen hier sind unglaublich freundlich. Obwohl wir uns oft nicht mit Worten verstehen, immer lächelnde Gesichter. Mit Zeichensprache, ein paar Brocken Spanisch/ Portugiesisch kommt man oft weiter. Für komplexe Themen rettet mich der kostenfreie Google-Offline-Translator. Sprachpaket vorab runterladen und anschließend kann ich jeden beliebigen Satz in Deutsch eintippen und auf der anderen Seite kommt’s portugiesisch heraus.

    Ich habe nach 5 Stunden den Großteil des Verlustgepäcks ersetzt. Mit hochwertigem Equipment angereist, müssen die billigen Varianten vom Discounter die nächsten paar Wochen auch irgendwie funktionieren.

    Neues Hotel im Zentrum Manaus bezogen und den neuen Flug nach Tabatinga organisiert. Ich hatte den Inlandsflug damals für 94,- EUR gebucht. Heute kostet mich der Spaß über EUR 300,-.

    Zu guter Letzt habe ich meinen Dschungeltrip für die nächsten vier Tage organisiert. Morgen Vormittag um 08.30 Uhr gehts endlich in die Natur.

    Der heute Erledigungstag fühlt sich wie zwei volle Arbeitstage zu Hause an. Ich bin supermüde und für heute genug.

    Fazit: alles ist vorbereitet und ab morgen beginnt mein Urlaub :)

    Melde mich in vier Tagen wieder - Boa noite!
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  • Day 6

    Ararinha Jungle Hotel

    July 8, 2022 in Brazil ⋅ ☀️ 27 °C

    Heute geht es endlich hinaus in den Dschungel :)

    Mit dem Kleinbus fahren wir eine halbe Stunde bis zu einem kleinen Hafen außerhalb von Manaus. Anschließend geht es mit dem Boot in eine Siedlung auf die andere Seite des Flusses. Umsteigen in einen neuen Bus und dann folgen wir der Fernstraße BR-319, die Manaus über eine Strecke von ca 900km mit Porto Velho verbindet für 1,5 Stunden. Abzweigung von der Hauptstraße und über eine Buckelpiste im zweiten Gang weiter bis zu einer Stelle wo die Straße überspült ist. Alle Sachen auspacken, denn ab hier geht es mit dem Boot weiter.

    Bereits in Manaus haben wir eine deutsche Familie eingesammelt. Holger und Niti sind beides Ärzte aus NRW und nutzen die 12-monatigen Elternzeiten, um mit den vier Kinder (Alter 6 Monate bis 6 Jahre) um die Welt zu reisen. Die älteren Kinder haben bereits eine komplette Weltreise miterleben dürfen. Die Oma Susanna ist auch dabei und begleitet die Großfamilie regelmäßig auf den Reisen. Es ist schon beeindruckend, wie diese Familie es schafft Reisen und Beruf unter einen Hut zu bekommen.

    Ankunft beim Ararinha Jungle Hotel. Es ist hier doch touristischer, als erwartet. Das Gelände besteht aus mehreren Hütten für die Gäste, einem zentralen Haupthaus mit Speisesaal und einer kleinen Bar an der Bootsanlegestelle.

    Die mir zugewiesene Hütte ist geräumig und besitzt sogar eine Klimaanlage. Als dann auch noch das WLAN-Passwort verteilt wird … war klar, das wird dann eher eine entspannte Zeit mit allen Annehmlichkeiten und weniger das große Abenteuer in der Wildnis.

    Wir haben sogar die Erlaubnis im Fluss zu Baden. Hier gibt es im Wasser von Piranhas, Schlangen und verschiedenen Arten Kaimanen so ziemlich alles, aber durch den regelmäßigen Bootslärm halten die Tiere weiträumigen Abstand. In der Umgebung gibt es einige Stelzenhäuser, wo einheimische Familien leben. Alle müssen irgendwie versorgt werden und das natürliche Transportmittel ist hier das Boot. Die obere Wasserschicht ist superwarm. Für ein wenig Abkühlung sollte man einfach einen Meter tiefer abtauchen.

    Am ersten Nachmittag geht es mit dem Boot zum Piranhas angeln. Die Piranhas befinden sich in unserem Fall ufernah an einer Insel. Sie schwimmen unterhalb der Wasserpflanzen und warten dort auf Fische, Krustentiere und Frösche. Ein Fleischköder an den Haken gebunden und dann dauert es auch nicht lange, bis sich etwas an der Leine tut.

    Mit einem kräftigen Ruck baumelt der Fisch am Haken. Riesenfreude und gerade als wir das Foto machen möchten, hüpft mir der erste Piranha wieder vom Haken. Das gezeigte Foto ist also eigentlich mein zweiter Fisch.

