• Dr. Pong

    27 Aralık 2024, Tayland ⋅ 🌙 25 °C

    Wow, dieser Ausblick am Morgen, vom achten Stock direkt auf den Chao Phraya und das Ratchawong Pier, dahinter die sprießende Skyline Bangkoks. wir hören bis zu uns hinauf das typische Gefiepe der Fährboot Boys, wenn sie das Anlegemanöver für den Kapitän dirigieren. Nicht nur die Lage ist einfach toppest, auch das Zimmer ist super, Nr 802. dabei sind wir nur in einem billigen Hostel, nicht im teuren Viersterneschuppen. Der Raum ist zwar klein, aber lichtdurchflutet, mit Balkon und sehr gepflegt, sehr bequemes Bett und vermutlich erst kürzlich renoviert. Für unseren Kaffee muss ich ins Erdgeschoss in die Gemeinschaftsküche, Tasse mit heißem Wasser vollpumpen, Nescafé rein und wieder hoch in den Achten. Im Gemeinschaftsraum steht auch der Kühlschrank für alle, mit lauter Plastikbeuteln drin mit den Zimmernummern drauf.

    Unser Frühstück ist eine Nudelsuppe gleich in unserer Straße, das beste Frühstück. Die regulären Läden haben jetzt auf und wir werden von dem typischen Asienkrimskrams magisch angezogen und hineingezogen, Hello Kitty, Labubu, Minions, Stitch und so. In einem Ventilator- und Thermoflaschenshop - die Auswahl ist riesig - kaufe ich mir eine Minithermosflasche für den Kaffee im Auto, die endlich mal dicht ist. Zwei Läden weiter gibt es Bauchtaschen, ich suche mir eine große aus, in die mehr als nur die Reisedokumente passen.

    Wir können uns nur schwer von dem ganzen verführerischen Blingbling der Shops losreissen, denn unser eigentlicher Weg führt uns ins Bumrungrad International Hospital. Ich muss jetzt unbedingt mein Ohr ernsthaft behandeln lassen, damit ich in drei Tagen hoffentlich flugtauglich bin. Sämtliche Maßnahmen der letzten Tage haben nichts gebracht, wirklich blöd, da steckt wohl eine massive Entzündung in meinen Kopfhöhlen, die alles blockiert. Ich bin nur froh, dass ich dabei keine Schmerzen habe. Zum KKH nehmen wir ein Taxi, mit den Öffis ist uns das zu kompliziert jetzt.

    Das Krankenhaus ist in einem Skyscraper, gefunden habe ich es über die Seite des Auswärtigen Amtes, dort gibt es für jedes Wehwehchen Empfehlungen für Fachärzte und Krankenhäuser. Zum Eingang laufen wir vorbei an Porsches, VW SUVs, Lexus, und noch mehr Nobelkarossen. Innen sieht es eher aus wie eine Nobelhotellobby, nicht wie eine Klinik, und so zuvorkommend wird man auch behandelt. Schon an der Tür wird man wie ein Gast in Empfang genommen, befragt und zum richtigen Desk gelotst.
    Als neuer Patient muss ich erst zur Aufnahme in der Lobby, Wartenummer ziehen, nach zwei Minuten bin ich an der Reihe für den Check In.
    Zur Behandlung müssen wir in den 10. Stock zur HNO. Dort werde ich als Patient registriert, weil ohne Termin, bin ich Standby und werde wohl länger warten müssen, zwischen 13:00 und 15:30 würde ich voraussichtlich dran kommen, jetzt ist es 12:00.
    Wir verlassen noch einmal die Klinik und würden uns gerne in ein Kaffee setzen. Um die Klinik herum ist es jedoch ziemlich trist und hässlich. Hinter dem Gebäude ist ein Klong, an dem ein kleiner Weg entlang führt. Größer können Kontraste nicht sein, alte, kleine Holzhäuser säumen trotzig den Kanal, denn gleich dahinter drängen die Wolkenkratzer der Sukhumvit Road. Um die Ecke, wieder auf einer großen Straße wird es halal, hier ist ein Araberviertel. Hier hausen die Familien, die ihrer operierten Angehörigen harren. Little Dubai mit Beauty Salons, Restaurants, Araberhotels und Supermärkten, wie in Dubai dürfen die Inder natürlich nicht fehlen. Aber ein Kaffee gibt es nicht.
    In einem Supermarkt holen wir uns Dosenkaffee und Cola Zero und setzen uns im Schatten auf die Treppenstufen einer Bank, die ist noch am saubersten.
    Die Bank nutzen wir, um ein paar unser überflüssigen Dollar in Baht umzutauschen, ein launiges Geschäft, aber besser als die Dollar zuhause verschimmeln zu lassen. Die Umtauschzeremonie dauert gefühlt eine kleine Ewigkeit. Bis die Formulare ausgefüllt sind, der Pass kopiert, die Dollarnoten gezählt sind, gecheckt, gegengecheckt, die Baht ausgezahlt, in Zeitlupe, puh! Für Eindollarnoten gibt es einen schlechteren Kurs als für die Zwanziger, Banken! echt.

    Um Eins laden wir dann im 10. Stock, ich gebe meine Formulare ab und dann heißt es warten. Die Aircondition dringt langsam aber sicher in unsere Knochen ein, das Denken wird langsamer, die Bewegungen schwerfällig, kurz vor Froststarre ziehen wir in eine schwächer gekühlte Zone um, kurzes Antauen bevor die Tiefkühlung erneut langsam einsetzt.

