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  • Day 15

    Südfrankreich

    May 5, 2019 in France ⋅ 6 °C

    Trip-5, Tag-15, WT 12:
    Les Billanges, Église de la Nativité de Saint-Jean-Baptiste - Limoges, 32,7 km, H490, A590, reine Gehzeit 6:42, Sonntag, 5.5.2019

    Gestiefelt und gespornt saßen wir ein letztes Mal an der Frühstückstafel in der schönen Ebbaye. Marion gut erholt und voller Tatendrang ich erschöpft und nur noch an den freien Tag, morgen in Limoges, denkend, Limoges, endlich!

    Noch einmal dreiunddreißig Kilometer, und dann nur noch abhängen, morgen den ganzen Tag, was für eine Verheißung.
    Die anderen von Frühstückstisch teilten noch einmal ihr Mitleid mit uns armen Fußgängern, dann standen wir wieder auf der Straße, voller Wehmut diesen besonderen Ort nach so kurzer Zeit schon wieder verlassen zu müssen. Aber wir kommen wieder, ganz bestimmt.

    Langsam schlichen wir uns auf der „Route d'Entrecolles“ in Richtung Süden aus dem kleinen Ort.
    Gleich am Ortsausgang entdeckten wir das Symbol eines Jakobsweges, wir befinden uns zufällig auf dem „Saint Jacques du Limousin-Périgord“, einem Abschnitt der „Via Lemovicensis“ und einer der vier Haupt-Jakobswege in Frankreich. Er führt über neunhundert Kilometer von Vézelay nach „Saint-Jean-Pied-de-Port“ an der spanischen Grenze in den Pyrenäen und ist ein Zubringer zum „Camino Francés“. Es ist der Jakobsweg in Spanien nach „Santiago de Compostela“, den jeder kennt.

    Obwohl der Via Lemovicensis einer der Hauptzubringer-Pilgerpfade zum Camino Francés ist, sieht man hier kaum bis gar keine Pilger. Fast alle starten ihren Weg nach Santiago erst in an seinem Ende, in Saint-Jean-Pied-de-Port.
    Die neunhundert Kilometer von Vézelay bis hierher haben wir auf eigenen Wegen zurückgelegt, umso überraschter waren wir, dass uns unsere Navigation zufälliger Weise nun ebenfalls auf die Via Lemovicensis geführt hat.
    Lange wird das Vergnügen aber wohl nicht währen. Unser Plan ist es Santiago über den spanischen, achthundertachtzig Kilometer langen „Camino del Norte“ zu er erwandern. Er beginnt im Baskenland, in „Irun“ am Atlantik, gleich hinter der französischen Grenze, also weiter im Norden. Nur sechs Prozent aller Pilger wählen diesen deutlich anstrengenderen- aber vermutlich schöneren Küstenweg nach Santiago. Insofern werden wir die Via Lemovicensis irgendwo hinter Limoges wieder in Richtung Bordeaux auf eigenen Wegen verlassen.

    Von Regen scheinen wir heute verschon zu werden, der weißblaue Himmel macht Hoffnung. Nach einem halben Kilometer erwartete uns links ein Forstweg, er wolle uns die kommenden drei Kilometer seine romantische Heimat zeigen, hat sich gelohnt.
    Kurz vor „Saint-Laurent-les-Églises“ und seinen achthundertachtzig Franzosen trennten sich jedoch unsere Wege.
    Wir folgen nun der „Route de Lascaux“ und danach der „Route de Bussin“, kleine, unbefahrene Straßen, eingebettet in vielversprechende Natur.

    Nach den ersten sieben Kilometern erwartete uns Stolz nun ein zwei Kilometer langer Single Trail, er lud uns ebenfalls ein seine wildromantische Heimat kennen zu lernen, auch er hielt was er versprach.

    Mit dem zwölften Tageskilometer liefen wir in „La Maisonette“ ein. Einige versprengte Häuser und Bauernhöfe boten visuelle Abwechslung, es gab einiges zu glotzen, alles nicht der Rede wert, Kleinigkeiten, aber eben doch eine willkommene Abwechslung.

    Die heutige Tour führt uns durch drei Täler. In ein jedes sind einhundert Meter abzusteigen, um kurz danach wieder auf dieselbe Höhe hinaufzukriechen, zwei davon hatten wir bereits hinter uns und unser Akku damit bereits deutlich schwächer.

    Bei den nächsten vier Kilometer bis „Le Buisson und seinen 1.943 Einwohnern durchwanderten wir eine nicht alltägliche, liebliche Auenlandschaft in grandioser Natur und folgten weiter der „Route de Puy Neige“ (D207).

    Mit dem vierzehnten Kilometer hatten wir endlich auch das Dritte- und letzte Tal abgehakt. Ab jetzt sollte es eigentlich entspannter für uns weiter gehen, aber die drei Täler hinterließen bereits deutliche Spuren bei unserer Kondition.