    Im Baumwipfel ca 25 Meter über uns sehen wir unser erstes Faultier. Die Tiere verstecken sich im dichte Blätterwerk des Dschungels. Gute Tierfotos werden daher eher die Ausnahme bleiben. Immer mal wieder tauchen Flussdelphine auf. Das sind dann die besonderen Momente, warum ich den weiten nach Brasilien gemacht habe :)

    Nach dem Abendessen steht noch
    Kaiman-Watching auf dem Plan. Unser Guide John spricht sehr gutes Deutsch und leuchtet mit einer starken Taschenlampe die Uferböschung ab. Die Augen der Kaimane reflektieren im Licht und wir können kerzengerade auf die Tiere zusteuern. Mit einem geschickten Griff schnappt sich John das Tier.

    Da wir uns hier fast am Äquator befinden geht die Sonne pünktlich um 18.00 Uhr unter und der Sonnenaufgang ist dann 12 Stunden später.

    Der zweite Tag beginnt um 05.30 Uhr für eine Bootstour bei Sonnenaufgang. Es ist eine wunderschöne Atmosphäre am Morgen und die Geräusche des Dschungels sind unglaublich intensiv. Die Brüllaffen sorgen in der Ferne für eine beängstigende, aber gleichzeitig wunderschöne Geräuschkulisse.

    Nach dem Frühstück beginnt dann unsere
    3-Stündige Wanderung in den Dschungel. Wir bleiben in der weiteren Umgebung der Lodge. Uns werden riesige Tausenfüssler, Vogelspinnen und verschiedene Pfanzen inkl. deren Wirkung gezeigt.

    Bereits in den letzten Tagen seit Manaus hatte ich mit Husten zu kämpfen, mich aber niemals wirklich krank gefühlt.
    Auf der Wanderung heute geht es mir zusehends schlechter. In der letzten Stunde der Wanderung wird mir schwindelig und ich habe keine Energie mehr im Körper. Nach der Rückkehr in die Lodge bin ich einfach nur noch ins Bett gefallen und habe dieses bis zum nächsten Vormittag nicht mehr verlassen. Unser Guide John bringt mir Lemon/ Knoblauchtee und sieht alle paar Stunden nach mir.

    Heute gehts mir schon ein wenig besser, aber Husten und leichte Kraftlosigkeit sind immer noch vorhanden. Mein Körper braucht weiterhin Ruhe.
    Die geplante Außenübernachtung ist gestrichen.

    Heute sind dann auch die letzten Gäste aus der Lodge abgereist. Mir gehört der Laden jetzt ganz alleine :) In der Dschungellodge gibt es nicht immer durchgängig Strom und die Internetverbindung ist schwach bis nicht vorhanden. Aber jetzt kann ich das Datenvolumen für mich alleine nutzen. Aus diesem Grund ziehe ich meinen Tagebucheintrag vor und schreibe direkt aus dem Dschungel. Habe den ganzen Tag ja nichts besseres zu tun, außer mich zu schonen.

    Morgen Mittag geht es dann wieder zurück nach Manaus. Ein Ruhetag zum Wäsche waschen ist eingeplant und hoffentlich wieder gesund werden. Am Montag startet dann der Flieger nach Tabatinga 🇧🇷 / Leticia 🇨🇴 . Von dort habe ich eine zweite Chance ein paar Tage im kolumbianischen Dschungel zu verbringen und das verpasste nachzuholen.

    Eine Erkenntnis habe ich bereits gewonnen:
    Anstelle zwei Touren á 4 Tage in den Dschungel zu planen, wäre es cleverer gewesen eine große Tour über 8 Tage zu machen. Das gibt einem die Möglichkeit die Zivilisationsgebiete weit hinter sich zu lassen und tief in den Urwald vorzudringen. Die Chancen auf Tiersichtungen wären deutlich größer.
    Die zweite Tour in Kolumbien wird auch wieder in Zivilisationsnähe sein und ich bin mal gespannt, ob ich ein paar „von den Großen Tieren“ zu Gesicht bekomme.

    Bis dahin alles Gute 😘

    „Jungle is like art - don‘t touch anything.“
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  • Day 9

    Tabatinga 🇧🇷 / Leticia 🇨🇴

    July 11, 2022 in Colombia ⋅ ⛅ 25 °C

    Rückblick:
    Am letzten Tag in der Dschungellodge sind zwei junge Mädels aus Russland inkl. eigenem Guide eingetroffen.

    Der Guide heißt Jossoaiue (oder so ähnlich), ca 25 Jahre alt und hat nebenbei seine Familiengeschichte erzählt, die mich sehr berührt hat.

    Angefangen hat seine Geschichte mit einem kleinen Nebensatz: „ich bin eigentlich katholisch, war aber auch schon Moslem gewesen.“ Hääh???

    Jossoaiue ist in Nordbrasilien, an der Grenze zu Britisch-Guayana, aufgewachsen. Er entstammt einem lokalen Indianerstamm und ist eines von insgesamt 10 Kindern. Der Vater saß zeitweise im Gefängnis und die Mutter musste die Kinder irgendwie alleine durchbringen.

    Die Familie ist superarm und hatte Probleme die Kinder zu ernähren. Aber im Ort gab es eine islamische Schule und nach dem Gebet gab es für die moslemischen Kinder etwas zu essen.

