Norway
Giken

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Travelers at this place
    • Day 79

      Ballvatnet - Sulitjelma

      August 17, 2023 in Norway ⋅ ⛅ 11 °C

      In der Nacht werde ich wach. Aber nicht einfach so, wie es sonst der Fall ist. Das Zelt flattert laut im Wind und das Innenzelt baucht stark nach innen aus. Ich brauche ein paar Sekunden, um zu verstehen, was los ist. Der Hering von der Seitenwand hat sich aus dem weichen Moos gelöst und nun drückt die lose Außenwand gegen das Innenzelt. Der Wind hat kräftig zugelegt und auch die Richtung hat sich geändert. Das Zelt ist an den Seiten am leichtesten vom Wind angreifbar. Es ist viertel vor Zwei. Ich gehe raus und versuche, den Hering mit bloßer Hand wieder zu befestigen. Aber ich wühle nur weiteren moosigen Boden auf. Ich hole mein Handy aus dem Zelt, um zu leuchten und gehe runter zum Bach. Hier finde ich einen großen Stein und einen kleinen. Mit dem kleinen kann ich den Hering weiter in den Boden schlagen, anschließend lege ich den großen, schweren Stein zu Befestigung auf den Hering. Dann gehe ich wieder ins Zelt und lausche, ob alles hält. Etwas später schlafe ich wieder ein.

      Um 7:00 Uhr werde ich wach. Eigentlich hatte ich heute Sonnenschein erwartet. Stattdessen bläst ein kräftiger Wind hörbar Sprühregen gegen das Zelt. Eigentlich war für heute sonniges Wetter vorhergesagt. Aber ich will nicht klagen, gestern hatte ich schon Glück, dass der starke Dauerregen ausgeblieben ist und es einfach nur regnerisch war. Ich frühstücke und beginne mein Zeug zu packen. Das Zelt ist heute immerhin von innen trocken, dass ich es auf jeden Fall am Stück einpacken kann. Als ich rausgehe, der Regen hat mittlerweile für einige Zeit aufgehört, sehe ich wenige hundert Meter von mir entfernt, wie weitere Regenschleier an mir vorbeiziehen. Es wird nicht lange dauern, dann wird auch diese Gegend hier wieder nass. Während die Schauer aus Westen reinziehen, sieht man Richtung Osten über dem See immer wieder sehr helle Flecke. Hier scheint sich die Sonne durchzusetzen. Um Kurz vor neun mache ich mich auf den Weg. Immer wieder nieselt es leicht. Ich bin froh, unterwegs zu sein. Einer der schwierigsten Momente jeden Morgen ist es, die Schlafsachen auszuziehen, um dann in die feuchtklammen, alles andere als frisch riechenden Wandersachen zu schlüpfen. Auf das Gefühl des müffelnden, kühlklebrigen Sportshirts am Morgen kann ich gerne verzichten. Wenn ich dann aber einmal unterwegs bin und alles angewärmt ist, sind diese Momente vergessen.

      Ich folge meinem Pfad durch die grüne, hügelige Landschaft. Von Osten her setzt sich die Sonne durch, vom Westen drückt immer weiterer Sprühregen rein. Ich scheine mich genau auf der Grenze zu bewegen. Hinter mir entsteht erst ein halber, dann ein ganzer wunderschöner Regenbogen. Immer wieder bleibe ich stehen, drehe mich um und mache Fotos. Glücklicherweise bewege ich mich nun auf der sonnigen Seite. Zumindest für einige Zeit erstrahlt die Umgebung in einem gelb-grünlichen Licht. Jetzt würde ich wieder gerne Musik hören. Vielleicht ist es aber auch mal ganz gut, eine gewisse Langeweile aushalten zu müssen. Ich fühle mich fitter als in den letzten Tagen. Vielleicht weil ich gestern Nachmittag schon etwas Zeit zum Regenerieren hatte. Vielleicht aber auch, weil ich mich freue, heute ein weiteres Etappenziel zu erreichen.

