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  • E1-75-DK- Schutzhütte am Norreå (27km)

    May 8, 2017 in Denmark ⋅ 🌙 10 °C

    Warum nur? (3)

    Es dämmert. Das Zelt flattert. Als ich aus dem Zelt spähe, muss es noch früher Morgen sein. Mein verschlafener Blick registriert dunkle Regenwolken am grauen Himmel, die schnell über die noch kahle Felder ziehen. Sie sehen bedrohlich aus und voller Wasser, das sich vermutlich bald entladen wird. Dazu ein heftige Wind, der an der Zeltwand zerrt und mich im Schlafsack gefrieren lässt. Hier muss ich weg und zwar gleich! Frühstück fällt also aus, dafür ist es zu kalt und ungemütlich.
    Weiter geht es mit morgendlich steifen Knien. Das Laufen fällt schwer, denn die Wanderstiefel müssen wieder Asphalt treten. Ein Gedenkstein aus alter Wikingerzeit steht am Wegesrand. Ich gehe achtlos vorbei. Die alte Immervad bro, die Dritte der Steinbrücken, interessiert mich dann doch.
    Der Weg führt auch gelegentlich weiche Waldpfade entlang, dort ist das Gehen viel angenehmer. Doch es ist immer nur von sehr kurzer Dauer, dann folgt wieder der ungeliebte Schotter oder Asphalt, auf dem das Laufen zur Qual wird.
    Aus Wind wird Sturm, der voll ins Gesicht bläst. Das dagegen Anstemmen kostet viel Kraft. Aber der Himmel ist blau.
    Erschöpft erreiche ich Vojens. Die Ortsmitte wird auch hier durch einen üppig dimensionierten Parkplatz markiert, um den viele Geschäfte gruppiert sind. Bei Aldi gibt es, wonach mich gelüstet: Trinkjoghurt, Banane, Brötchen, Kekse und stilles Wasser. Zu Hause hätte ich etwas anderes gewählt, doch das Wandern verändert offenbar die Essgewohnheiten. Hier brauche ich viel mehr Kohlehydrate als üblich - und Zucker. Die Einkaufsbeute vertilge ich gleich auf einer Bank am Parkplatz.
    Ich überquere den Norreå. Hier beginnt ein Naturschutzgebiet, durch das der Haervejen führt. Der weiche Waldweg macht das Laufen sehr angenehm. Eine Bank direkt am Fluss lädt ein, meine von Asphalt und Schotter müden Knochen auszuruhen. Eben ausgestreckt bin ich schon eingeschlafen. Ein Insekt fällt vom Baum, landet mit lautem Plopp auf meiner Brust. Davon werde ich wach. Ungläubig beäuge ich es, dann schnippe ich es fort, bevor es mir ins Shirt krabbelt. War das eine Zecke? Wohl nicht, dafür war es zu groß. Weiter, obwohl ich mich sehr ausgelaugt fühle.
    Mitten im Naturschutzgebiet steht eine Schutzhütte windgeschützt in der Nachmittagssonne. Beim Vorbeigehen denke ich, das wäre ein feiner Platz zum Übernachten. Doch eigentlich ist es dafür noch zu früh. So gehe ich weiter, ein paar Kilometer könnte ich heute noch machen.
    „Es ist DER ideale Lagerplatz“, zirpt mein innerer Schweinehund ein paar hundert Meter weiter. Er kann manchmal ganz schön nervig sein. Aber dieses Mal hat er ja Recht. Warum weitergehen, wenn ich doch mit meiner Kraft am Ende bin? So drehe ich um, gehe zurück. Kumpel, der wieder schwer auf den Schultern lastet, fliegt ins Gras. Schnell steht das Zelt neben der Schutzhütte. Frisches Trinkwasser gibt es hier nicht und Wasser aus dem nahen Fluss zu schöpfen, kommt für mich auch in einem Naturschutzgebiet nicht in Frage, denn der Norreå fließt durch landwirtschaftlich genutzte Flächen hierher und wird vermutlich mit Nitraten belastet sein, die gesundheitsschädlich sind. Zwar habe ich Wasserfilter und Chlortabletten dabei, aber die können gegen chemische Verunreinigungen nichts ausrichten. So muss ich heute Abend mit dem Wasser sparsam sein. Deshalb gibt es Couscous, das gegenüber Trockennahrung nur halb so viel Wasser braucht. Instant-Tomatensuppe dazu, so wird Couscous schmackhaft. Es bleibt sogar etwas Wasser für einen Pfefferminztee übrig. Ein Bier wäre schöner!
    Kaum versinkt die Sonne hinter den Tannen , da -man ahnt es schon- wird es schlagartig kalt. Ein Hörbuch vertreibt die Zeit im Zelt, bis ich müde werde. Angst vor wilden Tieren habe ich heute nicht.
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