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  • Day 68

    Krutvatnet - Aksla

    August 6, 2023 in Norway ⋅ ☁️ 15 °C

    Wieder eine Nacht mit wenig und schlechtem Schlaf. In der Nacht herrscht eine unangenehme feuchte Kälte im Zelt. Alles ist richtig klamm. Zum ersten Mal ziehe ich meinen Daunenjacke zusätzlich an. Ich werde früh wach und mache mir direkt mein Frühstück. Dann packe ich und mache mich bereits um kurz nach acht auf den Weg. Es fühlt sich gut an, mal so früh unterwegs zu sein. Insbesondere heute, wo 30 Kilometer auf dem Plan stehen. Der Weg führt mich durch einige sumpfige Passagen weiter runter zum See, den Krutvatnet. Die ersten Kilometer geht es am See entlang. Zahlreiche wunderschön gelegene Hütten verteilen sich hier, mal nah am See, mal etwas weiter im Wald. Auch die Krutvashytta ist hier, die ich gestern erst vorhatte zu erreichen. Dann führt der Weg endlich bergauf ins baum- und buschfreie Fjell. Hier oben komme ich deutlich leichter voran und ich genieße endlose Weite. Nach zehn Kilometern mache ich meine erste Pause. Die Marke hatte ich mir als Ansporn gesetzt. Allerdings waren die letzten zwei Kilometer ganz schön zäh.

    Die Sonne kommt immer wieder hervor und ich baue mein Zelt provisorisch auf, damit es trocknen kann. So viel Kondensationsfeuchte wie in der vergangenen Nacht hatte ich noch nie. Als ich das Zelt aufbaue, sind richtige Pfützen im Innenzelt, die ich mit meinem Handtuch aufsauge. Während das Zelt trocknet lehne ich mich an meinen Rucksack und döse mehrmals beinahe ein. Ein richtiges Nickerchen gelingt mir aber nicht. Ich raffe mich auf, um das Zelt abzubauen. Da sehe ich in der Ferne einen Wanderer, der aus der gleichen Richtung kommt wie ich. Als ich das Zelt zusammenrolle, ist der Wanderer fast bei mir. Den kenne ich doch? Tatsächlich. Es ist der Norweger, den ich ganz am Anfang auf den Serpentinen runter nach Dalen eingeholt hatte. Auch er erkennt mich wieder und setzt sich auf einen Stein zu mir. Wir tauschen uns ein wenig über die vergangenen Etappen aus. Wir sind nicht ganz den gleichen Weg gelaufen. Auch er hat, wie Markus, nicht das Boot genommen, sondern den Namsvatnet zu Fuß umrundet. Wir quatschen noch etwas, dann geht er weiter, während ich meinen Rucksack packe. Wir werden uns sicher später am Tag noch einmal sehen.

    Ehrlich gesagt bin ich ganz froh, dass er nicht vorgeschlagen hat, dass wir zusammen weitergehen. Je mehr Schlaf mir fehlt, desto weniger habe ich Lust, mich zu unterhalten. Außerdem fällt mir auch das Englischsprechen scheinbar schwerer. Rund eine Stunde hat meine Pause jetzt gedauert. Der Norweger, den ich unbedingt nach seinem Namen fragen muss, ist mir gute 10 Minuten voraus. Manchmal sehe ich ihn in der Ferne, während ich weiter gehe. Irgendwie arbeitet es in mir, dass ich den Namsvatnet nicht auch zu Fuß umrundet habe. Würde ich die Strecke noch einmal planen, würde ich eine Umrundung mit einplanen. Aber als ich die Strecke geplant habe, hieß es überall, das eine Umrundung nahezu unmöglich sei, was völliger Quatsch ist. Aber ich bin auch froh, dass ich meinem Plan treu geblieben bin. Es hätte alles nur komplizierter gemacht und Grunde hat so schön gesagt, dass bei Norge på langs jeder seine eigenen Regeln hat. Irgendwann geht der Weg wieder zunehmend bergab in ein Tal. Birken, Sumpf, eine akzeptable Anzahl an Mücken. Nach 17 Kilometern erreiche ich eine Straße. Hier hat es sich der Norweger bequem gemacht. Wir quatschen kurz, dann gehe ich weiter. Fünfeinhalb Kilometer Schotterstraße sind jetzt zu absolvieren. Die möchte ich hinter mich bringen und erst dann eine Pause machen.

    Es dauert nicht lange, dann schmerzt der linke Fuß. Ich könnte auch die Laufschuhe anziehen, habe aber keine Lust, meine schweren, mit Wasser voll gesogenen Bergschuhe am Rucksack zu transportieren. Allein der Wechsel würde jetzt wieder Zeit kosten. Diese fünfeinhalb Kilometer werden zäh. Ich packe mir die Kopfhörer in die Ohren und höre ein Hörspiel, damit die Zeit schneller vergeht. Es hilft ein wenig, dennoch ist der Mix aus Schlafmangel, Straße und Schmerzen einfach anstrengend. Kurz bevor endlich der Pfad von der Straße weg führt, mache ich auf einer frisch gemähten Wiese eine Pause. 22,5 Kilometer habe ich geschafft und es ist erst 15:00 Uhr. Aber ich bin jetzt schon richtig platt. Ich hab auch keine Lust, mir jetzt ein Trekkinggericht zu kochen. Also esse ich Nüsse und zwei Müsliriegel. Dafür werde ich mir heute Abend zwei Mahlzeiten gönnen. Während meiner Pause kommt der Norweger wieder vorbei und natürlich tauschen uns wieder kurz aus. Als ich in irgendeinem Zusammenhang von Mücken spreche, fragt er mich, ob ich ein Antimückenspray habe. Mein Spray ist so gut wie leer. Er drückt mir eine Flasche in die Hand und sagt, er hätte selber noch genug. Total nett. Dann geht er weiter.