    Das Leben seiner Kindheit beschreibt er als eintönig. Je nach Jahreszeit wird in dem Landesteil in der Landwirtschaft gearbeitet oder gejagt. Einige Anwohner finden Arbeit in der Goldmine, die von einer kanadischen Firma betrieben wird. Das „Betriebsklima“ in den Goldminen ist rau. Menschen mit wenig Bildung und kriminellen Vorgeschichten arbeiten in den Minen. Die Mutter wurde mit einem Jobangebot in das Goldgräbercamp gelockt. Vor Ort stellte sich dann heraus, dass Sie als Prostituierte arbeiten sollte. Die Mutter hat es geschafft mit einem der Mitarbeiter des Managements zu sprechen und Ihre Situation -alleinerziehend mit 10 Kindern- geschildert.

    Anschließend hat sie einen „richtigen Job“ als Taucherin in der Mine erhalten. Diese Arbeit gehört übrigens zu den gefährlichsten in den Minen. Mit einem Sauger wird Erdreich aufgesaugt. Es gibt fast keine Sicht du unten. Die Tauchausrüstung ist primitiv und es kommt regelmäßig zu Störungen. Gero unser Agenturinhaber hatte ebenfalls erzählt, dass er als Goldtaucher im Amazonas gearbeitet hat und dabei viele Freunde verloren hat. Der aufgesaugte Schlamm wird anschließend gefiltert und der Goldstaub bleibt letztlich in Matten hängen.

    Wir sollten uns in Deutschland regelmäßig vor Augen halten, wie gut es uns geht.

    Übrigens hat Jossoaiues Mutter ihm verboten eine Frau aus dem Stamm zu heiraten. Die Hoffnung auf ein besseres Leben liegt für diese Kinder außerhalb der Heimat.

    Zum Abschluss der ersten Dschungeltour ging es mit dem Boot tiefer in die überfluteteten Wälder.

    Die Anzahl der Tierbeobachtungen hält sich schwer in Grenzen. Einen Affen konnten wir in den Baumwipfeln ausmachen. Auch eine Gruppe von Aras ist majestätisch über uns hinweg geflogen.
    Und dann gab es noch „Florentina“. Unser Bootsführer lebt ganz in der Nähe der Lodge. Vor seinem Haus schwimmt regelmäßig ein großer Kaiman „Florentina“. Er konnte das Tier fast rufen, wie bei uns einen Hund. Wenn so ein großer Kaiman auf ein kleines Boot zugeschworen kommt, dann wird einem schnell anders. Nein der tut nichts - der will doch nur spielen 🐊

    In Manaus habe ich den „freien Tag“ zum Wäschewaschen und eine wenig Stadt anschauen genutzt. Mein Husten hält sich seit einer Woche hartnäckig, aber insgesamt gehts mir besser.

    Und dann noch eine sehr gute Nachricht :)
    Die Hotelrezeption in Manaus hat mich heute Nacht um 0.20 Uhr aus dem Schlaf geklingelt. An der Rezeption steht ein Bote und möchte einen Rucksack abliefern.
    Damit hätte ich niemals mehr gerechnet - 12 Stunden später wäre ich mit dem Flieger weg gewesen. Bei der Aktion war mehr Glück als Verstand im Spiel gewesen. Ich sollte der Lufthansa an eine deutsche E-Mailadresse mein Hotel übermitteln. Und denen habe ich klar mitgeteilt, dass es genau zwei Tage Manaus gibt, wo eine Übergabe möglich ist. Anschließend bin ich nicht mehr greifbar. Am Donnerstag erreichte mich eine Mail vom „Zeugwart des Flughafen Sao Paulo“ dass mein Gepäck jetzt in Sao Paulo angekommen wäre und wohin er es senden soll. Glücklicherweise hatte ich Internet im Camp und habe meine Mail mit den Gepäckinstruktionen von der Lufthansa durch den Übersetzer laufen lassen und unverzüglich nach Sao Paolo geantwortet. Irgendwer muss es letztlich gut gemeint haben. Die wussten, dass ich am nächsten Mittag verschwunden bin und haben wirklich mitten in der Nacht noch einen Boten zu mir ins Hotel geschickt - Danke!

    Heute bin ich dann endlich nach Tabatinga geflogen. Ohne die Zwischenfälle bei der Lufthansa wäre ich bereits am ersten Tag hier angekommen.

    Jetzt befinde ich mich im Dreiländereck Brasilien/ Kolumbien/ Peru. Der Flug von Manaus nach Tabatinga war wirklich beeindruckend. Aus der Luft konnten ich das Treffen der Wasser „Encontro das Aguas“ gut erkennen.

    Der größte Fluss der Erde (Amazonas) trifft hier mit dem zweitgrößten Nebenfluss der Erde (Rio Negro) zusammen. Die bräunlich-gelbe Wasserfarbe des Amazonas (Rio Solimões) trifft auf die schwarzen Wasser des Rio Negro. Über elf Kilometer fließen die Wassermassen nebeneinander her, bevor sich die Ströme langsam vermischen.

