Norway
Kampen

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Travelers at this place
    • Day 38

      Bjørnhollia - Kampen

      July 7, 2023 in Norway ⋅ ⛅ 14 °C

      Für heute Morgen habe ich mir den Wecker gestellt. Ich möchte gerne schon alles gepackt haben, bevor ich zum Frühstück gehe. Die letzte Nacht habe ich wieder mittelmäßig geschlafen. Wirklich fit fühle ich mich nicht als der Wecker klingelt. Obwohl es nicht regnet, ist das Zelt von außen komplett nass und auch Ihnen am Fußende scheint sich ordentlich Kondensation gebildet zu haben. Das Fußende meines Schlafsacks ist richtig feucht. Also gehe ich erst mal in den Trockenraum. Ich hänge ich nicht nur meinen Schlafsack auf, sondern auch meine Daunenjacke, die nicht wirklich nass ist, aber sich irgendwie klamm anfühlt. Der Rucksack selbst hatte hier die Gelegenheit, über Nacht einmal richtig durch zu trocknen. Alles, was über Nacht getrocknet ist, packe ich in den Rucksack und gehe zurück zum Zelt. Alles was im Zelt ist, verstaue ich los im Rucksack. Das Zelt ist so nass, dass ich beschließe, es während des Frühstücks noch im Trockenraum aufzuhängen. Viel Platz ist nicht, aber irgendwie bringe ich es dort noch unter.

      Ich gehe rüber zum Haupthaus. Frühstück gibt es um acht. Es ist gerade mal 20 Minuten vor. Die Tür zum Speisesaal ist noch geschlossen, aber im Kaminzimmer steht eine Kanne Kaffee, einige Tassen und ein Schild, dass man sich gerne bedienen darf. Ich nehme mir eine Tasse Kaffee und setze mich auf die Bank. Das ist wahrer Luxus. Draußen am Zelt haben mir vorhin noch diese kleinen, fiesen Minifliegen, die auch beißen können, das Leben schwer gemacht. Jetzt sitze ich im Trockenen und Warmen mit einer Tasse Kaffee ohne Anführungsstriche und warte darauf, dass das Frühstücksbuffet eröffnet wird. Zwei ältere Damen kommen dazu und spreche mich auf Norwegisch an. Sie wechseln aber sofort auf Englisch. Englisch kann hier wirklich jeder, egal wie alt. Als sie mich nach meiner Tour fragen, erzähle ich von Norge på langs. Sie sind total interessiert bitten mich beim Frühstück an ihren Tisch. Sie sind mit ihren Enkeln unterwegs, zwei Kinder, die ihre erste Hüttenwanderung machen. Und ein Mädel kommt noch dazu. Sie ist aus Belgien und ist mit ihrem Hund für ein paar Tage in den Bergen unterwegs. Während sonst hauptsächlich Norweger hier sind, seien wir der internationale Tisch, wie sich eine der beiden älteren Damen freut. Wir unterhalten uns übers Wandern, über den Nationalpark und vieles mehr. Das Frühstück ist richtig gut. Es gibt Spiegeleier auf Bratkartoffeln und Würstchen, arme Ritter und jede Menge Aufschnitt und Brot. So ein Hüttenfrühstück gönne ich mir hier nicht zum letzten Mal.

      Ein Grund, warum ich eigentlich keine Lust auf Hütten habe, ist, dass ich immer denke, ich hätte keine Lust auf andere Menschen. Aber zuletzt war jede Unterhaltung mit anderen eine Bereicherung und es hat immer Spaß gemacht. So ist es auch heute. Über eine Stunde frühstücken wir und unterhalten uns. Dann mache ich mir noch ein Lunchpaket und verabschiede mich. Im Trockenraum packe ich das fast trockene Zelt zusammen und packe hier auch gleich meinen Rucksack. Als ich fertig bin, ist alles in Rucksack trocken, nur ich bin etwas nass geschwitzt. Es ist echt richtig warm hier.

