• Es kommt darauf an, was man draus macht

    16. juli 2018, Letland ⋅ ⛅ 24 °C

    Der Morgen empfängt uns mit blauem Himmel und milder Luft! Gegen 9 Uhr starten wir vom modernen Campingplatz am Pape See Naturpark. Leider war der See hier anders als erwartet gar nicht sichtbar, und das Dorf Pape entpuppte sich als verstreute Ansammlung heruntergekommener Holzhäuser. Man fragt sich, warum die hier nicht viel mehr machen als den Campingplatz, um Touristen anzuziehen und zu den Naturschönheiten zu lotsen. Die junge Frau am Camping rückte auch erst auf Nachfrage mit dem WLAN-Code raus und antwortete auf meine Frage nach Seezugang und Einkaufsmöglichkeit nur "ja, wenn Sie den See sehen wollen, müssen sie ein Boot leihen, aber Sie sind hier schon mittendrin im Naturpark Pape See" und "das ist hier schon der Ort, und in einem Haus ist eine Art Shop, wo manchmal etwas verkauft wird, aber das steht nicht dran, da müssen Sie fragen...".
    Über die 8km lange "Wellblech-Buckelpiste" zuckeln wir mit Tempo 20 ohne Abschiedsschmerz zurück zur Autostrasse. Autobahnen gibt es ja nicht in Lettland... Geschafft! Zügig gelangen wir nach Norden zum nächsten Ziel, der WWF-Station auf der Ostseite des Pape Sees in der Nähe von Kalniški. Nach 6km erstaunlich guter Schotterpiste und einem tiefhängenden Ast über der Piste kommen wir ungeschüttelt beim kleinen Holzhäuschen an der Weide an. Eine Schülerin führt uns zur relativ nahen Herde der ca. 30 Wildpferde, die in Gruppen herumstehen. Wegen der vielen Fliegen wedeln sie ständig mit dem Schweif. Die Fohlen schlafen faul auf Erdflecken. 1999 wurden die Pferde aus den Niederlanden geholt und hier angesiedelt. In der Nähe grast eine Wildochsen-Herde, ebenfalls mit Kälbchen. Ein wunderschöner Anblick, diese Tiere auf den saftigen Weiden mitten im Nirgendwo! Sogar der bisher versteckte Pape See schimmert nun blau hinter den Bäumen. Nach ausgiebigem Mittagsfrühstück fahren wir weiter nach Liepāja, das zu Sowjetzeiten Sperrbezirk war. Entsprechend spröder Charme empfängt uns in den Vororten. Grosse Kreisel mit sozialistisch anmutenden Dekorationen, Plattenbauten und blätternder Putz. Dazwischen moderne Supermärkte mit dem Motto "cash and carry", Einkaufszentren und Tankstellen wie bei uns. Mangels Parkmöglichkeit sparen wir uns den Besuch der orthodoxen goldenen Kathedrale. Nachdem wir die Vorratskisten aufgefüllt haben, geht es über eine Schlaglochstrasse mit einer Baustelle an der anderen nach Pāvilosta, einem kleinen Ort direkt am Meer. Hier weht Aufbruchstimmung. Die Zufahrtsstrasse ist geteert und führt durch eine Allee und an Parks vorbei, am Ortseingang warten eine Touristinformation und ein Café. Obwohl alles ziemlich verschlafen ist, gibt es sogar einen Bootsverleih am Hafen und eine Surfschule. Wir fahren zum Strandparkplatz im Norden und erleben eine Überraschung: blitzblank renovierte und neue schicke Holzhäuser beidseits der Strasse, eine stylische kleine Bar und eine moderne Strandlounge, wo uns ein Deutscher mit Berner Autokennzeichen tiefenentspannt empfängt. Hinter dem kleinen Waldstreifen braust das Meer an den feinen weissen Sandstrand, wo wir uns kurz in den Wellen abkühlen. Na, also, geht doch! Eigentlich nichts los hier, aber war draus gemacht! So geht das! 🐝
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