Backpacking China

августа - сентября 2019
22-дневное приключение от Hulahula Читать далее
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    HimmlischerFrieden

    4 сентября 2019 г., Китай ⋅ ⛅ 0 °C

    Und heute, ja heute, ist ein großartiger Tag, ein Tag, an dem sich ein Kreis schließt, ihr kennt das Gefühl, wenn ihr das letzte Puzzleteil einsetzt, das Gefühl haben wir heute, himmlischer Frieden für unsere Reiseseelen.
    Ich weiss jetzt gar nicht, ob ich das vorher schon erzählt habe, nämlich, dass während der letzten zwei Wochen, die wir herumgetingelt sind, Jackie uns Tickets für die Verbotene Stadt online geschossen hat, jawohl, wir sind drin! Und er hat sie sogar vorfinanziert, richtig nett, und deshalb haben wir gestern das Angenehme auch mit dem Nützlichen verbunden und ihm die Eintrittsgelder plus dicken Tip übergeben.
    Übrigens heisst der Kaiserpalast offiziell Palastmuseum, soll ja schließlich keine romantische Sehnsucht nach den alten Zeiten und ihren Herrschern geweckt werden.

    Aber erstmal muss der Tag leider mit Ärger beginnen. Und der geht so: Ich stehe eine Stunde vor den Kindern auf, um unsere Flüge für Heute Nacht einzuchecken. Obwohl ich direkt am
    Counter vom Hostel sitze, arbeitet die KLM App per VPN sehr zäh. Als ich endlich durchkomme und unsere Daten eingegeben habe, rattert die Kiste ewig und es kommt schließlich der Hinweis, dass wir die Strecke mit China Southern fliegen und wir deshalb jetzt auch über China Southern einchecken müssen. Na servas. Also China Southern App laden. Bitte warten.... bitte warten... alles auf Chinesisch... na super... intuitiv finde ich den Schalter für Englisch: Bitte warten... Bitte erst Account anlegen... Mach ich glatt... Bitte warten... Account per Mail bestätigt... Login... bitte warten... bitte warten... VPN beendet.... nochmal alles von vorne.... nach dem zweiten Versuch ist es nicht besser... bitte warten... bitte warten... VPN crash... dritter Versuch, ich bin drin... Hello China Southern... Leude!...
    Ich schaffe es sogar die Flüge aufzurufen, aber Check-in nicht möglich, die Meldung sagt nicht wirklich warum, es geht halt nicht... noch ein Versuch... bitte warten... bitte warten... geht nicht... über die App gehts einfach nicht... ich gebe auf.
    Nächster Besuch auf der offiziellen China Southern Website. Alles in Chinesisch... nix Englisch... echt jetzt?... vergiss es... ich habe jetzt glatt zwei Stunden damit vertan... Die Kinder sind seit ner Stunde wach, fertig geduscht, gestriegelt, gepackt, reisefertig und frühstückshungrig... und geduldig, noch.
    Ich wende mich schwer frustriert an die eloquente Dame an der Rezeption und bitte sie um Hilfe.
    Sie versucht es an ihrem Rechner gleich auf der Southern Seite - und sie bekommt die gleiche Meldung wie ich: Die Flüge sind auf uns gebucht, aber Check-in nicht möglich. Sie puzzelt eine weitere Weile auf der Website herum, schließlich ruft sie direkt bei der Fluggesellschaft an.

    Noch eine Stunde weg. Jetzt ist es schon halbelf, um neun wollten wir eigentlich los. Mit unseren Onlinetickets für den Palast sind wir in einem Zeitfenster mit Eintritt vor 12 Uhr gebucht, und dann ist es doch noch eine gute Strecke bis zum finalen Gate: Erst durch den Hutong zum Tiananmen Platz, den überqueren, unter der breiten Straße durch, zum Tor des Himmlischen Frieden - da wo Maos riesiges Portrait drüber hängt, wer kennts nicht... - dann den großen Vorplatz vom Palast durchqueren bis ganz hinter zu den Gates, die Dimensionen und Strecken dieser Orte durften wir ja schon erfahren, ganz zu schweigen von den diversen Kontrollposten zum Platz des Himmlischen Frieden und den Umleitungen zur Unterführung der großen Straße. So eine ganz leise Panik fühle ich in mir dann doch aufsteigen, es könnte eng werden. Und, ach ja, frühstücken, das war doch was...