    Hintergrund für dieses Naturphänomen sind unterschiedliche Wassertemperaturen, Fließgeschwindigkeiten, Sedimentgehalte etc.
    Wer etwas ähnliches in der Heimat erleben möchte, fährt nach Passau. Beim Zusammenfluss Donau/ Inn ist ähnliches zu beobachten.

    Der Flug führte knapp zwei Stunden über die endlosen Regenwälder des Amazonas.
    Angekommen in Tabatinga/ Brasilien habe ich das Taxi auf die kolumbianische Seite Leticia genommen.

    Eigentlich handelt es sich bei Tabatinga/ Leticia um eine große Stadt. Brasilien und Kolumbien teilen sich jeweils eine Hälfte. Da es keine Straßenverbindung hierher gibt, kann man die Grenzen dieser Länder ohne jegliche Kontrolle überqueren. Auch die jeweilige Währung des anderen Landes wird hier akzeptiert.

    Also gelandet bin ich heute in Brasilien. Mein Hotel für die Nacht befindet sich in Kolumbien. Und morgen früh geht es auf eine dreitägige Tour in die „Zacambu Rainforest Lodge“, die sich auf peruanischem Staatsgebiet befindet.

    Bis dahin - Hasta luego 😘
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  • Day 11

    Zacambu Rainforest Lodge

    July 13, 2022 in Peru ⋅ ⛅ 23 °C

    Mein zweites Dschungelabenteuer wartet auf mich :)

    Am Vormittag werde ich am Hotel abgeholt und an den Hafen von Leticia gebracht. Mit dem Schnellboot geht es für ca 1,5 Stunden in einen Nebenfluss des Amazonas . Wir befinden uns mittlerweile in Peru und am Ufer des Rio Javari liegt unsere Lodge für die nächsten drei Tage.

    In der Reisegruppe befinden sich viele Touristen aus Österreich, Frankreich und Deutschland. Ich bin der Einzige, der über die brasilianische Seite hier eingereist ist. Alle Anderen machen eigentlich Kolumbienurlaub und sind für einen Abstecher in den Dschungel aus Bogota eingeflogen.

    Die Qualität der Zacambu Lodge ist nochmal ein gehobeneres Niveau, als bei Gero in Manaus. Die Anlage ist superschön und geräumig. Gepflegte Zimmer und die Qualität der Küche ist hervorragend.

    Wir liegen hier abgeschieden in der Natur und das Dschungelerlebnis fühlt sich intensiver an.
    Nach Ankunft und Mittagessen gehts auch schon direkt los. Wir fahren mit dem Boot hinaus zur Beobachtung von Flussdelphinen. Die Jungtiere kommen mit grauer Farbe auf die Welt und im Laufe des Lebens ändert sich der Farbton von grau nach rosa. Wir sehen eine große Anzahl von Delphinen und dürfen für eine Abkühlung zu Ihnen ins Wasser springen.

    Später befahren wir einen ruhigen Seitenkanal und der Dschungel schließt sich zu einem grünen Tunnel. Der Fahrer lässt im kleinen Gang ganz langsam die Landschaft an uns vorbeiziehen. Große Wasservögel erheben sich majestätisch und der Augenblick ist so schön und voller Energie, dass es schon fast unrealistisch erscheint. Ich stelle später einen kurzen Clip auf Instagram.

    https://www.instagram.com/tv/CgK8LxYFsSq/?igshi…

    Der Tag hier ist gut durchstrukturiert. Nach dem Sonnenuntergang geht es schon wieder los. Kaimane beobachten steht auf dem Programm. Ich kenne das Prozedere bereits von der ersten Dschungeltour, aber alleine die Geräusche des Dschungels in der Nacht und der Sternenhimmel der Südhalbkugel sind es Wert mitzukommen. Ich liege mit dem Rücken im Boot und schaue einfach nur in den Nachthimmel. Irgendwann schlafe ich tatsächlich mitten auf der Tour ein und nach Ankunft in der Lodge müssen die mich erstmal wieder aufwecken.

    …. Fortsetzung folgt.

    ————————
    Update 14.07.2022
    bin wieder aus dem Dschungel zurück und hatte eine gute Zeit. Morgen früh versuche ich ein Schiff nach Manaus zu erwischen. Es ist schon spät, das Internet in Leticia ist langsam bis überhaupt nicht vorhanden. Ich schreibe das irgendwann später weiter … 😘
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  • Day 12

    Zacambu Rainforest Lodge - Teil II

    July 14, 2022 in Peru ⋅ ⛅ 30 °C

    Am nächsten Morgen steht eine Dschungelwanderung auf dem Programm.
    Wir fahren ein Stückchen mit dem Boot und erkunden die Natur anschließend zu Fuß.

    Es gibt verschiedene Arten von Dschungel. Die Vegetation und die vorhandenen Tiere können entsprechend der Art des Dschungels deutlich voneinander abweichen.

