E1-Dänemark

May - September 2017
Der E1 verläuft in nördlicher Richtung durch Dänemark. Ich hatte so meine Probleme mit der Route...
375 km, E1 Tag 73 - 88
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  • Durch Dänemark auf dem E1 ?

    May 4, 2017 in Germany ⋅ 🌧 9 °C

    Nach einem langen Winter geht es für mich im Mai 2017 auf meiner Fernwanderung weiter. In einer einzigen Tour möchte ich Dänemark durchwandern. Ob ich dem Haervejen hinauf nach Skagen folge oder doch dem E1 nach Grenå, das steht zu Beginn meiner Wanderung noch nicht fest. Das ist auch nicht schlimm, denn bis in die Mitte Jütlands folgen beide Wanderwege einer identischer Route.

    Doch die Tour wird gänzlich anders verlaufen als geplant und gedacht ...
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  • Der E1 in Dänemark

    May 5, 2017 in Germany ⋅ 🌧 6 °C

    Unser nördliches Nachbarland ist Dänemark. Etwa 370km lang und 450km breit - größer als die Schweiz. Dänemark bildet den Übergang von Mitteleuropa nach Skandinavien. Es besteht aus der Halbinsel Jütland und vielen Inseln.
    Das Landschaftsbild ist von den Eiszeiten geprägt, der westliche Teil Jütlands ist flach, der Osten und die Inseln hügeliger.
    Der längste Fluss ist die Gudenå mit 160 Kilometern, die Kongeå (deutsch: Königsau) war zwischen 1864 und 1920 Grenzfluss zwischen dem Deutschen Reich und Dänemark. Beide liegen auf Jütland. Etwa 12 Prozent Dänemarks sind von Bäumen bedeckt, doch wegen früheren Abholzungssünden sind alte Waldbestände eher selten. Viele Wälder heißen heute Plantagen, in denen größtenteils Laubwald vorherrscht. Dänemarks größte zusammenhängende Waldgebiete liegen im Süden von Silkeborg und Himmerland. In den Niederungen des westlichen Jütland gibt es vereinzelt noch Hochmoore. Daneben gibt es die für Mitteleuropa typische Vegetation der Dünen und Heiden. Dänemark ist Agrarland. Die meisten Menschen leben jedoch in den Städten.

    Im 10ten Jahrhundert vereinigte Gorm der Alte das Land unter seiner Herrschaft und sein Sohn Harald Blauzahn christianisierte es. Bis in das 11. Jahrhundert wurden Dänen, Schweden und Norweger als Wikinger bezeichnet. Die heute bekannte Grenze gibt es seit 1920, nachdem Nordschleswig nach einer Abstimmung an Dänemark ging, während Südschleswig bei Deutschland blieb. Im Grenzgebiet gibt es auch heute noch deutsch-dänische Minderheiten mit besonderen Rechten.

    Landessprache ist Dänisch. Gutes Englisch spricht aber fast jeder Däne. Vor allem im Grenzgebiet kommt man auch mit Deutsch gut weiter.

    Das Klima ist moderat, es regnet nicht mehr als anderswo, im Osten für mitteleuropäische Verhältnisse sogar wenig. Von Mai bis September ist die beste Wanderzeit.

    Der E1 läuft von Padborg an der deutsch/dänischen Grenze durch Jütland nach Grenå und folgt überwiegend lokalen Weitwanderwegen. Es sind
    ◾ von Padborg nach Nr. Snede: Haervejen,
    ◾ von Nr. Snede nach Silkeborg: kein Wanderweg (einmal mit X markiert),
    ◾ von Silkeborg nach Aarhus: Aarhus-Silkeborg Wanderweg,
    ◾ von Aarhus nach Grenå: Molsroute.
    Der Weg ist ca. 375km lang und in etwa 16 Wandertagen zu bewältigen.

