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- Jul 24, 2023, 9:53 PM
- ☀️ 13 °C
- Altitude: 464 m
- NorwayNord-Trøndelag FylkeSnåsaLangmyra64°6’16” N 13°5’4” E
Über Gaundalen nach Gjefsjøen
July 24, 2023 in Norway ⋅ ☀️ 13 °C
Das war die erste Nacht im neuen Zelt, die ich nicht so gut geschlafen hab. Gefühlt hab ich die Nacht im Halbschlaf verbracht. Um halb acht gebe ich auf mit dem hin und her drehen und dem Hoffen, dass ich nochmal tief einschlafe. Es gibt einen Kaffee und meine Haferbrei-Müsli-Mischung. Draußen ist es ganz ruhig. Kein Wind, kein Regen. Es ist bewölkt aber an vielen Stellen schimmert es blau durch. Ich räume alles zusammen und genieße, dass ich endlich mal wieder ein trockenes Zelt packen kann. Abgesehen von etwas Kondensation innen.
Um viertel nach neun geht es los. Weiter querfeldein, zum Glück stetig bergab. Ich bin immer noch auf dem Sumpfberg. 30 Kilometer habe ich auf dem Plan. Nach 7 Kilometern erreiche ich Gaundalen. Ein kleines Fleckchen Zivilisation. Über diesen Ort hat Simon in seinem Buch über Norge på langs berichtet. Selbst das norwegische Fernsehen sei hier schon gewesen, weil der Ort selbst für norwegische Verhältnisse sehr abgelegen ist. Die Straße, die zu der Ansammlung mit kleinen Häusern führt, war oder ist gleichzeitig auch Landebahn für ein kleines Flugzeug. Jedoch sei der Mann, der das genutzt hat, mittlerweile verstorben, hat Jens zu Beginn in Lindesnes erzählt. Als ich mich dem Haus näher, höre ich Hundegebell. Oh Mann. Das mag ich ja gar nicht. Trotzdem gehe ich weiter. Soweit ich weiß, kann man hier auch ein Zimmer mieten. Da wird es sicher kein Hund sein, der jeden Gast gleich auffrisst. Als ich näher komme sehe ich, dass sich ein junger Mann gerade für eine Wanderung fertig macht. Er ist Norweger und läuft ebenfalls Norge på langs. Während wir uns unterhalten kommt eine alte Frau aus dem Haus und erkundigt sich, wo ich herkomme und ob ich einen Kaffee möchte. Da sage ich nicht nein. Das wird hoffentlich nicht so teuer sein. Der Norweger macht sich auf den Weg. Sein Rucksack ist noch größer als meiner zu Beginn der Reise. Zwischen 20 und 25 kg schleppt er mit sich herum. Alle Achtung!
Ich sitze draußen in der Sonne und trage mich in das Buch ein, das mir die ältere Frau hingelegt hat. Hier soll sich jeder eintragen, der vorbeikommt. Es sind einige Norge på Langs Läufer auf den Seiten vor mir. Hier kommt aber auch jeder vorbei, der Norwegen von Süd nach Nord durchquert. Dann kommt die Frau raus und stellt mir Zimtbrötchen und Kaffee hin. Boah ist das gut! Sonne, Zimtbrötchen und frischer Kaffee. Es fühlt sich an wie ein Festtag! Oberhalb der Hütte hört man plötzlich jede Menge Schafglocken. Eine ganze Gruppe von Schafen scheint in Eile zu sein. Die Frau erklärt mir, dass die vermutlich in den Stall wollen, weil so viele Bremsen unterwegs sind. Auch ich habe einen Pulli angezogen, weil viele dieser riesigen Bremsen umherschwirren. Auch der Hund, der sich zu mir gesetzt hat, scheint sich von den Biestern bedroht zu fühlen. So hat das schöne Wetter eben auch eine Kehrseite. Fast alles, was stechen kann, ist heute unterwegs.