    Auf der peruanischen Seite, südlich von Leticia, befinden wir uns in einem Überschwemmungsgebiet. Das Wasser hatte im März seinen Höchststand erreicht und man kann die Wassergrenze vom Frühjahr ca drei Meter höher erkennen. Der Boden hier ist dauerhaft matschig und feucht. Selbst in der Trockenzeit trocknet dieser niemals ab. Also gehören die Gummistiefel auf diesem Boden hier zur Grundausstattung.

    Es gibt in Überflutungsgebieten in der Regel keine größeren Säugetiere, die am Boden leben. Alles Leben hier muss in der Lage sein, sich bei Hochwasser in die Bäume zurückziehen zu können.

    Es gibt in diesem Gebiet fünf verschiedene Schlangenarten, Affen, Schildkröten, riesige Schmetterlinge und Tausendfüssler (die hier übersetzt Hundertfüssler heißen).

    Termiten bauen ihre Nester hoch oben in den Bäumen. Wir können einige Ameisenstraßen beobachten. Die Ameisen tragen Blätter auf dem Rücken, die in Größe und Gewicht die eigentliche Ameise um einiges überragen. Unser Guide erklärt uns, dass die Ameisen hoch oben in den Bäumen damit Nester bauen. Bei Hochwasser können die Tiere in dem Nest, wie auf einer schwimmenden Insel überleben.

    Wir lernen Bäume kennen, die sich vorwärts bewegen können. Der Baum lässt aus dem Blätterwerk eine Liane zum Boden. Die Liane schlägt Wurzeln und verhärtet sich zu einem neuen Stamm. So kann sich der Baum horizontal nach vorne bewegen und „wandert“.

    Andere Bäume haben zwei Arten von Wurzeln gleichzeitig. Die „normalen“ Wurzeln im Boden und dann noch einen Wurzelballen, der seitlich am Baumstamm in der Luft hängt. Der Baum ist bei Hochwasser damit in der Lage Nährstoffe aus dem Wasser zu filtern.

    Die Natur findet irgendwie einen Weg, die Planzen und Tiere für die jeweilige Lebensumgebung auszustatten. Alles im Dschungel ist riesig. Viele Planzen und Insekten werden hier gigantisch groß.

    Wir entdecken ein kleines Faultier im Blätterwerk. Diese Tiere lieben eine bestimmte Pilzart von abgestorbenen Bäumen. Bei einem toten Baum mit Pilzbewuchs sind auch die Faultiere meistens nicht weit.

    Anacondas (Länge 10 Meter oder mehr) - jagen hauptsächlich im Wasser, aber auch an Land. Das langsame Faultier im Baum hängend wäre eine leichte Beute. Anschließend bräuchte die Anaconda für 4 Monate nichts mehr fressen. Am Anfang ist die Anaconda aufgrund des Volumen des Beutetieres nicht mal mehr in der Lage zu tauchen und muss sich auf der Wasseroberfläche treiben lassen. Das Beutetier im Inneren der Anaconda wird komplett verdaut. Selbst die Knochen werden gebrochen, pulverisiert und am Ende bleibt nur eine flüssige Ausscheidung übrig.

    Unsere Guides sprechen leider kein Englisch. Glücklicherweise haben wir Jan in der Gruppe. Er ist Journalist bei der „Zeit“ in Hamburg und macht gerade ein 3-monatiges Sabbatical. Er spricht fließend Spanisch und übersetzt für uns.

    Über die Qualität der Informationen kann ich nur mutmaßen. Ich lese gerade ein sehr bewegendes Buch „Der letzte Herr des Waldes“ von Thomas Fischermann. Es geht um die wahre Geschichte eines indigenen Volkes im südlichen Amazonas und das Buch gehört zu den „Spiegel-Bestsellern“. Gemäß den Schilderungen des Ureinwohners kann eine Anaconda nicht in Bäume klettern. Die Anacondas wären im Wasser, wie an Land so schnell, dass ein Mensch nicht einfach davonlaufen kann. Bereits die Kinder der Indigenen lernen, dass die einzige Chance eine Anaconda zu überleben ist - genau- in einen Baum zu klettern.

    Egal wer hier Recht hat, es muss sich um unglaublich faszinierende Tiere handeln. Die Anacondas können gemäß Schilderungen der Indios bestimmte Laute von Tieren nachahmen und locken sie damit an. Hochintelligente, gewiefte Tiere. Die Indigenen erkennen Anacondas an einer bestimmten Schmetterlingsart, die den Geruch dieser Schlange lieben und den Aufenthalt dieses Tieres in der Umgebung verraten.

    Mittags fängt es auf einmal an wie aus Kübeln zu schütten an. Mein erster Regen im Regenwald und dann aber richtig. Nach einer Stunde hört der Regen ebenso schlagartig auf, wie er begonnen hatte.

    Am Nachmittag geht es anschließend zum Piranha angeln. Wir dürfen heute unser eigenes Abendessen fangen. Die gebratenen Piranhas landen anschließend auf dem Teller und schmecken übrigens hervorragend.