    Nach einem langen Winter geht es für mich im Mai 2017 auf meiner Fernwanderung weiter. In einer einzigen Tour will ich durch ganz Dänemark wandern. Durch Jütland, um genau zu sein. Ob ich dem Haervejen hinauf nach Skagen folge oder doch dem E1 nach Grenå, steht zu Beginn meiner Wanderung noch nicht fest. Das ist auch nicht schlimm, denn bis in die Mitte Jütlands folgen beide Wanderwege einer identischer Route.

    Doch die Tour wird gänzlich anders verlaufen als geplant und gedacht ...
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  • Start: Hotel Wassersleben

    May 6, 2017 in Germany ⋅ ☁️ 11 °C

    1. Tour durch Dänemark | 5 Etappen, 118 km | 6.5.-10.5.17 | E1 - Tag 73 - 77
    Route: https://www.komoot.de/tour/16392580

    Ich trinke Kaffee im Hotel Wassersleben, schaue über die Flensburger Förde und erinnere mich an den glücklichen Moment, als ich hier vor drei Jahren ankam. Damals war das Wandern auf dem E1 noch neu für mich und ich im Wandern unerfahren. Ich dachte, hier oben sei Schluss und der nördlichste Punkt des E1 für mich erreicht. Doch jetzt bin ich wieder hier, um weiter gen Norden zu wandern. Und nun geht sie los, meine Wanderung durch Dänemark. Für die nächsten neun Wandertage wird der Ochsenweg, von den Dänen Hærvejen genannt, die Richtung bestimmen. Bis zum Startpunkt in in Padborg sind es allerdings noch ein paar Kilometer, die es entlang einer stark befahrenen Straßen zu gehen gilt.Read more

  • E1-73-D- Ǻrtoft-Plantage (25km)

    May 6, 2017 in Denmark ⋅ ☁️ 13 °C

    Warum nur (1)

    Jenseits der Autobahn treffe ich auf die erste Markierung. Ein weißes Männchen auf blauem Grund kennzeichnet den Ochsenweg. Das schwarze Kreuz des E1 hätte ich hier auch erwartet, doch das finde ich nicht. Es soll mir auf dem langen Weg durch Dänemark lediglich einmal begegnen.
    Das erste Highlight der Tour ist am Gejlå, dort spannt die Gejlå-Bro (Brücke) zwei steinerne Bögen über den Fluss. Soldaten marschierten einst von Ufer zu Ufer, Ochsen wurden hinüber getrieben und heute bin ich es, der auf ihr das andere Ufer erreicht.
    Zehn Kilometer weiter folgt die zweite Steinbrücke. Pols Bro ist noch älter als Gejlå- Bro, bogenförmig geformt aus massigen Steinen, die die Brücke selbsttragend macht.
    Nach insgesamt fünfundzwanzig Kilometern ist es Zeit für das erste Nachlager. Doch ich finde den Zeltplatz nicht, der gemäß Karte tief in der Ǻrtoft-Plantage liegen sollte. Ich bin so tief in den Wald hinein gelaufen, dass ich heute nicht mehr zurück auf den Weg mag. Um einen anderen Lagerplatz zu erreichen, ist es auch schon viel zu spät. Mir schwant, dass ich gezwungen bin, hier zu bleiben. Mitten im Wald zu übernachten, ängstigt mich zwar, aber da muss ich jetzt durch. So schmeiße ich Kumpel ins Gras, wo das Zelt hin soll, froh, die Last des Rucksacks los zu werden. "Weniger wäre mehr gewesen“, fällt mir zu Kumpel ein, der fett und mit vermeintlich wichtigen Wandersachen gefüllt vor mir liegt.
    Das Zelt baue ich an einer geschützten Stelle unter Fichten auf. Auf einer nahen Lichtung hocke ich mich auf einen Baumstamm, bereite mir Trockennahrung und Tee fürs leibliche Wohl und genieße die Abendsonne, die rot glühend hinter den Wipfeln versinkt. Kaum ist sie verschwunden, wird es schlagartig kalt. „So ist es wohl im hohen Norden“, denke ich, „Zeit, Schlafen zu gehen.“ Was sonst kann man mitten im Wald auch tun? Der Schlaf will lange nicht kommen, denn ich denke an Wildschweine und Wölfe.
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  • E1-74-DK- Hovslund By (24km)

