Ich glaub das sind liebe Cottbus-Fans.#1
19 Mayıs, Almanya ⋅ ☁️ 20 °C
Ein Erlebnis, welches sich mit nichts vergleichen lässt. Für meinen Klub sind wir mit dem Flieger bis nach Berlin geflogen, um das finale Ligaspiel der Saison 2023/2024 live mitzuerleben. Austragungsort dieses denkwürdigen Spiels ist der Friedrich-Ludwig-Jahn Sportpark in Berlin Prenzlauer Berg. Der Anpfiff ist auf 1300 angesetzt und es wurden mehr als 9000 Cottbuser in der Bundeshauptstadt. Wie sich später herausstellen sollte, waren das die meisten Auswärtsfahrer in ganz Deutschland an diesem Spieltag.
Aber zurück zum Anfang.
Unser Hotel, welches direkt am Alexanderplatz liegt, verlassen wir gegen 0930 um noch genug Zeit zu haben um uns etwas zum Frühstücken holen zu können und stressfrei zum Treffpunkt am Humboldthain nähe Gesundbrunnen zu gelangen. Beim Kaffeeholen direkt der erste Moment, an dem es, zumindest für mich brenzlig wurde. Da unsere guten Freunde und Erben Erich Mielkes, der BFC Dynamo, zur gleichen Zeit im heimischen Sportforum, nur wenige Kilometer von uns entfernt spielen, darf man davon ausgehen, dass zumindest eine von beiden Parteien körperliche Nähe sucht. Nachdem die Anhänger des Stasiklubs bereits vor dem direkten Duell am 04.05 gedroht hatten, die Fangemeinde des FC Energie auszulöschen, dies jedoch gelinde gesagt verfehlt haben, versicherten sie allen, dass sie ihr Vorhaben nach bestem Wissen und Gewissen weiterverfolgen werden. Genau diese Sympathieträger teilen ihre Zuneigung zu diesem Verein durch das Tragen weinroter Kleidung mit allen um sie herum. Brenzlig wurde es dann, als ich im Café zu meiner linken schaue und jemanden sehe, der sowohl vom Kleidungsstil her als auch vom Haarschnitt perfekt zu diesem Klischee passt. Wahrscheinlich war ich etwas übervorsichtig in diesem Moment, aber ich hatte wirklich Bedenken, dass dies für uns später zum Problem werden könnte.
Nachdem ein paar Stücke Metall gegen einen Pappbecher voll dunklem, aufgebrühtem Wasser getauscht wurden, gings auf die Suche nach etwas essbarem, was sich gegen weitere Exemplare dieser sogenannten Münzen tauschen lies. Der Bahnhof Alexanderplatz war unsere erste und einzige Möglichkeit in der näheren Umgebung, da der Sonntag, wie Gott bereits gepredigt hat, der Ruhetag ist. Die Duftkulisse, die jeden Besucher begrüsst ist wirklich erschreckend. Ein Schweinestall kann in diesem Kontext mit einem beliebigen Parfumfachgeschäft verglichen werden. Nun habe ich aber mein Frühstück gefunden und wir gehen glücklich, mit zwei Käsebrezen bewaffnet zur U-Bahn und auf Richtung Berlin Gesundbrunnen. Dort ausgestiegen waren die ersten Gleichgesinnten nur einen halben Katzensprung entfernt. Die Omnipräsenz der Bullerei deutete an, mit welcher Seriosität dieses Fussballspiel durch Freund und Helfer begleitet wurde. Der angrenzende Humboldthain war bereits eingenommen und besetzt von bestimmt 1'500 bis 2'000 Cottbus Fans. Auch hier konnte wieder schön beobachtet werden, wie der Mensch durch den Einfluss von etwas Alkohol, Euphorie und Gruppenzwang zu seinen ursprünglichsten Trieben zurückkehren kann. In der Menschenmenge erkannte ich zu meiner Freude Ulf von Energie FM, mit dem ich seit längerer Zeit ein Treffen vereinbaren wollte. Meinen geschätzten Fankollegen aus der Zürich-Episode konnte ich im Getümmel leider nicht erspähen. Gemeinsam mit Ulf, Ulf-Junior, Ulfs Herzdame, Thorsten, Palomina und mir bewegte sich der rot-weisse Zug langsam, aber sicher in Richtung Prenzlauer Berg und dem Friedrich-Ludwig-Jahn Sportpark. Die Anwohner der Strassen, durch die Fanmarsch führte standen gefesselt an ihren Fenstern, zückten ihren Weltenempfänger und filmten dieses sporthistorische Ereignis, weil sie solch ein Fanaufkommen von den dort ansässigen Fussballvereinen wohl nicht kennen. Dieses Schauspiel erinnerte an einen Bus voll Touristen, die zum allerersten Mal eine Safari durch den Krüger Nationalpark unternahmen und wilde Tiere erblickten, die sie sonst nur aus Naturdokus von N24 kennen.
Kurz vor dem Ziel, mit etwa zweieinhalb Stunden Zeit bis zum Anpfiff wurde der Schlachtplan geschmiedet. Der eine Teil der Gruppe wollte sich vor dem Spiel eine Stärkung einverleiben. Palomina und ich hatten jedoch bereits vorgesorgt. Abgesehen davon, liess die ungeheuer grosse Aufregung meinerseits keinen weiteren Bissen Festnahrung zu. Da hilft nur eins, flüssig Brot. Am Sonntag und zu später Stund ist der Späti der beste Freund eines Menschen, so auch hier. Ausgestattet mit zwei Flaschen des Weihwassers aller Fussallfans konnte ich wieder zur Gruppe aufschliessen und wurde bei meiner Ankunft in Kenntnis gesetzt, dass ich soeben Alex Knappe verpasst habe. Bloody hell.
Als nun die gesamte Gruppe wohl genährt und hydriert war, galt es nur noch eine Hürde zu meistern. Der Rucksack. Trotz alledem, dass ich am vorhergehenden Freitag sowohl bei der Geschäftsstelle der Hertha als auch beim glorreichen DFB telefonisch um Rat gebeten habe, ob eine analoge Kamera legal ins Stadion eingeführt werden kann, entschieden wir uns dafür, den Rucksack abzugeben. Nachdem die Erfahrung beim Letzigrund tiefe Narben hinterliess, konsultierten wir den Restaurantbesitzer, ob er nicht auf unser Gepäckstück Acht geben könnte, bis wir freudetrunken nach dem Spiel zurückkehren würden. Und, er sagte JA! Guter Mann. Zudem war die Toilette ebendieses Restaurants mit für die Region untypischen Stickern dekoriert. Sowohl Anhänger des EHC Kloten, der ZSC Lions aber auch des FC Aarau haben hier bereits ihre Notdurft verrichtet.
Etwa 30 Minuten vor Anpfiff reihten wir uns also in die Warteschlange vor dem altehrwürdigen DDR-Bau ein und hofften, noch pünktlich unsere Plätze zu einnehmen zu können. Nach einigen pädagogisch wertvollen Durchsagen des Stadionsprechers, der alle Anwesenden zu Besonnenheit und Ruhe aufrief, ging es dann auch zur Sicherheitskontrolle. Endlich waren wir da. Mein erster Blick auf das gut gefüllte Stadion schenkte mir sofort feuchte Augen. Ein Anblick wie ich ihn bisher nur wenige Male in meinem Leben erlebt habe.
Das Spiel und alles Weitere gibt’s in Teil 2 und 3.
Hebednech Sorg. Uf e spannende u faire Match.Okumaya devam et