Satellit
Auf Karte anzeigen
  • Tag 8

    Eichenscheiß

    28. April 2019 in Frankreich ⋅ ☁️ 11 °C

    Trip 5, Tag 8, Wandertag 6: Isle-et-Bardais - Vallon-en-Sully, 25,20 km, Steigung 450 Meter, Gehzeit 6:00, Sonntag, 28.4.2019

    Nicole, unsere überaus zuvorkommende Gastgeberin der letzten Nacht vom „Le Matou Roux“, entpuppte sich im Nachhinein als liebenswerte Holländerin. Sie und ihr Mann Rob, den wir leider nicht kennenlernten, zogen ein beschauliches Leben in der Auvergne-, einem Hektischen im zu dicht besiedelten Holland, vor.
    Ihr Frühstück war grandios. Es verfügte über alles, was so ein rustikales deutsches Herz wie meins um diese Uhrzeit begehrte, inklusive Frühstückseier! Aber auch Marion, von Natur aus mit etwas feineren Geschmacksnerven ausgestattet, kam auf ihre Kosten. Nicoles Hilfsbereitschaft bescherte uns auch frisch frischgewaschene- und von ihr eigenhändig gebügelte Wäsche, welche Freude, vielen Dank Nicole!
    Das „Le Matou Roux“ bekam von uns eine glatte zwei. Gastgeberin hilfsbereit und nett, Zimmer mit Bad gemütlich, Frühstück grandios. Hätte das Mansardenzimmer anstelle des Dachfensters ohne Fernblick eines mit- gehabt, wäre es eine deutliche 2+ geworden.
    Die „D 411“ führte uns noch einmal schnaufend am Restaurant des gestrigen Abends vorbei. Gleich danach brachte uns die kleine Straße „La Salle“, auf der rechten Seite abzweigend, zum „Étang de Pirot“, ein stattlicher See, gut bewacht von einem gemischten Wald und intensivem Grün.
    Stolz präsentierte sie uns, ein wenig später, das äußerst gepflegte Camping-Areal „Camping Caravaning Des Ecossais“. Links der Straße posierte der Camping-Bereich direkt am Ufer des Sees, rechts davon, seine kleinen Holz-Bungalows in einem parkähnlichen Gelände.
    Der Campingplatz war das exakte Gegenteil der räudigen Bauernhöfen von gestern. Hier hätte hier schon ein Vogelschiss als Vorwand für Renovierungsarbeiten gereicht, so übergepflegt war es hier. Auch Gänseblümchen im Rasen haben hier sicherlich kein leichtes Leben.
    Aber wie fast immer in Frankreich war auch dieser See fast ausschließlich den Anglern vorbehalten. Sie müssen über eine gut funktionierende Lobby verfügen. Denn wie sonst wäre es zu erklären, dass so eine kleine Gruppe, der viel größeren, freizeitbedürftigen Masse, den Badespaß durch flächendeckende Badeverbote derart vorenthalten darf.
    Am See war das Schwimmvergnügen nur den Gästen des Campingplatzes gegönnt, und das auch nur in einem eng begrenzten- und streng markierten Bereich im See von vielleicht 10 x 5 Metern, winzig im Verhältnis zur Größe des Areals. Das normale Volk hatte am See nichts zu suchen, rein gar nichts.

    Ich hab mal nachgelesen, gegen diese Art von Egoismus geben auch die zehn Gebote nichts her. Vermutlich hat der Herr, mangels Gelegenheit, auch nie gebadet, denn ansonsten hätte er einem solchen Treiben sicherlich seinen „Gebotsriegel“ vorgeschoben.
    Wir wanderten hier im „Département Allier“, das zur „Auvergne-Rhône-Alpes“ Region gehört und genau im Herzen Frankreichs liegt.
    Ein letztes Mal blickten wir zurück zum entfernten Örtchen „Isle-et-Bardais“, das sich aus südlicher Richtung deutlich vorteilhafter präsentierte.
    Unser „Klimaerwartungsindex“ klebte heute Morgen weiterhin bei null Punkten. Es war immer noch ziemlich kalt und Wolkenverhangen, nur geregnet hat es bisher noch nicht.