      Ich fülle noch eine Wasserflasche und mache mich auf den Weg. Jetzt ist richtig was los. Von der Hütte aus laufen viele Wanderer in alle Richtungen. Zu Beginn geht es noch etwas bergauf, dann geht es allmählich bergab ins Tal. Einige Wanderer überhole ich, einige kommen mir entgegen. Der Wegabschnitt hier ist viel begangen. Das merkt man auch am Weg selbst. Ich komme zügig voran und bin schon bald unten in einem Kiefernwald. Eine Brücke führt über einen Fluss, dann bin ich an einem Parkplatz. Von hier scheinen viele ihre Wanderung zu starten. Ich quere die Straße und biege in einen Pfad ein, der steil auf der anderen Talseite nach oben führt. Auch hier geht es zunächst durch einen schönen Kiefernwald. Beim Blick auf die Uhr stelle ich fest, dass ich schon fast zwei Stunden unterwegs bin. Die Zeit ist echt verflogen. Mein rechter Fuß hat übrigens nur zu Beginn etwas geschmerzt und hat sich schnell gut eingelaufen. Wahnsinn, wie schnell die Zeit verfliegt, wenn man nicht von Mücken verfolgt wird, durchtiefen Sumpf läuft oder Schmerzen hat. Oder alles auf einmal wie kürzlich vor meinem Tiefpunkt. Allein die Abwesenheit dieser „Stressoren“ macht mich richtig zufrieden. Ich habe das Gefühl, dass es seit dem Tiefpunkt vor einigen Tagen stetig bergauf geht. Also mit meiner Stimmung. Es ist, als hätte ich eine neue Leichtigkeit gewonnen. Der Tiefpunkt hat mir rückblickend richtig gut getan. Er hat Druck von mir genommen.

      Weil zwei Stunden vergangen sind und es ab jetzt mehrere hundert Höhenmeter nach oben geht, mache ich eine Pause. Nach kurzer Zeit setzt deutlicher Sprühregen ein und ich ziehe mir die komplette Regenmontur an. Dann folge ich dem steil ansteigenden Pfad weiter nach oben. Bergaufgehen in Regenkleidung ist immer anstrengend. Schnell wird mir warm und ich schwitze ordentlich unter der Regenjacke. Als ich die Baumgrenze erreicht habe, hat der Regen wieder aufgehört und ich verstaue alles im Rucksack. Vor mir sieht es ähnlich aus, wie im Rondane Nationalpark. Diesen habe ich vorhin mit dem Queren der Straße verlassen. Es geht noch einige Zeit mäßig bergauf und wieder setzt Sprühregen ein. Es hilft nichts. Ich muss alles wieder anziehen. Das stört mich heute aber nicht. Ich habe keine Eile und bin einfach froh, dass ich mit meinem Fuß so gut gehen kann. Vor mir ziehen Wolkenschwaden vorbei. Es ist eine besondere Stimmung hier oben. Es geht ein kurzes Stück bergab und dann wird es hell und die Sonne lässt sich sehen, während auf dem Weg hinter mir weitere Nebelschwaden vorbeiziehen. Wieder ziehe ich die komplette Regenmontur aus. Ich freue mich über die Sonnenstrahlen, auch wenn ich sicher bin, dass sie nicht von langer Dauer sind. Ich bin richtig gut drauf. Die Landschaft hier gefällt mir. Noch besser als der Rondane Nationalpark.

      Ich krame meine Kopfhörer aus dem Deckelfach. Mir ist nach Filmmusik. Und so geht es weiter bergauf mit orchestralen Soundtracks, teils von Filmen, von denen ich noch nie gehört habe. Die Musik und die Landschaft - schon wieder bin ich in meinem ganz eigenen Film. Es ist ein erhabenes Gefühl, weit und breit allein durch diese immer schöner werdende Kulisse laufen zu dürfen. Das hier ist wieder einer dieser Momente, der die Frage beantwortet, warum ich das ganze hier mache. Überhaupt habe ich das Gefühl, manche Tage hier stellen Fragen, manche liefern Antworten. Heute ist Antworttag!

      Der Weg führt immer weiter bergauf in einen Sattel, wo nur der steinige Boden um mich herum die Landschaft prägt. Es ist ein ganz anderes Gestein als bislang. Schieferähnlich. Die Hügel um mich herum leuchten grünlich von dem Moos, das ich in dem Ausmaß zum ersten Mal im Rondane Nationalpark gesehen habe. Einige Sonnenstrahlen bringen dieses Moos in der Ferne noch stärker zum Leuchten. Es ist traumhaft und ich fühle mich energiegeladen. Den Rucksack spüre ich heute kaum. Oben im Sattel angekommen, sehe ich auf die andere Seite des Berges. Was ein Ausblick. Im Rücken habe ich noch viele graue Wolken. Vor mir sehe ich teilweise blauen Himmel und Schäfchenwolken am Horizont. Hier mache ich eine Pause. Diesmal eine richtige. Ich ziehe mir meinen Pulli und die Jacke an, um nicht auskühlen. Dann gibt es meine großzügig belegten Brote und ein gekochtes Ei. Es tut so gut, endlich mal wieder eine Pause zu machen, ohne dass einen Regen und Kälte nach wenigen Minuten weiter treiben.

