Satellite
Show on map
  • Day 119

    San Juan Chamula

    April 26, 2023 in Mexico ⋅ ☁️ 22 °C

    Am Mittwochvormittag des 26. April entschied ich mich nach der Probefahrt mit Ivan, die erneut nicht aufschlussreich war, den Isuzu am Nachmittag weiter zu testen. Ich verband dies gerade mit der Besichtigung des Ortes Chamula, der sich 10km entfernt von San Cristóbal befindet.

    Auf dem Weg dorthin zeigte sich der Isuzu unauffällig und irgendwie tat es gut, nach so vielen Tagen in der Stadt, mal wieder rauszukommen. Es ging noch etwas höher, nämlich auf 2250m über dem Meeresspiegel. An der Straße taten sich Obst-und Gemüsestände mit einem überdimensionalen Angebot auf.
    Ich hielt erstmal an und kaufte den Einheimischen etwas ab. In Chamula selbst findet man ebenfalls viele
    Frutas y Verduras. Einmal kam ich sogar an einem Laden vorbei, in dem im einen Teil der Tienda Früchte und Gemüse und im Anderen Schuhe verkauft wurden. Eine interessante Kombination. Überhaupt ist Chamula voller Geschäfte und seit einigen Jahren werden hier auch Waren angeboten, die speziell für Touristen gefertigt werden, wie z.B. Decken, Kleider, Taschen etc., recht identisch wie auf dem Mercado Artesanías in San Cristóbal.

    Ich streifte durch die Stadt an den vielen Läden vorbei, doch das war nicht das, was mich an diesem Ort in den Bann zog. Es war die lokale Bevölkerung, ihre Traditionen, sowie der Schamanismus, der in der Iglesia de San Juan betrieben wird.

    Der Ort Chamula hat etwa 3300 Einwohner, die ausschließlich indigen sind und in erster Linie von der eigenen Landwirtschaft leben. Die Einwohner von Chamula gehören dem Volk der Tzotzil an, das sind die Ureinwohner und Nachfahren der Maya. Fast alle sprechen die indigene Tzotzil-Sprache und sehr viele, nämlich etwa 60% sprechen kein Spanisch. Von allen Kindern in Chamula zwischen
    3 und 9 Jahren sprechen fast 100 % ihre indigene Sprache und 90% kein Spanisch. Die Tzotzil von Chamula sind bekannt dafür, ihre traditionelle Kultur und Religion strikt gegen äußere Einflüsse zu verteidigen. Ihr Glaube beinhaltet sowohl die Anbetung christlicher Heiliger als auch traditionelle Rituale bei denen z. B. Krankheiten geheilt werden sollen.
    So beschwört ein Schamane oder eine Schamanin durch Rülpsen schädliche Geister (Dämonen), die z.B. einen Kranken befallen haben. Die Beschwörung findet in ein lebendes Huhn statt, das anschließend getötet wird. Diese Zeremonien werden täglich in der katholischen Kirche ausgeführt. Dabei wird traditionell ein selbstgebrannter Zuckerrohr-Schnaps namens Posch getrunken. Mittlerweile werden auch kohlensäurehaltige Getränke wie Coca-Cola, Sprite und Fanta bei diesen Zeremonien eingesetzt, die dem Schamanen das Rülpsen erleichtern sollen.

    Die Kirche ist eine der wenigen noch erhaltenen Beispiele für die traditionellen Kirchenräume der indigenen Bevölkerung. Es gibt keine Kirchenbänke, der Boden ist mit Kiefernnadeln bedeckt, welches man im Dorfzentrum käuflich erwerben kann. Für den Eintritt in die besondere Kirche darf der Tourist 30 Pesos berappen und er hat striktes Fotografierverbot. Interessant fand ich auch Hunderte brennender Kerzen, natürlich nebst den Beschwörungen, Grüppchenbildungen am Boden, Federvieh und Rülpsgetränken in Plastikflaschen. Es war mal wieder eine von vielen einzigartigen Erfahrungen, die ich in Mexiko machen durfte und noch immer mache. Was für ein Glück.

    Eine spannende Andersartigkeit tat sich mir in Chamula auf. Die Bewohner tragen noch immer täglich ihre traditionelle Kleidung. Bei den Frauen und Mädchen sind es vor allem die Röcke aus schwarzer Schafwolle, die ins Auge stechen. Die Männer tragen ihre Sombreros aufrichtig und voller Stolz.

    Die 1994 von der Guerillabewegung EZLN (Zapatistische Armee der Nationalem Befreiung) eingeleitete indigene Revolution nahm in Chamula ihren Anfang. Seitdem wird die Gemeinde autonom verwaltet.

    Ich verbrachte einen äußerst interessanten und lehrreichen Nachmittag im Chamula und möchte ihn nicht missen. Auf dem Rückweg zur Mototec Garage lief der Isuzu immernoch tadellos. Ich entschied mich deshalb, am nächsten Tag aus der Region San Cristóbal abzureisen. Mal schauen, ob es wirklich möglich war.
    Read more