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  • Day 4

    KaiserPalastWetter

    August 19, 2019 in China ⋅ ☁️ 30 °C

    Dim Sum isst man eh vor 12. Daran wollen wir uns auch gerne halten und stehen erst um 11 auf. Mittagsfrühstück. Stolz klatsche ich dem Hostelkassier unsere Restschulden für Logis in Form eines dicken Geldbündels auf den Tresen. Nur selten kann man mit Kreditkarte bezahlen, nicht einmal in Hotels der Mittelklasse kann man das, soweit ich das bisher mitbekommen habe.

    Eine lange U Bahnfahrt bringt uns Heute zum Sommerpalast, der von den Kaisern als Sommerresidenz genutzt wurde, als Sommerfrische quasi, aber ‚frisch‘ ist was anderes, es ist heiss, 32 Grad, blauer Himmel, Kaiserwetter, wir stöhnen leise im Rudel und beginnen umgehend zu schwitzen, als wir sehen, dass es zum Palast hinauf einen Hügel zu besteigen gilt.
    Na gut, dann rauf mit uns, neben Hunderten nicht weniger schwitzenden und stöhnenden Chinesen, teils unüberhörbar. Man nähert sich dem Palast von der hoch gemauerten und rot getünchten Rückseite. Die ganze Anlage ist, wie soll es anders sein, ein riesiger Park, voi Feng Shui. Zwei Drittel bestehen aus See, der so groß ist, dass dort unter den Augen des Kaisers Flottenmanöver geübt wurden. Stolze 100.000 Arbeiter haben dieses Megaplanschbecken ausgehoben, von den Opfern, die sie dafür gebracht haben spricht niemand. Der Einzelne zählt eben nichts.

    Hinein in den Palast, der sich natürlich auf dem höchsten Punkt der Anhöhe mit dem maximalen Ausblick befindet, darf man nicht,. Dafür weht dort droben ein erquickendes Lüftchen um die Nasen und schön anzusehen von Aussen ist er auch. Wir sind zufrieden damit. Das leise Stöhnen verstummt promt. Also doch Sommerfrische.

    Auf der Vorderseite öffnet sich ein weiter Blick über den riesigen See mit einer Insel, die mit einer Fähre erreicht werden kann. Von dieser Insel wiederum gelangt man über einen sehr pittoresken Brückenbogen aufs Festland. DER Instashot der ganzen Palastschose. Weiter hinten breitet sich Peking aus. Bemerkenswert ist für uns Skyscraperjunkies, dass Peking weder über eine alles überragende Downtown verfügt, noch sonst besonders hoch gebaut ist.

    Erbaut über das unverbaute Panorama widmen wir uns dem südlichen Teil der Anlage, die zum See hin in Terrassen absteigt, auf denen sich wiederum einige sehenswerte Tempelanlagen befinden.
    Wir bestaunen nicht nur die Gebäude, sondern auch die chinesischen Touristen, westliche Touristen sieht man äusserst selten. Wobei ich glaube, dass wir eher diejenigen sind, die sehr aufmerksam beobachtet werden. Die Kinder haben eine Strichliste begonnen, wer am meisten als Fotomodel von den Chinesen zum Fototermin gebeten wird. Die blonde Nele ist als Selfie Side Model sehr bliebt. Den Chinesen fällt es im Schlaf nicht ein zu fragen, bevor man uns fotografiert. Manche sind so dreist und stellen sich mit ihren dicken Kameras direkt vor uns und drücken ab, manche zoomen und knipsen heimlich, manche verfolgen uns sogar über längere Strecken, wenn sie filmen. Drehen wir uns um oder verstecken uns hinter Fächer oder Sonnenschirm, reagieren sie nicht selten richtig sauer. Vielleicht hat das gelegentlich nicht nur mit Privatvergnügen, sondern auch etwas mit Staatsschutz zu tun, mutmaßen wir.. Auffällig als nahezu einzige westliche Touristen hier sind wir auf alle Fälle. Wir schießen seit Heute hemmungslos auf jeden Fall zurück, deadly Insta shots.

