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  • Day 26

    Eine der ältesten Siedlungen der Welt

    April 8, 2023 in Italy ⋅ ☁️ 14 °C

    Heute stand eine etwas längere Fahrt an, nach Matera, rund 360 km. Und wir sollten gegen 14 Uhr da sein, da wir sonst erst wieder ab 19.30 Uhr einchecken können. Also für die recht gute Autobahn entschieden. Die Fahrweise der Festlanditaliener unterscheidet sich von der der Sizilianer kaum. Nur, dass es tatsächlich Geschwindigkeitskontrollen gibt. Die müssen in ganz Italien aber immer vorher angekündigt sein, per Schild. Das gilt auch für die mobilen Kontrollen. 500 Meter vorher. So erreichen wir trotz mancher Baustellen, die das Durchschnittstempo ja nicht reduzieren da sich keiner auch nur annähernd an die Limits hält, und einem ziemlichen Versagen des BMW-Navis - Abbiegen an Kreuzungen oder Straßen, die es gar nicht gibt – die Stadt Matera sogar vor der Zeit. Parken müssen wir außerhalb der Altstadt, dazu geben wir Auto mit Schlüssel bei einem Parkunternehmen ab, haben nur das Gepäck dabei für die nächsten zwei Tage. Übermorgen holen wir unser Auto wieder ab. Der Fußmarsch zu unserem B&B Al Vico beträgt nur etwa 400 m. Unser Zimmer, das ist schon etwas Besonderes, für hier aber fast normal. Es ist in der Altstadt mit Blick über das alte Zentrum in einer alten Grotte gelegen. Hier in unserer Höhle lebten die Menschen schon vor zig hunderten wenn nicht tausenden Jahren. Nur nicht ganz so komfortabel, dazu im morgigen Post mehr. Bei der Fahrt in die Stadt ahnt man davon erst mal nichts. Eine typische, etwas chaotische und in die Jahre gekommene italienische Mittelstadt halt mit etwa 60.000 Einwohnern. Steht man aber am Fenster unseres Höhlen-B&B, der Blick ist schon einmalig. Und nicht nur der.
    Die meisten Grotten in den Felswänden sind nicht natürlich, sondern wurden in den relativ weichen Sand- und Tuffstein gehauen. Bald grub man ganze Wohnungen in den Berg und nutzte das gewonnene Material für den Bau der Fassaden und Häuser. So entstand im Laufe der Jahrtausende eine Höhlenstadt auf vielen Ebenen mit verschachtelten Höhlenwohnungen, engen Gassen und kleinen Plätzen, dazwischen zahlreiche Felsenkirchen - mithin über 150 in der Altstadt. 1270 kam in der, ich nenne es einfach Oberstadt für die Besseren, eine Kathedrale hinzu. Alles zusammen ein architektonisches Kunstwerk, das von der Unesco als Weltkulturerbe geadelt wurde. Jedoch nicht nur der Gebäude und Grotten, sondern der uralten, durchdachten Wasserversorgung mit Kanälen und Zisternen wegen. Mit dem Bau neuer Straßen und Wege hat man die Entwässerung übrigens ihrer Funktion beraubt, was alle paar Jahre zu starken Hochwassern und Zerstörungen in den Gassen führt. Und das am Berghang.
    Der historische Teil besteht aus zwei Stadtvierteln Sasso Barisano und Sasso Caveoso. Die Höhlensiedlungen hier sind ein außergewöhnliches Beispiel im mediterranen Raum. Besiedelt ist das Gebiet bereits seit der Jungsteinzeit, Matera gilt als einer der ältesten besiedelten Orte der Welt. Die Lebensbedingungen waren hier einst gut. Es gab einen Fluss, fruchtbares Land und leicht zu bearbeitendes Baumaterial. Zudem hatte man später ein sehr gutes Lagersystem in den Grotten eingerichtet, mit Vorräten an Getreide, Hülsenfrüchte, Wein und Olivenöl.
    Eine der regionalen Spezialitäten konnte ich abends dann auch probieren: Caciocavallo, ein typischer Käse, entfernter Verwandter des Mozzarello. Dessen Form erinnert an eine erwürgte Birne, mit einem Seil um einen kleinen Kopf, an dem der Käse paarweise aufgehängt heranreift. Er schmeckt aromatisch, ist gereift pikant und würzig. Man nimmt ihn etwa für Pasta, als Schnittkäse, zum Kochen und Braten zusammen mit Olivenöl und Gewürzen. Ich aß ihn traditionell über einem Feuer geschmolzen und auf ein geröstetes Brot gestrichen. Schmeckt vorzüglich. Davon kommt natürlich etwas (zwei Kilogramm wiegt einer) mit nach Deutschland.
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