    Piranhas haben einen schlechteren Ruf, als sie in Wirklichkeit sind. Es gibt verschiedene Gattungen von Piranhas. Wenn wir in Deutschland von Piranhas sprechen, dann meinen wir die kleineren, fleischfressenden Biester. Selbst bei den Kaimanen kann man teilweise fehlende Zehen beobachten, da Piranhas von unten angreifen und zuschnappen. In der Regel ernähren sich die Piranhas aber von toten oder verletzen Tieren im Wasser und sind für das Gleichgewicht im Fluss sehr wichtig.

    Es gibt sogar vegetarische Piranhas, die viel Größer werden. In der Dschungellodge haben wir jeden Tag eine andere Fischart serviert bekommen und da gab es mehrere Arten von Piranhas auf der Speisekarte.

    Der nächste Tag beginnt frühmorgens um 05.00 Uhr mit einer Bootstour zum Sonnenaufgang. Nebel hat sich über den Fluss gelegt und erzeugt eine mystische Atmosphäre. Es sind die Geräusche des Dschungels, die mich am meisten faszinieren. Der eigentliche Sonnenaufgang war dabei eher unspektakulär.

    Unsere letzte Wanderung in den Dschungel war eine Enttäuschung. Der kompetente Guide vom Vortag ist heute mit den Österreichern unterwegs, die noch zwei Tage länger bleiben. Wir übrigen 10 Gäste reisen heute Nachmittag ab und wie in einer Karawane stampfen wir durch den Dschungel. Der heutige Guide scheint unmotiviert, viele in der Gruppe quatschen oder machen Witze. Da ist es kein Wunder, dass die Tiere uns bereits einen Kilometer vorher hören und sich zurück ziehen. Wer Tiere beobachten möchte, der sollte vielleicht einfach mal die Klappe halten.

    Unsere Ausbeute von einer 2,5 stündigen Wanderung war ein einziger Guapo-Affe.
    Außerdem haben wir „Copal“ kennengelernt. Die Rinde eines bestimmten Baumes wird angeritzt. Anschließend gibt dieser eine stark riechende, durchsichtige Flüssigkeit ab.

    Die durchsichtige Flüssigkeit trocknet ein und bildet eine weiße Kruste. Diese Kruste hat leuchtende, fluoriziernde Eigenschaften in der Nacht. Sie wird gesammelt und dient im Dunkeln als eine Art Laterne. Die Leuchtstärke ist stark genug, um den Boden im Fußbereich ausleuchten zu können.

    Mit dem Schnellboot werden wir am Nachmittag wieder zurück nach Leticia gefahren.

    Ein letztes Highlight erwartet uns bei Sonnenuntergang. Jeden Abend in der Dämmerung kommen tausende Papageien aus dem Dschungel in den zentralen Park geflogen und setzen sich für die Nacht in die Bäume. Riesige Scharren von Vögeln fliegen über uns und erzeugen einen ohrenbetäubenden Lärm. So etwas lässt sich nicht in ein Foto packen und ich werde eine Videosequenz über Instagram hochladen.

    https://www.instagram.com/reel/CgK-Shzlc5E/?igs…

    Morgen werde ich dann versuchen, ein Schiff nach Manaus zu bekommen.
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  • Day 14

    Amazonaskreuzfahrt „Fenix II“

    July 16, 2022 in Brazil ⋅ ⛅ 31 °C

    Die Nacht in Leticia war kurz.
    Eigentlich hatte ich geplant auszuschlafen, aber meine Zimmernachbarn obendrüber scheinen einen frühen Flug zu haben und taub sind Sie noch dazu.
    Der scheiß Wecker klingelt seit 4.30 Uhr munter vor sich hin und keiner bequemt sich da oben auf den Knopf zu drücken. Wenn ich einmal wach bin, dann wird es schwierig wieder in den Schlaf zu finden. Koffer werden da oben gepackt und als die endlich ausgecheckt haben, werden die Zimmernachbarn nebenan wach und fangen an zu packen.

    Also 06.30 Uhr aufstehen und leicht angefressen zum Frühstück. Manch ein schlechter Start in den Tag wird sich später als positive Fügung herausstellen.

    Heute muss ich es schaffen das Ticket für die Rückfahrt nach Manaus zu organisieren. Die wichtigsten Sätze bezüglich der Buchung einer Kabine nach Manaus habe ich in Spanisch und Portugiesisch aufgeschrieben und ich hoffe es klappt irgendwie am Hafen.

    Ich nehme mir vor dem Hotel ein Motortaxi (Tuktuk) und habe mit dem älteren Herren am Steuer viel Glück. Ich erkläre mein Vorhaben an den Hafen nach Tabatinga zu fahren, Ticket buchen und wieder zurück ins Hotel. Wir vereinbaren einen Stundenpreis und er bringt mich überall hin und wartet auf mich.