    Die nette Rezeptionistin weiss um unser Vorhaben und bietet uns mit dem
    Blick auf die Uhr und hochgezogenen Augenbrauen an, dass sie den Check-in für uns erledigen würde. Knutschen könnte ich sie!
    Die Situation mit unseren Flügen ist nämlich die, stellt sich heraus, dass wir für den Check-In nicht freigeschaltet sind, weil wir einen der vorangegangenen Flüge, also von Deutschland nach China, laut System nicht wahrgenommen haben sollen, wir sind also gar nicht in China.
    Ähhhm, Moment...

    Die Situation zu klären dauert. Die Fluglinie wird sich in einer halben Stunde wieder melden.
    Die Nette notiert unsere Daten, Passnummern, etc und schickt uns auf die Piste, sie macht das jetzt. Wie unglaublich nett ist das!
    Was bin ich erleichtert und schwupp steigt meine Laune ganz nach oben. Die Kinder dagegen sitzen unter einer dunklen Wolke von Ungeduld und Hunger. Nur noch unser Gepäck im Storage Room verstauen und raus, ein schnelles Frühstück suchen und dann Spurt.

    Raus in die Hitze. Das letzte Mal in Peking gabs strömenden Regen, heute knalle Sonne, 36 C, danke Petrus.
    Frühstück, dringend, jetzt! Ein kleiner Stand auf dem Weg, mit einer kleinen, lächelnden Frau in einer Box mit einem großartigen Rezept, es gibt eine Mischung aus Crêpes und Döner: Auf einem salzigen Crêpes wird ein Ei verstrichen, Huhn, Gemüse, Salat, Saucen, bäm! So lecker! Dazu Trinkjoghurt. Streetfood at its best, dieses Frühstück versöhnt uns wieder mit allem.

    Ausser mit Chronos, dem Herrn über die Zeit, der uns im Genick sitzt. Wir spurten. Damned, vor dem Tiananmen Platz eine lange Warteschlange - Polizeikontrolle, Schleuse, jeder einzelne wird gefilzt, die Taschen, der Körper, Ausweise her! Viermal alles Ok, warum auch nicht, großer, paranoider Bruder.
    Die Zeit, die liebe Zeit, die Kinder sind toll dabei, laufen mit, schauen dabei zwar etwas angespannt, aber der Kaiserpalast ist schließlich auch ihnen wichtig. Meine hammer tapferen Reisekinder, ich bin ja so stolz!
    Erfreulicher Weise gibt es heute keine Kontroll-Schikanen an der Unterführung. Hello again! Herr Mao lächelt erneut vom dem Tor des Himmlischen Frieden auf seine braven Schäfchen herunter, wir schlängeln uns elegant durch die zum Eingang drückende Herde, über alle Plätze, bis ganz hinter zu den Gates.
    Es ist Zehn vor Zwölf.
    Hui. Schwitz.
    Unsere online registrierten Pässe sind auch unsere Eintrittskarten, check in, wir sind drin, wie geil.

    Total verschwitzt, total durstig, in der Steinwüste. Grün oder Bäume? Fehlanzeige, nur Stein, soweit das Auge reicht. Als erstes suchen wir am Rand des ersten Hofes rettenden Schatten, fallen in uns zusammen und trinken all unsere Flaschen leer. Diese Hatz hätte es jetzt echt nicht gebraucht.

    Wieder regeneriert, fast getrocknet, und motiviert betrachten wir den Lageplan der Verbotenen Stadt und bestimmen unsere Route. Dieses ganze Palastdings ist... na? - ja genau! ...es ist riesig, riesengroß, gigantisch! Es gibt Stimmen, die behaupten, man hätte die ganze Schose in zwei Stunden abgeradelt. Das halten wir für unschaffbar, vielleicht, wenn man komplett durch rennt. Die armen Reisegruppen im Schweinsgalopp.

    Bevor wir so richtig starten, leihen wir uns Audioführer, die in einem sehr putzigem Deutsch die Abschnitte der Anlage erklären und nette Geschichten dazu erzählen. Leider geben bald zwei davon ihren Geist auf. Die Guides sehen aus wie iPhones, aber set up in China halt. So lauscht erst der eine von uns und erzählt es dann dem anderen. Fynn macht das richtig profimässig. Die Kisten starten bei Überschreiten von Checkpoints an erwähnenswerten Gebäuden automatisch ihre Ausführungen, das ist zwar tricky, aber auch etwas lästig, weil nicht stoppbar.

