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  • Day 7

    ReisenIstArbeitArbeitArbeit

    August 22, 2019 in China ⋅ ☀️ 34 °C

    Puhhh, um Sechs Uhr aufstehen, das ist hart. In Rekordzeit haben wir die Rücksäcke auf den Schultern, Auschecken und unser langer Reisetag hat begonnen. Wir fahren von Peking mit dem Zug nach Zhangjiagjie (Dschangdschaidschä), Umsteigen in Changsha (Tschangscha). es geht gute 1.500 km Richtung Süden.

    Als routinierte U Bahnbenutzer haben wir die Linien zum Westbahnhof schnell gefunden, um 7:15 sind wir da. Jetzt sind wir zwar an einem prächtigen Bahnhof - und jetzt...? Alles, wirklich alles in Chinesisch. Links geht zu dieser Art von Zügen Rechts zu jener. Wir entscheiden uns für jener, den Hi-speed Zügen, so einer sollte es eigentlich schon sein laut gebuchter Fahrzeit.

    Der Terminal sieht schon mal gut aus, aber wo gibt es die Ticketschalter mit Personal, die uns die Hardtickets ausgeben? Immer wieder werden wir zu den Selfticket Machines geschickt, die funktionieren aber nur mit chinesischem Perso, wie man ja mittlerweile weiss. Fragen, fragen, nicht verzagen.
    Der ernsthafte Polizist macht nur schöne große Knopfaugen, die meisten um uns herum sonst dieses Fragmichbittenichtgesicht.
    Wieder draussen, auf dem großen Bahnhofsvorplatz, zur Neuorientierung, entdecken wir eine Art Infostand. Wir zeigen unsere Ticket-Abhol-Info von TripCom. Und siehe da, eine der Damen reagiert wissend darauf, Jubel! Sie bittet uns, ihr zu folgen und bringt uns zum (Neben)Eingang vom Ticketschalter mit richtigen Menschen hinter den Glasscheiben.

    Das mit Trip.com ist schon ne dolle Sache. Sämtliche Tickets für diese Reise haben wir schon mit der Reiseplanung in Deutschland gekauft, zu jeder Bestellung gabs jeweils eine Ticketnummer, die man vorort dann nur noch in ein Ticket umtauschen muss. Eigentlich, wenn man des Chinesischen mächtig wäre…

    Kurz Schlange stehen. Der Schalterbeamte liest die Abhol-Nummer, nimmt die Reisepässe und ratterratter, ein Ticket nach dem anderen hüpft fröhlich aus dem Drucker.

    Und wie geht‘s jetzt weiter? Wo sind eigentlich der Bahnsteig, wo die Züge? Hm.
    Vier Sherlocks scannen die Umgebung. Da wäre eine Wartehalle, in der Wartehalle viele viele Menschen und Leuchtanzeigen mit Zugnummern und Infos dazu. Wir machen Fotos von den Displays und versuchen zu raten, was uns Google uns so an Sinn und Unsinn anbietet.
    Wir finden heraus, dass man sich in dem Warteraum begeben sollte, der dem Zug zugeordnet ist. Der Zug wird aufgerufen, an einem Drehkreuz werden die Tickets plus Reisepässe gecheckt und wir sind durch, am Gleis, am Zug! Yes!

    Was für ein Anblick. Die Bauart der Abfahrtshalle erinnert mich ein wenig an die bunkerartige U-Bootwerft von „Das Boot“, nur dass da sehr stylische Züge drin stehen. Sehr stromlinienförmig, wie überlange Flugzeuge ohne Flügel. Ich bin begeistert.
    Unser Wagen mit unseren reservierten Sitzplätzen ist schnell gefunden, der Zug ist ausgebucht.
    Pünktlich auf die Minute starten wir mit einem sanften Angleiten. Hoppala, sind ja schon 100 km/h. Die Stadt hinter uns, geht es nahezu geräuschlos bis über 300 km/h, geil, die Geschwindigkeit ist nicht zu spüren.

    Wir frühstücken erstmal. Croissants, Obst - grüne Datteln, Lychee ähnliche Kugeln, Bananen - Kaffee aus der Dose, Toast mit Würsteln und Ketchup. Die Würstel sind eine Zumutung aus roter wurstförmiger, aber fester Paste, ekelhaftest. Wir verweigern weitere Versuche, die zu verspeisen, nicht einmal mit original chinesischem Heinz Ketchup.