Als ich ausgetrunken auf aufgegessen habe, frage ich, was sie dafür bekommt. Gar nichts. Ich bin eingeladen. Ich bin richtig glücklich. So ein schöner Vormittag. Obwohl ich schon sieben Kilometer gelaufen bin, habe ich das Gefühl, meinen Tag hier noch einmal mit neuen Kräften zu beginnen. Ich bedanke mich 100 mal und mache mich dann auf den Weg. Zu Beginn führt ein Pfad auf den Berg hinauf. Er ist laut Komoot Teil des E1. Markiert ist hier aber nichts. Oben verliere ich den Pfad dann auch und ich gehe einfach grob in die Richtung, die mir die App vorgibt. Auf einer Art rundem Gipfel mache ich ein paar Fotos und dann eine Pause. Der Weg hierher war schön aber dauerhaft von den stechenden Viechern begleitet. Regelmäßig erwischt mich so ein Tier und es gibt dicke Schwellungen. Es gelingt mir aber ganz gut, diese in Ruhe zu lassen und nach einiger Zeit ist die Schwellung weg.
Die Aussicht hier ist der Wahnsinn. Bei dem sonnigen Wetter ist das einfach nur eine Traumlandschaft. Auf der anderen Seite des Berges geht es wieder am Hang entlang allmählich bergab. Dabei überhole ich auch den Norweger, der 150m weiter östlich gerade seinen Rucksack abstemmt, sich hinsetzt und sich den Schweiß von der Stirn wischt. Ich ahne nur, wie es ihm gerade geht. Ich gehe weiter querfeldein ein bergab Richtung See. Plötzlich höre ich ein seltsames Geräusch. War das ein Tier? Ich bleibe stehen und sehe mich um. Dann höre ich jemanden „hello“ rufen und dann entdecke ich eine kleine Gruppe Wanderer. Ich mache einen kleinen Bogen, um zu ihnen zu gehen. Ein Mann und zwei Frauen im besten Alter. Es sind Norweger. Das Geräusch hatte ein kleiner Hund gemacht, denn sie dabei haben. Sie sitzen unter ein paar Kiefern in den Blaubeerbüschen und machen eine Pause. Sie sind dabei, den Pfad zu markieren. Tatsächlich bemerke ich jetzt erst den Pfad, auf den ich stehe. Sie wollen ihn bis Gaundalen markieren und später in die andere Richtung bis Gjefsjøen, meinem heutigen Tagesziel. Wir unterhalten uns noch etwas und dann gehe ich weiter. Jetzt kann ich den Markierungen folgen. Immer wenn Sumpfgebiete kommen, verlaufen sich die Pfade. Da sind die Markierungen wirklich hilfreich!
Am See angekommen finde ich eine Brücke über den Fluss. Hier ist eine super schöne Stelle, um Pause zu machen. Ich ziehe Schuhe und Socken aus, bedecke die Füße aber schnell mit meinem Regenschutz für den Rucksack. Die stechenden Biester sind hier extrem aktiv. Während ich ein paar Nüsse esse, kommt der Norweger und setzt sich etwas zu mir. Wir unterhalten uns über mögliche Streckenvarianten und tauschen uns auch sonst aus. Sehr sympathischer Typ! Dann geht er weiter. Ein paar hundert Meter weiter ist eine DNT-Hütte. Hier will er eine längere Pause machen.
Als ich später nachkomme, sitzt er draussen an einem Tisch. Wir reden nochmal kurz und dann gehe ich weiter. Es dauert etwas, bis ich den Einstieg in meinen Pfad finde. Er ist deutlich an anderer Stelle, als die App sagt. Es geht steil den Berg herauf und irgendwann verläuft sich der Pfad. Er hat mich tendenziell etwas zu weit östlich geführt und ich gehe mal wieder querfeldein. Diesmal aber noch durch Büsche und Bäume. Es dauert etwas, aber dann bin ich auf einem vegetationsarmen Bergrücken. Hier kann ich mir etwas Übersicht verschaffen. Meine App sagt leider, dass ich mich mehr westlich halten soll. „Leider“, weil es wieder etwas bergab geht und durch sumpfiges Gelände. Einen wirklichen Pfad finde ich nicht und so gehe ich einfach drauflos und korrigiere hier und da per App. So überwinde ich den nächsten Höhenzug. Jetzt sehe ich schon den riesigen See, der ebenfalls Gjefsjøen heißt. Allmählich kämpfe ich mich runter zum See. Mal finde ich was pfadähnliches, dann geht es wieder durch große Sumpffelder. Je weiter ich runter komme, desto waldiger wird es. Hauptsächlich Kiefern wachsen hier.
