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- May 19, 2024
- ☁️ 20 °C
- Altitude: 51 m
- GermanyBerlinGesundbrunnenFriedrich-Ludwig-Jahn-Stadion52°32’36” N 13°24’17” E
Ich glaub das sind liebe Cottbus Fans.#2
May 19 in Germany ⋅ ☁️ 20 °C
Eine Atmosphäre, eine knisternde Spannung, eine Vorfreude und eine Anspannung wie an diesem Tage habe ich selten erlebt. Das Stadion war, für seinen aktuellen Zustand und die damit einhergehende Maximalkapazität, ausverkauft. Mehr als 9'000 Cottbuser begleiteten uns und die Mannschaft mit in die Bundeshauptstadt an der Spree. Von unserer Ankunft auf den Plätzen im Block N bis zum Anpfiff vergingen weniger als fünf Minuten. Ulf zeigte schon vor dem Spiel im Restaurant, dass er ein weiser Mann ist und prophezeite «zeig mir die ersten fünf Minuten und ich sag Dir, ob die das gewinnen oder nicht».
Energie spielte, nach der Sperre von Sturmtank Timmy Thiele, der im Block mit für Stimmung sorgte, mit einer eher unerwarteten Startelf. Maxim Pronichev stellte die falsche Neun, Tim Heike agierte auf rechts und Maximilian Krauß wirbelte auf links. Das Mittelfeld bestand aus Joshua Putze, Jonas Hofmann und Tobias Hasse. Defensiv für Ordnung sorgten Dennis Slamar, Tim Campulka, Jonas Hildebrandt und Nico Bretschneider. Im Tor, wie meistens in dieser Saison, Elias Bethke.
Von Beginn weg zeigte Energie eine konzentrierte und überlegte Leistung mit dem Wissen, dass ein 0:0 zum sicheren Aufstieg genügen wird. Bald konnte sich die Mannschaft von Tobias Röder, der den gesperrten Pele Wollitz vertrat, auch erste Torchancen erspielen, zeigte jedoch defensiv immer wieder klitzekleine Fehler. Nach etwa 7 Minuten hatte Energie das erste Mal richtig Glück, als Maximilian Pronichev eine Flanke von Abdullatif im Sechzehner mit der Hand abwehrte. Gäbe es in der Regionalliga den VAR, hätte der Unparteiische sicherlich ein Zeichen aus dem Kölner Keller erhalten und seine berühmte Handbewegung performt. In diesem Fall belassen wir es bei Glück und ausgleichender Gerechtigkeit für so manche Fehlentscheidung zu Ungunsten von Energie in dieser und den vergangenen Saisons.
Weitere 7 Minuten später brachte Jonas Hofmann mit der Rückennummer 6 einen seiner gefürchteten Eckbälle von der linken Seite in den Strafraum. Wieder ist es Pronichev der im Mittelpunkt steht und die Kugel per Kopfball an die Latte befördert. Den Abpraller kann Joshua Putze in Manier eines Strafraumstürmers zum 1:0 verwerten. Das ganze Stadion – viele Herthaner waren ja nicht da – explodierte in einer Art, die ich so noch nicht erlebt habe. Ekstase pur, ein Jubelschrei, den man bis Bern Bethlehem gehört hätte, Gänsehaut und Glückgefühle durch und durch. Auswärtssieg, Auswärtssieg, Auswärtssieg skandierte die Gegentribüne.
Der Start war also mehr als geglückt. Ab dann habe ich nur noch gehofft, dass die Jungs das Spiel so weiter gestalten, offensiv präsent sind und auf das 2:0 gehen. Ein paar Zeigerumdrehungen später lief Maxi Krauß nach tollem Aussenristpass von Pronichev alleine auf Hertha-Keeper Kwasigroch zu und scheiterte an selbigem. Dennoch, dass Publikum spürte dass die Mannschaft mehr will und mehr erreichen wird. Die Stimmung und die Lautstärke, die von Publikum ausgingen, waren definitiv mehr als Regionalliga und auch mehr als 3. Liga. Ganz grosses Kino.