    Gleich hinter dem Campingplatz begann der Wald, sehr viel Wald, ein Eichenwald, der „Foret de Troncais“.
    Der Abzweig zum Wanderweg „Ligne de Pirot“, eher eine perfekte Wanderhighway, führte uns nach den ersten beiden Wanderkilometern hinein in seinen unendlichen Schlund.
    Der „Foret de Troncais“ ist ein rund 11.000 Hektar großer, französischer Nationalwald und damit nicht nur der Größte-, sondern angeblich auch der schönste Eichenwald Europas. Einst war er in Besitz der Herzöge von Bourbone. Gepflanzt wurde er von „Colbert“, dem Handelsminister des 15. Ludwigs, den im Mai 1774 die Pocken holten. Die Schmach der französische Revolution, von 1789 bis 1799, blieb ihm damit erspart, Glück im Unglück also.
    „Colbert“ wollte mit dem Wald einst Holz für den Schiffsbau erzeugen. Nach der Revolution aber wurden aus dem Wald keine Schiffchen mehr gebaut, sondern vom gemeinen Volk Holzkohle produziert, welche Schmach.
    Heute müssen die Eichen dort mindestens 225 Jahre alt sein bis sie gefällt werden dürfen. Zentrum des Waldes, den man nur zu Fuß betreten darf, für uns natürlich das geringste Problem, ist die „Rond Gardien“, ein Kreuzungspunkt aller Forststraßen.

    Das mit dem Wald klingt alles sehr interessant, ist am Ende aber eben doch nur Wald. Ein etwas hellerer- und parkähnlicher Eichenwald zwar, aber für einen Fernwanderer am Ende eben doch langweiliger, Wald. Leser, die unsere Wanderung bis hier verfolgten, wissen um unsere „Waldschädigung“ die wir uns noch in Deutschland, bei tagelangen- und nicht enden wollenden Waldetappen, zugezogen haben.
    Selbstverständlich geht es bei unserer „Waldschädigung“ nicht um den Wald als solches, wir schätzen seinen Wert sehr, versteht sich von selbst. Nur, beim Wandern schätzen wir eben das vom Licht verwöhnte, offene Land.
    Über die nachfolgenden neun Kilometer gab es, wie nicht anders zu erwarten, über nichts anderes zu berichten als über menschenleeres-, unendlich ödes, und unterbelichtetes Eichengrün. Einzige Abwechslung bescherten uns zwei baumlose Lichtungen gigantischen Ausmaßes. Es waren „Treffpunkte“ der Forstwege die sich dort jeweils, aus allen Richtungen kommend, ein Stelldichein gaben.

    Der erste „Treffpunkt“, die „Rond de la Cave“, sorgte bereits nach zwei Kilometern für die Lichtmenge, die wir benötigten, damit unser Gemüt nicht noch mehr dem Klimaerwartungsindex des Tages folgte. Es reichte gerade noch so aus, um dem mentalen Abwärtstrend, kurz vor der Depressionsgrenze, Einhalt zu gebieten. Mehr gab der immer noch wolkenverhangene Himmel an Lichtmenge leider nicht her.
    Außer ein paar Schutzhütten und einer großen Hirschkäferskulptur, mühsam aus einem Baumstamm herausgeschnitzt, war hier nichts zu holen. Musste auch nicht, die riesige baumfreie Fläche und der geringfügig höhere „LUX“-Wert reichten uns als willkommene Abwechslung.
    Weitere drei Schattenkilometer auf dem Forstweg „Route Forestière de Placegrosse“, Nummer „D978A“, brachten uns zum zweiten „Treffpunkt“, der Lichtung „Rond Gardien“. Auch er diente keinem anderen Zweck als anderen Forstwegen, die ebenfalls kerzengerade aus allen Richtungen hierher strömten, eine „Heimat“ zu geben.
    Eine große Informationstafel gab der Öffentlichkeit ihr Wissen über die umgebende Region „Allier“ preis. Außerdem gab es noch ein paar „Marterpfähle“, sollte wohl Kunst sein, sowie eine Informative Schutzhütte zum Unterstellen.

    Eine kleine Sensation für uns aber war hier das kleine Hotel-Restaurant, „Auberge du Rond Gardien“. Wo gibt es in Frankreich schon eine mittags geöffnete Auberge mit Draußen-Sitzgelegenheiten im Wald.
    Wir gingen in „sicherer“ Distanz daran vorbei, um der Versuchung nicht zu erliegen. Für uns war die Zeit noch nicht reif für eine Rast, schade.