    Der erste große Platz ist der, den wir aus ‚Der Letzte Kaiser‘ kennen. Der Minikaiser spielt kichernd mit großen wehenden Tüchern und rennt dabei aus der großen Halle, die Tücher lichten sich und vor ihm kniet auf dem riesengroßen Platz unterwürfigst der ganze Hofstaat. Ein tolles Bild und wir sind jetzt mittendrin, in der Geschichte, schon aufregend, wir in Kaiserperspektive. Die gesamte Anlage und ihre Geschichten sind großartig, riesengroß und als Lebensraum für ein ganzes Leben doch so klein. Steine, Steine, Steine, kein Grün, in seiner Großartigkeit auch bedrückend und beklemmend.

    Ich werde hier jetzt nicht durch die vielen himmlischen, harmonischen und westlichen und östlichen Gebäude und Tore führen, treppauf, treppab, das bestaunt ihr dann besser mal selbst oder lest einen Kulturführer darüber, wie auch immer.
    Erwähnenswert aber auf jeden Fall die flankierenden Museen mit all ihren Kronen, Juwelen, Gegenständen, Kostümen, Pracht und Prunk, unglaubliche Handwerkskunst und Reichtum, sehr schön inszeniert.
    Immer wieder sehen wir Chinesinnen in historischen Outfits, die vor den Bauwerken für Fotos gegenseitig posieren, ganz für sich privat, für Insta, für ihr Karma, whatever, auf jeden Fall nicht für Touristen, das macht unsere Zeitreise perfekt.

    Erwähnenswert auch die Geschichte der Konkurbine, die im Audioguide bei einem Brunnenschacht in einem bestimmten Garten startet.
    Sie war die Lieblingskonkurbine vom Kaiser, die Frau, die er wohl richtig geliebt hatte, er hatte ihr einen eigenen Teil des Palastes mit eben diesem Garten eingerichtet und die Kaiserin hat sie dafür gehasst. Solange der Kaiser anwesend war, wurde sie von ihm beschützt. Als er aber wegen eines Krieges fliehen musste, gab die Kaiserin promt den Auftrag, die vorerst zurückgebliebene Geliebte verschwinden zu lassen, genau in diesem Brunnen. Platsch. Drama, Baby. Sind das Geschichten?
    Das Buhlen um Gunst, Macht und Vorteile diverse muss am chinesischen Hof ein großer Zeitvertreib gewesen sein. Intrigen, Verrat und Mord, dann noch die Eunuchen... bestimmt gibt es darüber zig Filme.

    Die Hitze macht uns fertig. Viele viele Pausen, literweise Wasser, die Weitläufigkeit der ausgesetzten Plätze, das ist definitiv anstrengend - und fesselnd zugleich.
    Am von uns aus hinteren Ende der Palastanlage erreichen wir die kaiserlichen Gärten. Gärten, naja, Kieswege, ein paar krumme Gehölze, ein paar Bäume, Pavillons, Steinhaufen, die einmal mehr die prominentesten Gebirge des Landes darstellen sollen, große Vasen, Steine, Steine und Steine. Nix Grün.

    Auf dem Rückweg bestaunen wir die Schlafgemächer der kaiserlichen Familie und das Bett des Kaisers selbst. Möbel, Interieur, das ist es, was wir sonst in den Hallen und Räumen vermisst haben. Die ausgestatteten Räume haben gleich eine ganz andere Ausstrahlung, sie werden lebendig irgendwie.

    Es ist jetzt schon späterer Nachmittag und wir laufen auf einer anderen Route zurück zu unserem Eingangsbereich. Das Gelände ist richtig leer jetzt, keine Reisegruppen mehr, kein Trubel, späte Nachmittagssonne. Die roten Wände der Paläste, die bunten Dächer, die weissen Treppen, alles beginnt in wärmsten Tönen zu leuchten. Eine wunderbare Ruhe liegt über allem, eine unglaubliche Stimmung. Von manchen erhabenen Palästen können wir die ganze riesige Kaiserstadt überblicken. Innehalten, genießen, wow. Himmlischer Frieden. Wir sind einer Meinung, egal wie anstrengend das bisher war, der Palast ist ein absoluter Höhepunkt.