    So kämpfen wir uns Tempel für Tempel die Rampen und Treppen hinunter zum Seeufer, machen in einer stillen Anlage - still, ja, das gibts! - Snackpause, bis wir schließlich unten am Seeufer ankommen. Dort zieht sich ein hübsch bemalter Arkadengang bis zum Bootshaus entlang. Horden von mit Caps und T-Shirts uniformierten Reisegruppen folgen ihren Fähnchen wedelnden Fieselschweifs ins homogenisierte Ausflugsglück. Beim Bootshaus legen die Fähren zur Insel ab.
    In unseren all inclusive Tickets ist die Überfahrt leider nicht inklusive. Wir sind eh knapp in der Zeit und ziemlich k.o. also lassen wir’s unenttäuscht einfach. Am Kai liegt ein (wie immer) riesiges Schiff aus Stein mit steinernen Schaufelrädern. Der Sinn von dem ganzen klobigen Steinklotz entzieht sich unserem Verständnis. Die Ästhetik kann es nicht sein, eher war es wohl die fixe Deko Idee einer Kaiserin namens Cixi oder so, egal, geschmacklos bleibt geschmacklos. Wir wollen eh nur noch Pause machen. Eine Stunde lang im Schatten nur mal Ratschen, das hat auch was.

    Wir beschließen den Rückzug, zurück in die Stadt, ein bisserl Shoppen auf der Einkaufsstraße mit dem wunderbaren Namen Wangfujing Dajie. Für den Rückweg zur U Bahn müssen wir nicht noch einmal über den Hügel. Ein bisschen erinnert mich der ganze Park an den Volkspark Friedrichshain, mit den Hügeln, dem rauf und runter und so.

    U Bahnfahren in Peking ist eine äußerst unkomplizierte und sehr schnelle und angenehme Art von A nach B zu kommen, das Netz ist sehr dicht gesponnen, die Tickets und Tarife sehr einfach zu bekommen und bezahlbar.
    Die Ticketautomaten sind zweisprachig, man gibt auf dem Touchscreen die U Bahnlinie ein, dann tippt man auf die Zielhaltestelle und schwupps, kommen die Informationen zum entsprechenden Ticket, jetzt nur noch die Anzahl der Fahrgäste und die Bezahlart eingeben, Bargeld rein, fertig.
    Bevor man aber überhaupt in den Untergrund darf, muss man seine Taschen bei einer mehrköpfigen Security über ein Laufband durchleuchten lassen und einen Detektor durchschreiten, wie beim Flughafen. Fynns Deospray haben sie tatsächlich wegen Explosionsgefahr gezwickt. So ein Unsinn.
    Dann öffnet man durch Auflegen des Tickets die Durchgangsschranke und dann gehts endlich zum Bahnsteig. Dank beachtenswertem richtungsweisendem Leitsystem ist der richtige Bahnsteig mit der richtigen Fahrtrichtung richtig leicht zu identifizieren, selbst Umsteigen ist easy.
    Die Wege beim Umsteigen zwischen den Linien sind gerne ein Hatscherer.

    Als meist einzige Ausländer im Zug ziehen wir viel Aufmerksamkeit auf uns, besonders als kleine individuell reisender Gruppe. Trotz als Gastgeber der olympischen Spiele 2008, als die ganze Welt zu Gast war, ist man den Anblick von Ausländern wohl nicht gewöhnt.
    Wohl auch den Umgang mit Ausländern nicht, wie wir immer wieder feststellen müssen. Wir haben den Eindruck, es ist den Pekingern tendenziell unangenehm, wenn wir auf sie zugehen und etwas fragen wollen.
    Man könnte meinen, im Gesichtsausdruck der Adressaten nicht selten eine Art aufsteigende Panik zu erkennen. Ich vermute, es ist die nur schwer überwindbare Sprachbarriere. Das Wissen nicht helfen zu können und in Folge ihr Gesicht zu verlieren, bringt sie vielleicht in Bedrängnis und Verlegenheit und um diese unangenehme Situation zu vermeiden, vermeiden sie Kommunikation.
    Eigentlich sind sie ja sehr hilfsbereit. Das wiederum erfährt man bei Chinesen, die des Englischen mächtig sind. Manche reden auch ungefragt hemmungslos in Chinesisch auf uns ein, dann ein breites Lächeln. Wir lächeln zurück, dann Augenbrauen hoch, ein höfliches Danke und bye bye. Vielleicht sind das alles aber auch nur unsere wilden Spekulationen, Sprachbarriere eben. Was gäben wir manchmal drum, auch nur die Hälfte zu verstehen.