    May 7, 2017 in Denmark ⋅ ☁️ 17 °C

    Warum nur? (2)

    Die Nacht verläuft friedlich, am nächsten Morgen holt mich lautes Gezwitscher aus tiefstem Schlaf. Durch die Bäume blinzelt schon die Sonne. Frühstücken, einpacken und drei Kilometer durch den Wald zurück auf den Haervejen. Der ist bald wieder eine Piste aus Schotter oder Asphalt, das Laufen auf ihm wenig erbaulich. Derweil steigt die Sonne immer höher und es wird richtig warm. Kein Schatten und endlos der Weg immer an Feldern entlang. Das Shirt klebt schweißnass am Körper und die Zunge am Gaumen.
    Nach 15km wird es höchste Zeit für die erste Pause des Tages. Mein Sinn steht nach einer Abkühlung und das Shirt würde ich gerne durchs Wasser ziehen. Auch wenn es atmungsaktiv sein soll, so ist es doch aus Polyamid. Kunststoffe beginnen meist nach zwei Tagen zu müffeln.
    Neben der Dorfkirche zu Riese findet sich eine gute Gelegenheit zur Katzenwäsche, dort steht ein Toilettenhäuschen der Superklasse. Darin ein großes Waschbecken, es gibt sogar heißes Wasser. So kann ich erst mich und dann mein Shirt waschen. Erfrischt sitze ich im feuchten und dadurch angenehm kühlen Shirt auf einer der Friedhofsbänke, knabbere am Müsliriegel und lausche Orgelklängen, die aus der Kirche herüber tönen. Der Ort ewiger Ruhe bringt auch mir einen Moment des inneren Friedens. Ich hätte länger verweilen mögen, doch als Wanderer bin ich nicht zum Sitzen und Lauschen hier. Weiter also!
    Von Riese führt eine Straße nach Rødekro. Der Røde-Kro (dän. Schenke) gab wohl einst, als noch Ochsen durch den Ort getrieben wurden, den Namen. Das heutige Zentrum ist der futuristische Supermarkt Brugsen mit einem großen Parkplatz davor. Nach vierzig Kilometern ist es die erste Einkaufsmöglichkeit dieser Tour, doch ich brauche nur einen heißen Kaffee und ein riesiges Sandwich, bezahle mit frisch aus dem Automaten gezogenen dänischen Kronen. Dänemark ist zwar in der EU, hat aber seine eigene Währung behalten.
    Weiter geht es eine breite Strasse entlang. Das Ende des Ortes bildet ein Kreisverkehr, den ich umrunden muss. Ein Fuchs macht es sich einfacher, er hastet direkt über den Kreisel. Passiert ist ihm nichts.

    Wo sind eigentlich meine Trekkingstöcke?
    Oh, nein! Die müssen noch im Brugsen am Geldautomaten stehen! Es hilft nichts, ich muss zurück, denn ich brauche die Stöcke nicht nur als Laufhilfe, sondern auch nachts als Zeltstangen. Ohne die Stöcke steht das Zelt nicht. Grummelnd laufe ich den Kilometer zurück, finde die Stöcke, wo ich sie stehen ließ. Ich bin glücklich, sie wieder zu haben.
    Noch einmal gehe ich die breite Straße vom Brugsen zum Kreisverkehr, insgesamt also drei Mal. Zwei Mal davon gehen auf das Konto meiner Schusseligkeit. Nun aber geht es endlich weiter.
    Wind brist auf und kühlt die Luft, die bereits schwirrt. Es wird Abend, ich habe Hunger. An einer Schutzhütte möchte ich rasten, doch der Wind pfeift heftig um die Ecken herum. Was noch schlimmer ist: am Boden krabbeln so viele Ameisen, dass ich nur schnell etwas esse und dann weiter ziehe. Es wird sich schon etwas Passenderes finden..
    Zwei Kilometer weiter stoße ich auf ein Rastplatz, der besser geeignet erscheint. Zwar ist es kein Zeltplatz, bietet aber Bank und Tisch, das Gras ist frisch gemäht und Bäume schützten vor dem heftigen Westwind, der über die Felder fegt. Einen besseren Platz werde ich heute vermutlich nicht mehr finden, so bleibe ich und nehme den herumfliegenden Müll missbilligend in Kauf. Viel weiter würde ich auch nicht mehr kommen, denn es ist spät, bald schon wird es dunkel sein. Kurze Zeit später steht das Zelt und ich verschwinde umgehend darin, denn die Sonne ist weg und es wird kalt. Gut, dass ich schon etwas gegessen hatte.
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  • E1-75-DK- Schutzhütte am Norreå (27km)

