• Etappe 8 – Spaziergang und Badegumpen

    17 Agustus, Perancis ⋅ ⛅ 17 °C

    5:58 Uhr: Ich starte bei ziemlicher Dunkelheit in den ziemlich steilen Abstieg. Zuerst fühle ich mich echt unsicher, aber dann wird es besser, sowohl vom Weg als auch von meiner Koordination.

    6:18 Uhr. Ich mache die Stirnlampe aus, packe meine Windweste ein und kremple die Ärmel hoch. Die Windweste habe ich das erste Mal benutzt. Gestern Abend auch das erste Mal die Daunenjacke.

    6:37 Uhr: Ich habe das schwerste Stück geschafft und die Hütte am Fuße des Hanges erreicht.
    Wer will keinen den Abstieg auch ohne Wasser machen und hier unten dann eine kleine Pause an einem der Bäche machen, um sich frisches Wasser zu filtern.

    7:57 Uhr. Ich habe circa 1,3 km hinter mir und den schwersten Teil des Abstieges. Mir wird es auch ordentlich warm. Der Vorteil am Hemd ist, dass man es komplett aufknöpfen kann, da mein Outfit sowieso zum Schreien ist, spielt es auch keine Rolle, wenn ich mit halb nackten Oberkörper herumlaufe, finde ich.

    Das Rauschen der Bäche ist hier der vorherrschende Klang. Ab und zu noch etwas Vogelgezwitscher – ansonsten totale Stille. Einfach herrlich.

    7:32 Uhr. Ich passiere eine weitere kleine Hütte mit eigener Quelle und Dusche und habe noch circa 200 m Abstieg vor mir, die aber eigentlich recht angenehm werden sollten.

    7:39 Uhr: Mittlerweile laufe ich durch einen lockeren Kiefernwald. Ich sollte bald mal eine Pause einlegen, habe ich mir gerade überlegt. Irgendwie bin ich voll im Tunnel und laufe so vor mir hin.
    Ich bin gespannt, wen ich heute Abend noch antreffe. Viele gehen aufgrund einer schlechten Wettervorhersage für übermorgen (!) die alpine Variante über de L‘Onda, direkt nach Vizzavona. Harald macht einen Rest-Day, weil er so Probleme mit einer Wunde an der Ferse hat.

    7:53 Uhr. Jetzt mache ich eine Pause, um meine Füße zu erfrischen.

    Bis zur nächsten Bergerie sollen es nur noch 45 Minuten sein, laut Schild. Das ist auch gleichzeitig der tiefste Punkt und danach kommen nur noch circa 400 m Anstieg. Vor allem aber gibt es dort eine Auswahl an leckeren Dingen zu essen und wenn ich mich richtig erinnere, auch einen guten Kaffee.
    Die Leute, die heute die alpine Variante nehmen und dann direkt weiter nach Vizzavona laufen, sollten sich extrem beeilen, damit sie nicht in ein Unwetter geraten, denn auch über den Kamm sind es circa 4 Stunden plus noch einmal 5 Stunden, dann in den Ort.
    Das Wetter ändert sich hier sehr schnell, weshalb ich nicht so viel auf den Wetterbericht für morgen gebe und in der Regel ist es ja bis 14:00 Uhr stabil und das sollte ich locker schaffen.
    Außerdem verpassen die Leute, die die alpine Variante gehen, die leckere Bergerie und vor allem die hervorragende Lasagne in de L'Onda.

    8:07 Uhr: Wenn man nicht läuft, wird es doch schnell sehr kalt. Ich habe auch sofort mein Hemd wieder zugeknöpft, aber jetzt breche ich auf in Richtung zweites Frühstück.

    Größtenteils bin ich, während ich gehe, wirklich sehr fokussiert auf meine Schritte, insbesondere dieses Jahr, damit ich nicht umknicke. Im Hintergrund hüpft mein Gehirn oder Gedächtnis lustig von einem Thema zum nächsten und macht eigentlich, was es will.

    Sicherlich könnte ich auch sehr gut lange Podcasts hören oder Hörbücher oder einfach nur Musik. Aber ich glaube, es ist auch sehr gesund, einmal nichts dergleichen zu tun und einfach dem Gehirn Freiheit oder Freizeit zu geben. Das ist zumindest meine Überzeugung und ich weiß, dass es vielen Leuten nicht leichtfällt.
    Alle Motivation muss so aus einem selbst kommen, aber gerade das ist für mich auch eine interessante Challenge.

    Ich finde es auch interessant, einfach mal zu gucken, was so an Stimmungen hochkommt, und ich glaube, wenn man Musik hört, würde man damit die Stimmung sehr stark beeinflussen – was natürlich auch gewünscht sein kann, aber ich verfolge den gegensätzlichen Ansatz.