Irgendwann bin ich am See und hoffe, dass der Weg, der dauerhaft parallel zum Ufer verlaufen soll, hier eindeutiger ist. Aber es ist das gleiche Spiel. Kilometer für Kilometer kämpfe ich mich durch Sümpfe und finde immer mal wieder einen Pfad. Erst als ich meinem Ziel näher komme, wird es eindeutiger. Um 19.00 Uhr ist es geschafft. Ich erreiche Gjefsjøen. Ein Mann kommt aus dem Haus und schaut mich freundlich aber fragen an. Als ich meinen Namen sage, weiß er gleich Bescheid. Er geht rein und holt das Paket, das ich Ende Mai von Kristiansand aus hierher verschickt habe. Ich bin froh, dass es angekommen ist. Dann frage ich, ob er eine Übernachtungsmöglichkeit hat. Für 400 Kronen bietet er mir eine Hütte an, die zwar noch nicht ganz fertig ist aber alles wichtige nutzbar ist. Eine kleine Küche und ein Schlafzimmer mit zwei Doppelhochbetten. Das Bad ist noch nicht fertig, ich kann aber eines in einem anderen Haus nutzen. Das mache ich. Auch Wlan habe ich hier. Den ganzen Tag hatte ich keinen Empfang. Beim Kaffee und den Zimtbrötchen durfte ich auch das WLAN nutzen. Das kommt mir heute nicht nur gelegen, um Kontakt zur Außenwelt zu haben. Da kann ich auch mal drauf verzichten. Ich muss für die nächsten Tage planen. Es gibt überhaupt keine Wege. Ich muss rund 50 Kilometer Luftlinie durch freies Gelände. Hier ist etwas Internet ganz hilfreich, um zusätzliche Infos einzuholen.
Dann gehe ich duschen und mache mir was zu essen. Dabei packe ich mein Paket aus. Das war ganz schön schwer, als ich es entgegengenommen habe. Was hab ich mir denn das alles geschickt?? Fail Nummer 1: Ich finde ein Kilo Früchtemüsli. Bah! Aber gut. Vielleicht kann ich nun nach langer Pause wieder etwas davon essen. Und dazu habe ich mir mehr Trekkingnahrung geschickt als ich essen kann. Mehr als doppelt soviel, wie ich gebraucht hätte. Ich hatte gelesen, dass irgendwann der Punkt kommt, an dem man nur noch ans Essen denkt und man den Kalorienbedarf kaum noch gedeckt bekommt. Deswegen habe ich zwei Gerichte je Tag geplant. Ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, ob ich das alles in den Rucksack bekomme. Und essen kann ich das auch nicht alles. Aber die Gerichte kosten richtig Geld, dass ich sie sicher nicht einfach hier stehen lasse. Da muss ich nochmal drüber nachdenken. Warum habe ich mir stattdessen nicht einfach Unmengen Schokolade geschickt? Das wäre etwas, das ich richtig gut gebrauchen könnte.
Um mein Problem direkt anzugehen, esse ich gleich zwei Trekkinggerichte zu Abend. Jetzt habe ich noch weniger Lust auf weitere. Aber mal schauen. Vielleicht esse ich ab jetzt einfach mittags warm. So lange es nicht ultra windig ist und regnet, kann das ja auch ganz schön sein. Auch wenn es keine Schokolade ist.Read more