    May 8, 2017 in Denmark ⋅ 🌙 10 °C

    Warum nur? (3)

    Es dämmert. Das Zelt flattert. Als ich aus dem Zelt spähe, muss es noch früher Morgen sein. Mein verschlafener Blick registriert dunkle Regenwolken am grauen Himmel, die schnell über die noch kahle Felder ziehen. Sie sehen bedrohlich aus und voller Wasser, das sich vermutlich bald entladen wird. Dazu ein heftige Wind, der an der Zeltwand zerrt und mich im Schlafsack gefrieren lässt. Hier muss ich weg und zwar gleich! Frühstück fällt also aus, dafür ist es zu kalt und ungemütlich.
    Weiter geht es mit morgendlich steifen Knien. Das Laufen fällt schwer, denn die Wanderstiefel müssen wieder Asphalt treten. Ein Gedenkstein aus alter Wikingerzeit steht am Wegesrand. Ich gehe achtlos vorbei. Die alte Immervad bro, die Dritte der Steinbrücken, interessiert mich dann doch.
    Der Weg führt auch gelegentlich weiche Waldpfade entlang, dort ist das Gehen viel angenehmer. Doch es ist immer nur von sehr kurzer Dauer, dann folgt wieder der ungeliebte Schotter oder Asphalt, auf dem das Laufen zur Qual wird.
    Aus Wind wird Sturm, der voll ins Gesicht bläst. Das dagegen Anstemmen kostet viel Kraft. Aber der Himmel ist blau.
    Erschöpft erreiche ich Vojens. Die Ortsmitte wird auch hier durch einen üppig dimensionierten Parkplatz markiert, um den viele Geschäfte gruppiert sind. Bei Aldi gibt es, wonach mich gelüstet: Trinkjoghurt, Banane, Brötchen, Kekse und stilles Wasser. Zu Hause hätte ich etwas anderes gewählt, doch das Wandern verändert offenbar die Essgewohnheiten. Hier brauche ich viel mehr Kohlehydrate als üblich - und Zucker. Die Einkaufsbeute vertilge ich gleich auf einer Bank am Parkplatz.
    Ich überquere den Norreå. Hier beginnt ein Naturschutzgebiet, durch das der Haervejen führt. Der weiche Waldweg macht das Laufen sehr angenehm. Eine Bank direkt am Fluss lädt ein, meine von Asphalt und Schotter müden Knochen auszuruhen. Eben ausgestreckt bin ich schon eingeschlafen. Ein Insekt fällt vom Baum, landet mit lautem Plopp auf meiner Brust. Davon werde ich wach. Ungläubig beäuge ich es, dann schnippe ich es fort, bevor es mir ins Shirt krabbelt. War das eine Zecke? Wohl nicht, dafür war es zu groß. Weiter, obwohl ich mich sehr ausgelaugt fühle.
    Mitten im Naturschutzgebiet steht eine Schutzhütte windgeschützt in der Nachmittagssonne. Beim Vorbeigehen denke ich, das wäre ein feiner Platz zum Übernachten. Doch eigentlich ist es dafür noch zu früh. So gehe ich weiter, ein paar Kilometer könnte ich heute noch machen.
    „Es ist DER ideale Lagerplatz“, zirpt mein innerer Schweinehund ein paar hundert Meter weiter. Er kann manchmal ganz schön nervig sein. Aber dieses Mal hat er ja Recht. Warum weitergehen, wenn ich doch mit meiner Kraft am Ende bin? So drehe ich um, gehe zurück. Kumpel, der wieder schwer auf den Schultern lastet, fliegt ins Gras. Schnell steht das Zelt neben der Schutzhütte. Frisches Trinkwasser gibt es hier nicht und Wasser aus dem nahen Fluss zu schöpfen, kommt für mich auch in einem Naturschutzgebiet nicht in Frage, denn der Norreå fließt durch landwirtschaftlich genutzte Flächen hierher und wird vermutlich mit Nitraten belastet sein, die gesundheitsschädlich sind. Zwar habe ich Wasserfilter und Chlortabletten dabei, aber die können gegen chemische Verunreinigungen nichts ausrichten. So muss ich heute Abend mit dem Wasser sparsam sein. Deshalb gibt es Couscous, das gegenüber Trockennahrung nur halb so viel Wasser braucht. Instant-Tomatensuppe dazu, so wird Couscous schmackhaft. Es bleibt sogar etwas Wasser für einen Pfefferminztee übrig. Ein Bier wäre schöner!
    Kaum versinkt die Sonne hinter den Tannen , da -man ahnt es schon- wird es schlagartig kalt. Ein Hörbuch vertreibt die Zeit im Zelt, bis ich müde werde. Angst vor wilden Tieren habe ich heute nicht.
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  • E1-76-DK- Kongeaen (26km)

