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  • Day 84

    Karma in St. John's

    April 30, 2019 in Canada ⋅ 🌬 2 °C

    Das Leben besteht aus einer Aneinanderkettung von Zufällen. Bei mir scheint sich das Warten und der Glaube daran, dass sich alles so zusammenfügt, wie es sein soll ein weiteres Mal bewährt zu haben. Ich habe nun einen Plan, wie es bis Ende Juni weitergehen soll. Einen weiteren Plan B entwerfe ich nötigenfalls, wenn es soweit ist.

    Plan A bestand aus
    1) Auto kaufen in St. John's,
    2) quer über die Insel reisen bis in den hohen Norden,
    3) die Fähre nach Labrador nehmen,
    4) Torngat National Park besuchen,
    5) über Québec ganz aus dem Osten einen Roadtrip nach Toronto machen

    Nachdem mir die Salsatänzer mit ihrem Rat, ein gutes Auto für die Schotterstraßen in Labrador zu kaufen einige Sorgenfalten auf die Stirn gezaubert hatten, will ich doch etwas mehr über den Tripp herausfinden. Ich hatte mir bislang überhaupt keine Gedanken gemacht. Eine umfangreiche Internetrecherche ergibt, dass der Torngat National Park auf dem Landweg nicht erreichbar ist. Uff! Also fliegen? Dieser um die 5000C$ teure Wochentripp würde meine Low-Budget-Kasse derart sprengen, dass ich im Anschluss postwendend nach Hause paddeln könnte. Auch der Automarkt gibt nicht viel her. Ich bin ziemlich entäuscht. Mindestens eine volle Minute lang. Dann explodiert der kreative Teil meines Gehirns und bastelt neue mögliche Konstellationen zusammen. So entsteht eine neue Route, Plan B:

    Plan B = neuer Plan A
    1) kein Auto kaufen
    2) mit Bus / als Anhalter 3-4 Stopps in Neufundland ansteuern
    3) mit der Fähre nach Nova Scotia
    4) mit dem Zug nach Montréal
    5) Autokauf in Montréal oder Toronto
    6) mit dem Auto oder Zug nach Toronto
    7) Spartan Race in Toronto

    Sofort ab ins Internet (es ist Discount Tuesday bei Via Rail) und die Preise abchecken - alles im akzeptablen Bereich. Als ich die Buchung für das Ticket nach Montréal (nur 45C$) durchführen möchte, klingelt es an der Tür und als ich öffne, steht mein Alternativplan B vor der Tür.

    Alternativplan B ist ein unangemeldeter Gast, ein "walk-in". Ich checke ihn zusammen mit meinem "Azubi" ein und wir haben alle viel Spaß. Scheint ein normaler Mensch zu sein. Durch Zufall kommen alle Hostelgäste im Flur zusammen und wir beschließen, einen Spieleabend zu veranstalten. Auf dem Weg zum nahe gelegenen 'Corner Store' "Needs" finde ich heraus, dass unser Walk-in aus Wolfville kommt (was für ein Zufall). Ich springe in dieser Geschichte auch sogleich zum Frühstück am nächsten Morgen, denn da erfahre ich, dass der Walk-in einen ausgebauten Campervan hat, den er nicht mehr braucht. Und nachdem es nicht schon genug Zufälle sind, kommt er auch noch aus BC, genauer gesagt, Vancouver Island. Also genau dort, wohin ich Maple Syrup liefern soll. Theoretisch kann ich dann auch den Van im Garten der Eltern abstellen, schlage ich vor, und bekomme kein 'nein' als Antwort.