    Es gibt auch Arschlochtaxifahrer - der Drecksack bei der Ankunft am Flughafen Tabatinga hatte mich gepflegt übers Ihr gehauen. Für eine kurze Fahrt nach Leticia hatte er damals mehr verlangt, als dieser Mann in einer ganzen Stunde. Obendrauf hatte der damalige Fahrer keinen Plan, wie er die Anschrift meiner Dschungelagentur in Leticia finden soll und ist planlos in der Stadt herumgeirrt und musste mehrfach fragen. Ich bin damals einfach irgendwann ausgestiegen und habe Ihm sein überteuerten Preis in die Hände gedrückt. Zum streiten sollte man sich verständigen können und bei dieser Reise werde ich dabei immer den Kürzeren ziehen.

    Mit meinem heutigen Glücksfall-Taxifahrer erstmal zur Bank. Ich brauche eine größere Menge Cash, da die Überfahrt am Hafen bar gezahlt werden muss (Ticketpreis vier Tage/ 3 Nächte inkl. Verpflegung ca 220,- EUR). Gegen 09.30 Uhr kommen wir am Hafen in Tabatinga an. Die meisten Reisenden buchen die Überfahrt am offenen Deck mit Hängematte. Das wäre die günstigere Variante, aber die Decks sind mit Hängematten geflutet und hängen dicht an dicht. Es ist eng, gerne auch laut und außerdem habe ich als Alleinreisender ein Risiko, dass mein Gepäck am Schiffsdeck vollkommen unbeaufsichtigt wäre.

    Also war klar, dass ich mir eine kleine Kabine für die vier Tage nehmen werde. Gemäß den Bildern im Internet handelt es sich um metallene, kleine Löcher (sehen eher wie Gefängnisszellen aus) mit einfachem Bettgestellt, optimalerweise einer kleinen Klimaanlage und sehr einfachen Bad mit Amazonas-Biospühlung. Jeden Tag kommen andere Schiffe von unterschiedlichen Reedereien an und die Ausstattung, Kabinengröße und Preise können sich individuell unterscheiden. Es ist ein bisschen Glückssache, was man letztlich vorfindet.

    Mein Fahrerer unterstützt mich bei der Buchung. Das heutige Schiff legt bereits um 12.00 Uhr in Manaus ab. Wir sollen in einer Stunde reisefertig am Hafen stehen. Mein gesamtes Zeug ist noch im Hotelzimmer, also rapido - rapido.
    Mit dem Tuktuk zurück nach Leticia, schnell Sachen packen, auf dem Rückweg noch ein paar Lebensmittel einkaufen und wieder zurück zum Hafen. Mein Taxifahrer unterstützt mich sehr. Das Ticket muss an irgend einem Schalter abgestempelt werden. Anschließend muss man in ein Büro der Hafenpolizei. Dort werden Reisepass und Ticket geprüft und ein Foto für die Akten geschossen.

    Wir haben alles super hinbekommen - nicht zuletzt Dank meines kolumbianischen Tuktuk-Fahrers. Vielen Dank!
    Wäre ich heute Vormittag nicht so früh von den Nachbarn geweckt worden, wäre das zeitlich nicht möglich gewesen.

    An Bord der „Fenix II“ bekomme ich die Schlüssel für meine Kabine zugeteilt und kann es überhaupt nicht glauben. Wow - das ist ja eine Präsidentensuite :)
    Supergroß, schön eingerichtet und sogar Fernsehen und Bettzeug sind vorhanden. Jackpot! Das ist Luxus pur im Vergleich zu den Wohnklos aus dem Internet. Hier lässt es sich prima aushalten und ich fühle mich wie der größte Glückspilz in ganz Brasilien.

    Unser Schiff ist verhältnismäßig klein bis mittelgroß. Der vordere, untere Ladeteil ist mit einigen Autos, Motorrädern und Stückgut beladen. Es gibt insgesamt drei Decks und am Ende des Schiffes eine kleine Bordbar/ Bordkiosk. Das Bier ist saugünstig und die Musik im Kiosk schallt aus allen Rohren. Die arme Frau darinnen muss stark schwerhörig sein, um das den ganzen Tag zu ertragen. Jetzt verstehe ich auch die Menschen, die Ihren Wecker um 4.30 Uhr nicht hören können … *grins*

    Der Sonnenuntergang ist grandios und mit einem kühlen Bier in der Hand und dem Blick auf die vorbeiziehenden Landschaften des Amazonas könnte es gerade auf keinem Kreuzfahrtschiff der Welt schöner sein.

    Als ich abends in meine Kabine gehen möchte, kommt nochmal ein Angestellter vorbei und möchte mein Ticket sehen. Ich müsste leider die Kabine wechseln. Meine aktuelle Kabine ist für Familien reserviert und in der Nacht werden Passagiere für diese Kabine einsteigen.