    May 9, 2017 in Denmark ⋅ 🌧 9 °C

    Warum nur? (4 )

    Meine Güte, war das eine lausige Nacht! Ich wachte mehrmals auf, weil ich fror. Im Laufe der Nacht zog ich immer mehr über. Erst war es nur die Merinounterwäsche, dann noch ein Shirt, später kamen der Merinopullover, dann Fleeceweste und am Ende die Fleecejacke dazu. Ich fror trotzdem. Am Morgen ist die Zeltwand mit einer Schicht Raureif überzogen, also war es nachts unter Null Grad. Wer rechnet schon mit solchen Temperaturen im Mai? Ich jedenfalls nicht. Mein Schlafsack und die Isomatte sind für derart niedrige Temperaturen nicht ausgelegt, ihr Komfortbereich endet bei +5°C. Aber daran kann ich jetzt nichts ändern. Frühstück fällt aus wegen Kalt. Das Zelt wird, noch mit Raureif bedeckt, zusammen mit den übrigen Sachen zügig im Rucksack verstaut.
    Weiter geht´s. Erst durch das Naturschutzgebiet, dann folgt die Stursbøl-Plantage mit noch jungem Baumbestand. Ich hoffe, der Weg bleibt so abwechslungsreich, wie er gerade ist.
    Über Nacht ist der Wind eingeschlafen, am späteren Vormittag scheint auch die Sonne wieder. Doch der Nachmittag bringt Regen und Kälte. Der Regen will nicht mehr aufhören.

