Australia
Mont Albert

Discover travel destinations of travelers writing a travel journal on FindPenguins.
Travelers at this place
    • Day 92

      Tränenreiche Landung

      May 3, 2019 in Australia ⋅ ⛅ 17 °C

      (Achtung: dieser Beitrag behandelt einen Abschnitt des weiblichen Zyklus in einer schonungslos offenen Weise, wer das nicht erträgt lese bitte nicht weiter.)

      Wie seht ihr üblicherweise aus, wenn ihr gerade etwas erreicht habt, dass ihr euch schon lange vorgenommen habt? Etwas, dass euch einige Mühe und Anstrengung gekostet hat? Zufrieden, lächelnd, erleichtert?
      Nun, ich habe geheult wie ein Schlosshund.

      Es fing pünktlich mit dem Landeanflug auf Melbourne an. Der Flug war mega anstrengend, ich hatte seit mehr als 24 Stunden nicht geschlafen, mir war permanent leicht übel. Ich habe die Augen geschlossen und mir liefen die Tränen die Wangen herunter. Ich wollte nicht, dass mein Sitznachbar mich sieht, aber der hat eh fast durchgängig gepennt.
      Mir ging in diesem Moment einfach so viel durch den Kopf: dass es schon so lange mein Wunsch war, hierher zu reisen. Dass ich in meiner Vorstellung aber nicht alleine war. Dass ich mir diesen Traum nicht stehlen lassen wollte und trotzdem das Gefühl habe, dass es doch geschehen ist, weil der Ex vor mir hier war - ohne mich, dafür mit einer anderen. Die Erinnerung daran, als Kathi mich letztes Jahr in der Klinik besucht und von ihren Auswanderungsplänen erzählt hat. Damals habe ich ihr gesagt, dass ich kommen würde. Und nun, gut ein Jahr später, war ich da. Ich hatte es tatsächlich wahr gemacht. Alleine. All das wirbelte in diesem Moment in meinem Kopf herum. Nach der Landung habe ich mich erstmal auf dem Klo eingeschlossen und geweint.

      Natürlich hat man mir das angesehen und bei der Passkontrolle blickte ich in besorgte Beamtengesichter, die auch sofort wissen wollten, was denn los sei und ob man mir helfen könne. Daraufhin habe ich noch mehr Tränen verdrückt, den netten Herren aber gesagt, dass es sich um eine private Angelegenheit handele und ich das nicht sagen möchte. Das wiederum und die Tatsache, dass ich aus Afrika einreiste, einem auch am anderen Ende der Welt per se erstmal als suspekt eingestuftem Kontinent, führte wohl dazu, dass man mich und mein Gepäck dann doch näher unter die Lupe nahm.

      Die nette Zollbeamtin streifte sich die blauen Gummihandschuhe über ( nein, nicht was ihr jetzt denkt! Keine Ganzkörperdurchsuchung! Aber wie nackig gemacht fühlt man sich danach trotzdem) und begann mit feinster Akribie mein gesamtes Gepäck vor sich auf dem Tisch auszubreiten. Nicht ohne sich vorher versichert zu haben, ob sie sich beim Öffnen meines Koffers verletzen würde. Durch scharfe Messer oder so zum Beispiel. Meine Nagelschere und das Nähset stufte sie wohl als kalkulierbares Risiko ein.
      Mein Handy musste ich abgeben und es wurde auf scamming überprüft.

      Sie wühlte sich also zunächst durch mein Handgepäck und förderte neben dem üblichen Kram wie Schlafmaske, Ohropax, Pass und Handcreme meine getragene und blutige Unterhose hervor und sah mich fragend an. Spätestens jetzt war ich hoch verdächtig! Ich habe ihr dann erklärt, dass ich meine Periode habe und zwar so stark, dass mir im Flieger der Tampon übergelaufen ist und ich eine Weile gebraucht habe, das zu bemerken. Ich meine, ich persönlich war ja nur froh, dass ich klugerweise einen Ersatzschlüppi eingepackt hatte!

      Und dann begann die Befragung: wo und wie lange ich in Afrika gewesen sei? Warum Afrika? Mit wem? Ob ich mich mit Leuten getroffen hätte, die ich nicht kenne, z.B. in einem Hotel? Ob ich meine Tasche allein gepackt habe, wann ich mein Ticket gebucht habe, und wann das nach Johannesburg. Ob mir jemand etwas mitgegeben habe. Wo ich wohnen würde und woher ich meine Freundin kenne. Mit welchem Visum sie hier ist und warum. Ach, und warum ich jetzt überhaupt ausgerechnet nach Australien wolle. Und bei dieser Frage musste ich wieder anfangen zu weinen und stand schluchzend vor der Frau und habe ihr zusätzlich zu meinem Gepäck noch meine Trennungsgeschichte auf ihrem Tisch ausgebreitet.

      Ich weiss nicht, ob sie irgendwann Mitleid verspürt hat oder vielleicht auch nur peinlich berührt war - jedenfalls hat sie meinen Koffer nicht bis zum bitteren Ende ausgepackt, sondern beschlossen, man könne mich gehen lassen. Es gibt nun am Flughafen von Melbourne eine unbekannte Zollbeamtin, die innerhalb einer halben Stunde quasi meine gesamten körperlichen und seelischen Vorgänge auf ihrem Tisch liegen hatte. Ich hoffe, ich werde sie nie wiedersehen.

      Und keine Sorge, nach 14 Stunden Schlaf geht es mir wieder besser und ich kann über das erlebte schmunzeln und eine lustige Story schreiben.
      Read more

    You might also know this place by the following names:

    Mont Albert

    Join us:

    FindPenguins for iOSFindPenguins for Android