    NEEEEIIINNN - die wollen mir meine Präsidentensuite wieder wegnehmen *heul*.
    Ich bekomme eine kleine Kabine nebenan zugeteilt. Diese ist, wir vorab erwartet, spartanisch. Doppelstockbett, kein Bettzeug und das Badezimmer müffelt vor sich hin. Ich werde die sanitären Anlagen auf dem Hauptdeck nutzen und meine Badezimmertür bleibt für den Rest der Reise geschlossen.
    Eine Klimaanlage ist vorhanden, nur die Fernbedienung hierzu fehlt. Jetzt bin ich wieder auf dem Boden der brasilianischen Tatsachen angekommen. Trotzdem ist diese kleine Kabine noch besser, als die Bilder aus dem Internet. Also sollte ich mich nicht beschweren.

    Das Schiff bahnt sich auch während der Nacht den Weg über den Amazonas. Es ist stockdunkel und alle 30 Sekunden leuchtet ein riesiger Suchscheinwerfer das Wasser vor uns ab. Es gibt hier viel Treibgut auf dem Amazonas. Das Schiff sollte bestenfalls in keinen herumtreibenden Baum knallen. Aber die Jungs gleich nebenan auf dem Kommandostand werden das schon machen. Ich kann die Funksprüche aus dem Kommandoraum hören. Ohrenstöpsel rein und meine erste Nacht an Bord schlafe ich erstaunlich gut.

    Den Wecker klingelt um fünf Uhr. In der Lodge ging es um diese Uhrzeit immer zur Sonnenaufgangstour. Es ist noch stockdunkel und das Schiff steuert die Ortschaft „Amatura Filomeno Felix“ an. Beim Näherkommen hören wir auf einmal Feuerwerk, die Ortschaft ist geschmückt und viele Menschen stehen frühmorgens, feiernd auf der Straße. Die Leute starten Feuerwerkskörper aus langen Rohren in den Nachthimmel. Als die Sonne um 06.00 Uhr aufgeht, fangen die Glocken der kleinen Kirche an zu spielen. Die Menschen ziehen in einer Art Parade die Straße hinunter und verschwinden auf die andere Seite des Städtchens. Ich hätte gerne gewusst, wer oder was hier gefeiert wird. Mein Geburtstag ist erst im Oktober - also ich bin’s schonmal nicht ;)

    Unser Schiff hält gefühlt 2-3x täglich in einem neuen kleinen Hafen und Waren und Menschen steigen ein und aus. Wenn der Kapitän in den Hafen einfährt, hupt das Schiffshorn drei Mal laut.
    Ansonsten gibt es auf dem Schiff einen festen Rythmus. Frühstück gegen 06.00 Uhr, Mittag gegen 11.00 Uhr und Abendessen ist für 17.00 Uhr veranschlagt. In meine Präsidentensuite sind gestern Nacht drei Frauen eingezogen - sehr nette Leute und die drei können (fast) nichts dafür, dass mir mein Luxus geraubt wurde ;) Die Kabinengäste dürfen immer schon vor den anderen Gästen zu den Mahlzeiten und haben das frische Buffet für sich alleine. Fühlt sich gegenüber den vielen anderen Passagieren irgendwie nicht fair an.

    Den zweiten Tag der Schiffsreise verbringe ich träge im Bett. Die Toilette ist mein neuer bester Freund geworden. Keine Ahnung, ob es der Kaffee oder der Salat war. Ich habe mir mal wieder etwas eingefangen und bin sehr froh über mein eigenes Badezimmer. Ich habe mein Buch „Der letzte Herr des Waldes“ über das indigene Volk im Südamazonas zu Ende gelesen. Ein sehr bewegendes Buch und klarer Kauftipp für interessierte Leser.

    Ansonsten genieße ich die Fahrt auf dem Amazonas sehr. Ich kann die Nächte an Bord, mit meinen Ohrstöpseln, hervorragend schlafen und fühle mich am nächsten Morgen ausgeruht. Die 4tägige Schiffsreise wird zu meinen Highlights in Brasilien zählen. Ganz besondere Momente auf dem Schiff sind der tägliche Sonnenauf- und Sonnenuntergang. Die Natur holt seine gesamte Farbpalette heraus und malt den Himmel in die schönsten Farben.
    Nachts leuchtet über uns einen strahlender Nachthimmel. Manchmal kann man am Horizont Wetterleuchten von entfernten Gewittern beobachten. Der Himmel wird immer wieder kurz von Blitzen durchzogen. Am Amazonas gibt es keine Lichtverschmutzung und der Nachthimmel über uns ist mit leuchtenden Sternen geradezu gepflastert.

    Zum Schluss noch eine kurze Information für angehende Schlaumeier: genau genommen fahre ich gerade überhaupt nicht auf dem Amazonas, sondern auf dem Rio Solimões.

    Der Amazonas heißt von der Quelle in den Anden, bis zur peruanischen Staatsgrenze „Amazonas“. Ab der Grenze zu Brasilien (Tabatinga/ Leticia) bis zur Mündung des Rio Negro bei Manaus ändert sich der Name in Rio Solimões. Von Manaus bis zur Atlantik-Mündung in Belem heißt der Fluss dann wieder Amazonas. Mit solch einem Geheimwissen kann man die 1.000.000-Frage bei Günther Jauch locker abrocken 😜
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