    Dort sah es, sehr zu unserem Leidwesen, auch noch ziemlich gemütlich aus, fast wie im Biergarten. Kein Wunder, stand ja auch auf dem Werbe-Schild.
    Einige hartgesottenen Franzosen kauerten sich dort, bei unter zehn Grad, im äußerst schattigen „Biergarten“, zusammen. Für uns, eh schon fröstelnd, kaum vorstellbar, das linderte unseren Sehnsuchtsschmerz ein wenig.
    Aber, wie die armen Würstchen da so saßen, erweckten sie dann doch das Mitleid meines tief bayerischen Herzens, denn "Biergarten" war ja wohl etwas geprahlt, oder?

    Ich empfehle euch biergartenverliebten Franzosen dringend einmal einen Urlaub am Chiemsee.
    Hier solltet ihr eure überaus hochnäsig geratenen Gaumen, wenigstens einmal im Leben, mit einem echtes 3-Gänge-Biergarten-Menü wieder erden, und danach, eure völlig außer Kontrolle geratenen Geschmacksnerven wieder neu sortieren.

    Als Entrée empfehle ich eine Leberknödelsuppe, als „Plat Principal“ eine ordentliche Schweinshaxe, und als Dessert einen noch ordentlicheren Kaiserschmarrn, das wäre doch mal was genaueres, oder? Kein Hungerleiden mehr auf dem langen Weg zum dritten Gang!
    Und ganz nebenbei werdet ihr feststellen, dass es beim Servieren der Gänge gar nicht so einfach ist die Beilagen der reichlich gefüllten Teller, unter den üppig im Dirndl des bayerischen Urweibs in Schach gehaltenen Möpsen, überhaupt noch zu erkennen, dass ist Bayern, „Viva La Bavière“!

    Nachdem der „Gaul“ wieder zur Besinnung kam, waren es immer noch gute vier Kilometer bis zum Licht der Welt. Fairer Weise muss aber erwähnt werden, dass wir schon deutlich dunkleren und erdrückenderen Wald erlebt haben. Der hier war sehr weitläufig, machte einen eher herrschaftlichen Eindruck und war ziemlich „aufgeräumt“. Die Wege waren wahre „Wanderautobahnen“.
    Ein kleinerer, nahe des Sees „Étang de Saloup“ abzweigender Weg, der „Cehmin Rural“, manchmal auch als „Les Chérons“ in Karten eingezeichnet, führte uns schließlich, nach gut elf gewanderten Kilometern, zum Licht der Welt. Endlich, vorbei mit dem Eichenscheiß, es werde Licht.
    Die von Viehwirtschaft geprägte „Freiheit“ präsentierte sich mit strotzend grünen Weiden, durchsetzt mit Bäumen und kleinen Wäldchen. Die kleinen bäuerlichen Betriebe waren auffallend gepflegter als die gestrigen, wobei man dazu sagen muss, dass vermutlich jedes Gebäude gepflegter gewesen wäre.
    Kurz vor dem dreizehnten Wanderkilometer mündete der Weg in das einsame Sträßlein „D 39“. Es war außer sich vor Freude über unsere illustre Gesellschaft. Immerhin brachten wir wenigstens etwas Abwechslung in ihr ansonsten einsames und tristes Leben.
    Ihr Vergnügen fand nach ein paar hundert Metern, leider ein jähes Ende. Fortan folgten wir rechts der nicht minder von uns entzückten „D 145“ in Richtung Westen, „Le Brethon“.
    Vor Einsamkeit befand auch sie sich bereits am depressiven Abgrund. Einmal mehr war hier nichts und niemand, nur wir und unser erheblicher Waldschaden im Kopf.
    Immer noch getrübsalt vom tristen Grau des Himmels gab uns „Estas Tonne“, über unsere am Rucksack hängende „JBL Clip3“-Box, eine Kostprobe seines gitarrenvirtuosen Könnens, das zu unserer Stimmung passte wie die Faust auf dem Auge.