    Leise Töne irritieren uns plötzlich. Aus der Ferne klingt: Blasmusik, eindeutig. Gebt euch das. Chinesischer als chinesisch geht es gar nicht und dann bayrische Blasmusik in der Luft. Wie geil. Natürlich versuchen wir der Quelle näher zu kommen, durch die Mauer, das Tor, hinter dem die Kapelle mutmaßlich aufspielt, werden wir aber nicht mehr durchgelassen. Das Gelände wird Schritt für Schritt zum Feierabend gesperrt und die Besucher rausgeschoben. Wie schade, eine schräge Sache das.

    Schnell sind wir dann draussen und wieder vor den Toren der Verbotenen Stadt. Nicht da, wo wir rein sind, nein, an irgenddeinem Ausgang an der Seite. Was bedeutet, ca drei Kilometer aussenrum zurück zum Tiananmen Platz hatschen. Wähh. Und wenn‘s nicht so interessant wäre, in diesem Land zu flanieren, könnten wir jetzt glatt jammern. Aber der Weg ist das Ziel und viel zu spannend.

    Tiananmen Platz, in der Abenddämmerung, grandios irgendwie, aber auch paranoider Parade- und Überwachungswahnsinn. Emsig werden auf und um den Platz die Aufbauten für die 70-Jahrfeier der Staatsgründung zusammengeschraubt. Was auffällt, ist die Beflaggung der großen Laternen- und Überwachungsmasten auf unserem weg zur U-Bahn. Neben der chinesischen Flagge hängt nämlich auffälliger Weise jeweils eine deutsche.

    Eine wartende Menschenmenge entlang von Absperrgittern verhindert unseren Weg weiter zur U-Bahn. Wir Ahnungslosen wundern uns langsam, Blasmusik, Deutschlandfähnchen, Absperrgitter... wir sind neugierig. GoogleApp übersetze bitte: „Entschuldigen Sie bitte, worauf warten Sie hier?“ Der dritte befragte Chinese zückt sein Handy und lässt uns wissen: „Ein Politiker kommt gleich, sieben Uhr“ - und macht ein Foto von uns.
    Es ist jetzt halbsieben, wir beschließen zu warten und gesellen uns zu den anderen am Absperrgitter, die Mädels ganz vorne. Schließlich kann es sich bei einem so großen Bohei um sicher keinen ganz unbedeutenden Politiker aus Deutschland handeln.
    Hinter der Absperrung sehen wir ein Podest mit Podium und Mikrofonen, daneben einen ewig hohen Fahnenmast mit chinseischer Flagge.

    Bis sieben vertreiben sich die Chinesen die Zeit mit Deutsche Mädels filmen, die sich wiederum die Zeit damit vertreiben Chinesen zu filmen, die deutsche Mädels filmen. Ein lustiges Spiel. Scheiß Sprachbarriere.
    Und dann öffnet sich das Tor des Himmlischen Frieden - das Tor unter Maos Portrait - und im Stechschritt marschieren Soldaten aus dem Kaiserpalast in maximaler Synchronität auf das Podest zu. Respekteinflößend und beängstigend hallt der harte Takt der Stiefel unisono über den Platz. Dazu hallen die lauten Befehle der Offiziere. Gespenstisch. Ich habe so etwas noch nie miterlebt und bin auch nicht traurig darüber. Auch die Kinder sind komplett gefesselt und fasziniert. Eine gefährliche Magie.
    Im Ergebnis der Parade wird das Podest mit der Fahne von den Militärs geometrisch umstellt, die Fahne fürchterlich umständlich vom Mast eingeholt, zusammengefaltet und begleitet von der ganzen Militärmischpoke, etwas zügiger in wieder den Palast zurück getragen. Nu sind se alle wieder weg. Und die Politiker? Nichts, das Podest bleibt leer. Keine Frau Merkel oder bayrischer Ministerpräsident oder sonstwer.
    Die Menge raunt und kommt in Bewegung. Und jetzt kommt das, was mich wirklich beeindruckt. Wie schnell die Versammlung aufgelöst wird!
    Einzelne Personen treiben, wie Hirtenhunde eine Schafherde, die Menschen von den Absperrungen weg Richtung der Ausgänge vom Platz, Fahrzeuge von weiter Aussen mit großen Schiebern nehmen der Menge immer mehr Freiraum, engen sie ein, nicht aggressiv aber unaufhaltsam. Offensichtlich ist das Volk dieses Treiben hier gewöhnt, trottet artig davon, und innerhalb kürzester Zeit ist keine Menschenmenge auf dem Platz mehr vorhanden, in Luft aufgelöst. Irre. Dann trollen halt auch wir uns.
    Wir haben nämlich noch eine Verabredung mit Jackie, im Hostel, ganz privat, wir wollen zusammen zum Abschied Essen gehen.
    Natürlich müssen wir aufgrund von weiteren Absperrungen um den Platz wieder einen Umweg gehen, vorbei an der hübsch illuminierten Parteizentrale, auffällig unauffällige kleinere Trupps von Geheimpolizei marschieren an uns vorbei, wir tauchen ein in das Gassengewirr der Hutongs.
    Es ist jetzt dunkel, die Restaurants und Shops und Boutiquen und die erwartungsvoll flanierenden Menschen zaubern eine sehr schöne Stimmung auf unserem Heimweg.
    Jackie wartet schon auf uns, er ist mit dem Fahrrad gekommen. Er hat uns ein typisch Pekinger Restaurant ausgesucht, ganz traditionell. Da gibt es also die Küche, die wir von den Chinesen bei uns so kennen, wir sind gespannt.
    Jetzt haben wir endlich die Chance, uns mit einem Einheimischen zu unterhalten und Antworten auf alle unsere Fragen zu bekommen.
    Und wir nutzen sie und fragen und reden und er erzählt, ganz unspektakulär, ganz alltägliches und superinteressant.
    Als Geschenk hat er uns Tee mitgebracht. Viele kleine Portiönchen von verschiedenen Teesorten, die er uns ausführlich erklärt, er liebt Tee und ein Freund hat einen entsprechenden Laden, aus dem er absortiert hat.

