Satellite
Show on map
  • Day 9

    MagicalMysteryTour

    December 13, 2018 in Indonesia ⋅ 🌧 27 °C

    Gerade möchte ich mich auf den Weg zu meiner Tour machen, die ich mir Gestern überlegt hatte, als der Sohn des Hauses mich nach meinen Plänen fragt. So schlecht war ich gar nicht mit meinen Ideen, nur dass mein Highlight, Gurusina Tribal Village, in der letzten Trockenzeit abgebrannt ist, aber das andere, das ich mir ausgesucht hatte, sei sehr schön und eines würde eh reichen. Er schlägt mir aber noch zusätzlich vor, vormittags den Wawomudha Kratersee zu besuchen, das sei ein netter kleiner Hike auf einen Vulkan. ...Vulkan? Ich bin dabei! Jetzt aber los.

    So klein es ist, es ist durch Bajawa ein ziemliches Hindurchgewurstel, bis man mal auf der richtigen Straße ist. Google schlägt mir noch eine alternative Route vor, die mich schneller ans Ziel bringen soll. Nehm ich doch die. Es ist die gleiche Straße die zum Trailbeginn führt, nur von der anderen Seite. Mir gefällt es hier zu fahren. An den kleinen Dörfern und Bauernhöfen in ihrer sehr schlichten, aber eigenwilligen Bauweise kann ich mich nicht satt sehen, das ganze Grünzeug finde ich eh toll. Den Riesenbambus allem
    voran, wisst ihr ja, aber dann gleich der Rest der überüppigen tropischen Flora überall. Viele Foto-, Orientierungs- und Staunstopps natürlich, ich brauch immer seehr lang bis zum nächsten Ziel.
    Die Straße wird dann bald zum Schotterweg, der Schotterweg zum erdigen Pfad, der Pfad zur Prüfung, immer schön nach oben... ich würde zu gerne sehen, wie hier das Googleauto fährt, der Weg ist kaum mit dem Roller zu schaffen, aber irgendwie gehts. Fast schon verantwortungslos, Leute mit dem Auto auf solche Wege zu schicken...
    Der Weg führt auf dicht bewachsenen breiteren Kraterrändern an diversen erloschenen Vulkanratern vorbei, mal links einer, mal rechts. Sechs sind es an der Zahl, dicht an dicht, wie die olympischen Ringe, aber allesamt begrünt. In einem der Krater ist eine ganze Landwirtschaft mit Feldern untergebracht, sehr schön anzuschauen. Und der Bauer eben dieser Landwirtschaft taucht mit seinem Motorrad neben mir auf und deutet mir, dass ich mein Vehikel jetzt besser abstellen sollte und laufen, mit dem Roller ginge es definitiv nicht weiter. Er hat Recht, der weitere Pfad sieht übel aus und steil. Der Bauer legt mir ein Bündel Zweige auf den Sattel meines Rollers, das würde mich auf meinem Weg beschützen. Dann will er einen mit mir dübeln, ich muss leider dankend ablehnen, stoned wandert es sich in unbekanntem Terrain eher ungünstig. Er tut’s und begleitet mich zur Abzweigung zum Kratersee mit seinem
    Gefährt, dann verschwindet er über das steinige, steile Pfadstück. Ich mache mich allein auf gut ausgetretenem Pfad auf zur Kraterumrundung bis der gelbe See ganz unten in Sicht kommt. Bis dorthin bin ich einmal mehr entzückt von der wunderschönen Landschaft um mich herum. Eine gute Stunde durch lichte Wäldchen, fast almenartige Wiesen, großartige Ausblicke, alles mit einem gehörigen Schuss Exotik. Kühe. Der Chemie-See ist hübsch und giftig Gelb und ein lebensunfreundlicher Nachbar für seine karge Umgebung. Ich hab keinen Bock da jetzt runterzusteigen. Genauso wie das holländische Pärchen, die mit mir als einzige Gäste im Homestay wohnen. Das Stück bis runter zum Roller erzählen uns von unseren Erfahrungen auf Flores. Auch sie sind der Meinung, dass Flores eines der letzten unberührten Paradiese ist, dessen Potential langsam erkannt wird und gerade erschlossen wird. In 10/15 Jahren wird das hier ganz anders zugehen. Noch führen dich die Menschen nur für ein Lächeln irgendwohin oder schenken dir Obst, ohne Dollarzeichen in den Augen.
    Am Coffeeshop mitten im Nichts trennen sich unsere Geröllwege. Ich mag jetzt Kaffee. Eine ältere Frau, wieder mit roten Zähnen, serviert mir einen sehr leckeren Kaffee und erzählt - mit Händen und Füssen - dass auf dieser Farm in der Trockenzeit säckeweise Kaffee hergestellt wird, vom Sortieren bis zum Rösten, der rundum in den höheren Lagen wächst.