    Vierhundert Metern weiter wurde die „D145“ zur „Route Forestière du Ris Sanglier“. Nach insgesamt drei waldfreien Kilometern mentaler Erholung, mutierte die traurige Straße damit erneut zu einem Forstweg, der mit dem vierzehnten Kilometer unweigerlich das nächste „Waldvergnügen“ einleitete. Nach weiteren vier Kilometern gehörte auch dieser Forst endlich der Vergangenheit an. Für heute war unser „Waldkonto“ kurz vor dem Bersten, weitere „Einzahlungen“ würden nicht mehr angenommen.
    Und wie so oft, kommt unverhofft oft, besonders beim Fernwandern.
    Es war unglaublich, mit dem Wanderkilometer 18,3 und dem Verlassen des letzten Waldes, kehrte sich alles gleichzeitig ins Gegenteil.
    Der trübselige Himmel hatte ein Erbarmen und gab auch der Sonne eine Chance. Der endlose Wald wurde nun von einer offenen- und fantastischen Landschaft abgelöst. Das monotone Grün des Eichenwaldes ließen uns die bunten Frühblüher am Wegesrand und in den naturbelassenen Wiesen, schnell vergessen. Zusätzlich verteilten sich gepflegte und altehrwürdige Häuser zurückhaltend entlang des Wegesrands und warteten auf unsere Entdeckung.
    Alles war perfekt herrlich und ließ uns den endlosen Eichenscheiß langsam vergessen. Hier war es wieder, unser unglaublich schönes Frankreich, WOW, vive la France!
    Die endlose- und leicht abfallende Landschaft führte kilometerweit hinunter ins „La Vallée de l´Aumance“, der Heimat des gleichnamigen Flüsschens.
    Gerne würde ich die Glücksgefühle beschreiben, die uns bei einem derart schönen und unerwarteten Landschaftswechsel durchströmen, aber mir fehlen einfach die Worte. Der Umstand aber, dass unsere selbst geplanten Touren, die in keinem Wanderführer zu finden sind, immer entlang der imaginären Luftlinie zum Endziel führen und dabei alle möglichen Landschaften „durchschneiden“, ist sicherlich ein Grund für deren Intensität.
    Vieles gab es hier zu entdecken, überall. So etwas wie ein steinaltes Kloster, irgendwo am Horizont, gepflegte Landwirtschaft und eine wunderschöne-, von Alleen gesäumte-, kleine Straße, deren Gäste wir waren.

    Kaum ging es uns mental besser, spukte auch der „Gaul“ schon wieder ordentlich in unserem Hirn rum und präsentierte uns in allen Details das „Château de Peufeilhoux“, dessen Gäste wir ab heute, für zwei Nächte sein würden. Er gab sich ordentlich Mühe uns den Vorfreude-Puls, auf ein ungesundes Niveau zu beschleunigen, denn immer noch vermochten wir nicht zu glauben, dass die traumhafte Abbildung im Internet, der Realität das Wasser reichen konnte.
    Besonders in meinem Hirn hackte er auf der vermeintlich luxuriösen Badewanne im uralten Gemäuer rum, wohl wissend, wie oft ich eine Solche nach den langen Wandertagen bisher vergeblich suchte. Einzig das „Hotel Du Parc“ in „Sancoins“, bildete hier eine Ausnahme.
    Wir erreichten mit dem zweiundzwanzigsten Kilometer das Tal und querten über eine kleine Brücke die „l´Aumance“. Sofort danach begann für einen Kilometer das zehnprozentige Leiden des Tages. Schon deutlich geschwächt von der bisherigen Strecke, hechelten wir nur so dem Sieg über den Berg entgegen. Auch die Sonne verabschiedete sich wieder, um den Regenwolken einmal mehr den Vorzug zu geben.

    Nach gut vierundzwanzig Kilometern landeten wir auf der „D2144“, der „Route de Paris“, einer stark befahrenen Bundesstraße unbeliebtester Art. Vom Schloss weit und breit immer noch keine Spur.

    Wie immer und mit Beginn des letzten Kilometers am Ende eines Wandertages, dröhnte „New York“ von „Frank Sinatra“ aus unserer kleinen Wanderbox.
    Gut gelaunt vor uns hin tänzelnd, war der letzte halbe Kilometer dieses unmenschlichen Molochs gerade noch ertragen. Gleichzeitig konnten wir es uns aber keine Sekunde leisten unaufmerksam zu werden, was unsere Tagesendeuphorie deutlich bremste. Nur gut, dass es neben der Straße einen komfortablen Grünstreifen mit etwas Platz für uns gab.
    Ein kleines rotes Hinweisschild markierte endlich die sehnsüchtig erwartete Auffahrt zum immer noch verborgenem Schloss. Es musste hier irgendwo links oben, auf der dicht bewaldeten Hügelkette zwischen dem „Cher“-Tal im Süden, in dem wir uns gerade befanden-, und dem „Aumance“-Tal im Norden, zu finden sein.
    Noch einmal quälten wir uns ein paar hundert Meter auf dem Privatweg hinauf zum Hügel ehe wir die ersten Teile des beeindruckenden- und hoch über uns thronenden Châteaus, erspähten. Zweihundert Meter weiter durchschritten wir ehrfürchtig das monomentale Eingangstor der Schlossmauer und standen völlig überwältigt im Innenhof des ehrwürdigen Gebäudes aus dem fünfzehnten Jahrhundert.
    WOW, unser Schloss, der Gaul hatte nicht zu viel versprochen. Nichts störte die komplett erhaltene, historische Szenerie des wunderschönen Gemäuers.