    Wandert man ohne Gesellschaft, so hat man ausreichend Zeit, um über dies und das nachzudenken. Bisweilen beginnen die Gedanken düster zu kreisen, die den Geist verdunkeln. Passiert dies in Gesellschaft, kann ein Mitwanderer helfen, die dunklen Gedanken zu vertreiben. Doch ich bin alleine unterwegs. Keiner ist da, der meine dunklen Gedanken zurück ins Licht führen kann. Wie eine Spirale kreist mein Geist einem schwarzen Loch entgegen.
    Das Ergebnis sind Fragen wie diese:
    „Was mache ich hier eigentlich bei dem miesen Wetter?
    Es ist so kalt, es regnet ohne Unterlass...
    Das macht keinen Spaß mehr!
    Was soll das hier?
    Soll ich die Tour verkürzen, gar ganz abbrechen, nach Hause fahren?
    Später wieder zurück kommen? Oder gar nicht?“
    Der Geist kreist und kreist und keiner ist da, das Mühlrad abzuschalten. So reift ein emotional geprägter Entschluss heran:
    BIS NACH SKAGEN GEHE ICH AUF KEINEN FALL!!!
    Er scheint mir zu weit sein und nach den bisher gemachten Erfahrungen auch zu eintönig. Darüber hinaus ist das Wetter im Norden immerzu schlecht und kalt.
    Vielleicht bin ich nicht bereit gewesen für Dänemark. Oder aber es ist einfach nicht mein Wanderland?
    An der alten Wassermühle Knagemøll ändert der Haervejen die Richtung. Nun geht es nach Westen, dem Lauf des Kongeåen folgend, der bis 1920 Grenzfluss zwischen Dänemark und Deutschland war. Zunächst ist es eine schöner Strecke. Doch bald wird aus dem Weg ein schmaler Pfad. Dann stehe ich mitten auf einer Weide, von dunklen Kuhaugen neugierig beäugt. Am gegenüber liegenden Zaun ist der Pfad endgültig zu Ende, es scheint nicht weiter zu gehen. Das ist für den Haervejen nicht typisch. Ich muss eine Wegmarke übersehen haben.
    Nun muss ich zurück.
    Zurück? Niemals!
    Dann doch lieber über den nächsten Zaun auf die nächste Wiese, dann über noch einen Zaun. Dahinter ein Graben. Hindurch. Die Schuhe werden nass, doch es ist mir egal! Weiter durchs hohe Gras. Kühe schrecken hoch und vergessen das Widerkäuen. Wahrscheinlich kommt hier sonst kein Mensch vorbei. Matschloch oder Kuhfladen, sollen Wanderstiefel und Hosenbund doch dreckig werden! Es ist mir egal, ich muss weiter. Noch ein Zaun, über den ich klettern muss, dann meldet sich Else von Komoot:
    „Du bist zurück auf der Tour“.
    Endlich! Ich stehe an einem Steg, der in den Kongeåen hinein ragt. Vermutlich ist es eine Anlegestelle für Paddler. Einen Pfad gibt es hier auch wieder. Es ist der Haervejen. Gottlob, die Plackerei hat ein Ende, ich bin zurück auf meinem Weg.
    Nicht weit vom Steg liegt eine Hütte, die auf einem kleinen Hügel thront. Eine Fata Morgana? Nein, sie ist real! Sie bietet sechs Schlafplätze, eine Feuerstelle, Bänke und Tische, alles gut überdacht. Daneben ein weißes Gebäude mit Toiletten und Dusche mit warmem Wasser. Es ist eine Pilgerhütte der Luxusklasse. Für mich ein Geschenk des Himmels am Ende eines harten Wandertages. Die Verheißung einer guten Nacht.
    Natürlich bleibe ich hier, keine Frage!
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  • E1-77-DK- Vejen (11km)

    May 10, 2017 in Denmark ⋅ 🌧 8 °C

    Warum nur? (5)