    Bevor unsere Essensbestellung serviert wird, bekommen wir ein paar dieser Teesorten zubereitet. Besonders gut schmeckt mir der weisse Tee, schon mal probiert? Entgegen meines Wissens lässt man in China wohl viele Sorten nur sehr kurz ziehen, um das beste Aroma zu bekommen.

    Selbstverständlich sitzen wir an einem großen runden Tisch mit Drehscheibe. Denn jeder möchte von den Auberginen mit Schwein, dem Lamm mit Zwiebelgrün, den frittierten Shrimps im Teigmantel, den Datteln und der Yamswurzel mit Morcheln und Gemüse probieren. Ein Festessen, ein würdiges Essen zum Abschied. Jackie erklärt uns geduldig und sehr bemüht seine Kultur und die Küche und die Gewohnheiten seiner Landsleute. So ein Glück, dass wir ihn kennenlernen durften.

    Um 21:30 beginnt dann der Countdown unserer Heimreise. Wir laufen komplett mit Essen befüllt zurück zum Hostel, holen unsere nicht weniger prall gefüllten Rucksäcke und marschieren zur nächsten größeren Straße zum Treffpunkt mit dem Flughafentaxi, das uns Jackie organisiert hat, irgendein Verwandter wohl, eh klar. Lach.
    Zeit von unserem netten Kumpel Abschied zu nehmen, herzlich, aber doch chinesisch distanziert.

    Um 23:00 erreichen wir den Flughafen. Auf den Toiletten machen wir uns frisch und ziehen uns für den Flieger um.
    18 kg wiegt mein Rucksack jetzt, viele Kilo Souvenirs und Mitbringsel. Und tonnenweise Erinnerungen und Gedanken im Kopf und Emotionen im Herzen, gerade wiegen sie sehr schwer, die Freude, die Melancholie und der Abschied. Erleichterung aber auch, dass wir bald wieder freie Menschen sein dürfen, raus aus der Kontrolle und Überwachung, raus aus der Matrix.

    Ein letztes Mal piepen meine Batterin beim Securitycheck, ich werde aber von der Polizei durchgewunken, wir flutschen durch die Immigration, Visa ausgestempelt - wir sind offiziell raus aus China.