    Wirklich strukturierte Gedanken habe ich mir bisher beim Gehen nur einmal gemacht. Das war der Abstieg von der Morihütte, wo ich mir circa 2 Stunden lang Gedanken gemacht habe, ob mein Wetterbericht eventuell etwas wäre, was ich als Produkt entwickeln könnte. Ansonsten habe ich mehr beobachtet/wahrgenommen, was in meinem Kopf so vorgeht.

    Ich bin immer wieder beeindruckt, wie ramponiert die Füße von einigen aussehen und zwar gar nicht so wenigen. Meine Füße sind quasi jungfräulich, ich kann keinerlei Blessuren erkennen, auch nicht an den Zehen oder an der Ferse.

    Ich glaube, dass Merino-Kompressionssocken ein wesentlicher Faktor sind. Die Merinowolle leistet ein gutes Feuchtigkeitsmanagement, und dadurch, dass die Kompressionssocken so eng sitzen, kann keine Reibung zwischen Sockel und Fuß entstehen.

    8:55 Uhr: Ich stärke mich mit einem Crêpe beim Kaffee und einer Quiche. Vor mir liegen noch 3,7 km und 445 m Anstieg. Ich denke, dass ich das in 2 Stunden schaffen sollte.

    Ich bin auch ganz froh, wenn ich das schaffe, bevor der Regen und das Gewitter beginnen. Gerade habe ich von der Barometer-App eine Warnung bekommen, dass der Luftdruck stark gefallen sei. Eigentlich sollen die App-Höhen bereinigt funktionieren. Es könnte also ein Anzeichen dafür sein, dass ich eine Unwetterfront nähert.

    9:09 Uhr: Und weiter geht's. Ich bin doch etwas beunruhigt, ob des Wetters was da eventuell kommt. Außerdem kann so eine frühere Einkehr auch entspannt sein. Ich habe ja genug zu lesen etc. dabei.

    9:21 Uhr. Ich überquere die Brücke unter der ein riesiger Badegumpen liegt, entscheide ich mich aber nicht zu baden oder die Füße abzukühlen, weil ich ja gerade erst eine Pause gemacht habe.

    10:07 Uhr: Ich mache noch mal eine „Venen-Trainingpause“ an einem kalten Bach.

    10:23 Uhr: weiter geht's!

    Bis zu meinem heutigen Ziel sind es noch 185 Höhenmeter und circa 1,2 km.
    Ich fürchte, dass ich heute wirklich etwas früh ankomme.
    Jetzt, am Bach, sind es knapp 19°. Heute Nacht waren es 13°. Hab ich gerade gesehen. Ich hatte auch den Schlafsack dabei.
    Hier wachsen überall ganz niedliche Alpenveilchen – zumindest sehen die Blüten so ähnlich aus.

    10:57 Uhr: Angekommen. Man darf hier sein Zelt selbst aussuchen!

    Sehr schön, hatte gerade einen Plausch mit Stefanie aus North Carolina. Sie fragte mich, wo denn die Toiletten seien, sie hätte nur die Duschen gefunden. Ich habe sie dann aufgeklärt, dass es hier nur die französischen Toiletten zum hocken gibt (die ich ja sehr hygienisch finde). Sind zu fünft unterwegs mit einer sehr langsam Person und wollen auch noch weiter nach Vizzavona.

    Diese Zeilen habe ich in einem neuen Unterstand geschrieben. Jetzt gehe ich duschen, dann essen und danach ein schönes Schläfchen. So der Plan.

    „See you on the other side“ – wünscht eben diese Stefanie gerade anderen Wanderen, die jetzt in den Pass steigen.

    14:30 Uhr: Die anderen Deutschen kommen gerade an. Zeitgleich beginnt es ganz leicht zu nieselt und erstes Donnergrollen ist in der Ferne zu hören.

    16:10 Uhr: Jetzt geht’s hier ab. Ein Donner war gerade wie ein Kanonenschuss. Völlig unvermittelt. Blitze habe ich nicht wahrgenommen. Aber ich musste das Zelt auch wegen des Platzregens komplett schließen.

    17:00 Uhr: Der Spuk ist vorerst vorbei. Im Zelt war es ganz gemütlich. Die Wiese steht etwas unter Wasser und hier im kleinen Essensraum ist eine lustig gelöste Stimmung.
    Ich habe mir wieder einen halben Liter Rotwein gekauft – das hat ja gestern auch gut funktioniert. Viele Franzosen spielen irgendwelche Kartenspiele.

    18:00 Uhr: Das Essen ist sehr lecker, der Raum drinnen ziemlich begrenzt. Und eine französische „Reisegruppe“ verhält sich etwas egoistisch. Naja. Es gibt nicht nur „Amerika First“. Aber es ist ein schöner Abend.

    10,3km in 5:05h. 2km/h. 452m Auf- und 897m Abstieg.
    Baca selengkapnya