    Es war wieder eine sehr kalte Nacht, garniert mit Regen. Aber der macht mir nichts, ich liege ja unter einem festen Dach. Als ich am Morgen erwache, ist die Luft feucht und der nahe Kongeåen in Nebel gehüllt. Aus dem Schlafsack zu kriechen, kostet Überwindung und gelingt nur in der Gewissheit, gleich eine heiße Dusche genießen zu können. Es folgt ein ausgedehntes Frühstück, das ich in die Länge ziehe, denn vor der Pilgerhütte nieselt es immerzu. Ich mag nicht losgehen und es bedarf der Vorstellung eines sehr großen und sehr heißen Milchkaffees, den es aber erst in Vejen geben wird. So komme ich endlich in Gang. Zunächst geht es noch ein Stück den Kongeåen entlang, der sich gemütlich in seinem feuchten Bett schlängelt. Darüber löst sich langsam der Nebel auf.
    Wo der Haervejen über eine Brücke das Ufer des Kongeåen wechselt, liegt eine Shelteranlage mit zwei Sheltern, ein aufwändig gestaltetes Toilettenhäuschen gleich daneben. Die Anlage ist nicht schlecht, aber ich finde, dass ich es letzte Nacht besser getroffen hatte. Hier gibt es keine heiße Dusche. Befriedigt gehe ich vorbei.
    Endlich strebt der Weg wieder nordwärts, aber erneut gibt es nun öden Asphalt zu treten. Irgendwo übersehe ich eine Wegmarke und wieder verlaufe ich mich. Nach einem großen Umweg voller Verdruss finde ich erst nach ein paar Kilometern zurück auf den Haervejen. Unnötige Kilometer, auf denen ich mich über mich selbst ärgere!
    Sieben Kilometer nur sollen es nach Vejen sein, doch sie scheinen schier endlos zu werden. Das mag an der freudlosen Strecke liegen oder am Regen, der wieder heftig strömt. Vielleicht ist es auch die Kälte, die die Beine hochzieht. Jedenfalls ist der Spaß am Wandern schon wieder dahin. Mir ist nur noch kalt, ich fühle mich völlig durchnässt.
    Ich mag nicht mehr. Ich bin fertig!
    Nach nur sieben Kilometern, meine Güte! Meine Regensachen sind unzureichend, muss ich mir eingestehen.
    Ich will nur noch ankommen.
    Will ins Trockene.
    Will meinen heißen Milchkaffee.
    Hunger!
    Will HIER nicht mehr wandern.
    Will nach Hause!
    Aber das Nölen hilft nicht, ich muss weiter, zumindest noch diese unendlich lang erscheinende Umgehungsstraße bis zum Ende gehen.
    "In Vejen gibt es einen Bahnhof..."
    Dieser Gedanke treibt mich vorwärts, auch wenn der Regen weiter ins Gesicht peitscht. Außer mir ist keiner unterwegs. Nur ich Trottel stapfe hier draußen im Nassen mit meinem zu schweren Rucksack durch die Kälte.
    WARUM NUR? - nun, weil ich in Dänemark wandern wollte, oder?
    Irgendwo kurz vor Vejen fällt die Entscheidung:
    „Ich breche diese Tour ab. Wozu bei acht Grad bei diesem Schietwetter durch diese öde Gegenden laufen?“ höre ich mich selbst laut sagen.
    Eine halbe Stunde später ist es geschafft. Ich sitze in Vejen in einem Supermarkt, genieße den heißen Milchkaffee, den ich mir am Morgen versprochen hatte. Dazu gibt es ein riesiges Sandwich, was meine Laune wieder ein ganzes Stück hebt, aber nicht ausreicht, das Ruder noch einmal herum zu reißen und in den Regen zurück zu kehren. Die Motivation, weiter zu wandern, bleibt im Keller.
    So steht die Entscheidung, die Tour hier in Vejen zu unterbrechen oder gar zu beenden.
    Der Weg zum Bahnhof ist nicht weit, der Zug bringt mich zurück nach Hamburg. Nur gut, dass Vejen eine gute Verkehrsanbindung hat.

    Die Route dieser Tour: https://www.komoot.de/tour/16392580/zoom
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  • Intermezzo (1)

    May 12, 2017 in Germany ⋅ 🌙 18 °C

    Ist es mit dem Wandern in Dänemark nun vorbei?
    Nach meiner Rückkehr weiß ich es nicht.
    Zurück im Alltag wird mir eines schnell klar:
    Aufgeben gilt nicht! Aber weiter machen nach dem bisherigen Plan geht auch nicht.
    Es muss sich etwas verändern.
    So habe ich schließlich meine Planung angepasst.
    Statt einer langen Tour durch Dänemark soll es mehrere kleine Touren geben. Anstelle des langen Weges den Haervejen hinauf bis nach Frederikshavn (oder sogar weiter bis Skagen) zu gehen, entscheide ich mich nun endgültig für die kürzere Originalroute des E1. Bis Nørre-Snede verlaufen beide Wege eh gleich. Der Fernwanderweg E1 zweigt dort Richtung Aarhus ab und strebt dann an der Ostseeküste entlang Richtung Grenå, wo er auf dänischer Seite endet. Mit einer Fähre kann man von dort nach Varberg in Schweden übersetzen (Anm.: das geht heute nicht mehr).