    Todmüde Warterei am Gate, bis wir den mächtigen A380 endlich beboarden dürfen.
    Um 1:40 heben wir ab, es geht wirklich wieder Nachhause. Und ich sage wie es ist, wie wir uns jetzt alle fühlen: zufrieden und satt und irgendwie auch seltsam erleichtert, wieder frei, wieder privat.
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  • День 21

    EndTitles

    5 сентября 2019 г., Германия ⋅ ☁️ 0 °C

    Nachtflug, wie angenehm, wir haben tatsächlich geschlafen, mehr oder weniger. Der Anschluss in Amsterdam klappt super, noch eine gute Stunde im Flieger, übernächtigt, reiseversifft und still, mit lauter Schwarz gewandeten Business Leuten und wir sind wieder in München, das Gepäck rutscht bald komplett auf unseren Trolley. Der Parkservice bringt uns brav zum Parkplatz im Umland vom Flughafen und ich muss jetzt Autofahren, igitt, eine ganze Stunde noch und dann noch eine.
    Es ist Vormittag als ich die Kinder in ihrem
    Zuhause auslade. Ein harter Abschied. Nach drei so intensiven Wochen mit so viel Nähe. Es ist sehr still auf meinem Weg zu meinem Haus. Zeit für viele Gedanken.

    Wie wars jetzt eigentlich so? So in China, drei Wochen mit drei Kindern und auf eigene Faust?
    China ...also. Die Reise war bisher die nachhaltigste und beeindruckendste Reise, die ich unternommen habe. Die Erlebnisse, die Bilder, die Gefühle, auch nach Wochen ploppen die unglaublich intensiv klar und vollständig im Geiste auf. Das Gefühlspendel bewegt sich mit allen Zwischentönen in Extremen von fasziniert bis genervt, von glücklich bis frustriert, von mega entspannt bis gestresst. Ein Abenteuer.
    Eine Reise nach China beginnt schon mit den intensiven, umfänglichen und teilweise sehr nervigen Vorbereitungen, im Land selbst bleibt man konzentriert, es wird viel von individual Reisenden gefordert. Reisen in China ist sicher kein Urlaub, dennoch überwiegen eindeutig die guten Momente, der Aufwand und die Umstände lohnen sich unbedingt.
    Wenn wir von unserem Reisen in diesem Land erzählen, dann zuerst von den Restriktionen, der Reglementierung, der Überwachung, der Schikane, von der schwer erfassbaren Gesellschaft und dem ungewohnten Verhalten der Menschen, den unausweichlichen Massen. Das alles kennen wir Freiheit verwöhnte und selbstbestimmte Menschen nicht, umso mehr wiegt es in der Erinnerung und prägt die Eindrücke einer Chinareise wesentlich.
    Nach dem Luft holen kommt dann aber auch unmittelbar das, was mich noch viel tiefer berührt, diese unfassbar schönen Landschaften, die eigenwillligen und großartigen Städte, die Kultur, das leckere Essen, die überraschenden, regionalen Küchen, das angenehme Fortbewegen, das sich zu 100% erfüllende Klischée, die komplett unerwarteten Entdeckungen und Aussergewöhnlichkeiten, die kleinen, unzähligen Szenarios des Alltagslebens, diese ganz andere Welt.
    China ist so riesengroß und hat so unglaublich viele Facetten und wir haben nur einen Bruchteil davon gesehen. China ist überwältigend, beeindruckend und eine Lebenserfahrung.

    Mir kamen bei Gesprächen auch viele Vorbehalte zu einer Reise in dieses kommunistische Land mit seinem totalitären Regime zu Ohren, „ausgerechnet China...“
    Meine Meinung dazu ist, gerade deshalb auf eigene Faust zu den Menschen in diesen Ländern zu reisen, als Europäer mittendrin, im Alltag, teilnehmen, wahrnehmen, die Kultur und die Kunst wertschätzen, respektieren, Rucksack zeigen, da sein, eigenständig, zuhören, wenn es denn mal möglich ist. Und wenn die Reise dazu dient, am eigenen Leib zu erfahren, wie wichtig Freiheit ist, was es bedeutet selbstbestimmt und frei zu sein, in einer Demokratie zu leben, Privatsphäre zu haben, zu erfahren, was Überwachung und ständige Kontrolle bedeutet, wie sich die anfühlt und zu wissen, wie schnell man aus dem Raster fällt und staatlicher Willkür ausgesetzt sein kann. Was immer man für sich aus dieser Erfahrung macht, gerade deshalb auch China.
    Ich bin mir sicher, dass auch wir mit unseren Rucksäcken Eindrücke und Gedanken hinterlassen haben. Wer weiss, welchen Samen wir damit gesät haben und wozu das einmal gut sein wird.

    Und ja, ich würde wieder nach China reisen, jetzt weiss ich ja wie es geht.
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