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  • Day 48

    Nesjøen - Storerikvollen

    July 17, 2023 in Norway ⋅ 🌧 9 °C

    Die ganze Nacht rüttelt der Wind am Zelt. Es ist richtig laut und am Abend überlege ich, Ohropax zu benutzen. Die habe ich erst einmal benutzt. Allerdings fällt mir ein, dass diese mit großer Wahrscheinlichkeit, eingerollt in meinem alten Zelt, gerade auf dem Weg durch Südnorwegen sind. Da werde ich mir in Storlien neue besorgen. Um kurz vor fünf werde ich wach. Ich esse etwas Brot und Salami und schlafe noch etwas. Um halb acht mache ich mir dann einen Kaffee. Draußen ist es immer noch sehr windig. Dafür scheint die Sonne. Ich packe alle meine Sachen und schaffe es heute sogar, das größere Paar Schuhe mit im Rucksack zu verstauen. Um 09.15 Uhr mache ich mich auf den Weg.

    Der Pfad führt bergab bis zu einer Schotterstraße, welcher ich Richtung See folge. Also das, wo gerade kein See ist. Rechts soll ein Pfad abgehen. Erst als ich auf dem verlassenen Campingplatz stehe, schaue ich noch einmal auf meine Karte. Ich bin zu weit gelaufen. Ich gehe zurück und genau da, wo der Pfad abgehen sollte, ist nicht wirklich was. Ich gehe querfeld ein runter zu einem rauschenden Bach. Tatsächlich sieht es so aus, als wäre hier mal eine Brücke gewesen. Ich kann den Bach aber auch ohne Brücke über ein paar Steine queren. Dann geht es weglos auf der anderen Seite wieder hoch. Heute Morgen habe ich mit Tobi geschrieben. Er ist schon deutlich weiter und macht heute erst seinen zweiten Ruhetag. Die letzten drei Tage ist er 100 km weglos quer durch die Natur. Dieser Abschnitt wird mich auch noch erwarten. Da kann ich heute ja schonmal anfangen zu üben. Doch schon nach einigen Metern lande ich auf einem markierten Pfad. Scheinbar wurde die Wegführung hier geändert.

    Der Pfad mündet bald auf eine Schotterstraße, die nach einiger Zeit zur Nedalshytta, einer bewirtschafteten DNT-Hütte, führt. Von hier geht es seit langem mal wieder steil bergauf. Nach 300 Höhenmetern bin ich oben in einer Art Hochebene. Es ist wunderschön. Es bläst der Wind recht kalt, aber noch scheint die Sonne. Es gibt einige sumpfige Abschnitte, von denen ich mich heute aber nicht stören lasse. Ich komme richtig gut voran. Der linke Fuß meldet sich wieder und nach 6 Kilometern mache ich meine erste Pause und mache ein paar Dehnübungen. Dann geht es weiter. Die Kulisse hier ist wieder der absolute Wahnsinn und wie so oft bin ich absolut allein unterwegs. Der Hauptweg geht rechts ab. Meine App sagt aber, dass ich links bleiben soll. Der Weg ist lange Zeit nicht eindeutig. Immer wieder gibt es aber alte Markierungen.

    Mal gehe ich einfach grob in eine Richtung, mal prüfe ich auf der App, ob ich noch richtig bin. Lange Zeit funktioniert das sehr gut. Als ich sehe, dass es hinter mir richtig dunkel wird und der Regen im Anmarsch ist, mache ich eine Pause, dass ich mein restliches Brot und Salami noch im Trockenen Essen kann. Es dauert aber nicht lange, dann fallen die ersten Tropfen. Ich gehe weiter. Als ich zwischendurch Netz habe, sehe ich, dass Helsport mir geantwortet hat. Meine angefragten Zelte wären auf Lager und die könnten sie an eine Postfiliale schicken. Ich merke aber schnell, dass das nicht meine Lösung ist. Erstens sind die Zelte im Helsport Onlineshop viel teurer als in den Läden und zweitens möchte ich für so viel Geld nicht einfach blind kaufen. Ich schaue mir die weitere Tour in meiner App an. Vier Kilometer vor meinem Tagesziel, was in einer eher sumpfigen Gegend zu sein scheint, gibt es eine bediente DNT-Hütte. Hier könnte ich im Zelt übernachten, dafür aber duschen und ein ordentliches Frühstück bekommen.

    Ich gehe weiter und folge den vielen Holzstäben, die die Winterroute markieren. Allerdings geht dieser Weg quer durch den Sumpf. Die Route ist wirklich nur für den Winter geeignet, wenn Massen an Schnee die Landschaft unter sich begraben. Irgendwann checke ich wieder die App. Ich bin zu weit gegangen. Ich gehe rund 150 Meter zurück und gleich Richtung Route. Als das GPS sagt, dass ich genau auf dem Weg bin, sehe ich nichts dergleichen. Immer wieder regnet es leicht. Die Schauer, die ich in der Ferne gesehen habe, sind Richtung Osten abgezogen. Ich folge dem GPS und quere einen Bach. Tatsächlich finde ich dann meinen Pfad. Es dauert aber nur wenige Meter, bis ich ihn wieder verliere. Mit dem Handy vor der Nase kämpfe ich mich durch hohes Gras, Sumpf und Gestrüpp. Jetzt legt auch noch der Regen immer mehr zu. Immer wieder navigiere ich zurück zu der Linie, die auf dem Display meinen Weg markiert. Wenn ich einen Pfad finde, löst er sich nach einigen Metern erneut auf. Ich glaube, das sind nur Pfade vom Wild, das regelmäßig hier her läuft. Schuhabdrücke finde ich nie. Jetzt geht es auch noch bergauf. Querfeldein! Und der Regen legt richtig zu. Das Display lässt sich nun auch nicht mehr bedienen, weil es nass nicht auf meine Finger reagiert. Wasserdicht ist es um Glück. Aber dennoch hilft es mir hier gerade nicht viel.