      Frisch gestärkt mache ich mich auf den Weg bergab. Zunächst geht es noch steil durch steiniges Geröll, dann wird der Weg deutlich ebener und führt durch die unglaublich schöne Weite. Ich komme richtig gut voran. Ich genieße jeden Schritt, dass ich keine Schmerzen habe, dass es nicht regnet, teilweise sogar die Sonne durchkommt. Ich hatte wirklich vergessen, wie schön das Wandern ist, wenn man nicht dauerhaft von äußeren widrigen Umständen geplagt ist. Nach einer Stunde erreiche ich ein breites Tal mit einem Schotterweg. Links davon kommt Wasser direkt aus dem Berg. Diese Quelle nutze ich für eine Trinkpause.

      Hinter mir kommt ein weiterer Wanderer. Er ist wohl auch meinen Weg gegangen und hat mich eingeholt. Laufschuhe, kurze Hose, kleiner Rucksack, ich denke ein paar Jahre jünger als ich. Ich vermute, er ist nicht all zu lange unterwegs. Er spricht mich auf Norwegisch an, wechselt dann aber auf Englisch. Er fragt, was mein Ziel sei und ich erzähle vom Nordkapp. Da will er auch hin, erzählt er. Während ich trinke unterhalten wir uns unter anderem über sein Equipment. Ich bin neugierig, wie er es schafft, mit diesem kleinen Rucksack zurechtzukommen. Der erste Unterschied ist wieder mal das Zelt. 950 Gramm wiegt seins. Das sind 2350 Gramm weniger als meins. Er ist wirklich sehr minimalistisch unterwegs. Als lange Hose hat er nur seine Regenhose. Dafür ist er aber um so schneller. Am 11. Juni, also 12 Tage nach mir, sei er losgegangen.

      Er fragt, ob wir nicht ein Stück gemeinsam gehen wollen. Ich bin kurz unsicher, weil ich befürchte, dass er deutlich schneller unterwegs ist als ich. Aber probieren kann ich es ja. Ich fülle meine Flasche noch einmal und dann gehen wir gemeinsam den Schotterweg bis zur Breisjøseter Touristhütte. Von hier geht es wieder auf einem Pfad weiter, wieder bergauf. Wir sind zügig unterwegs und unterhalten uns gut über Verpflegung, Equipment und die wundervolle Natur. Er würde sogar aus den Seen trinken und auch aus breiten Bächen. Er habe da noch nie Probleme gehabt. Auch über den Winter am Nordkapp reden wir. Er meinte, es könne Ende September schon Schnee geben. Der würde aber sehr wahrscheinlich noch nicht liegen bleiben. Eine Ankunft Anfang Oktober sei daher normalerweise gut möglich.

      Dann beginnt es wieder zu regnen. Diesmal kräftig und lange. Aber gemeinsam sind wir zügig unterwegs und die Kilometer fliegen so dahin. Ich denke, allein wäre ich häufiger für ein Foto angehalten. Die Landschaft wird wieder spektakulär. In meinen Schuhen steht mittlerweile das Wasser. Gegen 18.00 Uhr erreichen wir nach einem kurzen Abstieg einen See. Hier will der Norweger sein Zelt aufstellen. Ich entschließe mich aber, noch etwas weiter zu gehen. Ich habe noch Energie und bin außerdem gerne noch etwas allein unterwegs. Und wenn ich heute noch etwas Strecke mache, schaffe ich es ohne Stress, einen Tag früher in Tynset zu sein.

      Der Regen lässt nach und hört dann ganz auf. Es geht wieder einen Berg hoch. Die Aussicht wird immer schöner. Allerdings sehe ich auch, dass in der Ferne die nächsten Schauer reinziehen. Ich finde einen Bach und fülle meine Lagervorräte. Nach zwei Kilometern ist es genug für heute. Hier stelle ich mein Zelt auf, pünktlich zu den ersten Tropfen. Nicht weit vom Zelt find ich eine große Pfütze. Eher ein Miniteich. Heute esse ich aber erst im Zelt und trinke noch einen Cappuccino. Erst dann geht es mit Waschlappen und Handtuch bewaffnet zu der Wasserstelle. Danach dauert es einige Zeit, bis mir wieder richtig warm wird. Mein Tagebuch beende ich heute nicht mehr. Ich bin doch ganz schön platt. Den Rest schreibe ich erst am Morgen darauf. Immerhin waren es heute etwas mehr als 30 Kilometer und über 1.400 Höhenmeter.
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    You might also know this place by the following names:

    Kampen, Q31538807

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