    Ich rumpel weiter zurück Richtung Bajawa., dieses Mal die andere Route, die ein bisschen gnädiger ist, ein bisschen. Ich möchte am Straßenrand ein wunderschön blau glänzendes Blechdach fotografieren, ruft mich ein Mann zu sich: Banana? Ja klar, Banana! Und schon sitze ich mit dem Farmer auf einem Holzbänkchen vor dem Haus mit dem blauen Blechdach und wir essen zum Lunch gemeinsam frisch gepflückte Minibananen. Und Avocados. Und wir unterhalten uns und er zeigt mir die Unmenge an Früchten, die er anbaut.
    Bananen, Avocados, Mangos, Papaya, Betelnüsse, Kaffee, Mais, Ananas, alles da. Und ich zeige ihm wieder meine Heimat. So friedlich, so zufrieden.
    Ich muss fürs nächste Ziel auf die andere Seite von Bajawa in Richtung Gunung Inerië, ein imposanter und omnipräsenter Vulkankegel, über 2000 Meter hoch und jetzt in Wolken. Bena heisst das „Traditional Village“ und liegt an einem Berghang. Die Straßen dorthin, Serpentinen rauf und runter, durch Wälder mit verschiedener Vegetation, sind für sich schon traumhaft schön. Langsam ziehende, teils dichte Wolkennebel verzaubern die Wälder in eine mystische und magische Welt. Die Luftfeuchte ist sehr hoch und die Lufttemperatur angenehm, es fühlt sich an wie kühle Watte auf der Haut. Ich bin begeistert.
    Das Dorf Bena ist umwerfend, unwirklich, ebenso magisch und mystisch von Nebel umgeben. Ich muss mich zu Anfang in ein Buch eintragen, einen kleinen Eintritt zahlen und bekomme zur Begrüßung einen Ikat-Schal um den Hals gelegt, den könnte ich nachher auch kaufen... Ich bin drin, ich bin der einzige Touri.
    Die Erscheinung der Architektur ist für mich so eigenwillig, so ungesehen, dass es fast artifiziell aussieht, wie eine Filmkulisse. Ich bin mir nicht sicher, was jetzt authentisch und was für die Besucher inszeniert ist. Sicher ist, dass die ganze weitläufige Anlage sehr beeindruckend ist und dass sie bewohnt wird.
    Viele viele Holzhäuser dicht an dicht, wieder im großen Rechteck um einen riesigen Zentralplatz gebaut, der in mehren Stufen leicht mit dem Hang aufsteigt. Charakterstiftend aber sind die hohen, schweren Schilfdächer, fast wie indische Tempel-Gopurams, die die Häuser fast zu erdrücken scheinen. Kinder spielen, Familien sitzen auf den Veranden, Ikat wird fleissig gewebt, die Stoffe hängen zum Verkauf in Bahnen vor den Häusern. Man wird von auffällig vielen wilden, alten Frauen mit großem Kopfputz begrüßt, wieder mit roten bis schwarzen Zähnen. Die pittoreske Routine ist unübersehbar, frei für den Fotoabschuss. Ich spare es mir Fotos von ihnen zu machen, ich habe bei Menschen generell eine gewisse Scham und hier empfinde ich das als ganz besonders unanständig. Morbider Ethnoporno oder was.
    Nach einer guten Stunde ausgiebigen Rundwegs freue ich mich auf einen weiteren Transfer durch den Bergdschungel zum nächsten und letzten Highlight für Heute, Malanage Hotspring, Chillen und Wellnessen in der magischen Quelle. Es ist schon Vier jetzt.
    Das Ding an der Quelle ist: es sind zwei. Die eine ist vulkanisch heiss, sehr heiss und ist leicht schweflig, die andere ist kalt. Die beiden fliessen in einem Naturpool zusammen. Du kannst also deine Füße im heissen Wasser wärmen und zugleich deinen Oberkörper kühlen, oder ein saunamäßiges Wechselbad nehmen oder im lauwarmen Mischimaschi chillen. Magic. Es gibt sogar ein Umkleidehäusl im sonst wilden Gelände. Ganz schrumplig sind sie schon, meine Finger. Ungern verlasse ich die Gesellschaft von lärmenden Kindern und den beiden im Wasser rauchenden supercoolen Jugendlichen, Ivan und Ari.
    Der Weg Nachhause im Nebel, in der Dämmerung, im Nieselregen, im Rausch der Glückshormone.
    Die Entfernungen der Bajawan Highlights spielen sich alle so im Radius zwischen 5 und 15 km ab, eine viertel bis halbe Stunde reine Fahrzeit. Am Nachmittag Heute wars ein Rundkurs.
    Und noch ein Wort zu den roten Zähnen. Die kommen vom beliebten Betelnusskauen. Geriebene Betelnuss mit gelöschtem Kalk und Geschmäckern nach Wahl, das pusht und hält wach, färbt die Zähne rot bis braun bis schwarz und greift das Zahnfleisch an.
    Aber an diesem Abend würde sicher kein Pusher mehr wirken...
    Read more