      Ich überlege, wie ich die Langeweile überbrücken kann. Ich denke laut darüber nach, was ich machen möchte, wenn ich wieder zu Hause bin. Und was ich vielleicht ändern möchte. Ein Punkt, über den ich schon häufiger während dieser Reise nachgedacht habe, ist, dass ich unbedingt mal ein klassisches Stück zu Ende komponieren möchte. Mittlerweile verfüge ich über so viel Software und Instrumentenlibrarys, dass es mir hier an nichts fehlt. Ich habe ganze Orchester auf meinem Computer, dessen einzelne Instrumente ich mit meinem Keyboard einspielen kann. Meistens spiele ich aber einfach nur für mich dahin. Wenn ich improvisiere, hat das einen gewissen Flow und ich kann in der Musik versinken. In dem Moment, wo ich ein Stück ausarbeiten möchte, ist dieser Flow komplett weg und es wird rein technisch. Diesen Punkt muss ich irgendwie mal durchbrechen. Ich glaube, es hilft nichts anderes, als einmal Ausdauer zu beweisen. Hier auf meiner Reise habe ich diese immer wieder bewiesen. Vielleicht kann ich meine Norwegenerlebnisse auch musikalisch verarbeiten. Bei vielen meiner Handyfotos erinnere ich mich sehr gut an die Emotion dahinter.

      Beruflich möchte ich gar nicht so viel ändern. Aber ich möchte zukünftig stärker darauf achten, dass ich mich nicht mehr so schnell aus der Ruhe bringen lasse. Ein Speaker auf Youtube hat es so schön formuliert. Je größer unser Puffer zwischen Reiz und Reaktion ist, desto glücklicher sind wir. Ist der Puffer zu klein, werden wir Opfer unserer eigenen Emotionen. Eigentlich bin ich sehr gut darin, meine Gedanken zu reflektieren. Aber im Alltag fehlt mir oft dieser Puffer. Ich muss lernen, bei Kundenanfragen klare Linien zu ziehen. Zu oft stecke ich so viel Extraarbeit in Projekte, ohne diese zu berechnen. Und es ist immer das gleiche, dass das am Ende zu Frustrationen führt. Auf der anderen Seite habe ich hier schon vor meiner Reise wichtige Schritte zu diesem Thema unternommen und Prozesse entwickelt, die sowohl für meine Kunden als auch für mich klar definieren, was meine Leistungen sind und was Aufgaben des Kunden. Mir ist es wichtig, jetzt zukünftig konsequent am Ball zu bleiben.

      Und ich möchte zumindest immer wieder mal ein Projekt realisieren, das auf die wichtigen Themen des Lebens einzahlt und nicht nur auf Marketing und Wirtschaft. Ich könnte mir zum Beispiel einen Film für das Kinderhospiz vorstellen, der hilft, weitere Spenden zu generieren. Ein Film, der nicht nur die traurigen Seiten eines Hospiz zeigt, sondern zeigt, wie viel Lebensfreude auch schwerstkranke Kinder durch die Unterstützung der Hospizarbeit erfahren können. Es gibt so viele Bereiche in unserem Leben, die es wert sind, mehr Aufmerksamkeit zu erfahren. Doch wie so oft lässt sich mit den wirklich wichtigen Themen kein oder nur wenig Geld verdienen. Vielleicht gelingt es mir, hier zukünftig einen guten Spagat zu schaffen, zwischen klassischer Video Marketing Arbeit und Projekten mit Themen, die mir ganz besonders am Herzen liegen.

      All diese Gedanken mal laut vor mich hin zu sprechen, tut irgendwie gut. Nach einiger Zeit verschwindet die Sonne wieder hinter den Wolken. Grundsätzlich scheint sich aber trockenes Wetter einzustellen. Der Regen ist weg, dafür legt der Wind jetzt zu. Auch das Wasser in meinem linken Schuh ringt wieder erfolgreich um meine Aufmerksamkeit. Nach Kilometern erreiche ich endlich die Schotterstraße, die nach Silitjelma führt. 14 km sind es von hier bis zum Campingplatz. Endlich habe ich auch wieder Handyempfang. Ich bin noch unsicher, ob ich an dem Campingplatz, wo mein nächstes Paket auf mich wartet, auch übernachten möchte. Allein zum Dank, dass dieses Paket hier für mich aufbewahrt wurde, wäre es eigentlich nur richtig, hier auch zu übernachten. Aber der Ortskern und damit der nächste Supermarkt ist noch 5 km entfernt. Ich würde gerne heute schon einkaufen. Und morgen muss ich wieder dorthin, da ich recht sicher bin, dass ich einiges aus dem Paket weiter nach Alta schicken werde. Im Ort selbst habe ich nur ein Airbnb gefunden. Das Zimmer läg nur einen Kilometer vom Supermarkt entfernt. Bevor ich mich dieser Frage aber weiter zuwende, höre ich eine Reihe von Sprachnachrichten ab und beantworte sie. Nach zwei Tagen mit kaum Empfang freue ich mich, nun von zu Hause zu hören.