    Schaut man aus dem Fenster sieht die Landschaft der Po Ebene im Frühjahr zum Verwechseln ähnlich. Das ändert sich die nächsten 1.500 km auch nicht mehr, ausser mal ein paar Berge dazwischen, die untertunnelt sind. Diese eintönige Landschaft wird immer wieder von hoch ragenden grauen Wohnsiloinseln in rechteckigen Planquadraten gestört, nicht nur architektonischer Brutalismus. Gruselig, da müssen Menschen wohnen. Wenn es mal kleinere Häuser gibt, sind die uncharmant und ebenfalls Grau. Grün, Grün, Grün, Grau, Grün, Grau, Grün, Grün.... eher langweilig. So klassische Dörfer sind nicht wirklich auszumachen, woran auch immer das liegt.
    So widmen wir uns unseren Blogs, Tagebüchern, dem Sitznachbarn oder gönnen uns etwas Schlaf oder essen grüne Datteln, Bananen, Chips und selbst importierte Gummibärchen. Neugierige Chinesenblicke beobachten uns ununterbrochen aus den Augenwinkeln. Manchmal schafft es sogar einer uns direkt anzulächeln. Werd einer schlau aus diesem Volk.

    Taubengrau, Steingrau, Rosegrau, Graugrau, Changsha kündigt sich an. 1.500 km in fünfeinhalb Stunden, ziemlich sportlich! Die mittelgroße Stadt mit ein paar Millionen Einwohnern präsentiert sich im Gegensatz zu Peking schon bei der Einfahrt etwas heruntergekommen.
    Wir kommen am Südbahnhof an, dem Bahnhof für die Hi-speed Züge. Der Umsteigezug fährt vom Hauptbahnhof im Stadtzentrum los.

    In Changsha gibt es eine U Bahn, die direkt vom Südbahnhof startet. Als Metro-Routiniers wissen wir bald, wohin die Reise geht und welche Tickets wir brauchen. 7 Stationen mit Linie 2 bis Changsha Railwaystation, 50 ct für jeden. Check.
    Der Platz um den Bahnhof ist in sozalistischem
    Grau und abgerockt. Anfangs war der Bahnhof als Gebäude in dem Haufen gesichtloser Bausünden nicht gleich auszumachen. MapsMe sagt uns, dank VPN, es müsste der große Prachtklotz mit dem Turm mit sozialistisch-heroischer Flammenskulptur sein.

    Dieser betonierte Zerfall hat seinen ganz eigenen, morbiden Charme des Sozialismus, der bei uns für wohlig-faszinierenden Grusel sorgt. Die DDR lässt grüßen. In diesem Ambiente entdecken wir eine DIY Suppenküche. Du nimmst dir eine große Schüssel und suchst dir aus einem sehr umfangreichen Buffet deine Zutaten zusammen. So grau es draussen ist, so bunt ist die Auswahl: exotische Pilze, Kräuter, Bällchen, Dumplings, diverse Nudelsorten, Fleisch, Fisch, Gemüse, usw.
    Deine Schüssel gibst du dann in der Küche ab und bekommst nach ein paar Minuten deine fertige Suppe an den Tisch - großartig! - und ein sehr günstiges Vergnügen, 15 Euro per tutti, inkl Getränke.
    Die Getränke holt man sich in den meisten Restaurants selbst aus einem Kühlschrank. Neben den üblichen Softdrinks gibt es Trinkjoghurt, Sojamilch und lecker, beastly cold Tsingtao Bier für Papa, aber nur eins und nur abends.

    Glücklich besuppt besorgen wir erst Lunch und marschieren dann zum Ticketcounter, ja-haa, jetzt haben wir’s raus! Wir ziehen unsere Tickets und begeben uns in die Wartehalle. Der Zug, den wir nach Zhangjiajie besteigen, ist ein regulärer, so wie wir den auch von unserer Bahn kennen, nur pünktlich auf die Minute.
    19 Uhr starten wir, elf Uhr abends kommen wir an. Im Zug geht es ein bisschen lustiger zu. Viele Familien reisen mit und, die die ganzen Viereinhalb Stunden nahezu ununterbrochen Essen und Snacken. Wir bekommen so einige freundliche Gesichter zu sehen, was uns gegenüber dem Chinesen an sich wieder etwas milder stimmt.

    Vom Bahnhof laufen wir ca eine Viertelstunde zum Hotel namens Yijiaqin Hotel. Ich habe meine Navigation auf Earthpocket Pro umgestellt, das funktioniert offline auch ohne vorherigen Kartendownload und ist sehr genau. Die Tochter des Hauses kann ein bisschen Englisch, genug, um das wichtigste zu klären. Ihr Vater war Guide im Park und würde uns morgen bei Routen gut beraten können.

    Wir bewohnen ein Familienzimmer mit zwei Räumen mit je zwei Queensizebetten im sechsten Stock, ohne Lift. Zum Vergleich: in Peking haben wir für fünf Nächte teure 550 € abgedrückt, in Zhangjiajie für vier Übernachtungen 91 €. Peking ist teuer.
    Wir haben angenehm viel Platz und duschen mit Panoramablick über die bunt blinkende 1,7 mio Einwohner Kleinstadt. Die Dusche kann nur warm bis heiss, aber es gibt dazu eine Bidetdusche. Draussen hat es immer noch 26 Grad, um halbzwei morgens donnert der letzte Flieger über unsere Bleibe. Mit den obligatorischen Ohrenstöpseln ist mir das leidlich egal. Gute Nacht!
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