    Wir juckeln zur Einkaufsstraße. Große Mediawalls mit Werbeclips, große Shoppingmalls, viele Menschen, noch mehr Polizei. Die Polizeipräsenz ist unglaublich, immer aufmerksam, immer bereit. Überall auch eingefahrene, mobile Zäune, die bei Bedarf sofort die Massen lenken lassen, irre.
    Und auch Kameras, überall Kameras, wirklich überall. Ich bin mir sicher, dass die Behörden eine lückenlose Dokumentation von unserem Aufenthalt in Peking schneiden könnten. Man kommt sich ständig sehr überwacht vor. Laufend begegnet man auch Schildern mit Verhaltenshinweisen oder Verboten. An den Mauern der Hutongs hängen Plakate mit dem Konterfei und den Kontaktdaten des zuständigen Verbindungsbeamten. Die totale Überwachung, Lenkung und Kontrolle, ein äusserst unangenehmes Gefühl. Ein gutes Gefühl dagegen zu wissen und hoch zu schätzen, in einem einigermaßen freien Land zu leben.

    Wir kehren schnell wieder in der Shopping Mall um, die übliche, langweilige, uninspirierte und teure Markenparade. Die Mall selbst versucht modern und kapitalistisch zu glitzern, das aber nicht wirklich überzeugend. Also nix wie raus. Dann schon lieber die kleinen Schrottläden entlang der Fußgängerzone. Aber, von wegen Made in China und billig, selbst der Souvenierschrott ist kaum billiger als bei uns. Peking ist einfach teuer.
    Wir geben unser Geld lieber für gutes Essen aus. Die Mägen knurren, die Launen sinken, ein Restaurant muss bald her. In einer Seitenstraße soll ein Nightmarket mit Foodstalls sein, der wird auf MapsMe auch angezeigt. Nur als wir davor stehen, ist da ne Bretterwand, Baustelle. Oh nein! die Mägen knurrren lauter, die Stimmung sinkt unter die Nullmarke, jetzt ist guter Rat teuer. Jeder hier weiss, was von Restos in der Nähe von Fussgängerzonen zu halten ist. Mir wird in einer Nebenstraße ein Esslokal angezeigt. Hin da. Im Erdgeschoß wird eine Feuertopfvariante angeboten, unsere Blicke suchen schon nach freien Plätzen, aber eine Bedienung meint, das sei zu scharf für die Mädchen und drängt uns in den ersten Stock. Eigentlich Unsinn, aber der Hunger hat unsere Denkfähigkeit stark gedämpft, so folgen wir widerstandslos dem Diktat der jungen Dame. Oben gibt es Essen à la Carte.
    Wir finden unsere Essen nach längeren Beratungen in der Karte, die ältere Bedienung ist leicht genervt, eher von rauher Natur, Marke verhermte Sennerin, und klatscht uns unsere Bestellungen uncharmant vor die Nasen.
    So schmeckt‘s dann auch, wie Fußgängerzonenabkoche. Von unserer Skala von Eins, Hundefutter, bis Fünf, exzellent, geben wir der Veranstaltung eine Zwei, also so la la.
    Und der gute Rat war teuer, ziemlich teuer, übrigens. Die Toilette war auch noch ausserhalb des Restaurants, die Straße runter, eine öffentliche Einrichtung.

    So trollen wir uns, immerhin gesättigt, nach diesem sonst schönen, langen Tag Nachhause, nicht ohne fast schon obligatorische Stippvisite beim 7/11. Bettruhe um 24, Morgen wollen wir mal früher raus, wir haben Großes vor - in Peking hat man immer Großes vor b.t.w. ; )
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