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  • E1-50-D-Maulbronn (12km)

    June 9, 2016 in Germany ⋅ ⛅ 22 °C

    Donnerwetter! Durch's Rheintal und den Odenwald (9)

    Während es draußen ungeheuer viel geregnet haben muss, habe ich in der ungastlichen Unterkunft herrlich geschlafen.
    Um 7:30 klappert es draußen, das Frühstück wird wohl gerichtet. Zu sehen bekomme ich niemanden und als ich meine Zimmertür öffne, liegt der Frühstücksraum verlassen vor mir, eine Neonröhre am Fenster beleuchtet den Raum mit kaltem Licht.
    Hungrig mache ich mich über das karge Frühstück her. Den vereinbarten Lohn lege ich einfach auf den Tisch, packe meine Sachen, schultere Kumpel und gehe wortlos. So möchte es der Wirt wohl auch haben. Mir scheint, er sucht keinen Kontakt zu seinen Gästen.
    Es ist bewölkt und kühl. Der Weg ist matschig und die Wanderstiefel bald über und über mit Dreck bedeckt.
    Kurz vor Freudenstein trete ich aus dem Wald. Vor mir liegen Weinberge, durch die ein schmaler Steig nach unten führt. Hier soll es langgehen, meint Else Komoot, doch vorher muss ich noch eine Straße überqueren. Sie ist mit heruntergeschwemmter Tonerde bedeckt, durch die ich waten muss. Die nasse, schwere Erde reicht bis zur den Stiefelschäften. Ich frage mich gerade, ob ich meine Schuhe wohl je wieder sauber bekomme, da höre ich eine weibliche Stimme hinter mir:
    "Da würd' ich nich lang gehe, wegge de Zegge."
    Da hat sie wohl recht, denn das Gras, das auf dem abschüssigen Steig wächst, würde mir bis zur Hüfte reichen.
    Wo ich denn langgehen könne, frage ich sie und so kommen wir ins Gespräch.
    Eine Dogge neben ihr wartet ungeduldig, sie möchte weiter. Doch die Frau erzählt mir in aller Ruhe aus ihrem Leben. Sportlich schaut sie aus und wie sie erzählt, ist sie es wohl auch. Fährt mit dem Rad lange Touren, macht Kickboxen. Sie muss in meinem Alter sein und ihre Sportlichkeit beeindruckt mich sehr. Doch dann driftet sie ab in das derzeit so aktuelle und unerfreuliche Thema <Ausländer>, steigert sich zunehmend hinein. Anscheinend gibt es auch hier ein Thema mit Flüchtlingen. Zumindest in den Köpfen mancher Menschen.
    Ich versuche, freundlich zu bleiben und verabschiede mich unter dem Vorwand, dass mir kalt wird.
    Der Weg führt durch die Weinberge, für den Umweg werde ich mit einem schönen Ausblick belohnt.
    Kaum bin ich im Tal in Freudenstein, geht es auch wieder steil bergauf. Wieder ist der Weg reich an Höhenmetern, die es in die eine oder andere Richtung zu überwinden gilt.
    Bald erreiche ich Maulbronn, es ist noch früh, denn der Weg bis hierhin war nicht weit.
    Am Nachmittag ist Zeit, die Klosteranlage Maulbronn zu besichtigen.
    Doch erst einmal mache ich ausgiebig Rast, hole den Kocher hervor und braue mir einen heißen Instant-Kaffee. Ich muss kurz an Dannee denken und ihre Meinung über meinen Kaffee: "Schwarz und heiß und schmeckt wie Sch...".
    Im Internet finde ich die Pension StuttgART36. Eine schön gemachte Site verführt mich zu einem Anruft und schon habe ich ein Zimmer für die Nacht. Wie schön.

    Kurz darauf checke ich in der Pension ein. Ein stilsicher restauriertes, altes Gebäude, von den Eigentürmern liebevoll betrieben.
    Ohne Kumpel erkunde ich bald das UNESCO-Weltkulturerbe <Kloster Maulbronn>. Es gibt viel zu sehen, jeder Blick offenbart Interessantes. Die alten Klostermauern beherbergen auch ein Internat, und das bereits seit mehreren hundert Jahren in ununterbrochen Folge. Ansonsten hat das Kloster eine wechselhafte Geschichte.
    Ich bin erstaunt, wie wenige Touristen hier unterwegs sind. Dabei haben wir das herrlichstes Wetter.
    Lustwandeln macht Hunger.
    Am Klosterplatz liegt das Restaurant <Zur Klosterkatz>. Ich lasse mich draußen in der Sonne nieder und bestelle Pizza Tonno und vorab und ganz schnell ein großes, dunkles und süffiges Klosterbier. Oh, das schmeckt so gut, dass gleich noch ein Zweites her muss.
    Wenn man alleine unterwegs ist, hat man auch mußevolle Zeit und kann in Ruhe beobachten. Das tue ich ausgiebig, während ich auf mein Essen warte.
    So sitzt am Nebentisch ein älterer Mann in weiblicher Begleitung. Seinen dicken Bauch trägt er mit Würde und bestellt die Speisekarte gerade rauf und runter. Nebenbei unterhält er seine weibliche Begleitung königlich mit klugen Sprüchen. Sie turteln und geben sich Küsschen. Süß.
    Zwei Tische weiter: ein alter Herr - sehr entspannt. In der Hand eine Zigarre, an der er gelegentlich genüsslich saugt. Er macht auf mich den Eindruck des weisen Geistlichen. Ihm gegenüber: ein junger Mann - sehr aufrechte Haltung, angespannt. Seine Hände in ständiger Bewegung, währenddessen er sein Gegenüber nicht aus den Augen lässt.
    Auf der anderen Seite: eine amerikanische Großfamilie. Die junge Mutter genießt entspannt ihre Pommes, während ein junger Mann den Alleinunterhalter für die zahlreichen Kinder spielt. Erst spielt er mit ihnen Verstecken, dann Fassen kriegen, dann Fußball. Die Kinder wollen ständig etwas anderes. Schließlich setzt er sich und stibitzt von allen Tellern übrig gebliebenen Pommes. Ein Junge - vielleicht sechszehn - läßt seine Knie pausenlos auf und ab hämmern. Seine Mundwinkel sind nach ganz unten gezogen. Beim Fußballspielen hat aber auch er später seinen Spaß und gibt ordentliche Pässe.
    Dann verschwindet die Sonne vom Klosterplatz. Rasch wird es kühl. Ich verschwinde auch, mir ist jetzt nach Ruhe.
    Den Abend beschließe ich mit Fernsehen. Wild Wild West mit Will Smith ist heute genau das Richtige für mich. Leichtigkeit des Seins.
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