    Endlich um 15:30 werde ich aufgerufen. Nein, wir sind nicht wegen der Lungenentzündung und der Amputation der erfrorenen Extremitäten hier, nur das Ohr bitte. Dr. Dingdong untersucht mich mit Stimmgabel, Hörtest und saugenden Sonden tief in meiner Nase. Ergebnis, akute Entzündung in der Stirnhöhle. „Ich gebe ihnen viiiele Medikamente, dann sollte das System bis zur Landung hoffentlich wieder frei sein, ansonsten wird das rechte Ohr etwas schmerzen…“ Herzlichen Dank Herr Doktor, dann hoffen wir mal, immerhin ein Lichtblick, der meine Stimmung doch ordentlich anhebt.

    Zahlen im 15ten Stock, gegenüber ist gleich die Apotheke mit Medikamentenausgabe. Mit der Ausgabe bekomme ich von der Apothekerin noch sehr genau erklärt, was ich da schlucken werde, welche Dosierung und wann. Und das war’s dann, gottseidank kein perforiertes Trommelfell.
    16:30 stehen wir wieder unten vor der Klinik, geschafft! Und froh, dass ich zu denen gehöre, die jetzt wieder hier raus kommen. Und jetzt? Kaffee!

    Entlang der traurigen, verkehrsgefluteten, traurigen Sukhumvit Road, rundum die großen und wirklich hohen Hoteltürme, die ihre Schatten auf die andere Art von Touristen werfen, die schon jetzt am Nachmittag leer in den Bars hängen und schon voll mit ihrem ersten oder dritten Bier sind, auf hippe und geschäftige Thais, die in schicken Cafés mit ihren Geschäftspartnern oder Laptops sitzen und einen Iced Latte trinken, die röhrenden Tuk Tuks stören fast das monotone Rauschen des zähen Verkehrsflusses. Ich finde diese Strasse immer wieder trist. Aber jetzt sind wir nun mal hier und die Kaffeelust platziert uns mitten drin in diesem großstädtigen Grau in einem dieser Strassencafés mit den immerhin farbenfrohen Autos und kredenzt uns zwei Iced Latte.

    Der kurze Weg von der Asok MRT zur Metrostation Sukhumvit ist auch gepflastert mit Cannabis Shops, überhaupt ist die Stadt damit reich gesegnet. Seit der Legalisierung von Cannabis in Thailand 2022 ein Milliardengeschäft, viel Geld für den Staat. Spannend wird es zum Jahreswechsel, wenn diese ganze Industrie wieder für illegal erklärt wird. Nix genaues weiß man aber noch nicht.

    Mit der Metro zum Wat Magkong, kurz bevor wir Frostbeulen haben sind wir da. Wir staunen. Wir staunen nicht schlecht, dass vom Metroaufgang weg die Foodstalls losgehen, und viel Gewusel dazu. Tschak, gleich wieder mittendrin, Chinatown ist einfach großartig. Wir halten nur kurz durch bis wir wieder die nächste Suppe schlürfen. Diese Suppen hier sind einfach unwiderstehlich.
    Bis zum Hostel sind es fussläufig vielleicht noch 15 Minuten. Für den Geburtstagsanruf an Nele besorgen wir uns in einem Shop noch Jubelbrillen, Nele wird heute 18, der Wahnsinn, und feiert den mit Laura und Fynn in Berlin.

    Zurück im Hotel haben wir unsere nachweihnachtliche Liveschalte zu Heikes Familie, den Starkis in Monheim, Feiertagsupdate. Danach machen wir unser Geburstags FaceTime mit Nele in Berlin, das kalte Berlin. Schon komisch bei 30 Grad mit einer winterlichen Welt zu telefonieren, alle in dicken Pullis. Aber so schön sich zu sehen und zu hören, dass es allen gut geht.
    Danach noch über den Nachtmarkt zur Yaowarat Abendessen. Heike mag frische Chicken Saté mit Currysoße, ich freue mich über meine Duck Soup und wir freuen uns einmal mehr mittendrin zu sitzen im schönen, prallen Leben.
    Für den Heimweg wählen wir eine ruhige Seitenstraße, in der sich der tagsüber offenbar viele Schuhgeschäfte befinden, wenn wir die Werbetafeln richtig interpretieren. Die Dunkelheit in den kleinen Straßen Bangkoks erzeugt eine ganz besondere Stimmung, wenn die Dinge des geschäftigen Alltags zusammengeräumt an den Wänden lagern, nur wenige Lampen vereinzelt farbige Leuchtpunkte vor die grauen Fassaden klecksen, Katzen auf Vordächern liegen und entspannt ihr Reich überblicken, wenn über unseren Köpfen die dicken Kabelstränge und Kabelsalate im Gegenlicht der Straßenlaternen ihre Linien und Knoten Schwarz an die Fassaden und in den Nachthimmel krakeln. Ranzige Melancholie, eine gestresste müde Stadt, die sich freut endlich ruhen zu dürfen. Manchmal sitzen auch Leute in einer Ecke und trinken und ratschen, das Röhren der Tuk Tuks ist weit weg. Die Spannung zwischen dem alten Zerfallenden und den vielen Spuren der neuen, jungen Stadt, Siffe und Design, zwischen grau und bunt, trotzdem eins, silbern, still, langsam, wunderschön. Chaos mit Struktur, Überlebenskunst und Kampf und Kultur und die vielen verrückten, fleißigen, fröhlichen, ernsten, schrillen, normalen, inspirierten, tumben, traurigen, vielen, vielen Menschen dazu, die das alles so machen und geschehen lassen, das ist es, was ich an dieser Stadt so liebe. Hier kann man sich einfach hinsetzen und aufsaugen und sein und in dieser Glückseligkeit zerfließen - allerdings nur solange die Taschen voller Geld sind.
    Um 23:30 fallen wir zuhause müde ins Bett, was war das ein langer Tag.
    Okumaya devam et