    Für diejenigen unter den Lesern, die es noch genauer wollen, wir befinden uns mittlerweile im „Département Dordogne“ in der Region „Nouvelle-Aquitaine“.

    Ab den zweiundzwanzigsten Kilometer ging es dann wohltuend abwärts zum Tal des Flusses „La Vienne“ an dem auch „Limoges“ und seine Sage und Schreibe 133.000 Einwohner ihre Heimat gefunden haben. Es viel uns nach so viel Einsamkeit schwer uns eine solche Massen an Menschen auf einem einzigen Haufen vorzustellen.

    Der Wald gab den schönen Blick über das Tal und seinen Fluss frei. An den abfallenden Hängen klebten bereits die ersten Häuser der 6.038 Einwohner von „Le Palais-sur-Vienne“, bereits ein Vorort von Limoges. Wie gesagt, derart „große“ Ortschaften waren wir nicht mehr gewöhnt, und deren Straßenverkehr schon gar nicht.

    Die Einfamilienhäuser und Villen zogen sich weiter der Straße entlang. Bei genauerem Hinsehen auf die Häuser und Gärten hatte sich jedoch etwas verändert. Erst allmählich wurde uns klar, dass es die Architektur der Häuser war, die sich hier schlagartig und grundlegend verändert hat, quasi von einem Meter zum Anderen. Der bisherige, französische Landhausstiel wich einer nun durchgehend mediterranen Bauweise, eine komplett andere Architektur als ein paar Kilometer zuvor, bemerkenswert.
    Wir waren plötzlich in Südfrankreich.
    Aber auch die Palmen, und die mediterranen Pflanzen in den Gärten legten unmissverständlich ein südliches Zeugnis ab, wir konnten uns vor Begeisterung gar nicht mehr einkriegen. Nie hätten wir diesen solchen Wechsel derart intensiv aus dem Auto mitbekommen.

    Unsere Augen lechzten nach dieser willkommenen Abwechslung, hier war es plötzlich wärmer und mediterran gefällig, es war herrlich.

    Mit dem fünfundzwanzigsten Kilometer, unten am Fluss angekommen, standen wir auf der Brücke über die „La Vienne“. In der Ferne sahen wir bereits den gewaltigen Turm der „Kathedrale Saint-Étienne“ wie eine Nadel, hoch über Limoges, aufragen.

    Um den vermeintlichen Straßenverkehr nach Limoges zu entgehen, beschlossen wir auf der anderen-, gegenüberliegenden Uferseite, die verbleibenden acht Kilometer zur Stadt zu gehen, eine gute Wahl, hier gab es keine Autos.
    Der schöne Weg, eingebettet in eine gefällige Auenlandschaft, war zufällig auch wieder ein Teil der Via Lemovicensis. Im Boden eingelassene Jakobsmuscheln aus Messing legten Zeugnis ab.

    Mittlerweile waren wir mit unseren Kräften endgültig am Ende. Wir schleppten uns eigentlich nur noch und konnten es kaum erwarten unsere gestressten Muskeln und Knochen endlich im „Appart-Hotel Villa Beaupe“ aufs vermeintlich weiche französische Bett zu schmeißen.

    Einzig das bunte Treiben am Flussufer riss uns aus der Lethargie der Schrittfolge und lenkte uns willkommen ab. Hier grillten Familien, angelten deren Väter oder joggten die Söhne und Töchter, ja, es gab viel zu entdecken.

    Mit dem einunddreißigsten Kilometer standen wir wieder auf einer uralten Steinbrücke über der La Vienne, diesmal unmittelbar vor Stadt, die sich nun mächtig auf einem Hügel, gemeinsam mit der Kathedrale thronend, eindrucksvoll vor uns aufbaute. Die Erkenntnis, dass es zum Hotel nur diesen einen Weg über den Hügel mit der Kathedrale gab, wirkte ernüchternd, unsere Beine waren mittlerweile kraftlos.

    Mühsam schleppten wir uns die nicht enden wollende Steigung hinauf zum Berg, eigentlich ein Witz, nicht aber nach gut dreißig Kilometern und schon gar nicht nach einhundertzwanzig Kilometern in den letzten vier Tagen.

    Es dauerte etwas, bis wir die Villa Beaupe gefunden haben, sie lag etwas zurück versetzt in einem Hinterhof an einer gut befahrenen Straße. Vom Verkehrslärm waren wir völlig entwöhnt, hier würden wir das leider nachholen.

    Die Villa in weiß war top restauriert und unsere Ferienwohnung modern und komplett ausgestattet, nur eben etwas laut von der Straße her.

    Das französische Bett aber hielt was es versprach, es war kuschelweich.

    Morgen haben wir Urlaub. Man mag sich gar nicht vorstellen wie man sich auf einen einzigen Tag derart freuen kann.
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