    Das Ganze klingt jetzt zu schön um wahr zu sein, aber ich gehe im Moment einfach mal davon aus, dass dieser Plan, mein neuer Plan A wie folgt durchgeführt werden kann:

    Plan A3:
    1) kein Auto kaufen
    2) mit Bus / als Anhalter 3-4 Stopps in Neufundland ansteuern
    3) mit der Fähre nach Nova Scotia
    4) Autokauf in Wolfville / Besuch meines Kalbes (hatte ich erwähnt, dass das erstgeborene Kalb auf "meiner" Ranch nach mir benannt wurde?) und KFC / Einsammeln von Ahornsirup beim Nachbarn
    5) Roadtrip nach Toronto
    6) Spartan Race in Toronto
    7) Arbeiten auf Pferdefarm in Ontario
    8) Schwester einsammeln in Toronto -> Roadtrip

    Ich plane nun meine Zeit in Neufundland. Es ist noch etwas frisch hier, die Campingplätze in den Nationalparks machen erst Mitte Mai auf und im Moment möchte ich auch ehrlich gesagt nicht im freien Nächtigen, auch wenn es nur noch gering unter den Gefrierpunkt geht.

    Ich beschließe, die erste Mai-Woche ins Hostel nach Bonavista zu fahren, um dort Eisberge zu bewundern und dann noch 2 Wochen auf einer kleinen Hobbyfarm mit Ziegen, nem Pferd, Hühnern und Hunden zu verbringen. Dann hab ich noch etwa 2 Wochen, um die Nationalparks zu durchwandern, bevor ich zurück nach Nova Scotia reise, um mein Auto, den Ahornsirup und meine neuen aus Deutschland gelieferten Barfußschuhe abzuholen.

    Die nächsten Tage und damit meine letzte Woche in St. John's vergeht relativ schnell. (Hostel-)arbeit, Yoga, Museumsbesuche, Barbesuche, Salsaabende. Es ist immer was los.

    Der Winter hält nochmal kurzen Einzug und verwandelt die Stadt in ein romantisches Eiskunstwerk. Sowas habe ich noch nie gesehen! Da kann nicht mal das Museum "The Rooms" mithalten. Ich schaue von dort lieber aus dem Fenster über die zugefrohrene Stadt. Ein Meisterwerk der Natur!

    Ganz besonders ist der Kinoabend im Cineplex St. John's. Wir haben Tickets für Dienstag Abend reserviert. Ganz wie daheim gibt es am Dienstag vergünstigte Tickets. Wir wollen D-Box ausprobieren, daher ist das ideal. Wir sparen uns 10C$. Es kostet immer noch 18C$ (12€), plus die 8C$ Popcorn. Aber zumindest ist das reingeschmuggelte Bier günstiger gewesen. Und der Film - Avengers Endgame - dauert immerhin 3 Stunden. Ich trau mich fast nicht, mein Bier zu öffnen. Alkohol ist wohl verboten hier im Kino, zumindest sehe ich nur Pepsi & Co. in den Getränkehaltern. Was für ein spaßbefreites Land! Ach nein, sie haben ja erst Cannabis legalisiert. Ich kann den Geruch ehrlich gesagt schon nicht mehr ausstehen. Bei uns im Hostel wird geraucht, was das Zeug hält. Ich bin fast jeden Tag high nur vom Passivrauchen des Zeugs. Ich bin halt nicht so der Mensch, der runterkommen möchte, daher hab ich es in den drei Monaten seit ich hier bin tatsächlich noch nicht geschafft, das Zeug zu rauchen.

    Zurück ins Kino. Die D-Box-Sitze sind ganz cool. Anfangs denke ich, hinter mir sitzt ein unruhiges Kind, dass mir immer in den Sitz tritt. Aber nein, ich hab für dieses Erlebnis bezahlt! Bei den Kampf- und Flugszenen ist es aber schon ziemlich genial!

    Ich denke, das wars dann erst mal zu St. John's. Es war anders als ich es mir vorgestellt hatte, obwohl ich nicht mal weiß, WAS ich mir vorgestellt hatte. Wahrscheinlich so, wie in Irland. So ist es aber nicht. Zumindest nicht im Winter. Trotzdem war es eine unvergessliche Zeit.
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