    „Antoine“, ein gutaussehender und überaus freundlicher Sohn des Inhabers „Claude Thévenin“, bereitete uns, ganz im Gegensatz zum Phantom von „Nevers“, einen fürstlichen Empfang. Hier war der Gast willkommen.
    Andächtig und deutlich eingeschüchtert folgten wir Antoine, der uns über enge Turm-Wendeltreppen und über hinter meterdicken Mauern versteckten Fluren die liebevoll im Stil der Zeit ausgeschmückt waren, zu unserem Zimmer führte.
    Wir waren zwar erschöpft, aber dennoch mehr als beeindruckt, als wir unser „zu Hause“ für die kommenden beiden Tage ehrfürchtig betraten. Wir hatten reichlich damit zu tun den „Gaul“ in Schach zu halten.
    Das schöne Zimmer war komplett saniert, behielt aber, wegen des antiquaren Mobiliars, dennoch seinen historischen Charakter ohne Stilbruch zum Schloss selbst. Das verbleite Fenster am äußeren Ende der meterdicken Mauer, eröffnete einen erhabenen Blick auf den zuführenden Weg und das schöne- und immer noch wolkenverhangene „Cher“-Tal. Von der Bundesstraße war hier oben nicht mehr zu hören, nur die Gespenster flüsterten ab und zu, oder war das der „Gaul“?
    À propos, seine versprochene Badewanne gab es leider nicht, dafür aber ein stylisches-, und modern ausgestattetes Duschbad.
    Nach reichlich warmen Wasser unter der Dusche gab es für den heutigen Tag nur noch eine einzige, letzte Herausforderung: Wo gibt es hier etwas zu essen?
    Einfache Antwort, nirgends.
    Es war ja Sonntag, und am Tag des Herren hat man eben nicht essen zu gehen, basta.
    Antoine, etwas beschämt, weil es sich in der Nebensaison nicht lohnte selbst den Gästen etwas anzubieten, strapazierte sein Handy nach allen Regeln der Kunst. Hartnäckig versuchte er, trotz des Sonntags und des fortgeschrittenen Abends, doch noch irgendwo einen Tisch- und ein uns dort hinbringendes Taxi, das mindestens genauso schwer zu finden ist, zu organisieren, mit Erfolg.
    Frisch und schick begrüßte uns der Chauffeur, um uns zu Antoines organisierten Tisch zu bringen. Es dauerte fast eine Stunde bis wir nach gefühlt mindestens fünfzig Kilometern, das vorgegebene Ziel erreichten. Es war irgendein Hotel-Restaurant, den Namen habe ich wegen Bedeutungslosigkeit vergessen.

    Hier machten sie ordentlich einen auf „dicke Hose“, obwohl der Stoff ganz dünn war. Die Gaststube glich mehr einem neonbeleuchteten Speisesaal, das Personal war pseudo-vornehm-hochnäsig und das drei-Gänge-Menü hat es gerade noch so geschafft die gröbsten Löcher in unseren Bäuchen zu stopfen, und das alles auch noch in der gehobenen Preiskategorie, ein klassischer Reinfall.
    Ich glaube die Madame war froh, als wir dem Speisesaal wieder seine „Würde“ zurückgaben und die Tür hinter uns schlossen.
    Draußen wartete immer noch unser Taxi, ein anderes hätten wir am Sonntag-, und so spät abends, nicht mehr gefunden. Wieder beim Château, nach weiteren gut fünfzig Kilometern Rückweg, wollte unser netter Chauffeur natürlich auch verdient fürstlich entlohnt werden.

    Für das mittelmäßige- und bescheidene drei-Gänge-Menü, inklusive Taxi-Service, berappten wir sage und scheibe rund dreihundert Euro, was für ein Reinfall.
    Unser schönes Zimmer aber entschädigte uns fürstlich für diese Dummheit.
    Es war schon etwas unheimlich, als einzige Hotelgäste um Mitternacht auf verschlungenen Wegen im Schloss unser Zimmer zu suchen.
    Rein vorsichtshalber verschlossen wir sorgfältig unsere Zimmertür bevor wir, kurz vor Mitternacht, dem „Gaul“ freies Geleit gaben.
    Weiterlesen