    Vom ursprünglichen Plan bleibt immerhin, dass ich, wann immer es geht, weiterhin auf einfachen Zeltplätzen oder in Schutzhütten übernachten möchte.

    Die nächste Tour soll von Vejen nach Skanderborg führen. Doch es kommt wieder anders.
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  • E1-78-DK- Baekke (12km)

    May 13, 2017 in Denmark ⋅ 🌧 17 °C

    Aufgeben gilt nicht! (1)

    Zwei Tage nach meiner vorzeitigen Rückkehr ist die Wanderlust wieder da. Ich hätte mich auch gewundert, wenn es anders gewesen wäre.
    Für die zweite Tour durch Dänemark wird der Rucksack leichter gepackt, denn aus Fehlern soll man lernen.
    Einige Tage später bin ich zurück in Vejen, sitze wieder vor einem Milchkaffee am Tresen des Supermarktes. Meine Gedanken lassen gerade die letzte Tour noch einmal vorüber ziehen, als ein Mann mich anspricht. Er fragt, was Leute öfters fragen, wenn sie mich und meinen großen Rucksack sehen:
    Wo her? Wo hin? Wie lange unterwegs?
    Er aber stellt mehr Fragen als üblich und scheint ernsthaft an einem Gespräch interessiert zu sein. Er ist Wanderer aus Leidenschaft, offenbart sich bald. Am Ende unserer ausgedehnten Fachsimpelei gibt er mir zwei Dinge mit auf meinen Weg:
    „Das könnte jetzt etwas langweilig werden“, meint er, und dann noch:
    "Ein Gewitter zieht auf“.
    „Hoffentlich nicht“, erwidere ich und merke, dass meine gute Laune einen Dämpfer erhalten hat. Was meinte er wohl mit "etwas langweilig", wo doch schon der bisherige Streckenverlauf des Haervejen wenig spannend und abwechslungsreich war?
    Mit beidem soll er Recht behalten: der Weg wird öde und der Himmel verdunkelt sich. Nach zaghaftem Tröpfeln öffnen sich die Schleusen und Donner grollt, Wind treibt dicke Tropfen von hinten heran, die Regenjacke hält sich zwar wacker, doch die Rainleg, die meine Wanderhose vor Nässe bewahren soll, versagt völlig. Bisher funktionierte sie recht gut, aber für schräg von hinten kommenden Starkregen ist sie nicht gemacht. Die Wanderhose wird pitschnass und mir kalt.
    Kurz vor Baekke soll es ein Shelter geben, doch ich finde es nicht. Im Ortskern finde ich dafür einen Brugsen, was gut ist, um Proviant für den Abend zu bunkern.
    Nun will ich aber das Shelter finden, denn auf das Schietwetter habe ich echt keine Lust mehr. Ganz gegen meine Gewohnheit gehe ich sogar freiwillig ein Stück zurück, finde die Schutzhütte schließlich am Ortseingang versteckt liegend in einem Park. Die Suche hat sich gelohnt, denn das Shelter ist toll. Aus dicken Holzbalken ist es gebaut, ein ausladendes Grasdach schützt vor den anhaltenden Schauern. Das Innere ist sauber. Hier kann ich bleiben!
    Der Abend ist noch lang, ich muss mir die Zeit ein wenig vertreiben. Der Hobo wird zum Spielzeug, ich versuche, in ihm feuchtes Holz in Gang zu bekomme. Und tatsächlich - bald brennt ein ordentliches Feuerchen, doch es qualmt mächtig. Ein Vogelkonzert befördert mich später in geruhsamen Schlaf, während es vor dem Shelter unentwegt regnet.
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