      Ich folge der Straße weiter und überlege, wo ich heute übernachten möchte. Mir wird klar, dass ich auf den Campingplatz keine Lust habe. Die Lage ist mit den 5 km Entfernung zum Supermarkt einfach ungünstig, wenn man zu Fuß unterwegs ist. Und nur dort zu übernachten, um meinen Dank für die Annahme des Pakets zu zeigen, ist auch Quatsch. Also versuche ich, das Zimmer über die Airbnb-App zu buchen. Die App nutze ich zum ersten Mal. Bevor die Buchung abgeschlossen werden kann, soll ich mich noch verifizieren. Ich gebe alle geforderten Daten ein und die Verifizierung wird abgelehnt. Ich wähle die andere Methode, Verifizierung mit Personalausweis. Hierfür muss ich ein Foto erst von der Personalausweis-Vorderseite, dann von der Rückseite machen. Als drittes soll ich ein Foto von mir selbst machen, damit es mit dem Foto vom Personalausweis abgeglichen werden kann. Ich nehme die Kappe ab, wuschel mir einmal durchs Haar sehe in der Selfiecam, dass ich aussehe wie der letzte Penner. Aber gut, es ist ja nur zur Verifizierung. Ein paar Minuten später bekomme ich die Meldung, dass meine Buchung storniert wurde. Meine Verifizierung konnte nicht bestätigt werden. Das wundert mich nicht. Auf meinem Personalausweis bin ich deutlich jünger, faltenloser und vor allem haarloser. Also Gesicht haarlos und Kopf mit gepflegter Frisur. Ich schreibe der Vermieterin, dass ich Probleme mit der Verifizierung habe, das Zimmer aber trotzdem gerne hätte. Dann starte ich einen zweiten Versuch mit der Verifizierung. Warum auch immer, diesmal gelingt es. Auch die Buchung wird mir zeitnah bestätigt. Ich freue mich sehr, dass ich die nächsten zwei Nächte ein richtiges Bett habe. Allerdings bedeutet das für heute, dass ich erst mein Paket abholen muss, um dann noch weitere 6 km zu gehen. Aber da ich auf der Straße heute zügig voran komme, sollte das machbar sein.

      Nach 16 km mache ich eine Pause. Eine kleine Holzhütte am Straßenrand im Stil einer Bushaltestelle gibt mir die Gelegenheit, mich für ein paar Minuten hinzulegen. Auch die Schuhe ziehe ich aus und ich wringe die Socken aus. Nach einigen Müsliregeln gibt es weiter. Jetzt entscheide ich mich allerdings für die trockenen Laufschuhe. Das Laufgefühl ist gleich ein ganz anderes. Die nächsten Kilometer vergehen unspektakulär. Von meiner Pause bis zum Campingplatz sind es 8 km, die ich in einem durchgehe. In der Rezeption ist niemand da, aber ein Schild hängt an der Tür mit einer Telefonnummer. Dort rufe ich an und 30 Sekunden später kommt ein lächelnder Mann um die Ecke. Ich erkläre ihm gleich, dass ich eigentlich vorhatte, hier zu übernachten aber mich aus verschiedenen Gründen für das Airbnb-Zimmer entschieden habe. Ich habe ein klein wenig ein schlechtes Gewissen. Der Mann ist aber gut drauf und es scheint ihm nichts ausmachen. Ich frage ihn, ob ich ihm für das Paket abholen etwas geben soll. Aber er sagt, er muss eh regelmäßig zur Post und das passt schon so. Draußen packe ich meinen Karton aus. Einiges bekomme ich noch in den Rucksack, den Großteil packe ich in zwei leere Tüten, die ich noch habe. Vieles von dem, was ich mir geschickt habe, hätte ich auch hier im Supermarkt kaufen können. Eigentlich brauche ich nur die Trekkingnahrung. Solche Dinge werde ich bei einem weiteren Projekt anders machen. Vielleicht könnte ich auch alles jetzt im Rucksack unterbekommen, dafür müsste ich aber komplett neu packen. Dazu habe ich jetzt wirklich keine Lust. Für die letzten 5 km des Tages muss das mit den zwei Tüten funktionieren. Der Mann kommt raus und wir unterhalten uns sicher 20 Minuten über dieses und jenes. Auch er bestätigt, dass dieses Jahr mehr unterwegs sind als üblicherweise. Dann mache ich mich auf den Weg. Ich sehe aus wie ein Wanderer, der gerade vom Supermarkt kommt. Die 5 km können jetzt noch einmal lang werden. Aber ich bin motiviert. Es regnet nicht, die Temperatur ist angenehm und ein richtiges Bett wartet auf mich.