    Ich gehe weiter quer durch die Pampa. Mittlerweile gesellen sich immer mehr Mücken dazu. Es werden noch mehr, als der Regen nachlässt. Ich prüfe auf ut.no und auf einer anderen App, ob hier irgendein Pfad vermerkt ist. Beide bestätigen, dass hier nichts ist. Das ist so ein Komoot-Blindgänger. Aber nun ist es wie es ist. Ich hätte einfach auf dem Hauptweg bleiben sollen. Dieser hätte mich auf ähnlich langer Strecke an mein Ziel gebracht. Ab hier versuche ich erst garnicht mehr, dem Pseudopfad meiner App zu folgen. Die grobe Richtung ist eh klar. So komme ich wenigstens etwas schneller voran. An einem Bach mache ich eine kurze Trinkpause. Heute bin ich wieder mit den Laufschuhen unterwegs. Mittlerweile sind sie richtig nass. Bei der Menge an Wasser, durch die ich gerade laufe, wundert mich das nicht.

    Ich bin noch ein gutes Stück oberhalb von dem leeren Stausee, an dem ich mich orientieren kann. Langsam nähere ich mich dem See an. Als das Gelände immer steiler wird, gehe ich direkt runter. Hier folge ich wieder der Winterroute. Auch das hätte ich direkt machen sollen. Ich laufe quer durch den Sumpf und achte mittlerweile nicht mehr darauf, ob ich in Wasser trete oder nicht. Nach einiger Zeit bin ich direkt am Seeufer. Ich bin neugierig, ob der braune Seegrund begehbar ist. An einigen Stellen sinke ich mal ein, aber in Summe lässt es sich hier gut gehen. Den Spuren nach haben das auch schon einige Rentiere getestet. Nach dem ganzen Mist gerade hebt sich meine Stimmung. Wie muss das jetzt im Livetracking aussehen? Ich gehe direkt über den See. Recht mittig fließt ein Fluss durch das alte Seebett. Ich könnte auch daran entlang gehen. Aber es reizt mich auch, abzukürzen. An einigen Stellen ist der Fluss rund 30 cm tief. Es ist eh alles nass. Ich steige mit voller Montur durch den Fluss. Einmal sinke ich doch deutlich tiefer ein. Dafür hab ich jetzt Sand im Schuh und richtig viel Wasser. Ich ziehe diese kurz aus und gieße das Wasser aus. Eigentlich war das eine totale Schwachsinnsaktion. Irgendwie aber auch cool. Zum Glück weiss ich um mein trockenes Paar Schuhe im Rucksack und die Hütte wird Gelegenheiten zum trocken haben.

    Ich verlasse den See wieder und folge nun wieder bei dauerhaftem Regen den Holzplanken durch ein Sumpfgebiet. Noch zwei Kilometer sind es bis zur Hütte, die sich heute mal wieder ziehen. Mit jedem Schritt schmatzt es im Schuh. Gegen halb fünf erreiche ich die Hütte. Ich buche meinen Zeltplatz und einmal Frühstück und lasse mir dann den Trockenraum zeigen. Draußen regnet es immernoch. Ich könnte warten bis es weniger wird. Aber so ungemütlich es ist, suche ich mir einen Platz und baue das Zelt auf. Ich will auch den Aufbau bei Regen testen. Das gelingt ganz gut. Ich rege mich aber wieder direkt auf, als ich sehe, wie Innen- und Außenzelt teilweise direkt aufeinander liegen. In meinen Augen ist das eine Fehlkonstruktion.

    Ich verstaue mein Zeug im Zelt und gehe dann duschen. Danach lege ich mich ins Zelt. Dauerregen! Gut zum Testen. Ich habe nur wenig Netz und recherchiere nach Sportgeschäften. Die im Moment wahrscheinlichste Option ist, dass ich morgen bis kurz vor Storlien laufe und dann übermorgen von dort mit dem Zug nach Trondheim fahre. Hier gibt es viele Sportgeschäfte. Ein Zelt, das in Frage käme, wäre auf Lager. Wenn ich am Ende mit leeren Händen zurück komme, mache ich mir diesen Zelt weiter. Dann ist es so. Aber ich werde nichts blind bestellen. Und Trondheim ist ja auch ganz cool!

    Als ich mit dem Schreiben meines Tagebuchs fertig bin, stelle ich fest, dass das Fußende meines Schlafsacks bereits richtig nass ist. Tropfen laufen herunter. Ich nehme mein Handtuch, trockne den Schlafsack ab und zur Runde große Tüte um das Fußende. Es dauert nicht lange, dann laufen auch hier einige Tropfen herunter. Ich hoffe einfach, dass ich in Trondheim ein größeres, ebenso leichtes Zelt finde.

    Dann gehe ich noch etwas in die Hütte und komme mit zwei Jungs ins Gespräch. Der eine ist mit seinen Freunden unterwegs auf einer viertägigen Hüttentour. Der andere läuft auch Norge på langs, aber nur soweit er bis Ende August kommt. Auch er ist mit sehr leichten Gepäck unterwegs. Sein Zelt wiegt 600 Gramm. Aber er versucht, so oft es geht in Hütten zu übernachten. Um kurz nach zehn verabschiede ich mich und gehe ins Zelt.
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