Energie zeigte weiterhin tollen Fussball mit schönen Kombinationen, direkten Pässen über kurz und lang und engte die Hertha-Bubis immer mehr in die eigene Hälfte. In der 24. Minute baute Cottbus das Spiel von hinten auf als Jonas Hildebrandt im Stile von Toni Kroos einen langen Ball auf die rechte Seite zu Jonas Hofmann spielte, der in den Strafraum eindrang und halbhoch auf Maximilian Pronichev spielte, der den Ball zum hochverdienten 2:0 einschob. Ein weiteres Mal grenzenloser Jubel, Erleichterung, Stolz und Freude wie man es sonst ganz selten spürt. Ausser vielleicht beim 1:0. Nach diesen beiden Jubelschreien war meine Stimme stark angeschlagen, was für mich jedoch ein Zeichen von gutem Support war. Nun war allen bewusst, dass Energie sich das Ding heute nicht mehr nehmen liess. Bis zur Halbzeit hatte Energie weitere gute Möglichkeiten zu erhöhen, liess diese aber ungenutzt. Hertha hingegen blieb durch vereinzelte Konter gefährlich, hatte jedoch im Abschluss zu wenig Durchschlagskraft.
Pause.
Erst einmal durchatmen. Palomina bot sich an, in der Halbzeit Bier und Wasser zu holen, was ich bei dem Andrang und der Knappheit der verfügbaren Getränkestände für zu riskant hielt. Das Paar zu meiner rechten, er aus Weisswasser, sie aus Franken, fragte uns dann, ob sie uns etwas mitbringen konnten, was wir dann mit einem enthusiastischen «Ja!» beantworteten. Mit ihr hatten wir dann in der Halbzeit ein sehr nettes Gespräch über Fussball, Energie und das Leben. Kurz vor Ende der Halbzeitpause kamen ihr Mann und sein Bruder (zumindest glaube ich, dass er sein Bruder war) zurück – jedoch mit leeren Händen in Sachen Getränke. Egal, sei es drum. Hauptsache Aufstieg.
In den zweiten 45 Minuten liess sich Energie dann immer mehr zurückfallen und wurde passiver. Die Hertha wurde somit aktiver, wenn auch nur selten wirklich gefährlich. So gut wie jede Aktion der Herthaner wurde von der Mannschaft des FC Energie defensiv stark verteidigt und abgewehrt. Wirklich gefährlich wurde die Hertha nur als Abdullatif, der an diesem Tag der beste Herthaner war, auf halbrechter Position wuchtig aufs Tor schiessen kann. Dieser Schuss wurde jedoch glänzend von Elias Bethke pariert. In der Mitte der zweiten Hälfte konnte Tim Heike nach einem langen Ball auf rechter Seite durchstarten und frei auf Kwasigroch zulaufen, traf aber nur den Aussenpfosten. Das 3:0 hätte dann definitiv alle Fronten geklärt.
Je näher der Abpfiff nahte, desto häufiger versteckten sich Ultras von Energie unter einer Kurvenfahne, um sich Sturmmasken überzuziehen und ihre Bengalos für den Schlusspfiff fertig zu machen. Die Stimmung war nach wie vor exzellent, die Gesänge rhythmisch herausragend und die Lautstärke ohrenbetäubend. Bis zum Abpfiff passierte nichts mehr und so sollte es sein, dass Energie Cottbus nach fünf Jahren wieder in die 3. Liga aufsteigt. Ich konnte es gar nicht fassen und fange auch jetzt erst langsam an zu realisieren, was das bedeutet. Unter Tränen umarme ich Martin, seine Frau und Palomina. Ein Gefühl wie auf Drogen. Nächste Saison heissen die Gegner nicht mehr Meuselwitz, Luckenwalde, Eilenburg und Hertha BSC II sondern 1860 München, Rot-Weiss Essen, Hansa Rostock, Dynamo Dresden, Alemannia Aachen und FC Saarbrücken. Logischerweise darf bei einem solchen Moment ein Platzsturm nicht fehlen und da die Tore geöffnet wurden - was im Übrigen vor Spielende feierlich angekündigt wurde wie der Fall der Berliner Mauer - war dies für alle in Rot-Weiss möglich. Jubelschrei nach Jubelschrei, ein Moment, der so lange und gleichzeitig so unfassbar kurz war.
Die Szenerien und Geschichten danach gibt’s aber ein andermal.
Hebednech Sorg. Immer vorwärts Energie.Read more
Traveler Genial 🥳🍻🤩🔥