    Ich liege noch einige Zeit auf dem Feld. Mir gelingt es aber nicht einzuschlafen. Dafür massiere ich etwas meinen linken Fuß, der richtig weh getan hat, als ich hier ankam. Dann mache ich mich wieder auf den Weg und bin wieder überrascht, wie gut sich die Füße erholt haben. Der Pfad führt von der Straße weg bergauf. Es geht wieder ins Fjell. Ein Wanderer kommt mir entgegen, mit dem ich mich kurz unterhalte. Wenn man in Gegenden unterwegs ist, wo man so selten Menschen trifft, dann grüßt man nicht einfach nur. Ein kurzer Austausch ist immer drin und es ist immer nett. Oben im Fjell habe ich wieder meine geliebte Weite. Hier bin ich einfach am liebsten unterwegs. Die Beine werden zunehmend schwerer und ich muss noch einen letzten Anstieg bewältigen. Und dann tut sich ein völlig neuer Ausblick auf. Ich sehe auf große Berge mit Gletschern in der Ferne. Von hier aus geht es jetzt wieder bergab. Bis Kilometer 28 gibt es einige gute Gelegenheiten, ein Zelt aufzustellen. Aber ich möchte heute etwas weitergehen, da für morgen komplett schlechtes Wetter mit viel Regen und Gewittern vorhergesagt ist. Die Beine werden immer müder und je weiter es runtergeht, desto sumpfiger wird es wieder. Bei Kilometer 32 habe ich auf der Karte eine Stelle gesehen, die passen könnte, da hier der Weg noch einmal über die Sumpfgrenze geht und ein Bach wäre auch in der Nähe. Sollte hier aber keine Gelegenheit sein, müsste ich noch eine ganze Ecke weiter gehen.

    Eine Sumpfpassage reiht sich an die andere. So müde ich bin, so schwer die Beine auch sind, ich bin froh, dass ich das morgen nicht bei Regen laufen muss, sondern heute schon absolviert habe. Jeder Schritt ist richtig anstrengend. Irgendwann geht der Weg langsam wieder bergauf. Das sollen jetzt wirklich die letzten Höhenmeter für heute werden. Oben auf dem Sattel liegt die vermutlich geeignete Stelle. Auf halbem Weg nach oben treffe ich den Norweger wieder. Er unterhält sich gerade mit zwei anderen Norwegen, einem Pärchen. Für mich wechseln alle auf Englisch. Das Pärchen geht auch Norge på langs. Allerdings sind sie im Norden gestartet, was nur wenige tun. Jetzt kommen ihnen immer mehr NPLer entgegen, berichten Sie. Wir machen ein gemeinsames Foto und dann gehen der Norweger und ich weiter bergauf. Er möchte noch weitergehen als ich, da unten an einem größeren Fluss wohl eine geeignete Stelle sei. Das hätte das Pärchen berichtet. Als wir auf dem Sattel ankommen, verabschiede ich mich aber und gehe einige Meter querfeldein. Nach wenigen Minuten habe ich einen richtig schönen Platz mit atemberaubender Aussicht gefunden.

    So fertig wie jetzt war ich, glaub ich, nur zu Beginn meiner Reise. Über 10,5 Stunden war ich jetzt unterwegs. Ich baue mein Zelt auf und verstaue alles darin. Allein das fühlt sich heute doppelt anstrengend an. Dann gehe ich mit Wasserbehältern, Handtuch und Waschlappen zum 50 m entfernten Bach, um mich zu waschen und Wasser zu holen. Das kostet richtig Überwindung, tut aber richtig gut. Dann lege ich mich ins Zelt und esse meine zwei Trekkinggerichte. Zum Schreiben des Footprints muss ich mich heute schon ein wenig motivieren. Morgen früh hätte ich keine Zeit dazu. Denn morgen steht ein harter Tag auf dem Programm. 30 Kilometer, viele Höhenmeter, Regen und vielleicht sogar Gewitter. Morgen steuere ich gegebenenfalls seit langem mal wieder eine Hütte an. Sie ist auch Ziel des Norwegers und wäre guter Ausgangspunkt, um übermorgen nach Umbukta dazu laufen. Dort plane ich einen weiteren Ruhetag und hoffe, etwas gutes zu essen zu bekommen. Einen Supermarkt gibt es dort leider nicht. Aber vielleicht gibt es einen kleinen Shop im Hotel, wo ich meine Schokoladenvorräte auffüllen kann.
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