      Nach zwei Kilometern verfliegt die Motivation. Jetzt ist es reines Durchhalten. Der Rücken und die Füße schmerzen. Die Arme mit den Tüten werden immer länger. Die letzten Minuten zum Haus kommen mir unendlich lang vor. Dann ist es geschafft. Ein junger Mann mäht gerade den Rasen. Als er mich sieht, hört er auf und kommt zu mir. Das Haus sei hundert Jahre alt, sie hätten es selbst renoviert. Dann zeigt er mir das Zimmer. Es hat einen separaten Eingang und alles ist mit viel Liebe zum Detail eingerichtet. Ich habe ein eigenes Bad und neben meinem Bett steht eine Nespresso-Maschine. Ich bin zwar Kapselgegner, aber hier genieße ich den Luxus. Dann dusche ich heiß. Danach geht es um Einkaufen. Ohne Rucksack und mit Laufschuhen möchte ich fast anfangen zu joggen.

      Dann gibt es wieder einmal Brot mit Fleischwurst und ein Döschen Bier dazu. Herrlich!! Dann erledige ich noch einiges organisatorisches. Mein Paket, das ich von Røyrvik nach Alta losgeschickt hatte, ist immer noch nicht angekommen. Es liegt noch in der Post in Alta. Für 9 Euro extra veranlasse ich die Lieferung bis zum Hotel. Die Lieferung an die Haustür scheint unüblich zu sein. Eigentlich habe ich extra an das Hotel adressiert. Aber ich bin froh, dass das Paket nach nun 13 Tagen noch nicht zurückgeschickt wurde. Auf Komoot sehe ich, dass Tobi, der mehr als eine Etappe vor mir ist, den Akkajaure nicht mit dem Boot sondern mit dem Heli überquert hat. Er hat Bilder gepostet, auch von der Preistafel. Der Heliflug ist nur 8 Euro teurer als die Bootsfahrt. Ich bin noch nie Heli geflogen und schreibe das Unternehmen sofort an. Ich solle einfach zu einer bestimmten Zeit am Landeplatz warten. Buchen brauche ich nicht. Sie fliegen so lange hin und her bis alle drüben sind. Hoffentlich spielt das Wetter mit. Ich bin schon richtig aufgeregt! Morgen ist erstmal Ruhetag. Ich werde Einkaufen, überflüssige Trekkingnahrung nach Alta schicken und ich muss ein Angebot schreiben, für ein Projekt, das Oktober/November umgesetzt werden soll. Das wäre eine tolle Chance, nach meiner Rückkehr wieder Arbeit zu haben.
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    • Day 80

      Sulitjelma Ruhetag

      August 18, 2023 in Norway ⋅ ☀️ 14 °C

      Heute ist mal wieder Ruhetag. Ich habe überdurchschnittlich gut geschlafen und lasse mir viel Zeit. Größte Aufgabe heute: ein Angebot schreiben. Das reißt mich doch etwas raus, aber es schadet sicher nicht, sich auch mal wieder mit einem potenziellen Auftrag auseinanderzusetzen. Sonst steht Einkaufen, Wäsche und Paket versenden auf dem Programm. Den ganzen Tag scheint die Sonne! Auch die nächsten beiden Tage sieht es gut aus. Ich freue mich auf den vor mir liegenden Abschnitt! Von meinem Vermieter habe ich mir einen E-Scooter ausgeliehen, mit dem ich zum Einkaufen fahre und abends noch eine Spritztour mache.Read more

    You might also know this place by the following names:

    Giken, Q30536717

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